Текст
                    Seite 22
SCHLESISCHE BERGWACHT
•
Nr.2
Flurnamen aus Schmiedeherg
Flurnamen sind manchmal Geschichtszeugen
Von Wilhelm Vielhauer
Unter den Flurnamen der Schmiedeberger
Gemarkung finden sich eine ganze Anzahl,
die man als Geschichtszeugen betrachten
kann. Es erhebt sich dabei die Frage nach
dem Alter dieser Namen. Manche können
sich als sehr langlebig erweisen, andere
wieder sind wahre "Eintagsfliegen". Die Na­
men von Bergen, Flüssen und Bächen sind
zweifellos die ältesten. Die ersten Siedler
haben sie geprägt, um sich orientieren zu
können. Nicht ein einziger Name ist darun­
ter, der einen slavischen Stamm aufzuwei­
sen hat, auch nicht jener der Eglitz, die im
17. Jahrhundert noch "IseI" oder .Ysel"
heißt. In der Eisenmänger'schen Chronik
kommt auch die Schreibweise "Iser" und
"Isselbach" vor. Es ist dies ein Flußname,
der im deutschen Sprachgebiet nicht selten
ist (Isergebirge, Bayern, Tauern) und der
sich von einem uralten keltogermanischen
Wortstamm für "Eisen" ableitet. Die Be­
zeichnung "Eglitz" ist erst im Laufe des 19.
Jahrhunderts aus heute unerfindlichen Grün­
den aufgekommen. Ich habe ausführlich dar­
über in der Februarausgabe der .Schmiede­
berger Nachrichten" von 1958 berichtet. Es
steht also fest, daß es ausschließlich deut­
sche Menschen waren, die sich an der Na­
mensgebung im Schmiedeberger Tale betei­
ligten. Sie allein haben es erschlossen, be­
wohnbar gemacht und zur Blüte geführt.
Es liegt nahe, daß der Eisenerzabbau und
seine Verhüttung auch in den Flurnamen
einen Niederschlaq hinterlassen hat. Es hat
den Anschein, als wäre im Laufe der Jahr­
hunderte viel an altem Namensgut verlo­
ren gegangen, als in den Zeiten des wirt­
schaftlichen Niederganges die Hammerwer­
ke und Schmelzen an der Eglitz eingingen
und nur noch Schlackenhalden (Zünderhau­
fen) von ihrem einstigen Standort kündigten.
Nur die .Hammerfelder" (211) und die bei­
den Hammerteiche (.Oberhammer-" und
"Niederhammerteich" 21. u. 75). sowie die
"Stollenbrücke" (35) sind übrig geblieben.
Die Bezeichnung .Hammerfelder" findet sich
sowohl in Ober- als auch in Niederschmie­
deberg. Sie gehörten zu einer Anzahl
Schmiedeberger Hammerhöfe, deren heuti­
ger Zustand noch von der Wohlhabenheit
der einstigen Besitzer zeugt. Da war z. B.
der "Niederhammer" (208). das heutige Gut
Ruhberg, in dessen unmittelbarer Umgebung
in den dreißiger Jahren unseres Jahrhun­
derts eine der größten Schmiedeberger
Schlackenhalden aus dem Mittelalter abge­
baut wurde. Ihr Eisengehalt muß noch so
groß gewesen sein, daß der Abtransport und
die nochmalige Verhüttung lohnte. Auch der
"Staudenhof" (209). der .Loulsenhot" (210),
das Dietrichgut, der sogenannte .Oberham­
rner" (217) in Oberschmiedeberg und der
.Hammerhof" (219). der zuletzt als Ober­
försterei diente, waren einstige Hammer­
höfe. In der bayerischen Oberpfalz, wo wir
eine neue Bleibe nach der Vertreibung ge­
funden haben, hat der Eisenerzreichtum zu
ähnlichen Verhältnissen geführt. Auch hier
zeugen noch zahlreiche alte Hammerschlös­
ser vom einstigen Reichtum ihrer Besitzer,
als dieses Gebiet während des Mittelalters
eine blühende Eisenindustrie hatte. - Auf
dem "Eisenweg" (207), der über den "Teller"
(156) auf den Kolbenkamm ging, wurden zu
Beginn des vorigen Jahrhunderts Braun­
eisenerze aus Herrnsdorf städt. nach Schmie­
deberg gefahren, um hier zusammen mit dem
Erz aus der Bergfreiheitgrube verhüttet zu
werden. Dieser Eisenweg erschließt heute
noch den nördlichen Kolbenkamm für die
Holzabfuhr.
Die Eisenmänger'sche Chronik erwähnt in
einer Vereinbarung vom 5. Mai 1610 über
die Verteilung der Gespanndienste den
Schmiedeberger Hammermeister George
Leuschner. Sein Name hat sich wahrschein­
lich in der .Leuschnerkoppe" (43) erhalten.
Der 30jährige Krieg hinterließ ebenfalls
eine Reihe von Flurnamen als Geschichts­
zeugen. Hans Reitzig berichtete im .Heem­
teglöckla" Nr. 18 vom Juni 1951 von den
10000 Kosaken unter dem Woiwoden Radzi­
will, die 1622 ins Hirschberger Tal einbra­
chen und Tod und Schrecken verbreiteten,
so daß die Bewohner der Riesengebirgsdör­
fer in die Berge flüchteten, die Schmiede­
berger in die .höchsten Steinklüfte des
Freyen". Der Schmiedeberger Pastor George
Werner (1604-1654) hat in einem Handbüch­
lein aufgezeichnet, wie es damals zuging.
Am aufschlußreichsten aber sind die Teile
der Eisenmänger'schen Chronik, die in den
"Schmiedeberger Nachrichten" Nr. 8 vom
August 1955 über die .Puschhäuser" enthal­
ten sind. Die Reste dieser Buschhäuser wa­
ren auch zu unserer Zeit in ihren Grund­
mauern deutlich zu erkennen. Es lag auch
da noch mancher Tonscherben herum. Die
"Buschbauden " (94) lagen auf der Nordost­
abdachung des .Freien Berges" (87). Dort
gab es das .Oberstädtel" (89). das "Nieder­
städtei" (90). die "Finkenbauden" (91), den
"Baudenwinkel" (92). den .Kirchenplan"
(93) und den "Baudenbusch" (88). Sie grup­
pierten sich um den "Weißen Born" (24) und
den .Finkenborn" (77), die den Buschbewoh­
nern zur Wasserversorgung dienten.
Das Recht an Wald, Wiese und Wasser
galt als Gemeinderecht; es war die Allmen­
de. Auch hier waren noch Anklänge im
Schmiedeberger Flurnamenbestand zu fin­
den. Ich habe darüber in einer Abhandlung
über die "Fiebige" in der Nr. 23 und 1974
in der "Schlesischen Bergwacht" berichtet.
Sie hatten sich in der Nähe der Viktoria­
höhe als Bezeichnungen für Feldstücke er­
halten. Im Bereiche oberhalb der Höhne­
straße sind sie als Acker-, Wiesen- und Ge­
büschstreifen noch kenntlich. Dort, etwa im
Bereich der "Cottbushöhe" , lag einst der
"Galgenberg" (104). Der Name stand noch
auf dem .Plan von dem Lauf der Eichelsbach
nebst den daran belegenen Hauptstraßen in
der schlesischen Gebürgsstatt Schmiedeberg"
vom Jahre 1810, war aber zu unserer Zeit
nicht mehr gebräuchlich. Die Fiebige an
dieser Stelle hießen die "Galgenfiebige"
(173). Dort war auch die .Galgenwiese"
(176). die "Schindergrube" (177) und der
"Schindergarten" (178). Die Höhnestraße
hieß damals" Viehweg" (200) , vielleicht auch
"der Weg nach dem Galgen". Der Schinder
selbst hatte das "Langerhäusel" bewohnt,
im Volksmunde auch .Hexenhäusel" gehei­
ßen, gegenüber dem alten Schützenhaus. Es
war lange Zeit die Wohnung des städtischen
Scharfrichters. Um die Mitte des 18. Jahr­
hunderts übte Johann Heinrich Kräusel
(oder Kreisel) dieses Amt aus. Dr. Hans Reit­
zig aus Krummhübel wußte zu berichten,
daß 1783 der außergewöhnliche Fall eintrat,
daß sein einziger Sohn und Nachfolger, Jo­
hann Joseph Kreisel, die Tochter des Stadt­
senators Adrian Joseph Haberein heiratete.
Bekanntlich galt das Handwerk des Scharf­
richters und Abdeckers als • unehrlich", und
eheliche Verbindungen mit solchen Perso­
nen waren kaum möglich.
d-le Lesen. heut« :-..oII!!
Wilhelm Vielhauer:
Flurnamen aus Schmiedeberg
Walter Krischke:
25 Jahre neue Heimat
in Wangen im Allgäu
Pressedienst
Hoch droben auf dem Landeshuter Kamm
stand ehemals, gut sichtbar von Schmiede­
berg aus, eine Reihe stattlicher Fichten, die
schon vor dem Zweiten Weltkriege Wind
und Wetter und der Axt zum Opfer gefal­
len waren. Sie hießen "die Grenadiere"
(225). wohl weil sie so in Reihe und Glied
standen und auf das weit östlich gelegene
Schlachtfeld von Landeshut blickten, wo sich
Fouqus, General Friedrichs des Großen, mit
den Osterreichern am 23. Juni 1760 um
"Preußens Thermopylen" schlug. So war es
auf einer Tafel auf dem Gipfel des Landeshu­
ter Kirchberges zu lesen.
Wie der Hammermeister Leuschner, so
hat sich auch mancher andere Mann in ei­
nem Flurnamen über die Zeiten gerettet,
freilich nicht immer mit dem gleichen Er­
folg. So wechselte der "Ruhberg" (117)
mehrfach seinen Namen. Ursprünglich hieß
er "Kuhberg" , später nach einem Besitzer
.Cürüerberq". Von ihm erwarb der preu­
ßische Minister Hoym, Berg und dazu gehö­
riges Gut, worauf er zum "Ministerberg"
wurde. Hoym wollte sich dort ausruhen, und
so kam der Name "Ruhberg" auf. Schließ_
lieh ging der Ruhberg an die Familie Radzi­
will über. - Im "Tauflingsbergel" (143) hielt
sich der Name des Besitzers eines Schmie­
deberger Konfektionsgeschäftes, C. H. Tauf­
ling, das vor rund drei Menschenaltern hier
bestand. - Ein wahrhaftes Denkmal hatte
sich der Geheime Kommerzienrat Johann
Sigmund Gebauer gesetzt, der aus armen
Verhältnissen heraus eine Fabrik zur Her­
stellung leinener Bänder gegründet hatte, in
der er bis zu 400 Menschen beSChäftigte. Im
Winter 1824 zu 25 gab er arbeitslosen
Schmiedebergern für den damals hohen Ta­
gelohn von fünf Silbergroschen Brot und
Arbeit, indem er Teiche ausgraben und den
Inselberg aufschütten ließ, die späteren
"Gebauerteiche" (20). Noch heute, 150 Jahre
später, sind sie eine segensreiche Einrich­
tung für Schmiedeberg.
Als letzter Geschichtszeuge unter den
Flurnamen sei die "Kippe" genannt. Das war
ein künstlich aufgeschütteter Erddamm an
der Eglitz zwischen Schlüsselberg und Ruh­
berg. Er verdankte seine Existenz dem
großen Hochwasser von 1897. Das im Bach­
bett angeschwemmte Geröll Wurde nach
der Katastrophe von Soldaten des 5. Pio­
nierbataillons aus Glogau, die im Fluß Feld­
bahngeleise gelegt hatten, auf Halde ge­
kippt. Dann wurde das vermurte Bachbett
verlegt. Beim Bau der DurChgangsstraße
kurz vor dem Zweiten Weltkrieg ist die Hal­
de fast vollständig verschwunden.
Schicksal
Die Flocke treibt
hinauf, hinab im Wirbel
mit tausend andern.
Keines weiß, wohin.
Jetzt hockt sie
an der Scheibe,
späht ins Zimmer.
Nun büßt sie ihre !'<eugier.
Weinend schmilzt sie hin.
Otto Nisch