Автор: Barres Egon   Basler Eva   Diener Kuno  

Теги: pädagogik   bildung  

ISBN: 978-3-8100-0859-6

Год: 1990

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Barres /Basler / Diener, Beratungslehrer
Egon Barres, Eva Basler, Kuno Diener Beratungslehrer Beratungstätigkeit und Arbeitssituation Eine empirische Studie Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 1990
CIP-TIteIaufnahme der Deutschen Bibliothek Barres, Egon: Beratungslehrer : Beratungstätigkeit und Arbeitssituation ; eine empirische Studie/Egon Barres ; Eva Basler ; Kuno Diener. ISBN 978-3-8100-0859-6 ISBN 978-3-663-09362-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-09362-6 NE: Basler, Eva:; Diener, Kuno: © 1990 by Springer Fachrnedien Wiesbaden Ursprünglich erschienen bei Leske + Budrich, Opladen 1990
Vorwort Es darf wohl davon ausgegangen werden, daß die Institution des Beratungslehrers ein zwar noch junger, inzwischen jedoch fester Bestandteil im Schulsystem der Bundesrepublik Deutschland geworden ist. Trotz der institutionellen Verankerung im Schulsystem liegen fUr Baden-WUrttemberg, abgesehen von Informationen in nichtveröffentlichten Oberschulamtsberichten , bislang keine empirischen Untersuchungen zum Tätigkeitsfeld von Beratungslehrern vor. Die einzige empirische Studie, in die auch einige Beratungslehrer aus Baden-WUrttemberg einbezogen wurden, stammt von AURIN/STARK und STOBBERG aus dem Jahre 1977. Diese InformationslUcke war Anlaß zur Konzipierung einer empirischen Erhebung an Beratungslehrern des Landes Baden-WUrttemberg, zumal im Jahre 1981 eine neue Konzeption fUr die Beratungslehrertätigkeit veröffentlicht wurde. Die Themenbereiche und Fragestellungen fUr die Erhebung wurden einerseits aus der 1981 formulierten Neukonzeption der Beratungslehrertätigkeit , zum anderen aus den in der Fachliteratur diskutierten Fragen und zum dritten aus mehreren Einzelinterviews mit Beratungslehrern, Bildungsberatern, einem Vertreter des LEU (Landesinstitut fUr Erziehung und Unterricht Stuttgartl und des Ministeriums fUr Kultus und Sport sowie aus Gruppeninterviews mit Beratungslehrern gewonnen. Die hier als Beitrag zur Erhellung der Arbeitssituation und Tätigkeit der Beratungslehrer an baden-wUrttembergischen Schulen veröffentlichten Befunde und Ergebnisse der empirischen Erkundungsstudie basiert auf den Erhebungen, die Frau Dipl.-Päd. Eva Basler im Rahmen
ihrer Diplomarbeit an 100 Beratungslehrern des Oberschulamtsbezirks Stuttgart zu 5 umfangreichen Fragenkomplexen durchfUhrte: 1. 2 3. 4. Der Arbeitsbereich der Beratungslehrer die Beratungslehrer-Tätigkeit Beratungserfolg und Beratungskompetenz der Beratungslehrer Kooperation mit Beratungsdiesten, Lehrerkollegen, Schulleitung und Eltern 5. WUnsche der Beratungslehrer an Ausbildung und Arbeitsbedingungen Während der Auswertung der Erhebungsdaten fiel ein Phänomen auf, das von vornherein nicht erwartet werden konnte. Eine genauere Betrachtung der Tätigkeiten einzelner Beratungslehrer ließ die Vermutung aufkommen, daß Beratungslehrer keine in sich homogene Beratergruppe darstellen, sondern eine "typologische" Gliederung in Gruppen unterschiedlicher "Beratungsneigungen" zulassen. Ausgehend von den Befunden Uber die unterschiedlichen Beratungsneigungen zeigte sich, daß sich die Beratungsneigungen nicht nur in unterscheidbaren Sinngebungen der Beratungstätigkeit niederschlugen, so daß es angemessen erschien, von unterschiedlichen "Beratungsstilen" bei Beratungslehrern zu sprechen. Die einzelheitliehe Darstellung der "Beratungsstile" bei Beratungslehrern bildet den Inhalt des abschließenden empirischen Untersuchungsteils der vorliegenden Arbeit.
Inhalt Kapitel 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 11 Kapitel 2 Die empirische Untersuchung : Zielsetzung, methodisches Vorgehen und Stichprobenauswahl .. . . . . .. 27 Kapitel 3 Untersuchungsbefunde und Untersuchungsergebnisse . 29 3.1 Demographische Daten der befragten Beratungslehrer .. 3.1.1 Geschlechtsverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1. 2 Altersgruppierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1. 3 Ausbildung fUr das Lehramt . . . . . . . . . . . . . . . .. 3.1.4 Ausbildung zum Beratungslehrer . . . . . . . . . . . . . . 3.1.5 Dauer der Tätigkeit als Beratungslehrer . . . . . . . . . 29 29 30 31 31 34 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.2.5 34 34 36 37 38 40 Der Arbeitsbereich der Beratungslehrer . . . . . . . . .. Einsatz der Beratungslehrer in verschiedenen Schularten Anzahl der zugewiesenen Schulen . . . . . . . . . . . . .. Anzahl der zugewiesenen SchUler . . . . . . . . . . . . .. Regionale Verteilung der zugewiesenen SchUler ..... Erreichbarkeit anderer Beratungsdienste . . . . . . . . .
3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4 3.3.5 3.3.6 3.3.7 3.3.8 3.3. 9 3.3.10 3.3.11 3.3.12 Die Beratungslehrertätigkelt . . . . . . . . . . . . . . . Tätigkeitsfelder der Beratungslehrer . . . . . . . . . . Einzel- und Gruppenuntersuchungen . . . . . . . . . . . . Untersuchungsformen in verschiedenen Schularten . . . Beratungsanlässe und Untersuchungsformen ....... Begleitsymptome. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ursachen von Schulschwierigkeiten . . . . . . . . . . . . Zeitlicher Umfang der Beratungstätigkeit ....... Anteil der Schullaufbahnberatung . . . . . . . . . . . . GrUnde fUr den RUckgang von Gruppenuntersuchungen . Anlaß und Dauer von Mehrfachberatungen . . . . . . . . Schwerpunkte der Beratungstätigkeit . . . . . . . . . . . Zusätzliche Funktionen der Beratungslehrer ...... 3.4 Beratungserfolg und Beratungskompetenz der Beratungslehrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einschätzung des Beratungserfolges . . . . . . . . . . . . Nichtbearbeitete Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitergeleitete Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Notwendigkeit der Institution des Beratungslehrers ... Qualifikationen fUr die Effizienz der Beratungstätigkeit Qualifikationszuschreibungen an Berater mit unterschiedlichen Beratungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beratungskompetenz im Selbsturteil . . . . . . . . . . . . Stigmatisierung durch Beratung? . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 3.4.5 3.4.6 3.4.7 3.4.8 3.5 3.5.1 3.5.2 3.5.3 . . . . . . . . . . . . . Kooperation mit Beratungsdiensten, Lehrerkollegen, Schulleitung und Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kooperation mit anderen Beratungsdiensten ....... . VerbesserungswUnsche hinsichtlich der Kooperation .. . Einstellung der Schulleitung zur Beratungslehrertätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 41 42 45 46 49 55 56 57 59 62 65 66 68 68 69 70 72 73 74 75 76 77 77 79 80
3.5.4 3.5.5 3.5.6 Auswirkungen einer ablehnenden Haltung des Schulleiters Verhältnis der Lehrerkollegen zum Beratungslehrer . .. Beziehung zwischen Beratungslehrer und Eltern ..... 82 84 86 3.6 3.6.1 3.6.2 3.6.3 WUnsche der Beratungslehrer an Ausbildung und Arbeitsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ~ .. SpezialisierungswUnsche hinsichtlich der Ausbildung .. Notwendigkeit prophylaktischer Arbeit. . . . . . . . . .. VerbesserungswUnsche der Beratungslehrer . . . . . . . . 89 89 90 91 3.7 "Beratungsstile" bei Beratungslehrern . . . . . . . . . .. 95 Kapitel 4 Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 104 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 109 Anhang : Fragebogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 111
11 Kapitell Einleitung: Die Entwicklung der Instiution des Beratungslehrers in Baden-WUrttemberg und ihre konzeptionellen Grundlagen. Die Entstehung der Institution des Beratungslehrers in BadenWUrttemberg kann nicht, unabhängig von der Entwicklung der Bildungsberatung insgesamt in Baden-WUrttemberg gesehen werden, die in bewußter Abhebung von schon frUher in anderen Teilen der Bundesrepublik entstandenen Einrichtungen wie z.B. der Institution "SchUlerhilfe" der Hamburger Schulbehörde nach 1945 entstand. Mit der Einrichtung von Bildungsberatungsstellen sollte auf eine neue Akzentuierung schulpsychologischer Arbeit aufmerksam gemacht werden: Nicht mehr die bisher im Vordergrund stehende Einzelfallhilfe, sondern die Schullaufbahnberatung sollte den schulpsychologischen Schwerpunkt bilden mit, dem Ziel "durch fachkundige Hilfe und wissenschaftlich begründete Ratschläge zur Verwirklichung differenzierter schulischer Bildungsarbeit und Begabungsförderung beizutragen" (AURIN 1966, S. 3), Die wohl maßgeblich auslösenden Faktoren für den Aufbau von Bildungsberatungsstellen lagen sowohl im wirtschaftspolitischen wie auch im sozialen Bereich. Der steigende Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften, dem das Bildungssystem nicht mehr zu genUgen schien, erzeugte das Schlagwort von der "Deutschen Bildungskatastrophe" (PICHT 1965) und führte zu der Forderung, die Begabungsreserven insbesondere im ländlichen Raum zu erschließen. Desgleichen wirkten auch die Forderungen nach Chancengleichheit im Bildungswesen, nach Abbau sozialer Barrieren und nach Verwirklichung des "Bürgerrechts auf Bildung" IDAHRENDORF 1965) als motivierende Argumente tur die Einrichtung von Bildungsberatungsstellen.
12 Die ersten Bildungsberatungsstellen in Baden-WUrttemberg wurden 1966 im ländlichen Raum in Balingen, Biberach, Mosbach und Villingen eingerichtet. In der Folgezeit entstanden Blldungsberatungsstellen schwerpunkt mäßig in den großstädtischen Räumen von Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe und Ludwigsburg. Der im Jahre 1972 vom Ministerrat verabschiedete Stufenplan zum Ausbau der Bildungsberatung in Baden-WUrttemberg sah einen weiteren kontinuierlichen Ausbau der Bildungsberatungsstellen vor (vgl. Denkschrift des Rechnungshofes vom 27. Mai 1981, Drucksache des Landtages von Baden-WUrttemberg 8/1422, S.5). Gegenwärtig bestehen in Baden-WUrttemberg 23 Bildungsberatungsstellen mit 44 Bildungsberatern und 35 Verwaltungsangestellten auf Planstellen. Seit wann genau es Beratungslehrer an den Schulen in Baden-WUrttemberg gibt, ist schwer zu eruieren. Wenn auch bereits vor den Reformaktivitäten der 60iger Jahre an einigen Schulen als Psychologen ausgebildete Lehrer tätig waren, so scheint doch erst im Zug der vermehrten Einrichtung von Modellschulen in den Jahren 1966-1974 eine stärkere institutionelle Verankerung von Beratungsaufgaben im schulischen Bereich stattgefunden zu haben. Auf der Ebene der einzelnen Schulen waren 1975 493 als Beratungsieher ausgebildete Lehrer tätig (AURIN u.a. 1977, S. 371 u. 234). Die ersten systematisch durchgefUhrten Fortbildungskurse erfolgten seit 1956 als "Schuljugendberater-Kurse" in Stuttgart nach der Konzeption von BLANK (AURIN u.a. 1977, S. 232). Die späteren Grundlagen fUr die Ausbildung der Beratungslehrer bildeten die Er lasse des Kultusministeriums Baden-WUrttemberg von 1966 und 1968 und der "Erste Stufenplan zum Ausbau der Bildungsberatung in Baden-WUrttemberg" von 1972 im Zusammenhang mit dem
13 Strukturplan der Bildungsberatung des Deutschen Bildungsrates von 1970. Nach der Trennung der Ministerien fUr Wissenschaft und Kunst einerseits und Kultus und Sport anderseits wurden in den Jahren 1972-1974 zweisemestrige Aufbaustudiengänge an Pädagogischen Hochschulen durchgefUhrt. Seitdem scheint sich die Beratungslehrerausbildung im Kompetenzstreit der Zuständigkeitsbereiche der beiden Ministerien zu befinden mit der Folge unterschiedlicher und zeitlich wechselnder Ausbildungsgänge: - Funkkolleg/Fernstudium mit den Studienbriefen "Ausbildung zum Beratungslehrer" des Deutschen Instituts fUr Fernstudien IDIFFl ab 1977; - Neubeginn der Oberschulamtskurse seit 1979 nach der Ausblldungskonzeption von earl BUHLER nach Vorgaben des Ministeriums, veröffentlicht in "Lehren und Lernen" 1976; reformiert von RUdiger KOLB; - Neubeginn des Aufbaustudiums "Beratung in der Schule" an den Pädagogischen Hochschulen ab 1981; Laut Denkschrift des Rechnungshofes von Baden-WUrttemberg aus dem Jahre 1981 wurden bis 1975 annähernd 700 Lehrer zu Beratungslehrern ausgebildet, von denen gegenwärtig noch etwa 450 an den Schulen des Landes tätig sind, während die Uberwiegende Zahl der nicht mehr als Beratungslehrer tätigen Lehrer zwischenzeitlich in Funktionsstellen (Schulleiter, Schulrat) aufgerUckt ist. Insgesamt arbeiteten laut OSA-Bericht 1986 1106 ausgebildete Bera-
14 tungslehrer an den Schulen Baden-WUrttembergs, davon im Oberschulamtsbezirk Stuttgart im Schuljahr 1984/85 352 Beratungslehrer. Ihre Verteilung auf die einzelnen Schularten sowie die Beratungslehrer/SchUler-Relation ist in der folgenden Tabelle, die dem Oberschulamtsbericht von 1986 entnommen wurde, dargestell t. Tabelle 1 Beratungslehrer-SchUler-Relation bezogen auf GesamtschUlerzahlen im OSA-Bezirk Stuttgart tätige BL Gesamtschülerzahlen BL-Sch-Rela tion Gymnasien 51 115.777 1 : 2.270 Staatliche Schulämter 281 332.006 1 : 1.181 Allgemeinbildende Schulen (Summen) 332 447.783 1 : 1.384 Berufliche Schulen 20 150.213 1 : 7.510 zusammen 352 597.996 1 : 1.698 Quelle: OSA-Bericht 1986 Uber das Schuljahr 1984/85 Wenngleich auch im Zeitraum 1982- 1985 die Zahl der Beratungslehrer im Oberschulamtsbezirk Stuttgart von 303 auf 352 anstieg, so ist doch bislang die Beratungslehrer-SchUler-Relation weit davon ent-
15 fernt, den angestrebten Verhältnissen zu entsprechen. In den Vorschlägen der Bund-Länder-Kommission von 1973 wurde fUr das Jahr 1980 die Relation 1 Beratungslehrer auf 1000 SchUler und tUr das Jahr 1985 sogar 1 Beratungslehrer fUr 500 SchUler angezielt (MARTIN, 1974, S. 22), Folgt man den Zahlen des Oberschulamtsberichts von 1986, so betreuten die 352 Beratungslehrer insgesamt 372726 SchUler, dh. lediglich 62.4% aller SchUler, während fUr 37.5% der SchUler ein Beratungslehrer nicht erreichbar war, obwohl ein Großteil der Beratungslehrer mehrere Schulen zu betreuen hatten. Dabei fällt besonders auf, daß im Gymnasial- und Berufsschulbereich die Zahlen nichtbetreuter SchUler mit 59% bzw. 66.5% besonders hoch liegen, wie aus der folgenden Tabelle 2 ersichtlich ist. Tabelle 2 Betreute Schulen/betreute und nichtbetreute SchUler bezogen auf die GesamtschUlerzahlen im OSA-Bezirk Stuttgart. BL Gymnas. Staatl. Schulämt. Allg.bild. Schulen (Summe) Berufl. Schulen zusammen betr. Schulen betr. SchUler 1nsg. 'jeBL 63 1,2 51 nicht betr. SchUler % 1nsg. 'je BL Abs. 47.453 930 68.324 59,0 281 880 3,1 275.005 978 57.001 17,1 332 943 2,8 322.458 971 125.325 27,9 20 27 1,35 50.268 2.513 99.945 66,5 352 970 2,75 372.726 1.058 225.270 37,6 Quelle: OSA-Bericht 1986 Uber das Schuljahr 1984/85
16 BerUcksichtigt man zusätzlich, daß die Beatungslehrer als zweites Glied in der Instanzenkette der schulischen Bildungsberatung: Lehrer, Beratungslehrer, Schulpsychologe bzw. Bildungsberater, ihre Beratungstätigkeit nur nebenamtlich ausfUhren und je nach zu betreuender Schillerzahl wöchentlich höchstes 4 Stunden Unterrichtsdeputatsermäßigung fUr beratende Funktionen zur Verfilgung stehen, so kann nicht nur der Feststellung im Oberschulamtsbericht zugestimmt werden, daß "immer noch ein erheblicher Mangel an ausgebildeten Beratungslehrern besteht, damit auch fUr jeden SchUler (Lehrer /EI tern) die Mögllchkei t gegeben ist, einen Beratungslehrer anzusprechen", sondern es stellt sich auch die Frage nach der Realisierbarkeit einer qualitativ hochstehenden beraterischen Tätigkeit unter den Zeitverhältnissen, wie sie in den Konzeptionen zur Bildungsberatung von 1972 und 1981 und später formuliert wurden und folglich zumindest partiell auch an den Beratungslehrer als Anspruch herangetragen wurden. Der heute gUltigen Konzeption der Bildungsberatung ging eine erste Konzeption voraus, die im "Ersten Stufenplan zum Ausbau der Bildungsberatung in Baden-WUrttemberg " vom 4. April 1972 ihre Formulierung fand, die aber hier nicht näher dargestellt werden soll. (vgl. AURIN, STARK, STOBBERG 1977). Immerhin kann festgestellt werden, daß, ausgehend von den weitgehend Ubereinstimmend proklamierten 3 Hauptaufgabenbereichen der Bildungsberatung: Schullaufbahnberatung, Eizelfallhilfe und Systemberatung - das Hauptgewicht in der damaligen Konzeption auf der Systemberatung im Sinne einer von oben gelenkten Reform lag. Die Festlegung von Schwerpunktaufgaben durch das Kultusministerium hatte in vielen Fällen zur Folge, daß die Bildungsberatungsstellen andere Aufgaben zurUckstellen mußten, und in der Praxis fUhrte die ArbeitsUberlastung der Beratungsdienste durch die Schwerpunktsetzung der Arbeit auf Schulplanung und Schulforschung vor allem zu einer Vernachlässigung der Einzelfallhilfe.
17 Organisatorische Schwierigkeiten und ArbeitsUberlastung der Bildungsberatungsstellen auf der einen Seite und eine teilweise Abkehr von den bildungsreformatorischen Zielsetzungen fUhrten zu einer Neufassung der Konzeption der Bildungsberatung. Nicht mehr "äußere" Reformen, sondern "innere" Schulreform IPädagogisierung) war das neue Anliegen seit Mitte der 70iger Jahre der Bildungsplanung. Modell versuche und der Ausbau der Gesamtschulen stagnierten seitdem. Die zum Zeitpunkt der hier vorgelegten Befragung und bis heute gUltige Fassung der "Konzeption der Bildungsberatung in Baden-WUrttemberg" wurde als Antwort auf die Denkschrift des Rechnungshofes zur Landeshaushaltsrechnung 1976 am 27. Mai 1981 veröffentlicht. Die Organisations- und WirtschaftlichkeitsprUfung durch den Landesrechnungshof deckte folgende Mängel der bisherigen Praxis der Bildungsberatung auf: 1. Es fehle eine genaue Aufgabendefinition fUr die Bildungsberatung, die eine Abgrenzung der Aufgaben von Bildungsberatungsstellen und Beratungslehrern sowie eine Abgrenzung gegenUber anderen Beratunsdiensten enthalte. 2. In der inneren wie der äußeren Organisation der Bildungsberatungsstellen zeigten sich Mängel, welche die Wirksamkeit des Beratungsdienstes beeinträchtigten. 3. Es gäbe zur Zelt keine klare Konzeption zur Eingliederung der Blldungsberatung in den schulischen Bereich und zum weiteren Ausbau.
18 Die 1981 entwickelte Neukonzeption der Blldungsberatung entsprach nach Erläuterung der Regierung Uber die eingeleiteten Maßnahmen der Kritik des Rechnungshofes in folgenden wesentlichen Punkten: Bezogen zu Punkt 1 sieht die Neukonzeption der Bildungsberatung in Baden-WUrttemberg eine klare Aufgebenstellung insgesamt mit einer schwerpunktmäßigen Verteilung der Aufgaben der Bildungsberatungsstelle und Beratungslehrer vor: - Bildungsberatungsstellen Ubernehmen die schulpsychologische Einzelfallhilfe und Beratungsfunktionen der Schulaufsicht im pädagogisch-psychologischen Bereich; - Beratungslehrer fUhren die Schullaufbahnberatung durch und helfen beratend bei der Beseitigung von Schulschwierigkeiten; - Bildungsberatungsstellen und Beratunslehrer arbeiten in regionalen Arbeitsgemeinschaften zusammen, die gleichermaßen der organisatorischen Abstimmung wie der Fortbildung dienen. GegenUber anderen Beratungsdiensten (Berufsberatung, Studienberatung, Erziehungsberatung) sind - soweit dies möglich ist - Abgrenzungen vorgenommen worden. Die jetzt vorliegende Konzeption ist eine entscheidende Weiterentwicklung der Konzeption der Blldungsberatung von 1972 (Landtagsdrucksache V-6667 vorn 5.5.1972), die die Bildungsberatung in erster Linie als Instrument der Bildungsplanung sah. Die jetzt vorgelegte Konzeption stellt in den Mittelpunkt der Aufgaben die konkrete Hilfe fUr den einzelnen SchUler sowie die UnterstUtzung von Lehrern und Eltern bei der Wahrnehmung des Erziehungsauftrages. Dem Anliegen des Rechnungshofes, daß die Aufgaben der Schullaufbahnberatung nicht unbedingt von Diplompsychologen erfUllt werden mUssen, wurde Rechnung getragen, indern diese Aufgabe schwerpunktmäßig den Beratungslehrern zugewiesen wurde, die Diplompsychologen der Bildungsberatungsstellen hingegen die schulpsychologische Ein-
19 zelfallhllfe Ubernehmen. Zu Punkt 2 der Kritik des Rechnungshofes: Um die vom Rechnungshof festgestellten organisatorischen Mängel bei den Bildungsberatungsstellen zu beheben, wurden die Oberschulämter mit Erlaß vom 9. Januar 1979 beauftragt, die Mitarbeiter der Bildungsberatung auf bestehende geschäftsordnende Bestimmungen hinzuweisen bzw. Neuregelungen einzuleiten. In weiteren Erläuterungen unter "III. Allgemeine Aspekte der Bildungsberatung" wird insbesondere hervorgehoben, daß die Bildungsberater auch fUr die Beratung von Lehrern in erzieherischen Fragen im Auftrag der Schulaufsichtsbehörde herangezogen werden sollten und daß die Mitwirkung der Bildungsberatung bei Fehlentwicklungen von Kindern und Jugendlichen nur Beratung, nicht aber Therapie beinhalte. Ausgegangen wird dabei von der zentralen Prämisse, daß sich weder "Erziehung" von "Beratung" grundsätzlich trennen läßt, noch daß sich die Tätigkeitsbereiche von Lehrern, Beratungslehrern und Bildungsberatern prinzipiell unterscheiden, daß aber angesichts der Vielfalt der Bildungsmöglichkeiten, der zunehmenden Differenzierung des Unterrichts und der wachsenden Bedeutung erzieherischer Aufgaben in der Schule, die Aufgaben der Bildungsberatung nicht allein von Lehrern wahrgenommen werden, sondern zum Teil auch von speziell ausgebildeten oder geschulten Kräften. Im Unterschied zur Konzeption· und Praxis· der Bildungsberater frUherer Jahre, in denen Bildungsplanung und Blldungsreform (Systemberatung) im Vordergrund standen, werden in der neuen Konzeption nicht nur die Schullaufbahnberatung, sondern auch die psychologische Einzelfallhilfe und die Beratung von Lehrern und Erziehungsberechtigten als zentrale Aufgaben der Bildungsberatung genannt, worin sich die Bestrebungen einer Pädagogisierung der Schule von innen her deutlich widerspiegeln.
20 Wenn im Folgenden der konzeptionsgemäße Aufbau der Bildungsberatung und die Verteilung der Aufgaben auf Lehrer, Beratungslehrer und Bildungsberatungsstellen beschrieben wird, so betrifft dies bereits einen in der durchgefUhrten Erhebung angesprochenen Fragenkomplex, der sich auf die vom Beratungslehrer durchgefUhrten Tätigkei ten und ihr jeweiliges Ausmaß bezieht. In der Konzeption von 1981 ist vorgesehen, daß besonders qualifizierte und berufserfahrene Lehrer aller Schularten, die in besonderen berufsbegleitenden Kursen zu Beratungslehrern ausgebildet wurden, schwerpunktmäßig die Aufgaben der Schullaufbahnberatung Ubernehmen, wobei die Beratung bei Schulschwierigkelten, insbesondere bei Leistungsschwächen und Lernschwierigkeiten eingeschlossen ist, da Schullaufbahnprobleme sofern sie nicht an den Nahtstellen des Bildungswesens auftreten, oft aus dem Vor liegen von Schulschwierigkeiten heraus entstehen. Ausgehend von der Konzeption von 1981 Uber die Schullaufbahnberatungsaufgaben obliegen dem Beratungslehrer beratende Aufgaben - bei der Einschulung - beim Ubergang in die auf der Grundschule aufbauenden Schularten - beim Durchlaufen der Orientierungsstufe in den verschiedenen Schularten - beim Ubergang von einer Schulart zu einer anderen - bei Entscheidungen Uber anzustrebende BlldungsabschlUsse - bei der Wahl von Fächern und Kursen - bei der Orientierung Uber das berufliche Schulwesen - bei der beruflichen Orientierung, soweit diese von der Schule in Zusammenarbeit mit der zuständigen Arbeltsverwaltung Ubernommen wird - beim Ubergang in die Oberstufe des allgemeinbildenden und beruflichen Schul wesens.
21 Hinzutritt die Beratung bei Schulschwierigkeiten, Leistungsschwächen und Lernschwierigkeiten einzelner SchUler. Wenn auch der zuletzt genannte Aufgabenbereich des Beratungslehrers von der Sachproblematik her bereits dem Aufgabenkomplex der psychologischen Einzelfallhilfe zugeordnet werden muß, so wird diese doch laut Konzeption als Aufgabenschwerpunkt den Uberörtlichen Bildungsberatungsstellen zugewiesen: "Die psychologische Einzelfallhilfe wendet sich an den verhaltensauffälligen und verhaltensgestörten SchUler. Sie umfaßt Diagnose und Beratung, schließt eine therapeutische Behandlung jedoch aus. Bei den vielschichtigen Ursachen fUr Verhaltensauffälligkeiten und -störungen beschränkt sich der Einsatz der Bildungsberatung auf die Beratung solcher SchUler, bei denen sich Verhaltensauffälligkeiten im schulischen Bereich ergeben und von denen zu befUrchten ist, daß sie die Erreichung der Lern- und Erziehungsziele gefährden. Im einzelnen beziehen sich die Beratungsaufgaben der Bildungsberatungsstellen auf folgende Funktionen: - Beratende Hilfe fUr SchUler, Erziehungsberechtigte und Lehrer bei besonderen Problemen in der Schule, wie Drogen- und Alkoholmißbrauch, Gewaltanwendung durch Schiller; SchUlerhilfe bei Lern- und Arbeitsstörungen, die sich negativ auf die SchUlerleistungen auswirken. Das Hilfsangebot beschränkt sich dabei auf den allgemein-pädagogischen Bereich, psychotherapeutische und fachspezifisch-unterrichtllche Maßnahmen gehören nicht zu den Aufgaben der Bildungsberatung; Beratende Mitwirkung bei der Behebung von Verhaltensauffälligkeiten bzw. -störungen von SchUlern; Beratung von SchUlern, Erziehungsberechtigten und Lehrern bei schulischen Konflikten (SchUler-SchUler, Lehrer-SchUlerl; Erarbeitung von Lösungsvorschlägen;
22 - Mitarbeit bei der Verbesserung der SchUlerbeurteilung, z.B. durch Erstellung informeller Tests; - Beratung von Lehrern bei Pädagogisch-psychologischen Fragestellungen einschließlich der Mitarbeit bei der pädagogisch-psychologischen Aus- und Fortbildung der Lehrer, insbesondere der Beratungslehrer; - DurchfUhrung von Gruppentestverfahren, deren Ergebnisse einer anschließenden SchUlerberatung dienen, Art und Umfang dieser Untersuchungen werden im einzelnen durch die zuständige Schulaufsichtsbehörde festgelegt; - Beteiligung an Schulversuchen, wobei im einzelnen auch Aufgaben des vorgenannten Katalogs durch die Schulaufsichtsbehörde Ubertragen werden. Entsprechend den sich teilweise Uberschneidenden Aufgabenbereichen des Beratungslehrers und des Bildungsberaters wird in der Konzeption von der Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen Beratungslehrer und Bildungsberater gesprochen. So können Beratungslehrer fUr inhaltlich abgegrenzte und zeitlich beschränkte Aufgaben an die Beratungsstelle zur Dienstleistung abgeordnet werden, und in den Tätigkeitsbezirken der Bildungsberatungsstellen werden regionale Arbeitsgemeinschaften von Bildungsberatungsstellen und Beratungslehrern eingerichtet, die eine fortlaufende Koordinierung des gemeinsamen Beratungsauftrags sicherstellen sollen. In Bezug auf die Zusammenarbeit mit anderen Beratungsinstitutionen wird wie im Falle der Berufs-und Studienberatung auf bestehende Erlasse verwiesen, hinsichtlich der Erziezhungsberatung wird festgestellt: "Regelungen Uber die Zusammenarbeit zwischen Bildungsberatung und Erziehungsberatung, bzw. abgrenzende Regelungen bestehen nicht. Die Erziehungsberatungsstellen beraten die Institution "Familie" in
23 Erziehungsfragen unabhängig vom Anlaß und dem Alter der Kinder und Jugendlichen. Die Bildungsberatungsstellen beschränken und konzentrieren ihre Tätigkeit dagegen ausschließlich auf· schulische Belange. Sie nehmen darUber hinaus eine beratende Funktion im Rahmen der Schulaufsicht wahr. Grundsätzlich Ubernehmen Erziehungsberatungsstellen auch therapeutische Aufgaben, während die Bildungsberatungsstellen nur beratend tätig werden ... " !Drucksache des Landtags von Baden-WUrttemberg 8/1422, S. 9) Auf eine spezifizierte re Aufgabenabgrenzung und Aufgabenverteilung ist in den konzeptionellen Bestimmungen verzichtet worden, da sie sich, abgesehen von den dargestellten Kriterien, im Einzelfall von den örtlichen Gegebenheiten ergeben wird. Grundlage fUr die Beratung durch Bildungsberater wie Beratungslehrer sollen die systematische Beobachtung der SchUlerleistungen, die Auswertung von Berichten der Lehrer und Erziehungsberechtigten und psychodiagnostische Verfahren sein. Dabei sollen vor allem aus ökonomischen GrUnden Gruppentests herangezogen werden. FUr Beratungslehrer ist ein bestimmter Testkatalog durch das Ministerium fUr Kultus und Sport verbindlich vorgeschrieben, der Testverfahren enthält, die sich fUr entsprechende Fragestellungen bewährt haben und auf deren Verwendung der Beratungslehrer in seiner Ausbildung vorbereitet wurde. Von einer kritischen Beurteilung der· in der Konzeption implizit enthaltenen Zielrichtungen und Bestimmungen des Tätigkeitsfeldes der Bildungsberater und Beratungslehrer soll hier abgesehen werden. Zweifellos kann der allgemeinformulierten Zielsetzung der Konzeption "konkrete Hilfe fUr den einzelnen SchUl er sowie die UnterstUtzung von Lehrern und Eltern bei der Wahrnehmung des Erziehungsauftrages" zugestimmt werden.
24 Eine kritische Beurteilung der Konzeption und der sich auf sie berufenden Richtlinien fUr die Tätigkeit der Blldungsberater und Beratungslehrer wUrde jedoch eine Reihe von Fragen aufwerfen, die unseres Erachtens heute weder unter dem Aspekt einer empirisch UberprUfbaren Effizienz der Beratungslehrertätigkeit noch unter dem Aspekt theoretischer Leitvorstellungen von schulischen Beratungsaufgaben und qualifizierter Beratungstätigkeit schlUssige Antworten erlauben, da einerseits weder das Problem effizienter schulischer Beratung theoretisch geklärt ist, noch empirische Untersuchungen zu diesem Problemberelch vorliegen, noch andererseits die theoretischen Diskussionen zum Begriff der Bildungsberatung zu einer einheitlichen Theorie der Bildungsberatung gefUhrt haben. Jede Definition von Bildungsberatung ist die Definition eines bestimmten einzelnen Autors und faßt Ziel und Aufgabenbereich der Bildungsberatung mal sehr weit, mal sehr eng oder stellt unterschiedliche Funktionen als Schwerpunkte der Arbeit heraus, so daß MINSSEN auch heute noch zugestimmt. weden kann, wenn er schreibt: "Die Problemlage kann insgesamt wohl als ein Musterfall verbreiteter Ratlosigkeit im Bildungswesen angesprochen werden" (MINSSEN 1975, S. 182. Im einzelnen siehe: AURIN 1966; AURIN/GAUDE/ZIMMERMANN 1973; MARTIN 1974; GAUDE 1975; HOFMANN/ROSEMANN 1975; AURIN/STARK/STOBBERG 1977; HELLER 1978; PERLWITZ 1978; FAULSTICH-WIELAND 1978; REICHENBECHER 1980; JUNG/MARTIN 19S1; HELLER/VIEWEG 1983; STREBIN 1984;) Festgestellt werden kann jedoch, daß die Konzeption von 1981 im Vergleich zu der von 1970 (Richtlinien fUr die Bildungsberatungsstellen in Baden-WUrttemberg, Erlaß vom 11. Juni 1970) nicht zu Ubersehende Einschränkungen enthält, die sich sowohl auf den Bereich der Blldungsplanung bzw. die innovative Systemberatung beziehen, wie auch auf den Aufgabenberelch der psychologischen Einzelfallhilfe, was besonders deutlich in der GegenUberstellung der relevanten Formulierungen der Konzeptionen zum Ausdruck kommt.
25 So heißt es im Stufenplan von 1972, S. 5: "Sie (die psychologische Einzelfallhilfe) umfaßt Diagnose und Beratung. Die Störungen können psychisch begrUndet sein und sich in Schulversagen, Sozial versagen oder im emotionalen Bereich äußern. Weitergehende Maßnahmen mUnden in das Gebiet der Psychotherapie./I In der Konzeption von 1981 hingegen lautet die entsprechende Formulierung: "Bei den vielschichtigen Ursachen fUr Verhaltensauffälligkeiten und -störungen beschränkt sich der Einsatz der Bildungsberatung auf die Beratung solcher SchUler, bei denen sich VerhaltensauffiHligkeiten im schulischen Bereich ergeben ... /I (S.6) Die Konzeption von 1981 enthält auch keinen Hinweis mehr auf die Freiheit der Wahl, Chancengleichheit oder Selbst entfaltung der zu beratenden SchUler, so daß im Zusammenhang mit der Hintanstellung von Aufgaben innovativer Systemberatung der Eindruck kaum täuschen dUrfte, daß die leitende Intention der 1980 entstandenen Konzeption der Bildungsberatung in der Stabilisierung des vorhandenen Bildungssystems und den SchUler betreffend in selektierenden und systemanpassenden Funktionen zu sehen ist. Auch wenn es zutreffen mag, daß das Verständnis von Bildungsberatung in der Konzeption von 1981 mehr von ökonomischen und bestimmten bildungspolitischen Maximen als von den tatsächllchen Erfordernissen des Beratungsbedarfs an Schulen einerseits und der Bildungsbereitschaft der Beratungslehrer anderseits (vgl. Untersuchungsergebnisse von HELLER und VIEWEG 1983) bestimmt ist, so erscheint doch die Institution des Beratungslehrers wegen ihrer psychologischen Nähe zu den relevanten Beratungsproblemen von so grundsätzllcher Bedeutung und pädagogischer Wichtigkeit zu sein, daß, unabhängig von konzeptionellen Vorgaben, das Tätigkeitsfeld des Beratungslehrers zunehmender empirischer Erforschung bedarf, nicht
26 nur um Hinweise Uber die Verbesserungsmögllchkeiten der Arbeltsbedingungen des Beratungslehrers zu erhalten, sondern auch, um die pädagogische Funktion "Beratung" als Aufgabe eines jeden Lehrers in der Schule stärker zu integrieren als dies bislang der Fall ist. Die Untersuchungsergebnisse von HELLER und VIEWEG 1983 Uber Einstellungen von Lehrern zur Kooperation mit Beratungslehrern an Schulen mit und ohne Beratungslehrer weisen darauf hin, daß die Institution des Beratungslehrers in diesem Sinne einen fruchtbaren Einfluß auf das pädagogische Beratungsengagement von Lehrerkollegen haben kann.
27 Kapitel 2 Die empirische Untersuchung: Zielsetzung und methodisches Vorgehen Allgemeines Ziel der empirischen Erhebung war eine deskriptive Bestandsaufnahme und Analyse der Arbeitsfelder der Beratungslehrer (nachfolgend mit BL abgekUrztl in Baden-WUrttemberg und der Rahmenbedingungen ihrer Tätigkeit. Im einzelnen sollten folgende Themenbereiche näher erforscht werden: - Schwerpunkte der Beratung (Laufbahnberatung, Einzelfallhilfe, Systembera tungl - Ubereinstimmung zwischen der ministeriell erlassenen Beratungskonzeption und den Inhalten der Beratungspraxis - Einschätzung der subjektiven Kompetenz- und Effizienz der Beratungstätigkeit - Kooperation mit anderen Beratungseinrichtungen - Zusammenarbeit mit Kollegen, Schulleiter und Eltern - Erwartungen der Beratungslehrer bezUgllch Ausbildung und Tätigkeit Die Datenerhebung erfolgte aus zeitlichen und finanziellen GrUnden mit Hilfe eines Fragebogens, der auf der Grundlage mehrfacher vorausgegangener Einzel- und Gruppeninterviews mit in der schulischen Beratung erfahrenen Pädagogen und Psychologen entwickelt und in vier Probeläufen UberprUft und optimiert wurde. Im Hinblick auf eine Bkonomische und detailliert quantifizierbare Auswertung der Daten wurden die Hems so weit wie mBgllch in Form des geschlossenen Fragetyps mit vorgegebenen Antwortmöglichkeiten formuliert.
28 Die oben erw~hnten GrUnde waren es auch, die dazu veranlaßten, die Befragung auf den Bereich NordwUrttemberg, in dem 303 von insgesamt ca. 800 BL des Landes Baden-WUrttemberg zum Zeitpunkt der Erhebung tätig waren, zu begrenzen (Angaben laut des zusammenfassenden Jahresberichts der BL des Oberschulamtsbereichs Stuttgart fUr das Schuljahr 1982/83). Da aus GrUnden des Datenschutzes die Adressen der im betreffenden Oberschulamtsbereich tätigen BL nicht zugänglich waren, wurden die Fragebögen mit Genehmigung des Oberschulamts (nachfolgend OSA) Stuttgart an die acht Bildungsberatungsstellen geschickt, die sie ihrerseits im Rahmen von regionalen Fortbildungsveranstaltungen an die BL weiterleiteten. Bis Anfang 1985 lagen schließlich 100 auswertbare Fragebogen vor. Dies entspricht rund einem Drittel der Population der BL in NordwUrttemberg. Angesichts dieser vergleichsweise großen Stichprobe und der in den vier OSA-Bereichen für alle BL In gleicher Weise verbindlichen Dienstvorschriften dUrften die empirischen Ergebnisse der vorliegenden Erhebung weitgehend repräsentativ fUr die Situation der BL In Baden-WUrttemberg sein.
29 Kapitel 3 Untersuchungsbefunde und Untersuchungsergebnisse Die Auswertung der Erhebungsdaten beschränkt sich auf die Ermittlung elementarer statistisch-deskriptiver Kennwerte und deren Sign1fikanzprUfung. 3.1 Demografische Daten der erfaßten BL 3.1.1 Geschlecht Die befragte Stichprobe (Item 1 des Fragebogens) setzt sich aus 73 männlichen und 27 weiblichen BL zusammen. Vergleicht man diese Quote mit dem Geschlechtsproporz in der Lehrerpopulation in Baden-WUrttemberg (vgl. Tab.3), so sind die als BL tätigen Lehrerinnen eindeutig unterrepräsentiert, obwohl die Lehrerinnen im Bereich der Grund-, Haupt-, Real- und Sonderschulen - und hier ist die Zahl der BL prozentual am höchsten - mit ca 57% den größeren Anteil ausmachen. . Lehrpersonen in % GHS, RS, SS Gymnasien Berufsschulen männlich weiblich 43,2 64,3 71,5 56,8 35,7 28,5 Tab. 3 : Relativer Anteil von Lehrern und Lehrerinnen nach U. Jäkel in SCHULINTERN 12/1985, S.9
30 3.1.2 Altersgruppierung Die befragten BL (vgl. Item 2) verteilen sich auf die einzelnen Altersgruppen wie folgt: Altersgruppe Uber Uber Uber Uber 20 30 40 50 N (=%) 2 38 45 15 Tab. 4 : Altersgruppierung der befragten BL Das Gros der BL liegt in der Altersgruppe zwischen 41-50 Jahren (45%), gefolgt von der Altersgruppe 31-40J. (38%l. BerUcksichtlgt man, daß die Hälfte der in Baden-WUrttemberg eingesetzten BL ihre Beratungskompetenz Uber die seit 1979 alljährlich stattfindenden berufsbegleitenden Kurse der OSA erworben haben (vgl. auch Item 4), so kann davon ausgegangen werden, daß die Gruppe der BL Uber eine mehrjährige Berufserfahrung verfUgt, ehe sie sich zu einer solchen Ausbildung entschließt. So varllerte beispielsweise die Berufserfahrung der Teilnehmer des Ausbildungskreises in Wißgoldingen (Ostalbkreis) im Schuljahr 1983/84 zwischen 7 und 19 Jahren. Im Gegensatz dazu setzt das Erweiterungsstudium Beratung, das die· PHn des Landes Baden-WUrttemberg seit 1981 anbieten, lediglich die 1. StaatsprUfung fUr ein Lehramt, nicht jedoch die Praxiserfahrung voraus.
31 3.1.3 Ausbildung fUr das Lehramt bei BL Nachstehende Tab. 5 (vgl. Item 3) gibt Auskunft Uber die LehramtsprUfungen der befragten BL. LehramtsprUfung fUr N (=%) Grund- u. Hauptschulen Sonderschulen Realschulen Allgemeine Gymnasien Berufliche Gymnasien / Berufsschulen 65 4 11 17 3 Tab. 5 : Ausbildung fUr das Lehramt Rund zwei Drittel aller BL haben ein GHS-Studium absolviert. Mit großem Abstand folgen BL, die eine LehramtsprUfung fUr das Allg. Gymnasium bzw. fUr die Realschule vorweisen. Am geringsten vertreten sind BL mit einem Lehramt fUr die Sonderschule bzw. fUr das Berufliche Gymnasium oder die Berufsschule. 11 BL besitzen eine zweifache Lehramtsqualifikation: Acht Reallehrer und drei Sonderschullehrer haben zuvor eine GHS-Ausbildung durchlaufen. 3.1.4 Ausbildung zum Beratungslehrer Nicht ganz die Hälfte der BL hat eine Ausbildung zum BL Uber einen Berufsbegleitenden einjährigen Kurs des OSA erhalten. Die Kurse wurden bzw. werden entsprechend dem regionalen Bedarf jeweils an einem anderen Ort durchgefUhrt. Ein knappes
32 Drittel (29,5%) wurde bis 1979 beim Institut tUr Blldungsplanung und Studieninformation in Stuttgart (IBS) ausgebildet. Rund ein Viertel der BL kam, wie Tab. 6 zu entnehmen ist, auf anderen Wegen zu ihrer Beratungsqualifikation. BL-Kurs des OSA Stuttgart (seit 1979) Kurs des IBS (bis 1979) Ausbildung an PH (1972-1974) Schuljugendberaterkurse in Stuttgart (1958-1962) Diplomstudiengänge an PH oder UNI Funkkolleg / Fernstudium (bis 1979) Erweiterungsstudium Beratung an PH (ab 1981) Sonstige Ausbildung N % 46 31 3 4 9 5 43,8 29,5 2,9 3,8 8,6 4,8 7 6,7 Tab. 6 : Ausbildung zum Beratungslehrer In Kategorie "Sonstige Ausbildung" sind zusammengefaBt: ein BL mit einem Diplom in Psychologie, ein BL mit MA in Education in Guidance Counselling, USA; ein BL mit einem MA in Erziehungswissenschaft, zwei BL mit Einzelkursen an Bildungsberatungsstellen, zwei BL mit einer psychoanalytischen Ausbildung zum Kinder- und Jugendtherapeuten. Ferner ist anzumerken: 16 BL haben einen Diplomstudiengang an einer PH bzw. UNI oder eine noch höher einzustufende Ausbildung absolviert, 6 BL verfUgen Uber eine Mehrfachquallfikation. Diese Daten weisen auf, daß die BL in Bezug auf ihre Ausbildung, die von der Hospitation an einer Bildungsberatungsstelle bis zum Kinder- und Jugendtherapeuten reicht, eine heterogene Gruppe darstellen. Es liegt auf der Hand anzuneh-
33 men, daß dies auch bezUg lieh ihrer Beratungskompetenz gilt. Dieses Gefälle zu reduzieren dUrfte u.a. eine vordringliche Aufgabe von Fortbildungsveranstaltungen durch die regionalen Bildungsberatungsstellen sein. Ein anderes Ergebnis sei noch erwähnt: Obwohl die pädagogischen Hochschulen seit 1981 ein Erweiterungsstudium Beratung anbieten, hat bis zum Herbst 1984 kein einziger von 100 befragten BL diesen Studiengang gewählt. Dies dUrfte zum einen daran liegen, daß dieser Ausbildungsweg innerhalb der kurzen Zeitspanne interessierten Lehrern zu wenig bekannt wurde, zum anderen dar an, daß dieser angebotene Studiengang bis heute aus vielerlei GrUnden eine äußerst geringe Resonanz fand. So erhalten beispielsweise verbeamtete Lehrer, die sich fUr dieses Studium an einer PH entschieden haben, im Gegensatz zu jenen Kollegen, die an einem BL-Kurs des OSA teilnehmen, keinerlei Deputatsreduktion während des Studiums, die bis zu 6 Stunden wöchentlich betragen kann. Außerdem wird die Bestellung zum BL von der OSA sehr unterschiedlich gehandhabt; während die Absolventen der OSA-Kurse nach erfolgreichem Abschluß ihrer Ausbildung zum BL bestellt werden, mUssen sich die an PHn ausgebildeten BL zuerst bestimmten Nachqualifikationen unterziehen, die von Hospitatlonsauflagen in Bildungsberatungsstellen bis zu Nachexamierungen reichen.
34 3.1.5 Dauer der Tätigkeit als Beratungslehrer Tab. 7 (s. !tem 5) gibt Auskunft Uber die Dauer der Beratungstätigkei t der 100 befragten BL. Jahre 1- 4 5-10 11-15 16 u. mehr N (=%) 50 19 22 9 Tab. 7 : Dauer der Beratungstätigkeit Der große Schub an BL setzte ab dem Jahre 1979 ein: Die Hälfte der befragten BL ist seit maximal vier Jahren beratend tätig. Es handelt sich dabei um jene Gruppe, die ihre Ausbildung in berufsbegleitenden Kursen des OSA erhalten hat. (Bis zum Schuljahr 86/87 sind im OSA Bezirk Stuttgart weitere 50 BL hinzugekommen) 19% der BL Uben diese Funktion zwischen 5 und 10 Jahren aus, während ein knappes Drittel mehr als 10 Jahre Beratungsarbeit leistet. 3.2 Der Arbeitsbereich der BL 3.2.1 Einsatz der BL in verschiedenen Schularten Die nachfolgende Tab. 8 gibt einen vergleichenden Uberbllck Uber die Verwendung der BL in den verschiedenen Schularten im OSA-Bereich NordwUrttemberg (Quelle: OSA-Bericht 1982/83) und in der befragten Stichprobe (siehe !tem 3).
35 OSA NordwUrtt. % N Stichprobe N (=%) GHS, RS, SS Gymnasien Berufsschulen 257 38 8 84,8 12,5 2,6 80 17 3 Summe 303 99,9 100 n.s. n.s. n.s. Tab. 8 : Einsatz in den verschiedenen Schularten Die Befunde verdeutlichen eine statistisch bedeutsame Ubereinstimmung ( Chi 2 - Test ) zwischen Population und Stichprobe bezUglieh der Verteilung der BL auf die einzelnen Schularten. Aus diesem Grunde darf die weiter oben postulierte Repräsentativität der Stichprobenauswahl als gesichert gelten. Bei der vergleichenden Analyse der Befunde fällt der Uberproportionale Anteil der BL im Bereich der Grund- u. Hauptschulen, der Real- und der Sonderschulen auf, dh. rund 4 von 5 Beratungslehrern sind in einer der genannten Schularten beratend tätig. Innerhalb dieser Schulformen sind es wiederum die Grund- u. Hauptschulen, die in der Stichprobe mit 65 BL (=81%) deutlich vor den Realschulen mit 11 BL (=14%) und den Sonderschulen mit 4 BL (=5%) rangieren. Die Frage, ob diese Zahlenverhältnisse den tatsächlichen Beratungsbedarf an den einzelnen Schulformen widerspiegeln oder auf andere als Bedarfsaspekte zurUckzufUhren sind, kann nicht beantwortet werden, da psychologische Bedarfsuntersuchungen bislang nicht bekannt geworden sind.
36 3.2.2 Anzahl der zugewiesenen Schulen Der Einsatz der BL an den verschiedenen Schularten und die Zahl der betreuten Schulen Ivgl. Item 6) verhält sich wie folgt: Schulart betreute BL IN) Anzahl der betr. Schulen Schulen pro BL Grund- u. Hauptschulen Sonderschulen Realschulen Allgemeine Gymnasien Berufliche Gymnasien Gesamtschulen 209 1 27 19 3 2 74 1 23 18 3 2 2ß 1,0 1,2 1,1 1,0 1,0 Summe bzw. Mittelwert 261 121 2,6 Tab. 9 : Zugewiesene Schulen und Anzahl der betreuten Schulen pro BL Da 21 BL an mehreren Schularten arbeiten, beträgt die Summe (N) 121 BL. Die befragten 100 BL betreuen demnach 261 Schulen, im Durchschnitt also 2,6 Schulen pro BL. Im OSA-Bericht des Schuljahres 1983/84 liegt das arithmetische Mittel bei 2,8 Schulen. Das Gros der BL (74%) ist im Bereich der Grund- u. Hauptschulen eingesetzt. Die restlichen 26% versorgen die Ubrigen 5 Schularten. Allerdings verzerren diese Daten die realen Verhältnisse insofern, als sie sich auf die verschiedenen Schularten ohne BerUcksichtigung der SchUlerzahlen beziehen. So erscheinen z.B. die Grund- u. Hauptschulen im Vergleich mit allen Ubrigen Schularten unterversorgt. Daß dem nicht so ist, belegen die Daten im anschließenden Kapitel.
37 Auf eine Besonderhei t sei noch hingewiesen: Im Gegensatz zu allen Ubrigen Schularten - hier beträgt das Verhältnis zwischen BL und zugewiesener Schule ungefähr 1 : 1 - betreuen BL im Grund- u. Hauptschulbereich zumeist mehrere Schulen. 16 BL sind jeweils fUr eine Grund- u. Hauptschule, 19 BL fUr zwei, die restlichen 39 BL fUr drei und mehr Schulen zuständig. In einem Fall versorgt ein BL sogar 7 verschiedene Schulen. (Ob die Beratungstätigkeit unter diesen Rahmenbedingungen sinnvoll und effizient sein kann, muß bezweifelt werden.) 3.2.3 Anzahl zugewiesener SchUler Die folgende Tab. 10 (siehe Item 7) gibt, getrennt nach den verschiedenen Schularten, die Zahl der den befragten BL zugewiesenen SchUl er wider. Im Vergleich dazu werden die entsprechenden Daten fUr den OSA-Bereich NordwUrttemberg (H. Bericht des OSA im Schuljahr 1983/84) auf ge fUhrt. Die Zahlen in nachstehender Tabelle 10 beziehen sich auf die Angaben von 93 BL. SchUlerzahl SchUlerzahlen pro BL insg.1t. Befr. Befragung OSA-Bericht Grund-u.Hauptschulen Realschulen Allgemeine Gymnasien Berufliche Gymnasien arithmetisches Mittel 54.623 18.982 11.035 7.070 769 825 788 2.357 999 Tab. 10 : Anzahl der zugewiesenen Schiller } 989 885 2.669 1.046
38 Wie weiter oben festgestellt werden konnte, sind die meisten BL im GHS-Bereich tätig. Für diese Schulart läßt sich mit 769 Schülern pro BL auch die günstigste Quote nachweisen, gefolgt von den Allgemeinen Gymnasien (788) und den Realschulen (825), Erheblichen Nachholbedarf haben mit einer Relation von 2357 Schülern pro BL die Beruflichen Gymnasien, auch wenn sich die Situation innerhalb dieser Schulart in den letzten Jahren wesentlich verbessert hat (Zum Vergleich: Anfang der 80er Jahre betrug die Quote ca 1 : 20.000 nach OSA-Bericht 82/83, S. 1), Die Befunde der durchgefUhrten Erhebung stimmen weitgehend mit den Angaben des OSA-Nordwürttemberg 82/83 überein. Trotz der zahlenmäßig relativ guten Versorgung der Grund- u. Hauptschulen bleibt als Fazit festzuhalten, daß die Betreuung dieser Schulart durch BL angesichts des vorhin festgestell ten Mehrfacheinsatzes an verschiedenen Schulen keineswegs als optimal bezeichnet werden kann. Wenn die Oberschulämter an ihrer intendierten und zwischenzeitlich realisierten Strategie festhalten sollten, flächendeckend eine Relation von 1 : 1.000 zu etablieren, so werden dadurch insbesondere die kleinen Grundu. Hauptschulen benachteiligt, die ihren BL mit bis zu 6 anderen Schulen teilen müssen. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, inwieweit diese Quote am tatsächlichen Beratungsbedarf im Schulalltag vorbei schulbürokratischen StrukturUberlegungen entsprungen ist. 3.2.4 Regionale Verteilung der zugewiesenen SchUler Mit dieser Frage (vgl. Item 8) sollte einerseits zusätzliche Information fUr die Beurteilung der Repräsentativität der
39 befragten Stichprobe eingeholt werden, anderseits im Vorgriff auf Item 9 die Frage nach der Erreichbarkeit anderer Beratungsdienste abgeklärt werden. Tabelle 11 gibt einen Uberblick Uber den Einzugsbereich der zugewiesenen SchUler in der untersuchten Stichprobe sowie im OSA-Bezirk Stuttgart (Quelle: OSABericht 1982/83). Die Stichprobenwerte basieren auf Prozentschätzungen der befragten BL. Drei Fragebögen enthielten zu dieser Frage keine Angaben. Die Einteilung der Regionen erfolgte auf der Grundlage : Alexander-Länderkarte Baden-WUrttemberg, zentrale Orte, Klett, Stuttgart 1979. Stichprobe OSA-Berlcht Region Oberzentrum in großstädtischen Ballungsraum 19,2% 17,5% 2.,4.,3. Mittel- und Unterzentren mit agrarisch-industriell vermischtem Umland oder mit agrarischem Umland 77,6% 82,5% 1. Tab. 11 : Regionale Verteilung der zugewiesenen SchUler Die Stichprobenergebnisse decken sich weitgehend mit den Angaben zur regionalen Verteilung der zugewiesenen SchUler im OSA -Berich t. Danach wohnt ein knappes FUnftel der betreuten SchUler in einem großstädtischen Gebiet, während zwei Drittel in Mittel und Kleinstädten bzw. im ländlichen Raum wohnen. Diese Daten bestätigen zusätzlich die Repräsentativität der erfaßten BLStichprobe.
40 3.2.5 Erreichbarkeit anderer Beratungsdienste Obwohl nach den Schätzungen der befragten BL ca. 55% der zu betreuenden SchUler im ländlichen Einzugsbereich angesiedelt sind, ist eine problemlose Errelchbarkeit spezifischer Beratungseinrlchtungen sichergestellt lItern 9), Ob und in welchem Umfang diese Institutionen in Anspruch genommen werden und mit welchen Wartezeiten gerechnet werden muß, läßt sich aus diesen Daten allerdings nicht entnehmen. Tab. 12 verdeutlicht, in welchem Ausmaß welterfUhrende Beratungsdienste im Bedarfsfall aufgesucht werden können. Erziehungsberatungsstelle Berufsberatung Sonderschule Jugendamt Facharzt fUr Kinderheilkunde Kirchlicher Beratungsdienst Drogenberatungsstelle Freiberuflicher Psychologe Bildungsberatungsstelle Psychiatrische Institutionen Sonstige Einrichtungen Angaben in % Rangplatz 87 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 85 84 81 77 76 69 68 59 46 8 Tab. 12: Erreichbarkelt anderer Beratungsdienste Am leichtesten erreichbar sind Erziehungs- und Berufsberatungsstellen, während Blldungsberatungs- und medizinischpsychiatrische Einrichtungen am Ende rangieren.
41 3.3 Die Beratungslehrer-Tätigkelt 3.3.1 Tätigkeitsfelder des Beratungslehrers Tabelle 13 vermittelt einen Einblick in die Arbeitsschwerpunkte der BL (vgl. Hem 10) nach Schätzungen des zeitlichen Aufwandes fUr die einzelnen Tätigkeitsbereiche. Anteil(%) Rang Beratungsgespräche mit SchUlern, Eltern, Lehrern 27,9 1 Einzeluntersuchungen mit Tests 27,8 2 Gruppenuntersuchungen mit Tests 17,7 3 Organisation (Terminplanung, Materialbeschaffung 5,6 4 AktenfUhrung) Fortbildung 5,5 5 Gutachten 4,5 6 Zusammenarbeit mit anderen Beratungsdiensten 3,9 7 Testeinarbeitung 3,3 8 Informationen Uber die Tätigkeit des BL (f. Eltern) 2,0 9 1,5 10 Multiplikatorenfunktion (Vorträge etcJ Sonstiges 0,3 11 Tab. 13: Tätigkeitsfelder des Beratungslehrers Knapp die Hälfte ihrer Arbeitszeit verwenden die BL auf testpsychologische Untersuchungen, hier wiederum Uberwiegen die Einzeluntersuchungen (27,8%) gegenUber Gruppenuntersuchungen (17,7%). Etwas mehr als ein Viertel machen Beratungsgespräche mit Schillern, Eltern und Lehrern aus. Der organisatorische Aufwand fällt zeitlich nicht mehr ins Gewicht als die Teilnah-
42 me an den von den Bildungsberatungsstellen durchgefUhrten Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen (6%). Vergleichsweise wenig Zeit in Anspruch (3,9%) nimmt die Zusammenarbeit mit anderen Beratungsdiensten. Dieses Ergebnis läßt sich vorläufig so erklären: zum einen muß davon ausgegangen werden, daß der Schwerpunkt der BL-Tätlgkeit im Bereich der Schullaufbahnberatung liegt. Die hier anfallenden Aufgaben und Anforderungen können von den BL offensichtlich weitestgehend autonom geleistet werden, ohne daß eine weitergehende Beratungsinstitution - etwa eine Bildungsberatungsstelle, die zudem nicht im unmittelbaren Einzugsgebiet liegt - in Anspruch genommen werden mUßte. Zum anderen ist anzunehmen, daß jene selteneren Fälle, die keine Schullaufbahnberatung, sondern intensive Einzelfallhilfe benötigen, an die entsprechenden Einrichtungen (Eziehungsberatungsstelle, freiberuflicher Psychologe u.a.) delegiert und dort längerfristig betreut werden, so daß diese Fälle in der Statistik der BL nicht mehr zu Buche schlagen. 3.3.2 Einzel- und Gruppenuntersuchungen Mit Item 11 wird u.a. die Form der Untersuchung erfragt. Die Ergebnisse der Stichprobe werden in Relation gesetzt zu den Angaben im Bericht des OSA-NordwUrttemberg. Tabelle 14 enthält eine Zusammenfassung der im Einzel- bzw. Gruppenverfahren untersuchten SchUler. In der Zeile "Zahl der BL" ist die Anzahl der BL wiedergegeben, die einen Jahresbericht abgegeben bzw. im Fragebogen zu Item 11 eine entsprechende Angabe gemacht haben.
43 Zahl der BL Sch. absol. Sch. % ß pro BL Sch. absol. Sch. % ß pro BL EU + GU Sch. absol. Daten des Oberschulamts NW Untersuchungs1980/81 1981/82 1982/83 1983/84 stichprobe 249 259 212 308 95 4512 5127 4888 6160 2617 28,4 32,2 34,5 40,2 50,2 21,3 20,7 18,8 20,0 27,5 11399 10788 9267 9166 2597 71,6 67,8 65,5 59,8 49,8 35,6 53,8 43,3 29,8 27,4 15911 15915 14155 15326 5214 Tab. 14: Untersuchungsformen Die genauere Bertrachtung der zusammenfassenden Ergebnisse des OSA-Nordwürttemberg liefert ein interessantes Bild: Trotz kontinuierlicher Zunahme der Zahl der BL (im Schuljahr 1978/79 waren es 169, im Schuljahr 1983/84 dagegen 308) nimmt die Zahl der untersuchten Schüler tendenziell ab. Während 1978/79 noch knapp über 26.000 Schüler (von 169 BL !) untersucht wurden, waren 1983/84 lediglich noch etwas mehr als 15.300 Schüler. Diese Disproportionalität erklärt sich daraus, daß bis Ende der 70iger Jahre schulpflichtige Kinder vor dem Schuleintritt und Schüler vor dem Ubergang auf eine weiterführende Schule klassen weise getestet wurden. Darüber hinaus entfiel mit der "Abschaffung der Legasthenie als Problem" (OSA-Bericht 1983/84, S. 3) ein weiterer häufiger Anlaß für Gruppenuntersuchungen. Dementsprechend sank der prozentuale Anteil der insgesamt in Gruppen untersuchten Schüler (bezogen auf die gesamte Schülerpopulation) von 12,9% im Schuljahr 1978/79 auf 2,8% im Schuljahr 1983/84. Das bedeutet, daß die Zahl der in Gruppenuntersuchungen testpsychologisch erfaßten Schüler deutlich gesunken ist.
44 DemgegenUber steigt die Zahl der einzeln getesteten SchUler viel langsamer an als angesichts der beschriebenen Entlastung zu erwarten gewesen wäre. Auch wenn sich der relative Anteil der einer Einzeluntersuchung zugefUhrten SchUler von 28,4% im Jahre 1980/81 auf 40,2% im Jahre 1983/84 bei gleichzeitiger Abnahme der in Gruppenuntersuchungen diagnostizierten SchUler kontinuierlich vergrößert, bleibt die Quote "SchUl er pro BL" mit ca. 20 Uber die Jahre hinweg ebenso wie die Gesamtzahl der untersuchten SchUl er vergleichsweise konstant. Allerdings ist daher eine Verschiebung zwischen den Untersuchungsformen zu beobachten. Uberwogen in den vergangenen Jahren die Gruppenuntersuchungen (im Schuljahr 1979/80 zu fast 80%1, so machten diese im Schuljahr 1983/84 nur noch knapp 60% aus. Umgekehrt erhöhte sich der Anteil der einzeln untersuchten SchUler von 20% auf etwa 40%. Der Entwicklungstrend ist eindeutig: weg von den Gruppen- hin zur Einzeltestsltuation, wobei letztere Untersuchungsmodalität grundsätzlich mit einem höheren, nicht beliebig steigerbaren Zeltaufwand verbunden ist. Die quantitative Zunahme der BL stellt somit eine qualitative Verbesserung der Beratungstätigkeit sicher, zumal, wie noch zu zeigen sein wird, ein nicht unerheblicher Tell der BL seinen Beratungsschwerpunkt in der zeitlntensiven Einzelfallhilfe und weniger in der Schullaufbahnberatung sieht. Die vergleichende Analyse der Ergebnisse im OSA-Bericht mit den Erhebungsbefunden macht deutlich, daß die Zahl der in den letzten beiden Schulljahren insgesamt bearbeiteten Fälle relativ gut Ubereinstimmt. Unterschiede ergeben sich dagegen in bezug auf das Verhältnis von Einzel- und Gruppenuntersuchungen, das in NordwUrttemberg bei ca. 2:3, in der befragten Stichprobe hingegen bei 1:1 liegt. Entsprechend höher fällt daher auch die Zahl der pro BL einzeln betreuten SchUl er aus.
45 Sie liegt mit 27,5% SchUler pro BL auf demselben Niveau wie die Zahl der in der befragten Stichprobe im Gruppenverfahren von einem BL durchschnittlich untersuchten SchUler. Die Ursache fUr diese Diskrepanz liegt möglicherweise darin begrUndet, daß in der befragten Stichprobe ein höherer Anteil in jUngerer Zeit ausgebildeter BL enthalten ist. Diese favorisieren die individuelle Beratung der ihnen zugefUhrten SchUler. 3.3.3 Untersuchungsformen in verschiedenen Schularten Item 11 gibt ferner darUber Auskunft, inwieweit die Untersuchungsform . in Abhängigkeit von der Schulart variiert. Die Ergebnisse sind in Tabelle 15 zusammengefaßt. Die ersten vier Spalten geben, getrennt nach Schularten, die absoluten und relativen Häufigkeiten der durchgefUhrten Untersuchungen wider. Die letzten beiden Spalten beziehen sich auf den relativen Anteil der insgesamt einer Einzel- bzw. Gruppenuntersuchung unterzogenen Schiller. bezogen auf in allen Schularten untersuchten Sch. EU abs. GU abs. EU % 2087 37,0 1226 Grundschule 204 62,8 345 Hauptschule 157 70,8 380 Realschule 80,4 149 612 Gymnasium 100,0 44 Berufsschule 100,0 10 Gesamtschule 2597 Summe 2617 GU % EU % 63,0 46,8 37,2 13,2 29,2 14,5 23,4 19,6 1,7 04 100,0 Tab. 15: Untersuchungsformen und Schularten GU % 80,4 7,9 6,0 5,7 100,0
46 Wie bereits weiter vorne erwähnt, beträgt das Verhältnis von Einzel und Gruppenuntersuchungen in der untersuchten Stichprobe 1:1. Das bedeutet, daß die Zahl der durchgefUhrten Einzeluntersuchungen de facto höher liegt als die der Gruppenuntersuchungen, da an diesen jeweils mehrere SchUler teilnehmen. Welche Untersuchungsform jeweils angewandt wird, hängt - neben dem Beratungsanlaß - von der betreffenden Schulart ab. Wenn in der Grundschule die Gruppenuntersuchungen mit 63% Uberwiegen - bezogen auf die Population der untersuchten SchUler sind dies etwas Uber 80% -, so liegt das daran, daß im Falle der vergleichsweise häufigen Beratungsanlässe "Einschulung/RUckstellung" und "Ubergang auf weiterfUhrende Schulen" gruppenweise getestet werden kann. In der Hauptschule sind die Verhältnisse umgekehrt proportional: hier machen die Gruppenuntersuchungen nur noch rund 37% aus. Dies entspricht in Relation zu allen untersuchten SchUlern einem Anteil von nicht ganz 8%. Zudem schlagen bei den Gruppenuntersuchungen in erster Linie Berufseignungs- und -interessentests zu Buche. In der Realschule liegt der Prozentsatz der Gruppenuntersuchungen bei knapp unter 30%, in den Gymnasien unter 20%, während an Berufs- und Gesamtschulen ausschließlich Einzeluntersuchungen durchgefUhrt werden. 3.3.4 Beratungsanlässe und Untersuchungsformen Die nachfolgende Tab. 16 bezieht sich ebenfalls auf Item 11, jedoch unter BerUcksichtigung des jeweiligen Beratungsanlasses. Das Klassifikationsschema wurde aus dem Fragebogen des OSABerichts Ubernommen. Die darin aufgefUhrten 8 Anlaßgruppen bzw. -typen wurden jedoch stärker ausdifferenziert, da die Sammelkategorie "Sonstige" 7,3% aller Anlässe betrug. Diese
47 machten, absolut gesehen, in der Untersuchung ca. 1.000 SchUler aus, die bei Verwendung des unspezifizierten Rasters herausgefallen wären. Einzeluntersuchun en Schullaufbahnber. allg. Schlechte Schulleistungen Mangelnde Konzentration Störungen der Lern- und Leistungsmotivation Einschulung/RUckstellung Schulangst % 22,6 17,8 8,6 8,6 6,5 5,8 Lese-Rechtschreibschwäche 5,3 4,9 Ubergangsberatung Aggressi vi tä t Gestörter Kontakt zu MitschUlern Uberstarke motorische Aktivität Trotz, Widersetzlichkeit Sprach- u. Sprechstörungen Andere Teilleistungsstörungen Sonstiges Schulschwänzen LUgen, Urkundenfälschen u. Stehlen Depressive Verstimmtheit 4-,1 3,1 Gru enuntersuchun en % Ubergangsberatung 35,4 28,8 Einschulung / RUckstellung Schu11aufbahnber. a11g. 15,9 Lese- u. Rechtschreib9,6 schwäche Sonstiges 5,4 Schlechte Schullei1,8 stungen Mangelnde Konzentration 1,8 Störungen der Lern- u. 1,0 Leistungsmoti va tion 0,3 Aggressi vi tä t Gestörter Kontakt zu 0,1 Mi tschUlern 2,6 1,8 1,7 1,7 1,6 1,3 1,0 1,0 Tab. 16: Beratungsanlässe und Untersuchungsformen
48 In der Rangfolge der Beratungsanlässe bei Gruppenuntersuchungen steht die Ubergangsberatung mit 35.4% an erster Stelle, gefolgt von der Beratung in Fragen der Einschulung bzw. RUckstellung mit 28.8% und allgemeiner Schullaufbahnberatung mit 15.9%. Diese drei Beratungsanläse machen insgesamt etwas Uber 80% aller Gruppenuntersuchungen aus. Die UberprUfung von LeseRechtschreibschwäche macht nicht ganz 10% aus, während die Ubrigen Beratungsanlässe insgesamt 5% betragen. Es ist anzunehmen, daß die hierin enthaltenen Fälle in aus anderen Anlässen durchgefUhrten Gruppenuntersuchungen einbezogen, ansonsten jedoch einzel fa 11weise bearbeitet wurden. Wie groß die Zahl der einzeln und in Gruppen getesteten SchUler tatsächlich ist, läßt sich den Angaben der befragten BL nicht entnehmen. Bei Einzeluntersuchungen nimmt die allgemeine Schullaufbahnberatung mit 22.6% Rangplatz 1 ein. Die Beratungsanlässe "Einschulung/RUckstellung" und "Ubergangsberatung" rangieren auf Platz 5 mit 6.5% bzw. Platz 8 mit 4.9%. Es zeigt sich also, daß die Schullaufbahnberatung insgesamt etwa ein Drittel aller Einzeluntersuchungen ausmacht. Die restlichen 66% entfallen auf andere Beratungsanlässe. Hier dominieren Störungen im Bereich der Lern- und Arbeitsverhaltens, z.B. schlechte Schulleistungen (17.8%), mangelhafte Konzentration (8.6%), Störungen der Lern- und Leistungsmotivation (8.6%), Lese-Rechtschreib- und andere Teilleistungsschwächen (7.0%). Es ist zu vermuten, daß das Verhältnis von Einzel- und Gruppennuntersuchungen- bei der befragten Stichprobe beträgt es wie weiter vorn dargelegt 1:1 - nicht nur vom Beratungsanlaß, sondern auch von organisatorischen und strukturellen Bedingungen abhängt. Bedenkt man etwa, daß einzelne BL mehrere Schulen - im GHS-Bereich bis zu 71 - betreuen, so muß damit gerechnet werden, daß an kleineren Schulen des öfteren keine Gruppen
49 zustandekommen und daß deshalb einzeln getestet werden muß, obwohl vom Beratungsanlaß her, etwa bei Schullaufbahnentscheidungen, eine Gruppenuntersuchung angebracht wäre. Die Tendenz zur Einzeluntersuchung resultiert daher nicht zuletzt auch aus schulisch-organisatorischen Gegebenheiten. Daß eine Individualdiagnostik- und -beratung in der Regel zu einer höheren prognostischen Validität fUhrt und von daher zu bevorzugen ist, versteht sich von selbst. Die in Abschnitt 4.2 (Einzel- und Gruppenuntersuchungenl dargestellten Befunde zeigten, daß der Anteil der Eizeluntersuchungen im Vergleich mit den Daten im OSA-Bericht im ca. 10% höher liegt. Dies könnte unter Umständen damit zusammenhängen, daß die in dieser Untersuchung erfaßten BL vermehrt kleinere Schulen, absolut gesehen also mehrere Schulen betreuen, womit auch die Wahrscheinlichkeit fUr Eizeluntersuchungen ansteigt. 3.3.5 Begleitsymtome !tem 12 bezieht sich auf die Begleitsymtome, Uber die Eltern und Lehrer in Beratungsgesprächen berichten. Die gewonnenen Befunde geben Auskunft Uber Umfang und Komplexität der in der Beratungssituation in Erscheinung tretenden Symptomatik, die nicht von vornherein dem Beratungsanlaß entspricht, mBglicherweise jedoch einen ätiologischen Ansatzpunkt bietet. DarUber hinaus steht dieses Item in einem direkten Erklärungszusammenhang mit der Frage nach der Weiterleitung von auffälligen SchUlern in eine therapeutische Einrichtung (vgl. Hem 16). Eine weitere Querverbindung ergibt sich zur Frage nach der Ursachenzuschreibung bei Schulschwierigkeiten (vgl. Hem 2). Die Klassifikation der Begleitsymptome erfolgte in Anlehnung an die Arbeiten von THALMANN (1971) und von WENDER /WENDER (1981). FUr die Häufigkeitsschätzung der eizelnen Symptome wur-
50 de eine vierstufige, verbal definierte Ratingskala verwendet, die allerdings die Bedingung der Gleichabständigkeit nicht erfUllt. Eine weniger differenzierte, numerisch definierte Skala hätte möglicherweise eindeutigere Ergebnisse erbracht. Um trotz dieser methodischen Schwäche eine Rangreihe bezUglich der Häufigkeit der einzelnen Symptome erstellen zu können, wurden die Prozentualschätzungen der Kategorien "oft" und "manchmal" addiert, während die Skalenpositionen "selten" und "nie" (deren Summe den Differenzbetrag bis 100% ergibt) nicht separat aufgefUhrt werden. Die relativen Häufigkeiten der berichteten Begleitsymptome sind in der nachfolgenden Tab. 17 aufgefUhrt. Symptome Ablenkbarkeit gestörte Elternbeziehung Unordentlichkeit, VergeBlichkeit Unvollständige Familie Aufgeregtheit, Uberreaktion, niedrige Frustrationstoleranz Mangelndes SelbstwertgefUhl Schlaf störungen Impulsivität, Unbedachtsamkeit Ängstlichkeit, Phobien Uberempfindlichkeit Launenhaftigkei t, Stimmungsschwankungen Nägelkauen Mutterfixierung Nervöse Magenbeschwerden Allgemeine Unreife Ubersteigerte Selbsteinschätzung Uberanpassung % 98,9 92,6 91,6 89,1 85,9 83,0 67,4 66,7 66,1 66,1 58,9 52,8 51,1 50,0 50,0 49,4 48,3
51 Symptome Motorische Koordinationsschwierigkeiten Nervöse Kopfschmerzen Ubertriebener Tätigkeitsdrang Zerstörungslust Tics Eßstörungen Bettnässen Krankheit / Sucht von Familienangehörigen Rauchen Finanzielle Schwierigkeiten der Familie GefUhlsmäßige Unempfindlichkeit Sonstiges Sexuelle Probleme Vagabundieren Drogenmißbrauch % 46,1 40,5 37,0 35,7 35,6 33,7 31,8 31,7 30,2 24,1 13,6 11,9 9,4 9,2 0,0 Tab. 17 : Relative Häufigkeiten von Begleitsymptomem In der Kategorie "Sonstiges" wurden folgende Einzelsymptome aufgefUhrt: - Unehrlichkeit gegenUber Eltern (fällt unter die Kategorie "gestörte Elternbeziehung") - Gestörte Lehrerbeziehung und "Angst vor Lehrer" (vgl. "Ängstlichkei t") - Schulleistungsprobleme und Langsamkeit. Das bedeutet, daß Leistungsprobleme auch in Verbindung mit anderen Beratungsanlässen nicht selten als deren Folge, auftreten.
52 - Herzrythmusstörungen, asthmatische Anfälle Beide Symptome sind nicht eindeutig identifizierbar, da ein somatischer Befund nicht auszuschließen ist. - "Suicidgefährdung" wurde in der Untersuchung nur einmal genannt. Nach neueren Untersuchungen tritt dieses Symptom weitaus häufiger auf und sollte deshalb bei zukUnftigen Befragungen in das Kategorienschema mitaufgenommen werden. Der besseren Uberschaubarkei t wegen wurde die Liste der Einzelsymptome nach Ubergeordneten Gesichtspunkten gruppiert (vgl. Tab. 181. Um die relativen Häufigkeiten der einzelnen Symptomgruppen bestimmen und eine Rangordnung ermitteln zu können, wurde auf der Grundlage der Häufigkeiten der einzelnen Symptome eine durchschnittliche relative Häufigkeit berechnet. Dieses Verfahren ist statistisch zwar nicht exakt, erlaubt jedoch einen internen Vergleich der einzelnen Gruppen miteinander. Die Angabe eines Durchschnittswertes aufgrund von transformierten Daten ist angesichts des vorgegebenen Skalenniveaus (Ordinalskala) nicht möglich. Symptomgruppen 1. Störungen des Antriebs und der Selbststeuerung - Ablenkbarkeit Unordentlichkeit/VergeBlichkeit Aufgeregtheit/Uberreaktion Impulsivität/Unbedachtsamkeit Launenhaftigkeit Motorische Koordinationsschwierigkeiten Ubertriebener Tätigkeitsdrang Prozent rang 69,3%
53 Symptomgruppen Prozentrang 2. Familiäre Schwierigkeiten - gestörte Elternbeziehungen - Unvollständige Familie - Mutterfixierung - Krankheit, Sucht von Familienangehörigen - Finanzielle Schwierigkeiten 57,7% 3. Psychosomatische Störungen 43,6% - Schlafstörungen Nägelkauen Nervöse Kopfschmerzen Tics Esstörungen Bettnässen 4. Fehlanpassungen/Störungen der Persönlichkeitsbildung 41,2% - Mangelndes Selbstwertgefühl - Ängstlichkeit/Phobien - Uberempfindlichkelt - Ubersteigerte Selbsteinschätzung - Uberanpassung - Zerstörungslust - gefühlsmäßige Unempfindlichkeit - Sexuelle Probleme - Vagabundieren Tab. 18 : Relative Häufigkeiten der einzelnen Symptomgruppen
54 An der Spitze der in der Beratungspraxis genannten Begleitsymptome stehen mit einem Prozentrang von knapp 70% Störungen des Antriebs und der Selbststeuerung, die mit Sicherheit in hohem Maße etwa fUr schlechte Schulleistungen verantwortlich sind. Wir haben es in dieser Gruppe offensichtlich mit Verhaltensauffäll1gkeiten zu tun, die sich zum Tell mit dem Erscheinungsbild der Hyperkinese decken. An zweiter Stelle werden mit einem Prozent rang von rund 58% familiäre Schwierigkeiten genannt. Diese Symptomgruppe nimmt insofern eine Sonderstellung ein, als Störungen im familiären Umfeld des Kindes in hohem Maße die Ausbildung und Aufrechterhaltung der in den Ubrigen drei Gruppen aufgeführten Symptome begUnstigen, wenn nicht gar bedingen. Psychosomatische Störungen rangieren mit rund 44% schließlich auf Rang 3. Dieses Ergebnis legt zunächst die Annahme nahe, daß ein nicht unbeträchtlicher Teil der beschriebenen Begleitsymptome in Form somatischer Störungen in Erscheinung tritt. Dieser alarmierende Befund muß allerdings insofern relativiert werden, als der relativ niedrige Prozent rang der Symptomgruppe 4 (Fehlanpassungen und Störungen der Persönlichkeitsbildung) vor allem dadurch zustande kommt, daß die drei letzgenannten Symptome "gefUhlsmäßige Unempfindlichkeit", "sexuelle Probleme" und "Vagabundieren" vergleichsweise selten genannt werden und dadurch der Prozent rang entsprechend gemindert wird. WUrde man diese drei Symptome außer Acht lassen, so rangierte die Gruppe 4 mit deutlichem Abstand vor Gruppe 3. Dieses Ergebnis wUrde sich auch eher mit den Erfahrungen in der Beratungspraxis decken. Abschließend muß festgehalten werden, daß mehr als die Hälfte aller Beratungsanlässe mit zumindest einem oder mehreren Begleitsymptomen gekoppelt ist. Das bedeutet, daß die Tätigkeit der BL - und dies gilt z.T. auch für die "klassische" Laufbahn-
55 beratung - zwangsläufig mehrdimensional angelegt ist. Von daher wird verständlich, daß in vielen Fällen eine Mehrfachberatung (vgl. nem 16) und gegebenenfalls eine Weiterleitung an einen spezifischen Beratungsdienst (siehe Item 19) erforderlich wird. Jene BL, die gehäuft Begleitsymptome registrieren, fUhren erwartungsgemäß auch die meisten Mehrfachberatungen durch und delegieren ihre "Problemfälle" auch Uberdurchschnittlich oft an weiterfUhrende Beratungseinrichtungen. Eine Korrespondenz zeigt sich auch mit Item 29: Bei der Ursachenzuschreibung von Schulschwierigkeiten rangieren im Urteil der BL familiäre Schwierigkeiten vor psychischen und somatischen Fehlentwicklungen. 3.3.6 Ursachen fUr Schulschwierigkeiten In Item 29 werden die BL nach den von ihnen vermuteten Ursachen fUr Schulschwierigkeiten befragt. Die Ursachenkomplexe sollten nach der Häufigkeit ihres Vorkommens jeweils in eine Rangreihe gebracht werden (siehe Tab. 19). Rangplatz- Rangsumme platz Vermutete Ursachen - Familiäre Schwierigkeiten 172 1 - Begabungsmängel 267 2 - Leistungsdenken unserer Gesellschaft 282 3 - körperliche u. psychische Fehlentwicklung 291 4 - mangelnde methodisch-didaktische Organi373 5 sation des Unterrichts - Selektivität des dreigliedrigen Schulsystems 392 6 Tab. 19 : Ursachen fUr Schulschwierigkelten
56 Als Hauptursache von Schulschwierigkeiten werden von den BL familiäre Probleme genannt (Rang 1l. Diese Einschätzung deckt sich mit den Erkenntnissen der einschlägigen Fachliteratur, die der Familie des Kindes die zentrale Bedeutung fUr eine störungsfreie Entfaltung seiner Persönlichkeit zuweist. An 2. bzw. 4. Stelle folgen Begabungsmängel (bzw. körperliche und psychische Fehlentwicklungenl, Bedingungen also, die in den Lern- und Leistungsvoraussetzungen des Kindes selbst begrUndet liegen, z.T. aber auch als Folge häuslicher Schwierigkeiten begriffen werden mUssen. Das Leistungsdenken in unserer Gesellschaft und die daraus resultierende Leistungs(Uberlerwartung wird als dritthäufigste Ursache von schulischen Problemen angesehen. Methodisch-didaktischen sowie strukturell-organisatorischen Aspekten des institutionalisierten Lehrens und Lernens wird demgegenUber eine untergeordnete Bedeutung im Hinblick auf die Enstehung von Schul schwierigkeiten beigemessen. 3.3.7 Zeitlicher Umfang der Beratungstätigkeit In nem 13 wurden die BL nach dem durchschnittlichen Zeitaufwand fUr ihre beraterische Tätigkeit pro Woche gefragt. Die Ergebnisse sind in Tab. 20 zusammengefaßt. 1-2 Std. 3 Std. 4 Std. 5 Std. 6-7 Std. Angaben in % 4 16 29 22 29 Tab. 20 : Durchschnittliche Arbeitszeit pro Woche
57 Die Beratungstätigkeit der befragten BL nimmt etwa 4,5 Stunden pro Woche (Md = 4,55 Std.l in Anspruch. Knapp 30% der BL investieren in ihre Arbeit wöchentlich 6-7 Stunden. Bedenkt man, daß die BL - in Abhängigkeit von der Zahl der ihnen zugewiesenen SchUler - fUr ihre Tätigkeit einen Deputatsnachlaß von maximal 4 Stunden pro Woche erhalten, so wird verständlich, daß rund 40% der BL in Baden-WUrttemberg die Deputatsreduktion fUr nicht ausreichend halten (Bericht des OSA 1982/83, S.1o) 3.3.8 Anteil der Schullaufbahnberatung Nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl. Drucksache des Landtags von Baden-WUrttemberg 8/1422 vom 27.5.81l besteht die Aufgabe des BL schwerpunktmäßig in der Schullaufbahnberatung. Darunter fallen zunächst einmal alle jene Beratungsanlässe, bei denen Entscheidungen Uber die Laufbahn des SchUlers getroffen werden, z.B. Einschulung, RUckstellung, Umschulung, Ubergang auf weiterfUhrende Schulen etc. Wenn nun in den offiziellen Verlautbarungen der Kultusverwaltung die Schullaufbahnberatung auch die Beratung bei Schulschwierigkeiten und insbesondere bei Leistungsschwächen und Lernschwierigkeiten einschließt, so ist eine Abgrenzung zur Einzelfallhilfe, die den regionalen Bildungsberatungsstellen obliegt, weder konzeptionell noch in der Praxis möglich. Schullaufbahnberatung in diesem erweiterten Sinn läßt sich damit nicht mehr auf die Laufbahnentscheidungen begrenzen, sondern meint eine ganzheitliche, an den individuellen Problemen des SchUlers ansetzende Interventionsform unter Einbeziehung der familiären und schulspezifischen Rahmenbedingungen. Diese Sichtweise hat sich die Legislative allerdings nicht zu eigen gemacht, denn sie konstruiert eine eindimensionale Ver-
58 knUpfung von Lern- und Leistungsschwierigkeiten und darauf gerichtete Laufbahnberatung und reduziert damit die Komplexität bezUglieh der Interaktion von individuellen und schulbezogenen Schwierigkeiten auf ein formales Verständnis von "Schullaufbahnbera tung". Angesichts dieses konzeptionellen Dilemmas ist auch die Unsicherheit der befragten BL entsprechend groß. Die Angaben zum Anteil der Schullaufbahnberatung an der gesamten Arbeitszeit variieren interindividuell zwischen 5% und 99% (siehe Item 141. So enthalten sich denn auch 23% der befragten BL einer Schätzung, da Schullaufbahnberatung und Einzelfallhilfe nicht klar voneinander abgrenzbar seien. Die restlichen 67 BL gaben an, daß die Schullaufbahnberatung rund 57%, also etwas mehr als die Hälfte ihrer Beratungstätigkeit ausmacht. BerUcksichtigt man, daß die Laufbahnberatung, wie aufgezeigt wurde, in vielen Fällen mit verschiedenartigsten Begleitsymptomen gekoppelt ist, so dUrfte ihr tatsächlicher Anteil an der Beratungstätigkeit sogar unter 50% liegen. Diese Ergebnisse decken sich weitgehend mit dem Befund einer Untersuchung von STREBIN (1984, S. 125f1 an 178 BL von verschiedenen Hauptschulen in Bayern. Beim Gros der BL (N=1581 lag der Anteil der Laufbahnberatung bei bis zu 40%. Nur 20 BL verzeichneten einen Anteil zwischen 45 bis 80%. Hingegen machte die Schullaufbahnberatung bei 96 BL lediglich bis zu 20% ihrer Arbeit aus. Als Fazit hält STREBIN fest, daß die Schullaufbahnberatung offensichtlich einen niedrigeren Stellenwert in der Arbeit der BL einnimmt als die Einzelfallhilfe. In der vorliegenden Befragung halten sich die beiden Beratungsschwerpunkte die Waage, da sämtliche Schularten einbezogen wurden. Die Gewichtung verschiebt sich, wie nachstehende Tab. 21 zeigt, in Abhängigkeit von der Schulart bzw. vom Alter der SchUler:
59 Schulart Sonderschulen Grund- u. Hauptschulen Realschulen Gymnasien Berufliche Schulen % Anteil 25,0 56,5 56,7 60,6 66,7 N 3 46 9 16 3 keine Antwort 1 19 2 1 Tab. 21 : Anteil der Schullaufbahnberatung in Abhängigkeit von der Schulart Die Daten in Tab. 21 machen deutlich, daß der Anteil der Schullaufbahnberatung an der Gesamtarbeitszeit im Zusammenhang mit der Schulart bzw. dem Lebensalter der beratenen SchUler zu sehen ist: Mit zunehmendem Alter verlagert sich der Beratungsschwerpunkt immer mehr auf die Laufbahnberatung. 3.3.9 GrUnde fUr den RUckgang der Gruppenuntersuchungen Während Item 11 sich auf das Verhältnis von Einzel- und Gruppenuntersuchungen in Abhängigkeit vom Beratungsanlaß bezieht, sollten mit Item 15 die mutmaßlichen Ursachen fUr die RUckläufigkeit der Gruppenuntersuchungen aufgedeckt werden. Als mögliche GrUnde IMehrfachnennungen waren möglich) werden angegeben: - Die Eltern wUnschen detailliertere AuskUnfte - Die Zahl verhaltensauffälliger Kinder steigt - Die BL verfUgen Uber mehr Kompetenz bei der Einzelfallhilfe als frUher - Die Zahl spezifischer Beratungsanlässe hat zugenommen (z.B. Widerspruch gegen Ubergangsempfehlung) 26,4% 19,5% 17,3% 14,1%
60 - Sonstige Ursachen (individuelle Hilfestellung möglich; Mehr Zeit fUr den einzelnen SchUler aufgrund niedrigerer SchUlerzahll - Gruppenuntersuchungen werden fUr weniger aussagekräftig gehalten - Entwicklung neuer Testverfahren erfordert häufiger Einzeluntersuchung 12,7% 6,4% 3,6% Mehr als ein Viertel der BL geben an, daß das InformationsbedUrfnis und das Engagement der Eltern deutlich zugenommen hätten. Diese Erfahrung bestätigen vor allem an Realschulen tätige BL. Inwieweit die zweithäufigste Ursachenerklärung der Zunahme von Einzeluntersuchungen mit der steigenden Zahl verhaltensauffälliger SchUl er realiter zutrifft, läßt sich nur schwer beurteilen. Zwar mangelt es nicht an einschlägiger Literatur, die diese Vermutungen bestätigen zu können meint, doch existieren keine verläßlichen Daten aus frUherer Zeit, die vergleichende Aussagen ermöglichen. Im Ubrigen ist die Beurteilung, ob auffälliges bzw. abweichendes SchUlerverhalten quantitativ zugenommen hat, wesentlich von der Definition des Normalverhaltens sowie der Grenzfestlegung der tolerierbaren und damit nicht signifikanten Verhaltensabweichung abhängig. BezUglieh der hierzu unerläßlichen objektivierbaren Kriterien varlieren die Vorgaben von Fachleuten mitunter erheblich. Ausserdem erweisen sie sich in hohem Maße als abhängig von zeitinstabilen gesellschaftlichen Einstellungen und Erwartungen. Als Beleg fUr die Entwicklung eines Trends in Richtung einer Zunahme von VerhaltensauffälligkeIten sei auf die Befragung des OSA Baden-WUrttemberg bezUgllch der Häufigkeiten verhaltensauffälliger SchUl er im Rahmen von Einzeluntersuchungen verwiesen (wie aus Tab. 22 zu ersehen ist).
61 Zeitraum Sch. abs. Sch.% 1978/79 0437 10,0 1979/80 0599 15,9 1980/81 0934 20,7 1981/82 20,6 1062 1982/83 0931 19,1 1116* 1983/84 18,4 Ohne Störungen des Lern- und Arbeitsverhaltens * Tab. 22 : Zahl "verhaltensgestörter" SchUler laut OSA-Berichten Statistisch steigt die Zahl verhaltensauffälliger SchUl er von 1978/79 bis 1980/81 um mehr als das Doppelte. Von diesem Zeitpunkt an bleibt deren Quote mit etwa 20% relativ konstant. Auch nach den Befunden der vorliegenden Befragung ließ sich fUr den Zeitraum 1982 bis 1984 eine Quote von 21,3% errechnen. Ob aus dieser Entwicklungstendenz RUckschlUsse auf die Zunahme devianten Verhaltens gezogen werden können, erscheint mehr als fraglich. Zum einen ist der Erhebungszeitraum fUr eine derartige Interpretation zu kurz, zum anderen sind die Erfassungs- und Zuordnungsmodi in den einzelnen Untersuchungen nicht identisch. Der rapide Anstieg von als verhaltensgestört bezeichneten SchUlern innerhalb von 2 Jahren um ca 10% spiegelt mit Sicherheit keine entsprechend gravierende Veränderung in der Persönlichkeitsstruktur der SchUlerpopulatlon wider. Auf eine Erklärung dieses Phänomens muß hier verzichtet werden. Es sei aber angemerkt, daß möglicherweise ein Zusammenhang besteht zwischen der steigenden Quote verhaltensgestörter SchUler und der veränderten Ausbildung der BL, die in diesen Zeitraum fällt. Die dritthäufigste Ursachenzuschreibung fUr die Abnahme von
62 Gruppenuntersuchungen verweist auf eine höhere Kompetenz in der Einzelfallhllfe. Diese Einschätzung geht wohl primär auf das Konto der "neuen" durch die OSA ab 1979 etablierten BLAusbildung. Dies belegen die vergleichenden Aussagen der vor und ab 1979 ausgebildeten BL. So fUhren die "neuen" BL den Anstieg der Einzeluntersuchungen in 21,6% aller Fälle auf die Zunahme ihrer Beratungskompetenz zurUck. Bei den "alten" BL liegt dieser Anteil lediglich bei 9,7% . Vergleicht man die Ausbildungscurricula der bis 1979 und danach ausgebildeten BL miteinander, so dUrfte diese Selbsteinschätzung der zweiten BL-Generation durchaus mit einer tatsächlichen Steigerung ihrer beraterischen Qualifikationen Ubereinstimmen. Als eine weitere Erklärung fUr die Verschiebung des Verhältnisses von Einzel- und Gruppenuntersuchungen zugunsten der Einzeluntersuchungen wird die quantitative Steigerung von spezifischen Beratungsanlässen angegeben, dies gilt insbesondere in Verbindung mit der Neuregelung der Ubergangsverfahren und den fUr die BL daraus resultierenden zusätzlichen Beratungsaufgaben. Die Ubrigen genannten GrUnde fallen zahlenmäßig kaum ins Gewicht und können daher vernachlässigt werden. 3.3.10 Anlaß und Dauer der Mehrfachberatung Item 16 liegt eine sehr komplexe Fragestellung zugrunde, die sich auf folgende Gegenstandsfelder bezieht: - liegt der Schwerpunkt der· Arbeit der BL eher im Bereich der Diagnostizierung und gegebenenfalls Delegation oder mehr im Bereich der Einzelberatung und Einzelfallhilfe? - Welche Beratungsanlässe sind besonders beratungsintensiv? - Wie groB ist der Zeitaufwand bei derartigen Anlässen?
63 Die durchschnittliche Arbeitszeit Uaut Angaben von 77 BL) fUr Mehrfachberatungen liegt bei 5,1 Stunden pro Einzelfall. Dies bedeutet einen relativ hohen Zeitaufwand, der fUr eine eingehende psychodiagnostische Untersuchung und die sich daran anschließende Beratung im großen und ganzen ausreichend sein dUrfte. Die im Zusammenhang mit Mehrfachberatung genannten Anlässe wu rden ihrer Häufigkeit entsprechend in Tab. 22 in eine Rangfolge gebracht: Beratun sanlaß Schlechte Schulleistungen Laufbahnberatung allgemein Konzentrationsschwierigkeiten MotivationsstBrungen Ubergangsberatung Schulangst Aggressivi tä t Einschulung/RUckstellung Lese - Rechtschreibschwäche Kontaktstörungen Hyperaktlvität Sprach - u. Sprechstörungen Schwänzen Trotz/Widersetzlichkeit depressive Verstimmtheit Teilleistungsstörungen Sonstiges LUgen Z(%) (L) 13,6 (L) 12,3 9,8 7,8 (Ll 7,5 6,8 6,8 (L) 6,5 6,3 5,0 3,8 3,0 2,5 2,3 2,0 1,8 1,3 1,0 Std. 5,4 3,8 5,6 6,6 4,1 6,0 5,9 3,0 5,3 5,5 5,4 4,1 4,9 6,2 6,3 4,0 6,5 5,1 % Anteil der Arbeitszeit 14,5 9,2 10,7 10,1 6,0 8,0 7,8 3,8 6,5 5,4 4,0 2,4 2,4 2,7 2,5 1,4 1,6 1,0 Tab. 23 : Rangfolge der Beratungsanlässe und erforder licher Zeitaufwand.
64 Obige Tabelle macht deutlich, daß die klassische Schullaufbahnberatung (schlechte Schulleistungen, allgemeine Laufbahnberatung, Ubergangsberatung sowie Einschulung/ RUckstellung) lediglich 39,9% (L = Laufbahnberatung) aller Mehrfachberatungen ausmacht; 60,1% entfallen auf die sog. Einzelfallhllfe. Auf den dafUr erforder lichen Arbeitsaufwand umgerechnet, bedeutet dies, daß die BL fUr die Laufbahnberatung im Durchschnitt 4,1 Std. und fUr die Einzelfallhilfe 5,5 Std. pro Beratungsfall aufwenden. Bezogen auf den relativen Anteil der Arbeitszeit bei Mehrfachberatung entfallen auf die Einzelfallhilfe sogar 66,5% pro BeratungsaniaB. Als besonders zeitintensiv (bis zu 8 Std. und mehr) erweisen sich jene Beratungsanlässe, die der Einzelfallhilfe anzurechnen sind. Gemessen am Zeitaufwand steht beispielsweise die Beratung bei schlechten schulischen Leistungen mit durchschnittlich 5,4 Std. erst an 9. Stelle. Die restlichen schullaufbahnbezogenen Anl~sse dagegen rangieren unter dem Aspekt der Zeitintensität ganz am Ende der Skala. Auch die am häufigsten genannten, beratungsintensiven Begleitsymptome: - gestBrte Elternbeziehung (7,7%) - Ablenkbarkeit (7,4%) - mangelndes SelbstwertgefUhl (5,8%) - unvollständige Familie (5,8%) - Unordentlichkeit, Vergesslichkeit (5,6%) - Aufgeregtheit, Uberreaktion (4,6%) - nervBse Magenbeschwerden (4,4%) mUssen primär der Kategorie "Einzelfallhilfe" zugeordnet werden. Geht man davon aus, daß die Gesamtarbeitszeit der befragten BL 15.567 Std. beträgt (siehe Item 13), so ergibt sich aus den Daten in Item 16 ein Anteil von 8.247 Stunden, der auf die Mehrfachberatung entfällt. Das heißt: rund 53% der Gesamtar-
65 beltszeit entfällt bei der erfaßten Stichprobe der BL auf Mehrfachberatungen. Im Bericht der OSA von 1983 schlägt die Mehrfachberatung gar mit 65% zu Buche, allerdings variiert dieser Anteil je nach Schulart: während im Bereich der Grund-, Haupt-, Real- und Sonderschulen in 67% der Beratungen mehrere Sitzungen erforderlich sind, bringen es die Beruflichen Schulen nur auf 42%. Dieser Befund entspricht den Ergebnissen der vorliegenden Befragung (siehe Item 14, Tab. 23), So nimmt die Schullaufbahnberatung an den Beruflichen Schulen mit rund 67% 1m Vergleich zu allen Ubrigen Schularten den breitesten Raum ein, auf der anderen Seite beansprucht dieser Beratungsschwerpunkt die BL zeitlich weitaus weniger als die Einzelfallhilfe (vgl. Tab. 231. Als Fazit kann festgehalten werden, daß die BL zwar mehrheitlich in Laufbahnfragen angegangen werden, die seltener in Anspruch genommene Einzelfallhilfe jedoch einen größeren Zeitaufwand mit sich bringt. Der größte Teil der Arbeitszeit der BL entfällt auf die Mehrfachberatungen; bei diesen wiederum macht die Schullaufbahnberatung 33,5%, die Einzelfallhilfe 66,5% der Arbeitszeit aus. 3.3.11 Schwerpunkte der Beratung Item 20 soll Auskunft geben Uber die subjektive Einschätzung des Schwerpunkts der BL-Tätlgkelt. Zu diesem Zweck wurden 6 Statements formuliert, die jeweils einern der folgenden Gegenstandsbereiche zugeordnet werden können: - Laufbahnberatung Statement 1 und 2 - Einzelfallhilfe Statement 3 und 4- Systemberatung Statement 5 und 6 Die Ergebnisse des BL-Rating sind 1n Tab. 26 zusammengefaßt:
66 Rangplatzsumme Jedem SchUler zu einer seinen Vor- 298 aussetzungen adäquaten optimalen (Aus-lBildung verhelfen Das (Aus-lBildungssystem Uberschau461 barer machen 292 Abbau von Schulschwierigkeiten aufgrund soziokultureller Benachteiligung Hilfestellung bei Schulschwierigkeiten 250 aufgrund von Lern-, Leistungs- und Verhaltensstörungen 342 Verbesserung des Schulklimas 325 Anlaufstation fUr Lehrer, Eltern und SchUler Statement 1. 2. 3. 4. 5. 6. Rangplatz 3 6 2 1 5 4 Tab. 24 : Beurteilung der Beratungsschwerpunkte In der Einschätzung der BL rangieren jene Bereiche, die primär der Einzelfallhilfe zuzuweisen sind (Aussage 3 u. 4), eindeutig auf Platz 1. Die zweitwichtigste Aufgabe ihrer Tätigkeit sehen die BL in der Schullaufbahnberatung (Statement 1 u. 2). Die Systemberatung schließlich (Aussage 5 u. 6) nimmt Rang 3 ein. 3.3.12 Zusätzliche Funktionen der BL In Tab. 25 sind die Antworten der BL zu Item 40 aufgefUhrt, die Aufschluß darUber geben, welche Funktionen die BL zusätzlich zum Lehramt und zur Beratungstätigkeit an ihren Schulen aus-
67 Uben. Von den 100 BL haben eine zusätzliche Funktion wahrgenommen als: Rektor Konrektor Verbindungslehrer Beauftragter fUr Drogenfragen 15 13 4 13 Tab. 25 : Zusätzliche Funktionen der BL innerhalb der Schule Nahezu 3 von 10 BL haben an ihrer Schule eine Funktionsstelle als Schulleiter oder dessen Stellvertreter inne. Ob in einer solchen Personalunion eine kontinuierliche und effiziente Beratungsarbeit geleistet werden kann, muß in Frage gestellt werden. DemgegenUber stellen die Ubrigen zusätzlichen Funktionen fUr die BL mit Sicherheit keine die Beratungstätigkeit hindernde Doppelbelastung dar, sondern sind vielmehr als eine sinvoll sich ergänzende Kombination zu werten. Außerhalb der Schule nehmen die BL folgende Aufgaben wahr: (vgl. Item 41, Tab. 26) Mitglied im Gemeinderat Lehrbeauftragter in der zweiten Phase Lehrbeauftragter in der dritten Phase 4 11 4 Tab. 26 : Sonstige Funktionen der BL außerhalb der Schule Daß 15 BL im Rahmen der Lehreraus- und Weiterbildung aktiv tätig sind, ist als ein positives Ergebnis zu beurteilen, da die BL auf diese Weise ihr Arbeitsfeld unter der Perspektive des konkreten Handlungsbedarfs im Schulalltag präsentieren und die verschiedentlich beklagten Informationsdefizite der Kollegen
68 im täglichen Umgang mit den Besonderheiten und Schwierigkeiten ihrer SchUler abbauen können. 3.4 Beratungserfolg und Beratungskompetenz der Beratungslehrer 3.4.1 Einschätzung des Beratungserfolgs Auch wenn die Beurteilung des Beratungserfolgs nur schwer objektlvierbar ist und von den am Beratungsprozeß Beteiligten in unterschiedlicher, zum Teil sogar gegensätzlicher Weise gewertet wird, sollte die Erfassung der Effizienz von Beratung Bestandteil der Erhebung sein. Da in dieser Studie nur die subjektiven Aussagen der BL Uber ihre Beratungstätigkeit und deren Effizienz als Informationsgrundlage dienen konnten, wurden in Item 17 nur relat! v klar abgrenzbare Aspekte des SchUlerverhal tens angesprochen, nämlich die schulischen Leistungen und das Sozialverhalten. Die Auswahlantwort "keine Kontrolle darUber" bezieht sich auf jene Fälle, die die BL, etwa bei Schul wechsel, nicht weiter verfolgen können. Die Ergebnisse der Befragung sind in Tab. 23 zusammengefaßt. 95 BL haben den Fragebogen bearbeitet; Mehrfachangaben waren möglich. Einschätzung des Beratungserfolgs Verbesserte Schulleistungen Verbesserte Sozialkontakte Kein Erfolg Keine Kontrolle darUber Kein zuverlässiger Maßstab Tab. 27 : Einschätzung des Beratungserfolgs N f(%) 53 64 12 22 34 28,7 34,6 6,5 11,9 18,4
69 Bei der Einschätzung des Erfolgs ihrer Tätigkeit erscheint das Urteil der BL auf den ersten Blick zurUckhaltend; dies hängt damit zusammen, daß die Prozentwerte aufgrund der Möglichkeit, mehrere Alternativen anzukreuzen, deutlich niedriger ausfallen (die Summe der Häufigkeiten beträgt 185 bei N = 95). Am erfolgreichsten fallen die BemUhungen der BL um die Verbesserung der Lehrer-SchUler- und der Eltern-Kind-Beziehung aus (34,6%); Steigerungen in den schulischen Leistungen sind in 28,7% der Fälle zu verzeichnen. Unsicherheiten bezUglieh der Beurteilung der Effizienz ihrer Arbeit treten immerhin bei 18,4% der BL auf. Als Erklärungen werden u.a. angegeben, daß diese Frage in jedem Einzelfall unterschiedlich zu beatworten sei und daß keine verbindlichen und reliablen Kriterien fUr ein solches Urteil existierten. In 11,9% der Fälle wurden keine Angaben gemacht, weil die BL fUr die ihnen zugefUhrten SchUler nicht mehr zuständig waren. Keinen Beratungserfolg erkennen konnten die BL mur in 6,5% der bearbeiteten Anlässe. Diese Quote erscheint, verglichen mit anderen Beratungs- und Therapieeinrichtungen, eher zu niedrig angesetzt. 3.4.2 Nicht bearbeitete Fälle Item 18 gibt Auskunft Uber die Anzahl der nicht bearbeiteten Fälle und die GrUnde, die dazu gefUhrt haben. Die Ergebnisse sind in Tab. 24 zusammengefaßt. f(%) Nicht bearbeitete Fälle N aus ZeitgrUnden 60 22,2 aus Zweifel an Notwendigkeit 40 14,8 aus Zweifel an Zuständigkeit 140 51,9 sonstige GrUnde 30 11,1 37% aller befr. BL gaben an, keine Fälle abgewiesen zu haben Tab. 28 : Nicht bearbeitete Fälle
70 Zunächst fällt auf, daß etwas Uber ein Drittel aller befragten BL (37%) keine Fälle abgewiesen hat. Die restlichen 63 BL (51,9%) haben insgesamt 140 Fälle an andere Beratungseinrichtungen aus GrUnden mangelnder Kompetenz bzw. Zuständigkeit delegiert oder sie möglicherweise schon im Vorfeld der Kontaktaufnahme abgelehnt. In 60 Fällen (22,2%) sind es zeitliche GrUnde, die eine ad hoc-Behandlung verhinderten. Dieser relativ niedrige Prozentsatz ist nicht eindeutig interpretierbar, da sehr unterschiedliche SchlUsse daraus gezogen werden können: entweder klagen die BL z.T. zu Unrecht Uber Zeitmangel bzw. Uber zu geringen Deputatsnachlaß, oder aber sie beraten entsprechend der fallspezlfischen Erfordernis und leisten unbezahlte Mehrarbeit. In 40 Fällen (14,8%) beendeten die BL ihre Arbeit vorzeitig, weil ihnen die FortfUhrung ihrer Beratung nicht erforderlich erschien bzw. keine dringende Notwendigkeit fUr die Aufnahme einer Beratung bestand. FUr weitere 30 Fälle 111,1%) werden als sonstige GrUnde fUr die Nichtbearbeitung des Beratungsfalles . aufgefUhrt: - Befangenheit zu späte Anmeldung Uberbewertung der Symptomatik durch Eltern mangelnde Kooperationsbereitschaft seitens der SchUl er Schiller beendet von sich aus die Beratung SonderschulUberprUfung. 3.4.3 Weitergeleitete Fälle Wie im vorigen Kapitel ausgefUhrt wurde, haben 96 BL insgesamt 140 Schiller an entsprechende Einrichtungen weitergeleitet. DemgegenUber beträgt die Anzahl der delegierten Fälle laut
71 Item 19 insgesamt 707 (bei 90 antwortenden BU Diese erhebliche Diskripanz resultiert wohl daraus, daß die BL in Item 18 eine sofortige Weiterleitung meinten, während in Item 19 auch jene Fälle mit enthalten sind, die sie zunächst angenommen, später jedoch an andere Beratungsdienste weitergeleitet haben. Das wUrde bedeuten, daß 19,8% aller weitergeleiteten Fälle ohne vorherige eingehende Untersuchung spezifischen Beratungsdiensten zugefUhrt wurden. Tab. 29 zeigt die Verteilung der Weitergeleiteten Fälle auf die verschiedenen Beratungsdieste. Beratungseinrichtung Berufsberatung Erziehungsberatungsstelle Sonderschule (Kinder-lFacharzt Bildungsberatungsstelle Jugendamt Kirchlicher Beratungsdienst Psychologe Medizinisch-psychatrische Einrichtungen Sonstige Drogenberatung N f(%) 198 137 78 66 65 42 41 38 20 14 8 28,0 19,4 11,0 9,3 9,2 5,9 5,8 5,4 2,8 2,0 1,1 Tab. 29 : Delegation an verschiedene Beratungsdienste Die Bandbreite der aufgesuchten Beratungsdienste ist groß; am häufigsten in Anspruch genommen (insgesamt 48,2%l werden Einrichtungen, die sich auf (Schul-lLaufbahnberatung spezialisiert haben (Berufsberatung, Sonderschule, Bildungsberatungsstellel. Weitere 19,4% der weitergeleiteten Fälle suchen im Rahmen einer benötigten Einzelfallhilfe eine Erziehungsberatungsstelle auf. Wenn in ähnlich gelagerten Fällen nur 5,4% aller SchUler
72 an freiberufliche Psychologen verwiesen werden, so liegt dies neben einem regional mitunter sehr begrenzten Angebot vor allem daran, daß die Kosten fUr die Behandlung durch einen niedergelassenen Psychologen von den Eltern zum Tell selbst getragen werden mUssen, während die Inanspruchnahme anderer Einrichtungen in aller Regel kostenlos ist. 3.4.4 Notwendigkeit der Institution Beratungslehrer Item 21 sollte abklären, inwieweit die BL ihre spezifische Tätigkeit neben anderen Beratungsangeboten (Sonderschullehrer, Erziehungsberater, Schul psychologe, Berufsberater) fUr notwendig erachten. Zu diesem Zweck wurde eine fUnfstufige RatingSkala gewählt, die in drei Positionen verbal definiert ist. Die Schätzurtelle sind in Tab. 30 zusammengefaßt. unnötig nicht unabdingbar, aber sinnvoll o 1 2 3 unbedingt notwendig 4 0% 2% 9% 36% 52% Tab. 30 : Notwendigkeit der Institution BL Etwas mehr als die Hälfte der befragten BL hält ihre Beratungstätigkeit fUr unbedingt erforderlich, weitere 36% vertreten die Ansicht, daß sie notwendig und sinnvoll ist. Wenn 11 BL die Notwendigkeit ihrer Beratungsarbeit eher kritisch beurteilen, so hat dies mit Sicherheit sehr unterschiedliche GrUnde, die von der Skepsis bezUglieh der Effizienz von Beratung bis hin zur (verständlichen) Unzufriedenheit mit den institutionellen Rahmenbedingungen, innerhalb derer Beratung im Bereich der Schule abläuft, reichen können. BegrUndungen der persönli-
73 chen Einstellung zur Institution Beratungslehrer werden in der Erhebung jedoch nicht erfaßt. 3.4.5 Bedingungen fUr die Effizienz der Beratungstätigkeit Item 22 gilt der Frage nach den generellen Eigenschaften und Kompetenzen eines Beraters/Therapeuten, die fUr eine erfolgreiche Arbeit erforderlich sind. Die in Tab. 28 aufgefUhrten Bedingungen sollten von den befragten BL in eine Rangreihe gebracht werden. Rangsumme Rang psychologischem EinfUhlungsvermögen und der 1 71 Fähigkeit zur GesprächsfUhrung dem Maß, indem der Berater als kompetent und 82 2 persönlich vertrauenserweckend anerkannt wird psychologischem Fachwissen 128 3 der Kenntnis der schulischen Verhältnisse 152 4der Möglichkeit zur Kontrolle und ständigen 5 171 Anpassung der Kenntnis der Ausbildungsgänge 6 181 Tab. 31 : Erforderliche Bedingungen zur effizienten Beratungstätigkeit des BL Wie nicht anders zu erwarten, bringen die BL den Erfolg ihrer Arbeit in erster Linie mit EinfUhlungsvermögen und GesprächsfUhrung in Verbindung. Als weitere wichtige Qualifikation wird mi t geringem Abstand die Akzeptanz als kompetenter und vertrauenerweckender Berater gesehen. Das psychologische Fachwissen rangiert in der Einschätzung der BL mit deutlicher Distanz erst auf Platz 3. Auf Schule und Aus-
74 bildung bezogene Kenntnisse werden in ihrer Bedeutung fUr eine effiziente Beratung als marginal bewertet. 3.4.6 Quallflkatlonszuschreibungen an Berater mit unterschiedlichen Beratungsaufgaben In Item 23 sollten die oben erwähnten Qualifikationen Beratern mit unterschiedlichen Beratungsaufgaben zugeordnet werden, um gegebenenfalls unterschiedliche Qualiflkationszuschreibungen aufzudecken. Tab. 32 gibt einen Uberblick Uber die hierzu erhobenen Befunde. dlarakterist. Kompetenzen ElnfUhlungsverm. u. Gespr.fUhrg. vetrauenserw. u. kompetent psych. Fachwissen Kenntnis der ochul. VerWtn. Kontrolle u. ständ. Anpassung Kenntnis d. Ausbildungsgänge Berat.- Schulpsy- Erz.Bildungs- Sondersdl.lehrer dlologen berater berater lehrer 24,6 47,2 26,1 4,4 16,3 (3) (2) (1) (4) (3,5) 27,6 5,2 16,0 7,7 9,2 (2) (4) (3) (2) (5) 5,2 52,1 28,3 4,4 22,4 (1) (2) (2) (5,5) (3,5) 30,6 6,7 4,7 1,1 19,4 (1) (3) (4) (3) (5,5) 6,7 1,7 2,8 30,6 1,1 (4) (6) (5) (1) (5,5) 5,2 4,2 0,9 2,0 79,1 (5) (6) (1) (6) (5,5) Anmerkung: Die Zahlen stellen Prozentränge dar, die Zahlen in Klammern geben den Rangplatz wider. Tab. 32 : Quallfikatlonszuschreibungen an Berater mit unterschiedlichen Beratungsaufgaben
75 Vergleicht man die den einzelnen Beraterkategorien zugeschriebenen Qualifikationen, so manifestiert sich bezUglieh deren Reihung eine erstaunliche Variationsbreite. Die einzelnen Beraterkategorien weisen ein jeweils ihrer Funktion entsprechendes spezifisches Qualifikationsmuster auf. Vom Schulpsychologen etwa wird in erster Linie ein fundiertes Fachwissen erwartet, bei Erziehungsberatern werden EinfUhlungsvermBgen und GesprächsfUhrung genannt. Der Bildungsberater schließlich soll sich vor allem durch Kenntnis der verschiedenen Ausbildungsgänge auszeichnen, während fUr den Sonderschullehrer die Möglichkeit der Kontrolle und Anpassung seiner pädagogischen Maßnahmen als besonders wichtig erachtet wird. Als fUr den BL charakteristisches Merkmal wird vorrangig seine Kenntnis der schulischen Verhältnisse erachtet. Als Ergebnis kann festgehalten werden, daß die BL ihre Tätigkeit im speziellen Aufgabenbereich schul- und individuenbezogener Beratung im Kanon der Ubrigen Beratungsangebote klar zu definieren und dagegen abzugrenzen vermögen. 3.4.7 Beratungskompetenz im Selbsturteil der Beratungslehrer Die Hems 24 - 26 zielten darauf ab, die Kompetenzen des BL im Vergleich mit einem "normalen" Lehrer und mit einem professionellen Beratet (Psychologe, Berufsberater etcJ anhand einer fUnfstufigen bipolaren Skala einzuschätzen. Die Angaben in Tab. 33 repräsentieren absolute und relative Zahlen zugleich, da N = 100 ist.
76 "normaler" Lehrer 0 1 6 Psychologische Einzelfallhilfe 1 Schullaufbahn- u. Berufsberatg. 7 0 3 21 Beratung von Lehrern Spezialist Kompetenz wie 2 71 57 46 3 19 29 24 4 3 7 6 Tab. 33 : Vergleichende Beurteilung der Kompetenz von BL BezUglieh der Schullaufbahn- und Berufsberatung beurteilen die BL ihre Kompetenzen deutlich am höchsten oder anders formuliert: Sie stufen hinsichtlich dieses Beratungsschwerpunktes das Qualifikatlonsgefälle zwischen einem "Beratungsprofl" und ihnen selbst wesentlich geringer ein als zwischen ihnen und einem "gewöhnlichen" Lehrer. Auch in puncto Einzelfallhilfe schreiben sie sich eine Position zu, die oberhalb der Skalenmitte in Richtung "Spezialist" liegt. Lediglich bezUglich der Beratung von Lehrern siedeln sie sich etwa zwischen dem Durchschnittslehrer und dem professionellen Berater an. 3.4.8 Stlgmatisierung durch Beratung? Die Gefahr eines Stigmatlsierungseffektes durch Beratung wird mit Item 30 zu erkunden versucht. Tab. 34 ernthält die dabei gewonnenen Befunde. nein ja f 3 f% 3,2 f 62 f% 66,0 schwer abzuschätzen f f% 29 30,8 Tab. 34 : Gefahr der Stigmatisierung durch Beratung
77 Knapp zwei Drittel der BL vertritt die Meinung, daß in den Beratungsprozeß einbezogene SchUler nicht mit einer negativen Etlkettierung rechnen mUßten. Ein knappes Drittel ist sich in der Beurteilung dieser Frage unsicher, währed die Ubrigen befragten BL davon ausgehen, daß die Beratung von SchUlern/ Eltern einen Stigmatisierungseffekt nach sich ziehe. Inwieweit dieses Phänomen de facto auftritt, hängt wahrscheinlich vor allem davon ab, ob die BL an der eigenen Schule tlitig sind (was im Grund- und Hauptschulbereich, speziell an kleinen Schulen, oft nicht der Fall ist) und wie das Beratungsangebot der Schulöffentlichkeit präsentiert wird. Gerade in letzterem Punkt sollten die Schulen verstärkt Aufklärungsarbeit leisten, um den Ratsuchenden das Odium der defizitären und devianten Persönlichkei tsstruktur zu nehmen. 3.5 Kooperation mit Beratungsdiensten, Lehrerkollegen und Eltern 3.5.1 Kooperation mit anderen Beratungsdiensten nem 27 bezieht sich auf die Frage nach der Zusammenarbeit mit anderen Beraatungseinrichtungen. Die Ergebnisse sind in Tab. 35 zusammengefaßt.
78 Nur InformaKoordinierte tionsaustausch Zusam menarbei t % N % N Beratungseinrichtung Bildungsberatungsstelle Erziehungsberatungsstelle Sonderschulen Berufsberatung Facharzt f. Kinderheilkunde Jugendamt freiberufliche Psychologen medizin.-psychatr. Einrichtungen kirchlicher Beratungsdienst Drogenberatungsstelle Summe: 57 56 33 26 26 24 19 19 18 16 302 18,9 18,5 11,0 8,6 8,6 8,0 6,3 6,3 6,0 5,3 100 40 31 29 20 7 21 7 4 11 4 178 22,5 17,4 16,3 11,2 4,0 11,8 3,9 2,3 6,2 2,3 100 Tab. 35 : Kooperation mit anderen Beratungsdiensten Mit Abstand am häufigsten kooperieren BL mit Bildungs- und Erziehungsberatungsstellen. Daß das Ausmaß der Zusammenarbeit mit Bildungsberatungsstellen nicht höher ausfällt, liegt vermutlich an ihrer geringen Zahl und ihrer daraus resultierenden schlechteren Erreichbarkeit. Die Zahl der Erziehungsberatungsstellen liegt bei weitem höher als die der Bildungsberatungsstellen. Das bedeutet, daß die wenigen Bildungsberatungsstellen relativ gesehen viel häufiger von BL um Mithilfe und, wie man sieht, um koordinierte Zusammenarbeit angegangen werden als die nahezu in jeder Stadt ansässigen Erziehungsberatungsstellen. Mit deutlichem Abstand folgen die Sonderschulen (im Hinblick auf schlechte Schulleistungen und Umschulungsfragenl sowie die Berufsberatung (als zentrale Anlaufstelle fUr berufsbezogene Plazierungsentscheidungenl. Im Hinblick auf die Optimierung von Beratung ist eine enge
79 Kooperation mit anderen Beratungsdiensten wUnschenswert. Dies geschieht offensichtlich erfreulich oft; so geben die befragten BL an, daß sie in 178 Fällen mit anderen Einrichtungen zusammengearbeitet haben. Die Zahl der Fälle, in denen Informationen und Hintergrunddaten Uber die zu beratenden SchUler und/ oder Eltern weitergegeben wurden, lag mit 302 noch deutlich höher. 3.5.2 VerbesserungswUnsche bezUglich der Kooperation In Item 28 sollten die BL angeben, inwieweit sie an einer noch engeren Kooperation mit anderen Beratungsdiensten interessiert sind. Die Ergebnisse sind in Tab. 36 zusammengestellt. Verbesserter Informa tlonsaustausch Beratungseinrichtung Bildungsberatungsstelle Erziehungsberatungsstelle Sonderschulen Berufsberatung Facharzt f. Kinderheilkunde Jugendamt freiberufliche Psychologen medizin.-psychatr. Einrichtungen kirchlicher Beratungsdienst Drogenberatungsstelle Summe: Verbesserte koordinierte Zusammenarbeit N % N % 21 10 10 08 07 06 06 05 05 03 81 25,9 12,4 12,4 09,9 08,6 07,4 07,4 06,2 06,2 03,7 100 29 09 08 03 06 08 06 0402 02 37,7 11,7 10,4 03,9 07,8 10,407,8 05,2 02,6 02,6 100 Tab. 36 : Wunsch nach verbesserter Zusammenarbeit 77
80 Nach dem Urteil der BL ist die Kooperation mit den Erziehungsberatungsstellen am meisten intensivierungsbedUrftig: Rund 26% der BL wUnschen sich eine Verbesserung des Informationsaustauschs, etwa 38% eine eingehendere koordinierte Zusammenarbeit. Wenn diese in der Vergangenheit nur partiell zustandekam, so liegt dies vor allem daran, daß die Ausbildung, Betreuung und Weiterbildung der BL seit 1979 unmittelbar mit der Institution Bildungsberatungsstelle verknUpft ist und diese von daher als die zentrale Anlaufstelle bei schwierigen Fällen fungiert. Die Beziehung zwischen BL und Erziehungsberatungsstelle stand zu keinem Zeitpunkt unter derart gUnstigen Vorzeichen und ist bis heute durch wechselseitige "BerUhrungsängste" gekennzeichnet. Eine Intensivierung der Kooperation zwischen beiden Einrichtungen läge vor allem im Interesse der Ratsuchenden, die vom differenzierteren Beratungsangebot . der Erziehungsberatungsstellen mit Sicherheit profitieren könnten. VerbesserungsbedUrftig ist nach Ansicht der BL auch die Zusammenarbeit mit Berufsberatung und Jugendamt (in rund 12% aller Fälle genannt) sowie mit medizinischen Beratungsdiensten (ca. 10%), Die als nicht ausreichend erlebte Kooperation mit anderen beratenden Institutionen hängt sicherlich auch damit zusammen, daß sich die BL innerhalb ihrer zeitlich begrenzten Rahmenbedingungen nicht im erforderlichen Umfang um die Intensivierung der Kontakte ·mit den genannten Einrichtungen kUmmern können. 3.5.3 Einstellung der Schulleitung zur BL-Tätigkeit Item 31 bezieht sich auf die Einstellung der Schulleitung gegenUber der Tätigkeit der BL. Die Ergebnisse in Tab. 37 sind den absoluten und relativen Häuflgkeiten nach geordnet; sie beziehen sich auf die Daten von 84 BL.
81 Die Schulleitung - zeigt vorsichtige Anerkennung - ist stolz darauf, einen BL an der Schule zu haben - nimmt eine abwartende Haltung ein/ ist gleichgUltig - ist skeptisch gegenUber der Kompetenz des BL - lehnt die Tätigkeit des BL eher ab f 34 f% 40,5 29 34,5 15 17,9 3 3,6 3 3,6 Tab. 37 : Einstellung der Schulleitung zur BL-Tätigkeit Die Uberwiegende Zahl der Schulleiter (75%) beurteilt nach Meinung der BL ihre Arbeit positiv; die Ubrigen 25% nehmen eine distanzierte bis ablehnende Haltung ein. Diese Zahlen deuten darauf hin, daß die BL ihre Tätigkeit zuweilen nicht unter besonders gUnstigen äußeren Bedingungen ausUben können, da sie sich nicht grundsätzlich auf die Unterstutzung der Schulleitung ver lassen können. 16 BL haben keine Angaben gemacht, wohl zum größten Teil deshalb, weil sie in Personalunion gleichzeitig Schulleiter sind. Um festzustellen, inwieweit die Haltung der Schulleiter möglicherweise davon abhängig ist, ob die BL an derselben oder an einer fremden Schule unterrichten, wurde in Item 32 direkt nach dem Ausmaß der Ablehnung jener Schulleiter gefragt, deren Schulen die BL jeweils zugewiesen wurden (vgl. dazu Tab. 38). Ablehnende Haltung nein ja, einer ja, mehrere f 70 20 4 f% 74,5 21,3 4,3 Tab. 38: Einstellung der Schulleiter der zugewiesenen Schulen
82 Die Ergebnisse in Item 34 machen noch deutlicher, daß keineswegs alle Schulleiter der Arbeit der BL positiv gegenUberstehen; rund ein Viertel der "fremden" Schulleiter begegnet den BL ablehnend. Charakteristisch fUr die Haltung dieser (erschreckend großen) Minderheit ist die Äußerung eines Schulleiters: "Wir lösen unsere Probleme selber- ausgenommen Schulreifeuntersuchungen und Ubergangsverfahren". Ob unter solchen Umst~nden Beratung nicht erheblich behindert wird, muß bezweifelt werden. Die gleichzeitige Betreuung mehrerer Schulen durch einen BL leidet offenbar manchmal darunter, daß der BL nicht als "neutrale" Instanz angesehen wird, was aber wUnsehenswert w~re. 3.5.4 Auswirkungen der ablehnenden Haltung des Schulleiters Die Frage nach den Auswirkungen einer eher ablehnenden Haltung der Schulleiter gegenUber dem BL mem 33) beantworten insgesamt 50 BL, obwohl nur rund ein Viertel entsprechend negative Erfahrungen mit (fremden) Schulleitern gemacht hat. Es ist daher anzunehmen, daß ca. 25% der BL "vermittelte" Erfahrungen weitergeben oder daß sie in der Vergangenheit hin und wieder mit der aversi ven Einstellung eines Schulleiters konfrontiert wurden. Die Ergebnisse der Befragung sind in Tab. 39 nach den Auftretenshäufigkeiten geordnet.
83 Auswirkungen der ablehnenden Haltung - deutlich weniger Fälle als an anderen Schulen - geringere Anerkennung in Kollegium - erhöhte Schwierigkeiten bei Durchsetzung von Beratungsempfehlungen gegenUber SchUlern und Eltern - kein eigenes Beratungszimmer - Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Testmaterial - ungUnstige Stundenplangestaltung - sonstige - keine f 30 22 13 f% 34,1 25,0 14,8 12 6 13,6 6,8 4 1 6 4,5 1,1 Tab. 39: Auswirkungen der ablehnenden Haltung des Schulleiters Eine distanzierte bis ablehnende Haltung seitens der Schulleitung fUhrt also dazu, daß beratungsbedUrftige SchUler weitaus seI tener als an anderen vergleichbaren Schulen dem BL zugefUhrt werden (34,1%). Da die BL keinerlei Einfluß auf die Delegationspraxis ihrer Kollegen nehmen können, bleibt ihnen nur die Möglichkeit einer verstärkten Konzentration auf bereits laufende Fälle, um auf diese Weise die Wichtigkeit und den Erfolg ihrer Arbeit zu demonstrieren und aversive Einstellungen allmählich abzubauen. Die gilt insbesondere auch im Hinblick auf die zweithäufigste Konsequenz, nämlich die geringere Anerkennung ihrer Tätigkeit durch das Kollegium (25%). Es ist unter diesen Umständen nicht verwunderlich, daß die BL Schwierigkeiten haben, ihre Vorschläge und Empfehlungen SchUlern und/oder Eltern gegenUber durchzusetzen (14,8%), Die Umsetzung pädagogisch-psychologisch begrUndeter Maßnahmen beruht nicht zuletzt auch auf deren Präsentation nach außen durch sämtliche
84 in den Beratungsprozeß integrierten Agenten seitens der Schule. Daß den BL, denen so viele latente wie virulente Vorbehalte entgegengebracht werden, kein eigenes Beratungszimmer zur Ver fUgung gestellt wird 113,6%), dUrfte wohl so in einigen Fällen nicht nur auf räumliche Unterkapazität, sondern auch auf spezifische negativ eingefärbte Reaktionstendenzen der Arbeit der BL gegenUber zurUckzufUhren sein. 3.5.5 Verhältnisse der Lehrer zu den BL Die Einstellung der Kollegen gegenUber der Tätigkeit der BL wird in Item 34 mit Hilfe einer fUnfstufigen Ratingskala zu quantifizieren versucht. Die Ergebnisse sind in Tab. 40 dargestellt. ablehnend f f% o 1 2 2,1 neutral 2 25 25,8 3 42 43,3 positiv 4 28 28,9 Tab. 40 : Verhältnis zwischen BL und Kollegen Die Resonanz der Kollegen gegenUber der Arbeit der BL stimmt weitgehend mit den Ergebnissen Uberein, die weiter oben Ivgl. Item 31 und 32) in bezug auf die Schulleiter referiert wurden; die Bandbreite der Einschätzung fällt allerdings etwas geringer aus. Das Gros der Kollegen (ca. 72%l beurteilt die Tätigkeit der BL insgesamt positiv. Knapp 26% der Lehrer verhalten sich neutral bis indifferent; lediglich 2% der Kollegen begegnen den BL ablehnend. Inwieweit sich die Einstellung der Lehrer zu den BL im Schul-
85 alltag konkretisiert, verdeutlichen die Befunde zu Item 35, dargestellt in Tab. 41. Auf die Frage, ob die BL von ihren Kollegen um Rat gefragt werden (Item 35), geben sie folgende Antworten: manchKollegen holen sich Rat bei N oft mal selten nie - der Analyse des Schülerverhaltens 98 43,9 50,0 6,1 - Fragen der Unterricht~estaltung 91 17,6 45,1 37,4 - Fragen der Reaktion auf Sch. verhalt. 97 21,6 58,7 18,6 1,0 - der Analyse des eigenen L.verhaltens 93 3,2 17,2 40,9 38,7 Tab. 41 : InformationswUnsche seitens der Kollegen an den BL Das größte InformationsbedUrfnis seitens der Lehrer besteht im Hinblick auf die Analyse des (Problem-) Verhaltens ihrer SchUler (rund 94%). Am zweithäufigsten werden die BL bei der Frage nach der adäquaten Reaktion auf das auffällige SchUlerverhalten zu Rate gezogen (ca. 80%). Nur in etwa 20% aller Fälle werden die BL gebeten, bei der Analyse des eigenen Verhaltens den SchUlern gegenUber behilflich zu sein. Die Möglichkeit der Mithilfe bei der Unterrichtsgestaltung durch den BL nehmen lediglich ca. 18% der Lehrer in Anspruch. Die Daten werfen ein bezeichnendes Licht auf die Attribuierungsmuster der Lehrer bei der Erklärung des (auffälligen) SchUlerverhaltens. Lehrer interpretieren die Probleme ihrer SchUler in erster Linie und Uberwiegend als auf deren Person bezogen und nicht als das Produkt einer gestörten Lehrer-SchUler-Interaktion oder gar eigenen Fehlverhaltens, denn sie sprechen die BL nur relativ selten in Fragen der Unterrichtsgestal tung und bei der Analyse des eigenen LehrerverhaI tens um Hilfe an. Hier tut sich fUr die BL ein Feld auf, auf dem noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden muß. Von Inter-
86 esse sind in diesem Zusammenhang auch die Befunde zu Item 36, das nach der Zahl der Unterrichtsbesuche zur Verhaltensbeobachtung von SchUlern fragt (vgl. Tab. 48l. Zahl der Unterrichtsbesuche (N=lOOl nie 33% 1 - 3 mal 43% 4 - 6 mal 11% häufiger 13% Tab. 42 : Unterrichtsbesuche zur SchUlerbeobachtung Die Ergebnisse insgesamt sind durchaus erfreulich, denn nur in einem Drittel aller Fälle werden keine Unterrichtshospitationen zur Beobachtung des (auffälligen) SchUlerverhaltens durchgefUhrt. Nach dem weiter oben beschriebenen Attribuierungsmuster zu urteilen, hätte sich mit Sicherheit ein anderes Bild ergeben, wenn das Lehrerverhalten Gegenstand der Beobachtung durch den BL gewesen wäre. 3.5.6 Beziehung zwischen Eltern und Beratungslehrern Die Beziehung zwischen Eltern und BL wurde unter drei Aspekten erfragt. Zum einen interessierte der Bekanntheitsgrad der Institution des Beratungslehrers, zum anderen die vermutete Wertschätzung des BL durch die Eltern und zum dritten die Befolgung der Ubergangsempfehlungen von einer Schulart zu einer anderen. Auf die Frage, ob und gegebenenfalls durch wen die Eltern Uber die Institutionalisierung und das Tätigkeitsfeld des BL informiert wurden (Item 38), antworteten die befragten BL:
87 f nein ja, durch Schulleitung ja, durch mich selbst 13 34 51 f% 13,3 34,7 52,0 Tab. 45 : Informationen der Eltern Uber die BL-Tätigkeit Nur ein gutes Drittel der BL wird der Elternschaft durch die Schulleitung bekannt gemacht. Etwas mehr als die Hälfte der BL stellt sich und ihre Arbeit den Eltern selbst vor. In 13 Fällen wurde die Existenz eines BL der Schulöffentlichkeit Uberhaupt nicht mitgeteilt. Diese Sachverhalte zeigen, daß erstens der Bekanntheitsgrad der Institution BL noch viel zu gering ist und· zweitens, daß bislang auch nicht geklärt ist, auf welchem Weg das Vorhandensein eines BL am besten bekannt gemacht werden kann. Bezogen auf die vermutete Wertschätzung der BL durch die Eltern lautete die Frage (Item 37), ob die BL in den Augen der Eltern ein deutlich höheres Ansehen genießen als die anderen Lehrer. Darauf antworteten die BL (N = 97; vgl. Tab. 43) : f ja, mehr geringfUgig mehr nein 57 31 9 f% 58,8 32,0 9,3 Tab. 43 : Beurteilung des Ansehens der BL bei den Eltern Rund 6 von 10 BL berichten , daß sie im Urteil der Eltern eine deutlich höhere Stellung zugewiesen bekommen als der "normale" Lehrer. Etwa 3 von 10 BL konstatieren einen etwas höheren
88 Status, während 9 BL keinen Unterschied zwischen sich als BL und ihren Kollegen ausmachen können. Diese Ergebnisse mUssen insofern etwas korrigiert werden, als in der ersten Kategorie (" ja, mehr") 14 BL enthalten sind, die als Fuktionsträger (Rektor oder Konrektor! ohnehin eine herausgehobene Position einnehmen. Die vermutete Wertschätzung der BL durch die Eltern scheint sich auch in den Befunden von I tem 39 zu bestätigen, die sich auf das Ausmaß der Befolgung der Beratungsempfehlungen beim Ubergangsverfahren auf eine andere Schulart beziehen (vgl. Tab. 44). Die Eltern befolgen die Empfehlungen des BL f f% 5 5,4 selten häufiger 6 6,5 14 15,2 zur Hälfte meist 47 51,1 fast immer 20 21,7 keine Kontrolle 5 Tab. 44 : Befolgung der Beratungsempfehlungen durch die Eltern Nach Auskunft der BL befolgen die Eltern zu etwas mehr als 70% die Empfehlungen des BL beim Ubertritt auf eine andere Schule meist bzw. fast immer. Wie hoch die prognostische Validität dieser Empfehlungen einzuschätzen ist, kann anhand des Datenmaterials allerdings nicht bestimmt werden.
89 3.6 WUnsche der BL an Ausbildung und Arbeltsbedingungen 3.6.1 SpezialisierungswUnsche hinsichtlich der BL-Ausbildung Item 42 fragt nach den SpezialisierungswUnschen in der BL-Ausbildung, und zwar einmal im Hinblick auf die verschiedenen Schularten und zum anderen in bezug auf inhaltliche Schwerpunkte. Die Befragungsergebnisse in Tab. 46 sind in absoluten Zahlen angegeben, da eine prozentuale Umrechnung angesichts der zweifachen Ankreuzungsmöglichkeit nicht zweckmäßig erschien. Auf der Grundlage der absoluten Häufigkeiten läßt sich der Trend der Antworten gleichwohl erkennen. Spezialisierungen hinsichtlich - Schularten - inhaltlicher Schwerpunkte - psychologischer Einzelfallhilfe - Schullaufbahn- und Berufsberatung - Beratung hinsichtlich der UnterrichtsfUhrung - Keine Spezialisierung N 50 55 33 8 14 26 Tab. 46 : SpezialisierungswUnsche in der BL-Ausbildung Etwas mehr als ein Viertel der BL (26%) hält eine Spezialisierung im Rahmen der Beratungslehrer-Ausbildung nicht fUr sinnvoll. Die Ubrigen 74% sprechen sich fUr eine Ausbildung aus, die zum einen die Besonderheiten der einzelnen Schularten besser berUcksichtigt !insgesamt 50 mal genannt), zum anderen einzelne Beratungsschwerpunkte stärker in den Vordergrund rUckt (55 Nennungen). Im Rahmen der letzten Option wird an erster Stelle der Wunsch nach einer Intensivierung der Ausbildung in Richtung Einzelfallhllfe geäußert (33 Nennungen). An
90 zweiter Stelle wird eine Verbesserung der Beratungskompetenz in Fragen der UnterrichtsfUhrung (14 Nennungen) und erst an Dritter Stelle eine intensivere Vorbereitung auf Schullaufbahn- und Berufsberatung (8 Nennungen) gewUnscht. Diese Rangfolge ist insofern nicht verwunderlich, als die Ausbildung der BL schwerpunktmä.ßig auf den letzgenannten Bereich hin ausgerichtet ist, da die eigentliche Aufgabe des BL nach dem Willen des Gesetzgebers in diesem Feld angesiedelt sein soll. Auf der anderen Seite erfordert die Individualhilfe angesichts der enormen Komplexität hinsichtlich der Symptomatologie und Ätiologie einen psychologischen Kompetenzgrad, der im Rahmen einer einjährigen Zusatzausbildung beim besten Willen nicht zu realisieren ist. Es wäre von daher zu Uber legen, ob die Ausbildung nicht um jenen Bereich erweitert werden sollte, der auf eine kompetentere Beratung der Kollegen in Fragen der Unterrichtsplanung, -gestaltung und -evaluation abzielt. 3.6.2 Notwendigkeit prophylaktischer Arbeit In Item 43 sollten die BL sich zur Notwendigkeit präventiver Maßnahmen äußern. Die Meinungen darUber sind in Tab. 47 wiedergegeben. Präventive Maßnahmen Keine Antwort nein ja, und zwar durch - Lerntyperfassung der SchUler - Vermittlung von Arbeitstechniken an SchUler - Schaffung von ProblembewuBtsein bei Kollegen Tab. 47 : Notwendigkeit prophylaktischer Arbeit N 5 12 83 12 60 62
91 12 der befragten BL sprechen sich gegen jede Art von prophylaktischer Arbeit aus, unter anderem mit der BegrUndung, daß die Kollegen keine Einmischung im Vorfeld wUnschten oder daß die BL damit Uberfordert seien. 5 BL nehmen keine Stellung. Die restlichen 83% votieren fUr präventive Maßnahmen. Als besonders vordringlich erscheint ihnen die Vermittlung lerntheoretischer und sozialpsychologischer Erkenntnisse und die Sensibilisierung der Lehrer im Umgang mit ihren SchUlern (62 mall. FUr nahezu gle1chwichtig halten sie die Vermittlung und EinUbung von Arbeitstechniken (60 mall. Dieser Gegenstandsbereich ist zwar bereits seit 1979 im Ausbildungskanon enthalten, wird nach dem Urteil der Mehrheit der BL jedoch vernachlässigt. Der kleinste Teil der BL hält im Rahmen der Prävention die Erfassung der Lerntypen fUr sinnvoll (12 mall, wohl aufgrund der Erfahrung, daß unser vergleichsweise statistisches Organisationssystem Schule keine differentiellen Angebote an unterschiedliche Lerntypen zu machen imstande ist. 3.6.3 VerbesserungswUnsche der Beratungslehrer Die in Item 44 gemachten Verbesserungsvorschläge sind entsprechend den absoluten Häufigkeiten (Mehrfachnennungeni f=126) in einer Rangreihe aufgefUhrt (s. Tab. 48). Verbesserungen in bezug auf die - äußere Organisation der BL-Tätigkeit - Aus- und Fortbildung der BL - Zusammenarbeit mit anderen Beratungsdiensten - Zusammenarbeit mit Schulleitung und Kollegium - Sonstiges - Zusammenarbeit mit Schillern und Eltern Tab. 48 : VerbesserungswUnsche der BL f Rang 37 1 30 2 23 16 12 8 3 4 5 6
92 Am häufigsten wird der Wunsch nach einer Verbesserung der äußeren Rahmenbedingungen fUr die Beratungsarbeit genannt. So wird beispielsweise Klage darUber gefUhrt, daß zu wenig Zeit zur VertUgung steht, bzw. der Deputatsnachlaß zu gering ist, um in Einzelfällen gezielt er beraten und um besonders schwierige Fälle unter Einschaltung eines Supervisors gemeinsam bearbeiten zu können. Unbehagen resultiert aber auch aus organisatorischen Beeinträchtigungen wie etwa der Tatsache, daß vielen BL kein eigenes Beratungszimmer zur VerfUgung steht, daß sie keine festen Sprechzeiten haben oder daß sie an mehreren Schulen eingesetzt sind. An zweiter Stelle der Wunschliste steht die Intensivierung der Aus- und Weiterbildung. Im einzelnen werden folgende Themenfelder genannt: - mehr und räumlich näher gelegene Fortbildungsveranstaltungen - Teamwork mit Kollegen und Lehrern (Supervision, Fallbesprechungen) - Verbesserung der Beratungskompetenz im Sinne von Item 42 und 43 (UnterrichtsfUhrung, Lerntypenerfassung, SchUlerarbei tstechniken) - Weiterbildung auf dem Gebiet der Psychodiagnostik !Hilfestellung bei Interpretationen von Testergebnissen; EinfUhrung in neue Testverfahren) - Vermittlung von Grundkenntnissen verschiedener Therapieformen An dritter Stelle steht der Wunsch nach verstärkter Kooperation mit anderen Beratungseinrichtungen. Dies setzt zunächst voraus, daß die BL die Möglichkeit haben, sich Einblick in die Arbeitsweise anderer Beratungsdienste zu verschaffen und daß umgekehrt die BL diese Einrichtungen Uber Ziele und Vorgehensweise ihrer Tätigkeit informieren. Als besonders intensi-
93 vierungsbedtirftig bezeichnen die Beratungslehrer die koordinierte Zusammenarbeit mit den Erziehungsberatungsstellen. Entsprechend weit gespannt ist der Bogen der Erwartungen an eine solche Koopera Hon. Im Einzelnen sind dies: - Aufbau von Kooperationsformen (jour fixe, regelmäßige Kontakte, "heißer Draht" bei akuten Fällen) - gemeinsame Fallanalyse- und bearbeitung im Team - gegenseitige Informationen und RUckmeldungen Den vierten Platz nimmt der Wunsch nach einer engeren Zusammenarbeit mit Schulleitung und Kollegium ein. Als erster Schritt zur Erreichung dieses Ziels wird die Verbesserung des Informationsflusses an und die Kommunikation mit den Kollegen und Schulleitern tiber die Arbeit des BL erachtet, um auf diese Weise Voreingenommenheit und Unsicherheit abzubauen und das Kollegium fUr Störungen und Belastungen des Unterrichtsbetriebs zu sensibilisiern. In dem Maße wie es den BL gelingt, die Schwellenangst ihrer Kollegen zu reduzieren und sie von ihrer Kompetenz zu Uberzeugen, sind jene auch viel eher motiviert, sich mit den "Problemfällen" an den zuständigen BL zu wenden und ihn zu Hospitationszwecken in die Unterrichtsarbeit mi t hereinzunehmen. Dadurch erhöhen sich automatisch auch die Chancen, daß den Empfehlungen des BL ein höherer Stellenwert zuerkannt wird und sie von den Kollegen im Schulalltag entsprechend umgesetzt werden. Weitaus besser als eben dargelegt, funktioniert die Kooperation offensichtlich mit SchUlern und Eltern. Zwar besteht nachwievor bei Eltern ein erhebliches Defizit an Wissen tiber die Existenz und das Tätigkeitsfeld der BL, doch handelt es sich hierbei im Gegensatz zu den beschriebenen organisatorischen und institutionellen Einschränkungen um von den BL und der Schulleitung relativ leicht UberbrUckbare InformationslUcken.
94 Als fUr eine fruchtbare Kooperation mit dem Elternhaus objektive Beeinträchtigung erweist sich allerdings das Factum der Mehrfachbetreuung. Nicht an der Schule unterrichtende und damit in das Kollegium integrierte BL haben es schwer, nicht nur ihre Existenz einer breiteren Schulöffentlichkeit ins Bewußtsein zu rUcken, sondern vor allem schwierigere Beratungsfälle kontinuierlich zu betreuen. Unter der Rubrik "Sonstiges", an zweitletzter Stelle genannt, wird eine große Bandbreite von Wünschen geäußert. Teilweise handelt es sich dabei um Meinungen, die bereits in anderen Zusammenhängen erwähnt wurden und deshalb nicht noch einmal widergegeben werden. Als eine wichtige Aufgabe des BL wird u. a. eine engere Kooperation mit dem Kindergarten gesehen, um im Sinne präventiven Denkens sozial benachteiligte und dispositioneIl gefährdete Kinder frühzeitig identifizieren und einer adäquaten Förderung bzw. Behandlung zufUhren zu können. Diese Einschätzung dokumentiert ein Beratungsverständnis, das den traditionellen, kurativ orientierten Interventionskonzepten bei weitem überlegen ist. Sie macht jedoch auch deutlich, daß der BL an der Grundschule mit diesem zusätzlichen Aufgabenschwerpunkt zeitlich und inhaltlich überfordert ist. Es wäre wünschenswert, wenn der Gesetztgeber derartige Uberlegungen zum Anlaß nähme, um über die Instltutionalisierung eines Beratungsdienstes zur Früherkennung und -förderung potentiell gefährdeter Kinder zu reflektieren. Die Zahl später auffälig gewordener SchUler mit möglicherweise irreversiblen Schädigungen könnte auf diese Weise fraglos gesenkt werden. Darüber hinaus wird von einigen wenigen BL der Wunsch nach einer verstärkten Arbeit mit und in Familien von Problemkindern vorgetragen.
95 3.7 "Beratungsstile" bei Beratungslehrern Obwohl die derzeit gUltige Konzeption der baden-wUrttembergisehen Bildungsberatung die Laufbahnberatung als Aufgabenfeld des BL betont, deutete sich während der Auswertung der Befragungsbefunde immer wieder die Tendenz einiger BL an, der intensiven Einzelfallhilfe besonderen Wert beizumessen. Es scheint zwar selbstverständllch, daß sich die BL in der Systematik ihres Vorgehens nach dem jeweiligen Beratungsfall richten und daß die Vorgehensweise der einzelnen Berater darUberhinaus auch gewisse individuelle ZUge trägt, die erwähnte Beobachtung erschien jedoch so interessant, daß die Erhebungsbefunde unter der zusätzllchen Fragestellung einer eingehenderen Analyse unterzogen wurden, ob bei BL von zwei unterscheidbaren "Beratungsstilen" gesprochen werden kann: von einem, der tendenziell die Einzelfallhilfe und einem anderen, der die Laufbahnberatung bevorzugt. Sollte sich die in dieser Frage enthaltene Vermutung bestätigen, so mUßten sich in den Befragungsbefunden zwei voneinander unterscheidbare Gruppen von BL mit entsprechendem "Beratungsstil" identifizieren lassen, wobei der "Beratungsstil" sowohl in der Bevorzugung spezifischer VerhaI tensweisen wie auch in unterschiedlichen Einstellungen zur eigenen .Beratertätigkeit zum Ausdruck kommen mUßte. Um es vorwegzunehmen: nach einzelheltllchen Analysen der Beantwortungstendenzen und entsprechenden Signifikanzanalysen (Chi2) konnten unter den befragten BL 3 Gruppen unterschieden werden, die sich hinsichtlich einiger Variablen signifikant voneinander unterschieden.
96 Die erste Gruppe, die hier als "Laufbahnberater" bezeichnet werden soll und insgesamt 27 BL unfaßte (= 27% der insgesamt befragten BU, zeichnete sich zum ersten dadurch aus, daß sie neben einigen wenigen Fällen mit verschiedenartigen Lernleistungs- und Motivationsstörungen ausschließlich Laufbahnberatungsfälle bearbeitet zu haben angaben, dh. bei der Beantwortung der Frage nach den Beratungsanlässen (Item 11) "klassische" Anlässe der Laufbahnberatung 1-4 und außerdem die Beratungsanlässe 5,7,8,9 und 17 angekreuzt hatten. Nach einem Vergleich dieser BL mit den Ubrigen befragten BL können einige signifikante Unterschiede herausgestellt werden: 1. Auffallend viele der "Laufbahnberater" fUhren vergleichsweise sehr viel mehr Gruppen- als Einzeluntersuchungen durch; 2. Die "Laufbahnberater" sehen die Kompetenz des BL vor allem in der Schullaufbahn- und Berufsberatung, während die Kompetenzeinschätzung hinsichtlich der pädagogisch-psychologischen-Einzelfallhilfe deutlich niedriger liegt; 3. Die "Laufbahnberater" schätzen die Laufbahnberatung fast doppelt so hoch ein wie die Ubrigen BL, und die Systemberatung halten sie fUr notwendiger als die Einzelfallhilfe. Nur ein FUnftel von ihnen sehen in der Einzelfallhilfe ihren persönlichen Beratungsschwerpunkt. Von den restlichen 73 BL ist es hingegen fast die Hälfte, die die Einzelfallhilfe als persönlichen Beratungsschwerpunkt herausstellt, wie die folgende Tab. 49 verdeutlicht:
97 Bera tungsschwerpunkt Laufbahnberatung Systemberatung Einzelfallhilfe LBB (N=27l 48,3% 31,0% 20,7% Sonstige (N=73) 28,9% 24,4% 46,7% Tab. 49 : Beratungsschwerpunkte bei "Laufbahnberatern" im Vergleich zu anderen BL 4. Auch in bezug auf die Ursachenzuschreibung fUr Schulschwierigkeiten bei SchUlern ergaben sich nicht unwesentliche Unterschiede. Zwar sehen die "Laufbahnberater" vergleichbar den anderen BL in "familiären Problemen" die wichtigste Ursache fUr Schulschwierigkeiten, aber wesentlich höher als bei den Ubrigen BL rangieren bei ihnen die Ursachenzuschreibungen "Begabungsmängel" und "körperliche und psychische Fehlentwicklungen der SchUler", während andere pathogenisierende Faktoren seltener erwähnt werden, was dazu beitragen mag, daß sie auch seltener spezielle "Begleitsymptome" diagnostizieren als die Ubrigen BL. Werden die erwähnten Merkmalsunterschiede zwischen den sog. "Laufbahnberatern" und den Ubrigen BL als Indiz dafUr akzeptiert, daß sich unter den BL tatsächlich Gruppen unterschiedlicher· "Beratungsstile" feststellen lassen, so dUrfte die Frage nach den diese Unterschiedlichkeiten bedingenden Faktoren nicht uninteressant sein. Auf der Grundlage der Befragungsbefunde muß diese Frage allerdings offenbleiben. Einiges spricht dafUr, daß in diesem Zusammenhang der Ausbildungszeltraum der betreffenden BL eine Rolle zu spielen scheint. So konnte festgestellt werden, daß von der Gruppe der "Laufbahnberater" ein beachtlich höherer Anteil ihre Ausbildung vor 1979 gemacht hat, wie aus Tabelle 50 ersehen werden kann.
98 LBB % n 01 03,7 09 33,3 44,412 11,1 03 07,402 27 1) Mehrfachnennungen von Ausbildungsgängen Ausbildung 1972-1974. an PH Kurs des OSA seit '79 Kurs des IBS bis '79 Diplomstudiengang sonstige Ausbildung Sonstige % n 02 02,5 48,8 39 23,8 19 07,5 06 11,3 09 75 1) Tab. 50 : Ausbildung und Ausbildungszeitraum der "Laufbahnberater" im Vergleich zu anderen BL Ausgehend von der durch die Befunde nahegelegten Annahme unterschiedlicher "Beratungsstile" bei den BL liegt die Vermutung nahe, daß sich die unterschiedlichen Einstellungen zur Beratungstätigkeit sowie die unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen auch auf andere Bereiche der Beratungstätigkeit auswirken. Diese Vermutung konnte jedoch im Rahmen der erhobenen Informationen nicht bestätigt werden. Die praktischen Konsequenzen des unterschiedlichen Beratungsstils auf a) Anteil.der Laufbahnberatung an der gesamten BL-Tätigkeit b) wöchentlicher Zeltaufwand fUr BL-Tätigkelt c) Anteil der "reinen Beratungsgespräche" ohne Tests an der Gesamtarbeltszeit d) Erfolgseinschätzung der Beratung (I. 17) e) Uberweisungsquote an andere Beratungsdienste erwiesen sich im Vergleich zu den Angaben der Ubrigen befragten BL als nicht erheblich. Letztlich muß angemerkt werden,
99 daß sich die einzelnen sog. "Laufbahnberater" außer im konstituierenden Gruppenmerkmal der angekreuzten Beratungsanlässe in anderen Variablen interindividuell erheblich unterschieden. BerUcksichtigt man diese interindividuellen Differenzen, so mag in den gefundenen Unterschieden der sog. "Laufbahnberater" zu den Ubrigen BL zwar so etwas wie eine unterscheidbare Einstellung zur Beraterfunktion des BL zum Ausdruck kommen - möglicherweise begrUndet in größerer Selbstsicherheit in der Laufbahnberatung oder größeren Erfolgserlebnissen auf diesem Beratungsgebiet oder auch in einer geringeren Selbst-Einschätzung der Wirkungsmöglichkeiten im Rahmen weiterfUhrender Beratung -, kaum jedoch ein spezifischer "Laufbahnberaterstil". Die Befragungsbefunde insgesamt hatten allerdings auch weniger auf einen ausgeprägten "Laufbahnberaterstil" hingedeutet als vielmehr auf eine Tendenz zur pädagogisch-psychologischen Eizelfallhilfe. Das drUckte sich bereits in den WUnschen und Erwartungen aus, die viele BL zu Beginn ihrer Ausbildung äußerten: Nach den Ergebnissen einer Fragebogenerhebung des OSA Stuttgart "Erwartungen an die BL-Ausbildung" von 1982 erhofften sich die meisten angehenden Beratungslehrer mehr Kompetenz in der GesprächsfUhrung und bei pädagogisch-psychologischen Maßnahmen zur Behebung von Schulproblemen, was allerdings nicht mit dem Wunsch nach psychotherapeutischer Kompetenz verbunden war. Ausgehend von diesen Informationen konnte vermutet werden, daß einige der BL diese Tendenz zur pädagogisch-psychologisehen Einzelfallhilfe auch nach ihrer Ausbildung beibehalten hatten. Die Identifizierung einer Gruppe von "Einzelfallhelfern" erwies sich jedoch als recht schwierig. Das Nennen von Beratungsanlässen lItern 11), die störende oder defizitäre VerhaI tensweisen beschreiben und auf Entwicklungsstörungen hln-
100 weisen, die zur Einzelfallhilfe herausfordern könnten, konnte analog zur Gruppenbildung der "Laufbahnberater" zumindest nicht als alleiniges Trennkriterium verwendet werden, da sonst etwa 65% der befragten BL als "Einzlfallhelfer" hätten bezeichnet werden mUssen. Um den vermuteten Beratungsstil klarer unreißen zu können, wurden als zweites wichtiges Kriterium die Antworten zu Item 16 hinzugezogen, das nach der Dauer der Mehrfachberatungen pro Anlaß fragt und RUckschlUsse auf die Intensität der Beratung erlaubt. Hier sollten die pädagogisch-psychologischen Anlässe (Schulschwänzen, Aggressivität, Trotz/Widersetzlichkeit, Uberstarke psychomotorische Akti vität, LUgen/Urkundenfälschen/ Stehlen, Schulangst, gestörter Kontakt zu MitschUlern, depressi ve Verstimmtheitl mit einer Beratungsdauer von mindestens 4 bis 5 Stunden angegeben sein. Die Einbeziehung dieses zusätzlichen Trennkriteriums verringerte sie Zahl der so definierten "Einzelfallhelfer" auf 23% der 100 befragten BL. Aus dem Vergleich dieser 23 BL mit den 27 "Laufbahnberatern" einerseits und den restlichen 50 BL andererseits konnten einige bemerkenswerte Unterschiede festgestellt werden, die in ihrem Gesamt die Annahme bestätigen, daß sich ein Teil der BL in erster Linie auf die Einzelfallhilfe konzentriert und sich als Gruppe besonders deutlich von den sog. "Laufbahnberatern" abhebt. 1. Dies wird zunächst daran deutlich, daß 23 die BL fast ausnahmslos die Einzelfallhilfe als Sinn der eigenen Beratungstätigkeit nennen und als Spezialisierungswunsch die Fortbildung in psychologischer Einzelfallhilfe.
101 2. Zum anderen wurden von den 23 "Einzelfallhelfern" im Unterschied zu den "Laufbahnberatern" alle Beratungsanlässe genannt, die der pädagogisch-psychologischen Einzelfallhilfe zuzurechnen sind. 3. Die "Einzelfallhelfer" befassen sich in erster Linie mit solchen Verhaltensauffälligkeiten und Schwierigkeiten der SchUler, die in aller Regel Mehrfachberatungen erforderlich machen, wie etwa depressive Verstimmungen, Trotz-, Angstund Aggressionsprobleme, während die "Laufbahnberater" diese Mehrfachberatungsanlässe Uberhaupt nicht erwähnt haben. Entsprechend geringer fällt der Anteil der Nennungen von "Laufbahnberatungen" bei den "Einzelfallhelfern" aus. 4. Im Vergleich zur Restgruppe wie zu den "Laufbahnberatern" leiten die "Einzelfallhelfer" besonders viele Beratungsfälle an andere Beratungsdienste welt er, obwohl ihre Kompetenzeinschätzung in bezug auf Einzelfallhilfe höher liegt als bei der Restgruppe und der Gruppe der "Laufbahnberater", was zu der Vermutung Anlaß gibt, daß die höhere Uberweisungsquote an andere Beratungsdienste aus der intensiven und zeitaufwendigen Beschäftigung mit den Einzelfällen zu erklären ist. Zusammenfassend weisen die erhobenen Befunde also auf das tatsächliche Bestehen unterschiedlicher "Beratungsstile" in der Gesamtheit der BL hin, wenn unter dem hier verwendeten Begriff "Beratungsstil" die statistisch Uberzufällige Assoziation von bestimmten WUnschen, Sinngebungen und Arbeitsschwerpunkten bezogen auf die eigene Beratungstätigkeit verstanden wird. BerUckslchtlgt man die Tatsache, daß unter den sog. "Laufbahnberatern" Uberwiegend "ältere" BL vertreten sind, deren Ausbildung vor 1979 erfolgte, und die Gruppe der sog. "Einzelfall-
102 helfer" Uberwiegend von "jUnge ren" BL gebildet wird, so scheint die Art der Ausbildung zum BL inzwischen offensichtlich eine Stärkere Betonung psychologischer Beratungsaspekte zu enthalten. Zweifellos dUrften bei der Bevorzugung der unterschiedlichen "Beratungsstlle" auch persönlichkei tspsychologisehe Pakoren des einzelnen BL eine nicht unwesentliche Rolle spielen, doch liegt es nahe, in diesem Zusammenhang Art und Inhalte der Ausbildung zum BL als den zentralen Einflußfaktor aufzufassen. Inzwischen hat das OSA Stuttgart jährlich 35 neue BL ausgebildet, und einige ältere BL sind aus dem Amt ausgeschieden. Folglich dUrfte die Anzahl der praktizierenden BL im Vergleich zum Zeitpunkt der Befragung angewachsen sein. Im obigen Zusammenhang dUrfte daher die Schlußfolgerung berechtigt sein, daß der Anteil der BL, die zur pädagogisch-psyschologisehen Einzelfallhilfe tendieren, zugenommen hat. Wenngleich auch diese in den Befunden sich abzeichnende Tendenz zur Einzel-und Mehrfachberatung unter den BL nicht in voller Ubereinstmmung mit den administrierten Schwerpunkt setzungen der Beratungslehrertätigkeit nach der Konzeption von 1981 steht und wenn auch die offiziell zur VerfUgung gestellte Zeit via Deputatsnachlaß den tatsächlichen Zeitbedarf fUr grUndliche Einzel-und Mehrfachberatungen kaum entspricht, so erscheint doch diese in den Befunden zum Ausdruck kommende Neigung eines Teils der BL zur Einzelfallhilfe eine erfreuliche Entwicklung darzustellen. Zum einen enthält die kompetente Hilfe "vor Ort" zweifelsohne nicht wenige ernstzunehmende beratungspsychologische Vorteile, sofern die BL die Beratungen im Rahmen ihrer Möglichkeiten qualitativ einwandfrei durchfUhren und ihre Kompetenzgrenzen nicht Uberschreiten. Daß dies nicht der Fall zu sein scheint, dafUr sprechen die relativ hohen Uberweisungsquoten an andere
103 und spezialisiertere Beratungsdienste gerade in der Gruppe der "Einzelfallhelfer" . Zum anderen erscheint die Annahme unter allgemeinen beratungs-und therapiepsychologischen Gesichtspunkten berechtigt, daß - solange es an aussagekräftigen Wirkungsforschungen mangelt - eine kompetente und auf den Einzelfall konzentrierte Mehrfachberatung in der Regel auch einen höheren beraterischen Wirkungseffekt erzielen dUrfte. So gesehen scheint die von der Gruppe der "Einzelfallhelfer" höchste Erfolgseinschätzung hinsichtlich verbesserter Schulleistungen bei den beratenden Fällen sowohl im Vergleich zur Restgruppe der BL und noch stärker im Vergleich zur Gruppe der "Laufbahnberater" nicht nur als "sub jektiver Optimismus" verstanden werden zu können, sondern einen realen Sachverhalt widerzuspiegeln.
104 Kapitel 4 Zusammenfassung und Schlußbemerkungen Die durchgefUhrte Befragung an 100 Beratungslehrern des Oberschulamtsbezirks Stuttgart hat zu den in der Zielsetzung der Studie genannten 5 Fragenkomplexen Uber die Situation und die Tätigkeit der Beratungslehrer Befunde erbracht, die einerseits die Institutionalisierung des Beratungslehrers im herkömmlichen Schulsystem als eine wichtige und sinnvolle Bereicherung des schulischen Angebots an SchUler, Lehrer und Eltern erkennen lassen, anderseits aber auch auf einige Probleme aufmerksam machen, die einer Optimierung der Effiktivität der Beratungslehrer-Tätigkeit hinderlich sein dUrften. Wie die Befunde deutlich machen, versucht ein bemerkenswerter Teil der Beratungslehrer nicht nur dem Beratungsbedarf von Lehrern, SchUlern und Eltern hinsichtlich schulspezifischer Beratungsproblematiken gerecht zu werden, wie sie im Rahmen der Schullaufbahnberatung definiert sind, sondern, konfrontiert mit dem konkreten ProblemschUler, in zunehmendem Ausmaß sich auch der schulpsychologisehen Einzelfallhilfe zuzuwenden und in der Einzelfallhilfe auch den Hauptsinn ihrer Beratungslehrertätigkeit und die Individualhilfe als Arbeitsschwerpunkt zu sehen. Wenngleich auch die sich in den Befunden der Befragung deutlich zeigende Tendenz der BL zur Einzelfallhilfe und zu Mehrfachberatungen der Konzeption der BL-Aufgaben von 1981 in gewissem Sinne widerspricht und wenn auch die Frage offenbleiben muß, ob die Ausbildung der BL eine Beratungskompetenz gewährleistet, die fUr eine intensivere Mehrfachberatung eines Individualfalles erforderlich ist, so muß doch auch berUcksichtlgt werden, daß allein schon die Exi-
105 stenz eines Beratungslehrers und damit eines kompetenten Ansprechpartners im sowohl räumlichen wie sozialpsychologischen Nahraum der Schule dazu herausfordert, die beraterische Fachkompetenz des Beratungslehrers nicht nur fUr schullaufbahnspezifische Probleme in Anspruch zu nehmen, sondern auch fUr solche Verhaltesauffälligkeiten, deren Zusammenhang zu schulischen Lern- und Leistungsproblemen nicht unmittelbar offensichtlich ist. Damit wird der Beratungslehrer unvermeidlich immer wieder vor die Entscheidung gestellt, entweder dem jeweiligen Beratungsanllegen zu entsprechen und im Rahmen seiner Möglichkeiten eine Beratung durchzufUhren, auch wenn der individuelle Probemfall nicht in die Klassifikationskategorien derjenigen Symptome und Verhaltensauffälligkeiten fällt, fUr die man ihn administrativ zuständig erklärt hat, oder den Beratungsfall an eine andere Beratungsinstanz zu verweisen. Daß sich zunehmend mehr Beratungslehrer den an sie herangetragenen Beratungsanliegen, die eine Einzelberatung und nBtigenfalls auch Mehrfachberatungen notwendig machen nicht entziehen, sondern bereit sind, dieser Arbeit mehr Zeit zu widmen als durch den Deputatserlaß vorgesehen, spricht nicht nur fUr das hohe Engagement der Beratungslehrer an ihren Aufgaben, sondern auch fUr ein gestiegenes Selbstvertrauen der Beratungslehrer in die eigene beraterische Kompetenz. Die relativ hohe Uberweisungsquote von Beratungsfällen an andere Beratungsinstanzen, insbesondere durch die Beratungslehrer mit einem deutlichen Arbeitsschwerpunkt bei der Einzelfallhllfe, läßt vermuten, daß erst diese intensiveren beraterischen Kontakte diagnostisch relevante Zusammenhänge erkennen lassen, die der Beratungslehrer mit seinen Beratungs- und Interventlonsmitteln allein nicht mehr erfolgreich anzugehen in der Lage ist und die er daher auf andere Beratungs- bzw. therapeutische MBglichkeiten verweist.
106 Es nimmt nicht Wunder , daß angesichts der Komplexität und Schwierigkeit der Beantwortung der Frage nach dem Erfolg der beraterisehen bzw. therapeutischen Arbeit, fUr viele Beratungslehrer der Beratungserfolg schwer einsehätzbar ist und daß rund ein Drittel der befragten BL die Feststellung getroffen hat, sie hätten keine Kontrolle darUber bzw. keinen zuverlässigen Maßstab dafUr. Setzt man jedoch voraus, daß Erfolgsangaben nicht nur aus einem BedUrfnis nach erfolgreicher Leistung gemacht werden, sondern zumindest teil weise auch einer faktischen Erfahrungsgrundlage entsprechen, so lassen die Angaben der Beratungslehrer darauf schliessen, daß ihre Tätigkeit in erster Linie dem "sozialen Klima" in Unterricht und Schule zugute kommt, nicht zuletzt aber auch positiven Einfluß auf die schulische Leistungsfähigkeit der beratenden SchUler ausUbt und zu verbesserten Schul leistungen fUhrt. Auch der Befund, daß 72% der befragten Beratungslehrer eine weitgehende Befolgung ihrer Beratungsempfehlungen durch die Eltern konstatieren, spricht insgesamt fUr eine zumindest einflußreiche, wenn auch nicht notwendigerweise erfolgreiche Beratungsarbeit der Beratungslehrer, da das Ausmaß denkbarer Fehlberatungen nur durch spezielle Forschungen aufgeklärt werden kann. Die positiven EinflUsse der Beratungslehrer-Tätigkelt auf Sozialklima und Schulleistungen von SchUlern dUrften ein wichtiger Grund dafUr sein, daß die meisten Beratungslehrer (ca. 70%) die Einstellung ihrer Kollegen zu ihrer Arbeit im Ganzen als positiv bezeichnen, auch wenn die Beratungslehrer von Kollegen nur selten um Rat bei Fragen der eigenen Unterrichtsgestaltung oder der Analyse des eigenen Unterrichtsverhaltens angesprochen werden. FUr die Kollegen scheint der Beratungslehrer in erster Linie Ansprechpartner fUr die Analyse des Problemverhaltens eines SchUlers zu sein bzw. Beratender hinsichtlich eines adäquaten Reagierens auf problematische
107 Verhaltensweisen von SchUlern. Bezogen auf die Schulleiter spiegeln die Erfahrungen der Beratungslehrer in etwa ähnliche Einstellungsverteilungen wie bei den Kollegen auch wider: nur wenige Schulleiter scheinen die Tätigkeit der Beratungslehrer deutlich abzulehnen, aber etwa ein Viertel der Schulleiter nehmen eine distanzierte bis ablehnende Haltung gegenUber der Beratungstätigkeit des Beratungslehrers ein, was nach Auffassung nicht weniger Beratungslehrer nicht nur erhebliche Erschwernisse fUr die Arbeit des Beratungslehrers mit sich bringt, sondern auch dem Beratungsbedarf nicht entspricht. Auf eine ablehnende Haltung der Schulleitung gegenUber der Beratungsarbeit des Beratungslehrers fUhren etwa ein Drittel der Beratungslehrer zurUck, daß weniger beratungsbedUrftige Fälle als an anderen Schulen an den Beratungslehrer delegiert werden. Ein Viertel der Beratungslehrer vermutet, daß eine negative Einstellung der Schulleitung zu ihrer Tätigkeit eine geringere Anerkennung im Kollegium zur Folge hat, und einige Beratungslehrer vermerken in diesem Zusammenhang das Fehlen eines eigenen Beratungszimmers, erhöhte Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Testmaterialien oder bei der Durchsetzung von Beratungsempfehlungen gegenUber SchUlern und Eltern. Damit sind auch schon einige Sachverhalte genannt, auf die sich die Verbesserungsvorschläge und WUnsche der Beratungslehrer beziehen. Etwa ein Drittel der Verbesserungsvorschläge richtet sich auf die Schaffung gUnstigerer Rahmenbedingungen fUr die Tätigkeit des Beratungslehrers im Organisationsraum der Schule. Im einzelnen lassen diese Vorschläge, WUnsche und zugleich auch kritischen Anmerkungen deutlich erkennen, daß 1m allgemeinen eine zufriedenstellende organisatorische Integration der Beratungslehrer in das Organisationsge-
108 fUge der Schulen bislang keineswegs erreicht worden ist. Betrachtet man die von den Beratungslehrern geäußerten Vorschläge fUr Verbesserungen der Arbeitsbedingungen im Zusammengang mit ihren WUnschen und Anliegen, die sich auf Aus- und Fortbildung sowie auf die Kooperation mit anderen Beratungsinstanzen beziehen (vgl. S. 84) so dUrfte dieser fUr die Beratungslehrer zweifelsohne wenig befriedigende Zustand nicht zuletzt darauf zurUckzufUhren sein, daß zunehmend mehr Beratungslehrer ein Rollenverständnis ihrer Beraterrolle entwickelt haben, in dem die Einzelfallhilfe als Aufgabe und die Fähigkeit zu einer kompetenten und effektiven psychologisch-pädagogischen Einzelfallhilfe eine zentrale motivationale Bedeutung erlangt hat. Unter dem Gesichtspunkt einer Optimierung der Effizienz von Beratung ist dieser Wandel des Rollenverständnisses der Beratungslehrer nicht nur erfreulich und in der Aus- und Fortbildung von Beratungslehrern zu berUcksichtigen, sondern es sollten auch jene Uberlegungen und Anregungen ernstgenommen werden, die dem Beratungslehrer einen im spezifischen Sinn "höheren" institutionell verankerten Status im Kollegium zuerkannt sehen möchten, wenn auch nicht in der Form bestimmter Weisungsbefugnisse, so doch im Sinne besserer Durchsetzungsmöglichkeiten von beratungsrelevanten Anliegen des Beratungslehrers, wie etwa die Verhaltensbeobachtung des zu beratenden SchUlers im Unterricht. Der juristisch fixierte Tatbestand in der heute gUl tigen Konzeption der Beratungslehrertätigkeit, der die Möglichkeit zuläßt, daß einem Beratungslehrer ein verhaltensauffälliger SchUl er grundsätzlich vorenthalten werden kann, oder daß ein Klassenlehrer dem Beratungslehrer den Besuch seines Unterrichts zwecks Beobachtung gestörten SchUlerverhaltens verweigern kann, läßt konzeptionelle Mängel deutlich werden, die unvereinbar sind mit Sinn und Zweck von Beratung im Rahmen von Erziehung und Unterricht.
109 Literatur - Aurin, K., Ermittlung und Erschließung von Begabungen im ländlichen Raum. Hrsg. vom Kultusministerium Baden-WUrttemberg, Villingen 1966 - Aurin, K., Gaude, P., Zimmermann, K. (HrsgJ, Blldungsberatung. Perspektiven ihrer Entwicklung in der BRD. Frankfurt 1973 - Aurin, K., Stark, G., Stobberg, E., Beratung im Schulbereich, Weinheim, Basel 1977 - Aurin, K., Beratung als pädagogische Aufgabe. Bad Hellbrunn 1984 - Dahrendorf, R., Gesellschaft und Demokratie in Deutschland, MUnchen 1965 - Faulstlch-Wieland, H., Konzept oder Konzeptmangel der Beratung im Schulbereich? In: PSYCHOLOGIE IN ERZIEHUNG UND UNTERRICHT; 25. Jg. 1978 - Gaude, P., Möglichkeiten und Grenzen interner und externer Systemberatung im Raum der Schule. In: Heller, K. (Hrsg.l, Handbuch der Blldungsberatung, Bd. 2, Stuttgart 1975 - Heller, K., Schulberatung. Ziele, Aufgaben und Problemberelche. In: PSYCHOLOGIE IN ERZIEHUNG UND UNTERRICHT, 25. Jg. 1978 - Heller, K., Vieweg, H., Die Rollenproblematik des Lehrers als Berater, Opladen 1983 - Hoffmann, M., Rosemann, B., Entwlcklungstendenzen der Blldungsberatung in der Bundesrepubllk Deutschland. In: Heller, K. (HrsgJ, Handbuch der Bildungsberatung, Bd. 2, 1975 - Martin, L. R., Bildungsberatung in der Schule, Bad Hellbrunn 1974 - Jung, M., Martin, L. R., Brennpunkte der Bildungs- und Erziehungsberatung in der Schule, Stuttgart 1981 - Minssen, F., Blldungsberatung in der BRD. In: GRUPPENDYNAMIK, 6, 1975
110 - Perlwitz, E., Beratung in Schulen als Theorie- und Praxisproblem. In: Heyse, H., Arnold, W., (HrsgJ, Texte zur Schulpsychologie und Bildungsberatung, Braunschweig 1978 - Picht, G., Die deutsche Blldungskatastrophe, Olten 1965 - Reichenbecher, H., Beraten- den SchUler oder den Lehrer? In: BILDUNG UND ERZIEHUNG, 3, 1980 - Strebin, W., Möglichkeiten und Probleme institutionalisierter Beratung in der Schule unter besonderer BerUcksichtigung der Hauptschule. Diss. d. Univ. Regensburg 1984 - Wender, E., Wender, P. H., Das hyperaktlve Kind, Ravensburg 1981
111 Anhang Der in der Erhebung verwendete Fragebogen.
112 ALLGEMEINE ANGABEN 1. Geschlecht: männlich weiblich 2. Altersgruppe: Uber Uber Uber Uber Bitte die letzte Spalte freilassen 20 30 40 50 3. Ausbildung fUrs Lehramt: LehramtsprUfung fUr GHS LehramtsprUfung fUr SS (Sonderschule) LehramtsprUfung fUr RS LehramtsprUfung fUr allg. Gymnasien LehramtsprUfung fUr beruf!. Gymnasien 4. Ausbildung zum Beratungslehrer: 1972-74 an PH (2 Semester) Funkkolleg Beratungslehrer-Kurs des Oberschulamts seit 1979 Kurs des Instituts f. Bildungsplanung und Studieninf. bis 79 Diplomstudiengang an PH o. UNI ErwelterungsprUfung an PHs ab 81 Sonstige Ausbildung: (bitte erläutern) 5. Seit wann sind Sie als BeratungslehrerCin) tätig? 01 - 04 Jahre 05 - 10 Jahre 11 - 15 Jahre 16 - 20 Jahre u. mehr
113 6. Anzahl der Ihnen zugewiesenen Schulen: Schulart GHS SS RS a11g. Gymn. beruf!. G. (Sek.st. III Anzahl 7. SchUlerzahl der Ihnen zugewiesenen Schulen je Schulart insgesamt: I GHS SS I RS I allg.G. I beruf!. G. I Gesamt I 8. Wieviele der Ihnen zugewiesenen SchUler wohnen nach folgender Definition in Region 1 Oberzentrum in großstädt. Ballungsraum Region 2 Oberzentrum mit agrarischindustriell vermischtem Umland Region 3 Mittel- und Unterzentrum mit agrarischem oder agr.industriell verm. Umland AUSBILDUNG ZUM BERATUNGSLEHRER <Damit Sie sich nicht wundern: Die Formulierungen stammen aus den vorbereitenden GruppeninterviewsJ Kreuzen Sie bitte ~ fUr Sie zutreffenden Aussagen an.
114 9. Ich habe mich aus folgenden GrUnden zum BL ausbilden lassen: 0(1) Ich wollte gern mit psychologischen Tests arbeiten und mir eine Meinung Uber ihre Aussagekraft und Zuverlässigkeit machen Ich wollte wissen, wie man Ursachen von Schulproblemenn mit wissentschaftlichen Methoden diagnostiziert (Test, Beobachtung, Explorationsgespräch) (3) wegen der Sorgen, die ich mit meinen eigenen SchUlern im Unterricht hatte (4) wollte anderen Kollegen helfen, die mit ihren SchUlern nicht zurechtkamen (5) war schon länger im Schuldienst und wollte fUr mich selbst etwas tun (6) bin von Vorgesetzten vorgeschlagen bzw. Uberredet worden (7) wußte nicht genug Bescheid in Fragen der Einschulung, des Ubergangsverfahrens und der Schullaufbahn insgesamt (8) wollte mir eine zusätzliche pädagogische Kompetenz fUr mein berufliches Weiterkommen erwerben (9) wollte SchUlern mit Schulschwierigkeiten zum erfolgr. Schulabschluß verhelfen (Lern- und Verhaltensstörungen) (10) wollte SchUler mit psychischen Problemen beraten können (11) wollte Schulschwierigkeiten bei einzelnen SchUlern voraussehen und vermeiden lernen wollte wissen, wie man ein Beratungsgespräch fUhrt, so daß die Beratungsvorschläge akzeptiert werden (13) wollte Mängel im Unterrichts- und Schulsystem als mögliche Ursachen von Schulproblemen erkennen lernen (14) weitere GrUnde: 0(2) 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 o 10. (12) In welchen der obigen Fragen (vgl. Nummerierung) fUhlen Sie sich sehr gut, zufriedenstellend oder unzureichend vorbereitet? 1 sehr gut zufriedenst. unzureichend 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
115 11. Wie beurteilen Sie die Praxisbezogenheit Ihrer Ausbildung? unzureichend zufriedenstellend sehr gut o 1 12. WUrden Sie es fUr wUnschenswert halten, wenn sich BL in der Ausbildung zusätzlich schwerpunktmäßig spezialisieren k6nnten? c:=J ja, nach Schulart (GHS, RS, Gl c:=J ja, nach Sachbereichen 1) Anmerkung: c:=J psychologische Einzelfallhilfe (ohne spezielle Therapie) c:=J Schullaufbahnberatung und Berufsberatung c:=J pädagogische Beratungskompetenz in Fragen der UnterrichtsfUhrung 1) Anmerkung: Es ist mir bekannt, daß der BL sich laut Konzeption schwerpunktmäBig mit der Schullaufbahnberatung zu befassen hat. c:=J nein, keine Spezialisierung PRAXISREALITÄT b. Wieviel von Ihrer Arbeitszeit als BL nehmen (g,eschätztl folgende Tätigkeiten in Anspruch: prozentual Unt.std. pro Schulj. Einzeluntersuchungen mit Testverfahren Gruppenuntersuchungen mit Testverfahren reine Beratungsgespräche ohne Untersuchungsmateriallen mit SchUlern, Eltern, Lehrern Organisation (Terminplanung, Materialbereitstellung, Akten) Testeinarbeitung Gutachten Zusammenarbeit mit anderen Beratungsdienstan Information Uber die Tätigkeit des BL (besonders fUr Elternl Multipl1katorfunktion fUr päd.-psych. Wissen (z.B. Referat) Fortbildung Sonstiges _________________________________
116 14. Wie hoch schätzen Sie Ihre reale Arbeitszeit im Monatsdurchschnitt in Ihrer Funktion als BL ein? 3 4 5 6 Unterrichtsstunden Unterrichtsstunden Unterrichtsstunden Unterrichtsstunden c::J c::J c::J c::J 15. Anzahl der in Slnzeluntersuchungen beratenen SchUler: 16. Anzahl der in Gruppenuntersuchungen beratenen SchUler: 17. Die Zahlen der Gruppenuntersuchungen sind laut OS-Berichten in den letzten Jahren gesunken, die der Einzeluntersuchungen gestiegen. Wie erklären Sie sich das? [:=J [:=J [:=J [:=J (1) (2) (3) (4) CJ (5) CJ (6) neue, andersartige Testmaterialien und Untersuchungsmethoden, die eine EU erfordern weniger Vertrauen in Aussagekraft der GU-Tests mehr spezielle Veranlassungen, z.B. Widerspruch gegen Ubergangsempfehlung mehr Beratungskompetenz der BL fUr Einzelfallhilfe im Vergleich zu frUher Eltern verlangen genauere AuskUnfte im Einzelfall sonstige Ursachen ______________________ ____________ ~ 18. Wie lange dauerten durchschnittlich die Mehrfachberatungen im Schuljahr 82/83? Tragen Sie bitte die Nummer(n) des Untersuchungsanlasses ein. (Einzeluntersuchung) AnlaS der Untersuchung 2 - 3 4 - 5 6 - 8 mehr Unt.std. Unt.std. Unt.std. Unt.std.
117 19. Veranlasser der Beratungen (alle Formen): Bitte bezeichnen Sie die Häufigkeltsreihenfolge der Veranlasser bei GU und EU mit den Ziffern 1 (häufigster> bis 6 (seltensterl. Eltern Lehrer SchUlet" selbst BL selbst Schulleitq. andere GU EU 20. Wieviele Fälle haben Sie abgewiesen? Bitte genaue (absolute) Zahlen angeben. c:J (1) aus Zei tgrUnden c:J (2) aus zweifel an Notwendigkeit c:J (3) aus Zweifel an Ihrer Zuständigkeit c:J (4) sonstiger Grund c:J (5) keine abgewiesen 20. Wieviele FIUle haben Sie an andere Beratungsdienste weitergeleitet? Zahl d. Fälle [::J [::J [::J [::J [::J [::J [::J (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) Beratungsdienst Erziehungsberatungsstelle freiberuflicher Psychologe Drogenberatung kirchlicher Beratungsdienst Jugendamt Berufsberatung Sonstige 22. Welchen hauptsächlichen Sinn sehen Sie in Ihrer eigenen BL-Tätigkeit? Bitte vergeben Sie Rangziffern von 1 = Ihnen persönlich am wichtigsten bis 6 = Ihnen am wenigsten wichtig. Rangplatz [::J CJ CJ (1) Jedem SchUler zu der seiner Begabung und Persönlichkeit am besten gemäßen Bildung u. Ausbildung zu verhelfen (2) Unser unUbersichtliches Blldungs- u. Ausblldungssystem durchschaubarer zu machen (3) SchUlern mit Schulschwierigkeiten zu helfen, die sie aufgrund ihrer sozialen Herkunft haben
118 CJ CJ CJ (4) SchUler;n zu helfen, die SchwieI'"igkeiten wegen Ler;n- Leistungsstörungen und unangepaßter Verhaltensweise haben (5) Das pädagogische Klima an der Schule verbessern, indem man SchUler, Lehrer u. evtl. Schulleitung auf Wunsch in päd.- psycholog. Fragen berät (6) In päd.-psych. Fragen Anlaufstation fUr Lehrer, Eltern, SchUler sein und die Entwicklung in die richtige Richtung lenken 23. Ist die Beratung durch den BL Ihrer Meinung nach eine wirklich notwendige Einrichtung neben der Beratung durch Sonderschullehrer, Erziehungsberater, Schulpsychologen, Berufsberater (sofern diese in der Nähe erreichbar sind)? 24. Wovon hängt der Erfolg (die Effizienz) einer Beratung in der Schule - bezogen auf den Berater - vorrangig ab? CJ CJ (1) (2) CJ CJ (4) CJ (5) CJ (6) (3) von psycholog. fachwissen (Diagnose, Maßnahmen) von psycholog. EinfUhlungsvermögen und Fähigkeit zur GesprächsfUhrung Kenntnis der Ausbildungsgänge Kenntnis der schulischen VerhlH tnisse (Beobachtungsmöglichkeiten, Kontakte) Möglichkeit zur Kontrolle und ständigen Anpassung der Maßnahmen an den aktuellen Stand (Leistungen, Verhalten der SchUleI' usw.) von dem Maß, wie der Berater als kompetent und persönlich vertrauenserweckend anerkannt wird 25. Welche der Kennzeichnungen aus !tem 24 treffen besonders auf die jeweiligen Berater zu? Bitte entnehmen Sie die Kennzahlen z.B. (3) aus NI'. 24 und setzen sie hier ein: Berater Kennzahlen BL Schulpsych. Erz.ber. Berufsbel'. Sonderschul-L
119 26. Wie schätzen Sie die Beratungskompetenz eines BLs ein? - bei der pscholog. Einzelfallhilfe: wie Diplompsychologe wie normaler Lehrer o 1 I 2 I 3 I 4 I 27. - bei der Schullaufbahn- und Berufsberatung: wie normaler Lehrer wie Berufsberater 0 1 2 3 4 I I 28. - bei der Beratung von Lehrern: wie normaler Lehrer 0 1 I wie Schulpsychologe/ Schulrat 2 I 3 4 29. Mit welchen Beratungsdiensten ergab sich eine Kooperation im letzten Schuljahr? Informationskoordinierte austausch Zusammenarbei t (1) Erziehungsberatungsstelle (2) freiberufl. Psychologe (3) Drogenberatungsstelle (4) kirchlicher Beratungsdienst (5) Jugendamt (6) Berufsberatung (7) Bildungsberatungsstelle c:::J c:::J c:::J c:::J c:::J c:::J c:::J c:::J c:::J c:::J c:::J c:::J c:::J c:::J 30. Mit welchen Diensten halten Sie eine bessere Zusammenarbeit fUr notwendig? Beratungsdienst Informa tionsaust. koordinierte Zus.arbeit (Kennzahl aus Nr.29)
120 DAS UMFELD 31. Hat Ihre BL-Tätigkeit Auswirkungen auf Ihren eigenen Unterricht gehabt? Wirkung Wirkung 2 4 .1 1 1 32. Beratung als Interaktion zwischen Berater und klient vollzieht sich nicht losgelBst von gesellschaftlichen Bedingungen. Wie wUrden Sie die von Ihnen erwartete (vom gesamten gesellschaftlichen Umfeld, das sind Eltern, SchUler, Vorgesetzte, Bffentliche Meinungen usw.l Beratungstätigkeit innerhalb des Spannungsfeldes "BemUhen um die bestmögliche Entfaltung jedes Kindes" und "Anpassung an die BedUrfnisse der Gesellschaft" ansetzen? Bestmögliche Entfaltung der PersBnlichkeit j. Sch.s Anpasung an die BedUrfnisse der Gesellschaft 1 3 1 4 33. Wie wUrden Sie Ihre eigene Zielyorstellung einordnen? 4- - 0 ~I~O ~1 -'---2 -"'--3 --.--'1 ---'-1 ---r-I -'-1- 34. Wie steht Ihr eigener Schulleiter zur Tätigkeit des BLs? c::J c::J c::J c::J c::J 35. ist stolz darauf, einen BL an der Schule zu haben zeigt vorsichtige Anerkennung nimmt eine abwartende Haltung ein ist skeptisch gegenUber der fachlichen Kompetenz des BL lehnt die Beratungstätigkeit des BLs eher ab Zeigen ein oder mehrere Schulleiter der Schulen eine mehr ablehnende Haltung? c::J nein c::J ja, einer Ihnen zugewiesenen c::J ja, mehrere
121 36. Welche Auswirkungen hat die ablehnende Haltung des Schulleiters Ihrer Erfahrung nach auf die Arbeit des BL? c::::J c::::J c::::J c::::J c::::J c::::J c::::J c::::J keine deutlich weniger gemeldete Beratungsfälle als an vel'"" gleichbaren Schulen geringere Anerkennung im Kollegium Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Testmaterialien kein eigenes Beratungszimmer ungUnstige Stundenplangestaltung erhöhte Schwierigkeiten bei der Durchsetzung von Beratungsempfehlungen gegenUber SchUlern u. Eltern sonstige 37. Wie steht die Mehrheit der Kollegen zu Ihrer Beratedätigke1t? ablehnend neutral positiv I 0 1 I 2 38. Werden Sie von Kollegen um Rat gefragt=? bei bl bei c) bei eil bei a) 3 4- I oft manch- sel- nie mal ten der Analyse von SchUlerverhalten Fragen d. Unterrichtsgestal tung Fregen d. reaktion auf SchUlerverhalten d. Analyse des eigenen Lehrerverhaltens 39. Haben Sie schon mit Einverständnis des jeweiligen Kollegen Unterrichtsbesuche zur Verhaltensbeobachtung bei SchUlern gemacht? 1 - 3 mal c::::J 4 - 6 mal c::::J häufiger c::::J nie c::::J 40. Genießen Sie als BL in Beratungsgesprächen bei den Eltern spUrbar mehr Ansehen als ein anderer Lehrer? ja, mehr c:::J geringfUgig mehr c:::J nein c:::J 41. Sind die Eltern zu Beginn Ihrer Tätigkeit Uber Ihren Aufgabenbereich informiert worden? nein c::::J ja, durch Schulleitung c::::J ja, durch mich selbst [:::J