Vorwort
Gebrauchsanleitung für Studierende
Inhaltsverzeichnis
Teil I Bausteine mathematischen Denkens
1 Erste Schritte
1.1 Lesen und Schreiben mathematischer Texte
Der Leseprozess
Der Schreibprozess
Lernziele
1.2 Texterarbeitung und Übung
Beispieltext aus [HH12]
Erläuterungen zum Text
Übungen
2 Teilbarkeit
2.1 Texterarbeitung
Beispieltext aus [HH12]
Lesen des Textes mit Papier und Stift
Erläuterungen zum Text
2.2 Übung und Selbstkontrolle
Spezielle Schnittstellenübungen
Vertiefende Übungen
Kontrollfragen
2.3 Weitere Beispiele
Direkte Anwendungen von Definitionen und Sätzen
3 Mengen, Relationen, Funktionen
3.1 Texterarbeitung
Beispieltext aus [HH12]
Lesen des Textes mit Papier und Stift
Ergänzungen zu Äquivalenzrelationen
Erläuterung zum Text
3.2 Übung und Selbstkontrolle
Spezielle Schnittstellenübungen
Vertiefende Übungen
Kontrollfragen
3.3 Weitere Beispiele
4 Größter gemeinsamer Teiler
4.1 Texterarbeitung
Beispieltext aus [HH12]
Lesen des Textes mit Papier und Stift
Erläuterungen zum Text
4.2 Übung und Selbstkontrolle
Spezielle Schnittstellenübungen
Vertiefende Übungen
Kontrollfragen
4.3 Weitere Beispiele
Direkte Anwendungen von Definitionen und Sätzen
Beispiele zum Beweisen mathematischer Aussagen
5 Aussagenlogik und Widerspruchsbeweise
5.1 Texterarbeitung
Beispieltext aus [HH12]
Lesen des Textes mit Papier und Stift
Erläuterungen zum Text
5.2 Übung und Selbstkontrolle
Spezielle Schnittstellenübungen
Vertiefende Übungen
Kontrollfragen
5.3 Weitere Beispiele
Direkte Anwendungen von Definitionen und Sätzen
Beispiele zum Beweisen mathematischer Aussagen
6 Vollständige Induktion
6.1 Texterarbeitung
Beispieltext aus [HH12]
Lesen des Textes mit Papier und Stift
Erläuterungen zum Text
6.2 Übung und Selbstkontrolle
Spezielle Schnittstellenübungen
Vertiefende Übungen
Kontrollfragen
6.3 Weitere Beispiele
7 Abelsche Gruppen
7.1 Texterarbeitung
Beispieltext aus [HH12]
Lesen des Textes mit Papier und Stift
Erläuterungen zum Text
7.2 Übung und Selbstkontrolle
Spezielle Schnittstellenübungen
Vertiefende Übungen
Kontrollfragen
7.3 Weitere Beispiele
8 Kommutative Ringe und Körper
8.1 Texterarbeitung
Beispieltext aus [HH12]
Lesen des Textes mit Papier und Stift
Erläuterungen zum Text
8.2 Übung und Selbstkontrolle
Spezielle Schnittstellenübungen
Vertiefende Übungen
Kontrollfragen
8.3 Weitere Beispiele
Teil II Die Konstruktion der reellen Zahlen
9 Vollständige geordnete Körper
9.1 Texterarbeitung
Beispieltext aus [HH12]
Lesen des Textes mit Papier und Stift
Erläuterungen zum Text
9.2 Übung und Selbstkontrolle
Spezielle Schnittstellenübungen
Vertiefende Übungen
Kontrollfragen
9.3 Weitere Beispiele
10 Natürliche Zahlen
10.1 Texterarbeitung
Beispieltext aus [HH12]
Lesen des Textes mit Papier und Stift
Erläuterungen zum Text
10.2 Übung und Selbstkontrolle
Spezielle Schnittstellenübungen
Vertiefende Übungen
Kontrollfragen
11 Addition und Multiplikation auf den natürlichen Zahlen
11.1 Texterarbeitung
Beispieltext aus [HH12]
Lesen des Textes mit Papier und Stift
Erläuterungen zum Text
11.2 Übung und Selbstkontrolle
Spezielle Schnittstellenübungen
Kontrollfragen
12 Von den natürlichen zu den ganzen Zahlen
12.1 Texterarbeitung
Beispieltext aus [HH12]
Lesen des Textes mit Papier und Stift
Erläuterungen zum Text
12.2 Übung und Selbstkontrolle
Spezielle Schnittstellenübungen
Vertiefende Übungen
Kontrollfragen
13 Von den ganzen zu den rationalen Zahlen
13.1 Texterarbeitung
Beispieltext aus [HH12]
Lesen des Textes mit Papier und Stift
Erläuterungen zum Text
13.2 Übung und Selbstkontrolle
Spezielle Schnittstellenübungen
Vertiefende Übungen
Kontrollfragen
14 Von den rationalen zu den reellen Zahlen
14.1 Texterarbeitung
Beispieltext aus [HH12]
Lesen des Textes mit Papier und Stift
Erläuterungen zum Text
14.2 Übung und Selbstkontrolle
Vertiefende Übungen
Kontrollfragen
15 Die Vollständigkeit der reellen Zahlen
15.1 Texterarbeitung
Beispieltext aus [HH12]
Lesen des Textes mit Papier und Stift
Erläuterungen zum Text
15.2 Übung und Selbstkontrolle
Vertiefende Übungen
Kontrollfragen
16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben
16.1 Erste Schritte
16.2 Teilbarkeit
16.3 Mengen, Relationen, Funktionen
16.4 Größter gemeinsamer Teiler
16.5 Aussagenlogik und Widerspruchsbeweise
16.6 Vollständige Induktion
16.7 Abelsche Gruppen
16.8 Kommutative Ringe und Körper
16.9 Vollständig angeordnete Körper
16.10 Natürliche Zahlen
16.11 Addition und Multiplikation auf den natürlichen Zahlen
16.12 Von den natürlichen zu den ganzen Zahlen
16.13 Von den ganzen zu den rationalen Zahlen
16.14 Von den rationalen zu den reellen Zahlen
16.15 Die Vollständigkeit der reellen Zahlen
16.16 Lösungen zu den Kontrollfragen
Anhang A Bloom’sche Taxonomie
Literaturverzeichnis
Mathematische Symbole und Index
Текст
                    Joachim Hilgert
Max Hoffmann
Anja Panse

Einführung
in mathematisches
Denken und Arbeiten
tutoriell und transparent


Einführung in mathematisches Denken und Arbeiten
Joachim Hilgert  Max Hoffmann  Anja Panse Einführung in mathematisches Denken und Arbeiten tutoriell und transparent
Joachim Hilgert Institut für Mathematik Universität Paderborn Paderborn, Deutschland Anja Panse Institut für Mathematik Universität Paderborn Paderborn, Deutschland Max Hoffmann Paderborn, Deutschland ISBN 978-3-662-45511-1 DOI 10.1007/978-3-662-45512-8 ISBN 978-3-662-45512-8 (eBook) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Spektrum © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Planung: Dr. Andreas Rüdinger Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier. Springer-Verlag GmbH Berlin Heidelberg ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)
Vorwort „Oh nein, nicht noch ein Mathebuch. . . “ Liebe Leserinnen und Leser, an dieser Stelle möchten wir Ihnen mitteilen, wie es zu diesem Buch gekommen ist, warum es neben bereits vorhandener, sehr guter Lehr- und Übungsliteratur nun ein weiteres Buch für Studienanfänger gibt und was dieses von den meisten anderen Lehrbüchern unterscheidet. Machen wir uns nichts vor: Ein Mathematikstudium erfordert neben fachlichem Interesse und einem gewissen Talent auch Kompetenzen im Studierverhalten, deren Bedeutung Abiturienten häufig unterschätzen und die von den meisten Dozenten stillschweigend vorausgesetzt werden. Angehende Mathematikstudierende erleben oft, dass sich die realen Anforderungen im Mathematikstudium stark von ihren Erwartungen unterscheiden. Im schlimmsten Fall führt diese Diskrepanz zu einem Studienabbruch, der nicht auf mangelnde fachliche Begabung, sondern auf Defizite im Bereich des selbstgesteuerten Lernens zurückzuführen ist. Die Problematik ist bekannt, aber bisher nicht behoben. Dozenten diskutieren, Didaktiker forschen, Universitäten richten Unterstützungsmaßnahmen ein . . . Auch wir begegnen dieser Situation und gehen mit gezielten Lehrinnovationen auf Bedürfnisse und Wünsche von Studierenden ein. Dabei liegt uns eines sehr am Herzen: Wir wollen keine Inhalte so vereinfachen, dass dadurch das fachliche Niveau sinkt. Die Studienanfänger sollen vielmehr ein realistisches Bild davon erlangen, welche Gepflogenheiten und Besonderheiten ein Mathematikstudium in sich birgt. Wir zeigen einen alternativen Weg zum Stoff auf und bieten den Studierenden durch ein Höchstmaß an Transparenz und Anleitung die nötige Unterstützung zum eigenständigen Lernen. Was bedeutet das nun konkret? Im Rahmen des Bologna-Prozesses sind viele Änderungen von Studienplänen erfolgt. An der Universität Paderborn wurde zum Beispiel im Wintersemester 2011/12 für die Lehramtstudierenden im ersten Studiensemester die vierstündige Vorlesung Analysis I durch eine zweistündige Veranstaltung mit dem Titel Einführung in mathematisches Denken und Arbeiten ersetzt. Im darauf folgenden Jahr haben wir diese Lehrveranstaltung als Dozent bzw. Übungsleiter übernommen und als traditionelle Vorlesung mit wöchentlichen Präsenz- und Hausübungen durchgeführt. Wie viele andere Dozenten haben auch wir die klassischen Probleme und Schwierigkeiten bei Anfängerveranstaltungen erlebt: Studierende arbeiten die Vorlesung kaum nach; sie verwenden Übungsaufgaben nur zusammen mit Musterlösungen als Mittel der Klausurvorbereitung, indem sie die Lösungen kurzfristig auswen-
vi Vorwort dig lernen, und es findet kaum Kommunikation zwischen Dozenten und Hörern statt. Diese Probleme sind allgemein zu beobachten, sie treten aber speziell in der Ausbildung angehender Lehrerinnen und Lehrer auf. Befragungen der Studierenden bestätigten unsere eigenen Beobachtungen: Studierende stellen die Frage nach dem Sinn der angebotenen Inhalte; welche Inhalte prüfungsrelevant sind, ist ihnen nicht klar; den eigenen Leistungsstand können sie nicht realistisch einschätzen; die Arbeitsbelastung empfinden als zu hoch. Dieser Problematik haben wir uns mit einem innovativen Konzept gestellt. Dieses Buch bildet unsere Ideen, Vorschläge und Maßnahmen zur Veränderung der geschilderten Situation ab. Im WS 2013/14 haben wir die Veranstaltung Einführung in mathematisches Denken und Arbeiten erneut angeboten, allerdings mit einem neuen Konzept, das wir „tutorielle Vorlesung“ genannt haben. Hierbei setzen wir zwei Schwerpunkte. Zum einen haben wir bereits früher eingesetzte, hilfreiche Elemente des Unterrichtens intensiviert und ausgebaut: Die Transparenz der zu lernenden Inhalte wurde durch präzise ausformulierte Lernziele erhöht, die Möglichkeiten zur Selbstdiagnose wurden durch die Einführung von Voting-Fragen und verstärkte Rückmeldung des erreichten Leistungsstandes durch Testklausuren ausgebaut, und der Anwendungsbezug wurde durch systematischen Einsatz von Schnittstellenaufgaben verdeutlicht. Der zweite Schwerpunkt ist die Unterstützung des Erwerbs zweier zentraler Kompetenzen, die essenzielle Grundlagen für das erfolgreiche Mathematikstudium darstellen: das sinnentnehmende Lesen mathematischer Texte und das Schreiben mathematischer Texte. Aus den Erfahrungen dieser neu konzipierten Veranstaltung ist dieses Buch erwachsen. Wir bieten Studierenden mit diesem Buch also eine doppelte Chance: Sie können sich nicht nur mathematische Inhalte aneignen, sondern insbesondere wesentliche Kompetenzen trainieren, die für ein erfolgreiches Studium entscheidend sein können. Bei richtigem Gebrauch erhalten sie stets Feedback zum Lernerfolg ihres Studierverhaltens und der Beherrschung der eingesetzten Arbeitstechnik. Sie lernen, den eigenen Leistungsstand einzuschätzen, ihn selbst zu beeinflussen und ihn merklich zu verbessern. Dezember 2014, Joachim Hilgert, Max Hoffmann und Anja Panse
Gebrauchsanleitung für Studierende Liebe Studierende, mit dem vorliegenden Werk laden wir Sie dazu ein, einige Gebiete der Welt der Schulmathematik von einem höheren Standpunkt aus zu erkunden. Dabei bietet sich Ihnen die Möglichkeit, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und unter anderem Antworten darauf zu erhalten, warum die Ihnen bekannten Konzepte aus der Schule funktionieren und ob sie sich eventuell verallgemeinern lassen. Als Beispiel erinnern wir uns an die Quersummenregel als Test für die Teilbarkeit durch die Zahl Drei. Hier ist auf den ersten Blick nicht unbedingt ersichtlich, was eine Quersumme mit Teilbarkeit zu tun hat. Außerdem stellt sich die Frage, ob es auch Teilbarkeitsregeln für weitere Zahlen, wie vielleicht Sieben oder Elf, gibt. Mit diesem Buch erhalten Sie die Möglichkeit, sich mathematische Inhalte Ihrem eigenen Lernstil entsprechend zu erarbeiten und Ihren Lernstand selbst zu überprüfen und zu verbessern. Sie können sich diesem Vorhaben ohne Verwendung weiterer Literatur widmen, vorausgesetzt, Sie haben die Möglichkeit, Ihre Gedanken zu notieren. Die Aneignung mathematischen Wissens erfolgt zu einem großen Teil durch Lesen entsprechender Literatur und Bearbeitung einschlägiger Übungsaufgaben. Somit sind für Ihren Erfolg zwei Kompetenzen von entscheidender Wichtigkeit: das Lesen und das eigenständige Verfassen mathematischer Texte. Selbstverständlich ist uns bewusst, dass Sie Lesen und Schreiben bereits in der Schule gelernt haben. Dennoch: Mathematische Texte sind speziell, und es ist wichtig, dass Sie sich deren Besonderheit ausdrücklich vor Augen führen. Wir möchten Sie für Ihre Erkundungstour gut ausrüsten und starten deshalb in Kapitel 1 mit dem Abschnitt Lesen und Schreiben mathematischer Texte, der praktische Hinweise zum Umgang mit mathematischen Texten enthält. In dem Abschnitt Texterarbeitung und Übung wird ein kurzer Beispieltext gegeben, an dem man die Hinweise testen kann. Er endet mit Erläuterungen und Übungsaufgaben zu diesem Beispieltext. Die Kapitel 2 bis 15 sind wie folgt aufgebaut: Zunächst wird in einer Einleitung in das jeweilige Themengebiet erläutert, worum es inhaltlich geht und welchen mathematischen Fragestellungen wir uns an dieser Stelle widmen wollen. Unter der Überschrift Lernziele finden Sie eine Übersicht darüber, was Sie in Folge der Bearbeitung des Kapitels gelernt haben sollten. Die Lernziele sind die Anhaltspunkte, anhand derer Sie überprüfen können, wie weit Sie die Inhalte des jeweiligen Kapitels verstanden und die entsprechenden
viii Gebrauchsanleitung für Studierende Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Behandlung der auftretenden mathematischen Probleme erworben haben. (Die Einordnung dieser Ansprüche erfolgt nach der Bloom’schen Taxonomie, die im Anhang (A) näher erläutert wird.) Es folgt der Abschnitt Texterarbeitung. Dieser startet mit einer Leseaufgabe, für die wir Ihnen einen Beispieltext zur Verfügung stellen. Es geht hierbei darum, dass Sie sich in die Inhalte einarbeiten und dabei das Lesen mathematischer Texte üben. An dieser Stelle soll betont werden, welchen Anspruch dieses Buch nicht erhebt: Es hat nicht zum Ziel, dass Sie es linear von der ersten bis zur letzten Seite durchlesen und dabei alle nötigen Kompetenzen erwerben. Vielmehr soll es Sie zum „Blättern“ einladen. Sie dürfen also gern während Ihres Arbeitsprozesses zu den Lernzielen zurückblättern und sich fragen, welche sie bereits sicher erfüllen und welche weniger sicher. Wichtig ist Ihre aktive Beteiligung. Am Rand der Texte sind Stellen, die vielen Studienanfängern erfahrungsgemäß Schwierigkeiten bereiten, durch Fragezeichen als Stolpersteine kenntlich gemacht. Ausrufezeichen kennzeichnen Passagen, die wichtige Informationen zur Klärung der Stolpersteine enthalten. Um zu demonstrieren, wie das aktive Lesen mit Stift und Papier gestaltet sein könnte, haben wir für Sie den Umgang mit den Texten beispielhaft dokumentiert. Sie finden nach dem jeweiligem mathematischen Text unter der Überschrift Lesen des Textes mit Papier und Stift Notizen in verändertem Schriftsatz, in denen die Stolpersteine aufgegriffen werden. Die vorliegenden Texte wurden im Rahmen einer Erstsemesterveranstaltung bereits von anderen Studierenden bearbeitet. Auf deren konkreten Fragen und Verständnisschwierigkeiten basieren die unter der Überschrift Erläuterungen zum Text gesammelten Erklärungen, die Ihnen hoffentlich weiterhelfen, falls Sie beim Lesen ins Stocken geraten. Haben Sie das Gefühl, dass Sie gut mit dem Text zurechtgekommen sind, dann widmen Sie sich den Übungsaufgaben im nachfolgenden Abschnitt Übung und Selbstkontrolle, um das Verständnis zu sichern und zu vertiefen. In diesem Buch finden Sie zwei Arten von Übungsaufgaben: Schnittstellenaufgaben und vertiefende Übungen. Zunächst ein Wort zu den Schnittstellenübungen. Diese verdeutlichen den Bezug des Themas zur Schulmathematik. Spätestens an dieser Stelle wird die Frage, warum die Zusammenhänge, die Sie in der Schule kennengelernt haben, richtig sind, beantwortet. Nun können Sie von einer anderen Ebene auf die schulischen Inhalte blicken – genießen Sie ruhig die Aussicht.
Gebrauchsanleitung für Studierende ix Im Anschluss an die Schnittstellenaufgaben finden Sie die vertiefenden Übungen. In dieser Kategorie stehen Aufgaben, wie man sie im Mathematikstudium häufig antrifft. Sie haben einen eher abstrakten Charakter, und in der Regel lautet der Auftrag „Zeigen Sie. . . “ oder „Beweisen Sie. . . “. Wenn Sie bei den vertiefenden Übungen angelangt sind, dürfen Sie ein wenig Luft holen – Sie haben bereits viel erreicht und benötigen nun nochmals etwas Atem. Sie werden bemerken, dass viele der Aufgaben paarweise zusammengehören. Diese Anordnung bietet Ihnen die Möglichkeit, ausgehend von einer Aufgabe, die Sie bereits kennen und deren Lösung Sie eventuell bereits selbst gefunden oder kurz nachgeschlagen haben, eine ähnliche Aufgabe eigenständig zu bearbeiten und Ihr Verständnis zu sichern. An diese Stelle gehört ein Wort der Mahnung hinsichtlich des Umgangs mit den Lösungsvorschlägen, die sie in Kapitel 16 finden. Natürlich ist uns allen klar, dass Sie von den Aufgaben, die Sie selbstständig gelöst haben, am meisten profitieren. Deshalb gilt: Nutzen Sie die Lösungen nur, wenn Sie bei einer Aufgabe nicht weiterkommen. Holen Sie sich eine Idee, doch verzichten Sie nicht auf die Chance, die entsprechende Pärchenaufgabe eigenständig zu lösen. Ihren Lernerfolg kontrollieren Sie abschließend durch die Beantwortung der Kontrollfragen am Ende des Abschnitts. Nun sollten Sie die Lernziele, die am Anfang des Kapitels stehen, erreicht haben. In Kapitel 2 bis 9 werden viele neue Begriffe eingeführt. Wir haben in diesen Kapiteln am Ende jeweils noch einen Abschnitt mit weiteren Beispielen eingefügt, die diese Begriffe zusätzlich illustrieren. Wenn Sie dieses Buch richtig einsetzen, können Sie Kenntnisse und Kompetenzen erwerben, die von großem Wert für Ihr weiteres Studium sind: Sie lernen den Umgang mit mathematischen Texten und Übungsaufgaben; Sie lernen eigenständig zu arbeiten; Sie lernen Ihren Leistungsstand realistisch einzuschätzen. Sie bekommen einen Eindruck davon, was es heißt, „mathematisch zu denken“, und verstehen den Aufbau des Zahlensystems bis hin zu den reellen Zahlen. Wir hoffen, Ihnen eine spannende Entdeckungstour anbieten zu können. Wir versprechen keinen leichten, aber einen lohnenden Weg. Mathematik lernt man nur, indem man selbst tätig wird. Das ist vergleichbar mit dem Erlernen des Spielens eines Musikinstruments – vom Zuschauen allein erlangt man die Fertigkeiten zum Musizieren nicht.
Gewidmet Hermann Anglhuber für seinen Mathematikunterricht
Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . v Gebrauchsanleitung für Studierende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . vii Bausteine mathematischen Denkens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 1.1 1.2 Erste Schritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lesen und Schreiben mathematischer Texte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Texterarbeitung und Übung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 5 10 2 2.1 2.2 2.3 Teilbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 16 27 33 3 3.1 3.2 3.3 Mengen, Relationen, Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 47 61 78 4 4.1 4.2 4.3 Größter gemeinsamer Teiler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 84 93 96 5 5.1 5.2 5.3 Aussagenlogik und Widerspruchsbeweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 102 110 115 6 6.1 6.2 6.3 Vollständige Induktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 120 129 133 7 7.1 7.2 7.3 Abelsche Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 138 143 150 8 8.1 8.2 8.3 Kommutative Ringe und Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 154 159 163 I II Die Konstruktion der reellen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 9 Vollständige geordnete Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
xii Inhaltsverzeichnis 9.1 9.2 9.3 Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Weitere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 10 Natürliche Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 10.1 Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 10.2 Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 11 Addition und Multiplikation auf den natürlichen Zahlen . . . . . 211 11.1 Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 11.2 Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 12 Von den natürlichen zu den ganzen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 12.1 Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 12.2 Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 13 Von den ganzen zu den rationalen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 13.1 Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 13.2 Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 14 Von den rationalen zu den reellen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 14.1 Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 14.2 Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 15 Die Vollständigkeit der reellen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 15.1 Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 15.2 Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.1 Erste Schritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.2 Teilbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.3 Mengen, Relationen, Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.4 Größter gemeinsamer Teiler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.5 Aussagenlogik und Widerspruchsbeweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.6 Vollständige Induktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.7 Abelsche Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.8 Kommutative Ringe und Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.9 Vollständig angeordnete Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.10 Natürliche Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.11 Addition und Multiplikation auf den natürlichen Zahlen . . . . . . . . . . . 16.12 Von den natürlichen zu den ganzen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.13 Von den ganzen zu den rationalen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.14 Von den rationalen zu den reellen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.15 Die Vollständigkeit der reellen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.16 Lösungen zu den Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A 275 275 276 286 312 316 322 330 339 344 359 361 367 370 374 377 380 Bloom’sche Taxonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383
Inhaltsverzeichnis xiii Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 Mathematische Symbole und Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387
Teil I Bausteine mathematischen Denkens

3 Im ersten Teil dieses Buches legen wir den Schwerpunkt darauf, an ausgewählten Inhalten zentrale mathematische Denkweisen, Techniken und Methoden vorzustellen und einzuüben. Wir beginnen mit einem kurzen Einführungskapitel zu Leseund Schreibtechniken sowie den elementarsten Schreibweisen. In Kapitel 2 steigen wir mit einem Schnittstellenthema, das sowohl in der Schul- als auch in der Hochschulmathematik eine wichtige Rolle spielt, direkt in die Mathematik ein: Es geht um die Teilbarkeit natürlicher Zahlen durch andere natürliche Zahlen. Dieses Thema erlaubt es zu erklären, wie mathematisches Denken zur Lösung konkreter Probleme eingesetzt werden kann, und ist hervorragend als illustrierendes Beispiel geeignet. Mit diesem Beispiel ausgerüstet behandeln wir in den nachfolgenden Kapiteln drei Schwerpunkte: die Mengensprechweise als Vehikel zur Formulierung mathematischer Sachverhalte, das Konzept des mathematischen Beweises und das Konzept einer mathematischen Struktur. Alle drei Schwerpunkte werden mit einer Vielzahl von Beispielen und Anwendungen illustriert. Auch in den bereitgestellten Übungen spielen Beispiele und Anwendungen der neuen Konzepte eine zentrale Rolle.
1 Erste Schritte Übersicht 1.1 1.2 Lesen und Schreiben mathematischer Texte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Texterarbeitung und Übung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 10 In diesem Kapitel beschreiben wir das Handwerkszeug, das Sie zum erfolgreichen Studieren von Mathematik allgemein und damit auch zur Bearbeitung der nachfolgenden Kapitel benötigen. Wir halten zunächst fest, dass mathematisches Verständnis durch eine aktive Beschäftigung mit entsprechenden Inhalten erworben wird. So schlicht die dafür notwendigen Tätigkeiten auch klingen mögen, so leicht werden sie missverstanden und gerade von Studierenden zu Beginn des Studiums unterschätzt. Es geht um nichts Geringeres als „Lesen und Schreiben“. Selbstverständlich sind einem jeden in der Schule Lese- und Schreibkompetenzen vermittelt worden. Das mathematische Lesen und Schreiben gehorcht jedoch eigenen Gesetzen. Deshalb beschäftigen wir uns in diesem Kapitel mit diesen speziellen Lese- und Schreibtechniken. In unserer Darstellung orientieren wir uns an [Ho12], wo elementare Lese- und Schreibtechniken für mathematische Texte ausführlich besprochen werden. 1.1 Lesen und Schreiben mathematischer Texte Zunächst sei auf zwei Dinge ausdrücklich hingewiesen: 1. Das Lesen mathematischer Texte erfordert spezielle Strategien und kostet Zeit. Davon darf man sich nicht entmutigen lassen. Es gibt kaum einen Mathematiker, der nicht schon mehrere Stunden mit dem Lesen von zwei Zeilen eines mathematischen Textes zugebracht hat. Diese Zeit ist in den Studienplänen ausdrücklich reserviert. Für den diesem Buch zugrunde liegenden Kurs Einführung in mathematisches Denken und Arbeiten ist eine Workload von 180 Stunden J. Hilgert, M. Hoffmann, A. Panse, Einführung in mathematisches Denken und Arbeiten, DOI 10.1007/978-3-662-45512-8_1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
6 1 Erste Schritte vorgesehen, von denen 90 Stunden auf Präsenzveranstaltungen (Vorlesung und Übung) entfallen. Die weiteren 90 Stunden entsprechen der erwarteten Norm an Eigenarbeit. 2. Für das Schreiben mathematischer Texte gelten eigene Regeln. Das Formulieren einer Lösung für eine Mathematikübungsaufgabe erfolgt nach denselben Gesetzmäßigkeiten wie das Verfassen eines Mathematikbuches. Beides erfordert einen logischen Aufbau und inhaltliche Stringenz, damit der Inhalt nachvollziehbar ist. Der Leseprozess Finden wir in dem zu studierenden mathematischen Text eine Einleitung, empfiehlt es sich sehr, diese als Erstes zu lesen. Hier formulieren Autoren ihre Ziele meist in verständlicher und allgemeiner Sprache. Im zweiten Schritt sollten beim Durchlesen die wesentlichen Aussagen identifiziert werden. Viele mathematische Texte sind übersichtlich gegliedert, und Aussagen werden als „Sätze“ gekennzeichnet. Allerdings ist es nicht immer möglich, auf Anhieb zu verstehen, was in einem solchen Satz behauptet wird. Zur Klärung der Aussage müssen alle eventuell vorkommenden unbekannten Begriffe nachgeschlagen werden. Man findet ihre Bedeutung in den angegebenen Definitionen. In diesem Lesestadium geht es noch nicht darum einzusehen, wieso eine Aussage richtig ist; zunächst möchte man nur verstehen, was der Satz besagt. (Das macht einen großen Unterschied. Man kann problemlos die Aussage verstehen, dass es keine drei natürlichen Zahlen a, b, c mit der Eigenschaft a3 + b3 = c3 gibt. Zu verstehen, wieso das so ist, ist sehr viel schwieriger.) Haben Sie die Aussage verstanden, können Sie sich um die Frage nach dem Warum kümmern. Die Begründung für die Richtigkeit einer Aussage erfolgt in mathematischen Texten durch die Präsentation von Argumenten, die unter dem Label „Beweis“ formuliert werden. Diese finden wir meist im Anschluss an den Satz. Sie können ihm aber auch vorangestellt sein, sodass der Satz als Ergebnis einer dargebotenen Beweiskette erscheint. In der Regel erschließen sich Satz und Beweis erst nach mehreren Lesedurchgängen und dem Anwenden verschiedener Lesestrategien. Diese Strategien kennenzulernen und einzuüben, ist Ihre Aufgabe in den weiteren Kapiteln.
1.1 Lesen und Schreiben mathematischer Texte 7 Wir schlagen folgendes Vorgehen vor: 1. Lesen Sie den mathematischen Text immer mit Papier und Stift. Orientieren Sie sich dabei an den Beispielen in dem Abschnitt Lesen des Textes mit Papier und Stift, die Sie bitte als Anregung und nicht als einzig gültiges Vorbild betrachten sollen. Noch einmal: Niemand geht davon aus, dass Sie die vorgegebenen Texte wie einen Roman linear von Anfang bis Ende lesen, und schon gar nicht davon, dass Sie diese beim ersten Durchlesen vollständig verstehen. Vielmehr beginnen Sie einen Leseprozess, in dessen Verlauf Sie sich einzelne Sachverhalte durch den Einsatz unterschiedlicher Strategien erarbeiten. Es ist ganz normal, wenn Sie immer wieder an einzelnen Textstellen hängen bleiben und nicht sofort nachvollziehen können, was der Autor dort meint. Wir haben an den Rändern der Beispieltexte etliche solche potenzieller „Stolpersteine“ durch Fragezeichen markiert. 2. Wenn Sie auf ein Verständnisproblem (Ihren persönlichen Stolperstein) stoßen, überlegen Sie, welche Verfahrensweise an dieser Stelle zum besseren Verständnis führen könnten. Oft müssen mehrere Strategien ausprobiert werden. 3. Eine hilfreiche Methode ist es, sich selbst möglichst einfache Beispiele für die Aussage oder die Schlussfolgerung zu überlegen. Wenn es sich beispielsweise um eine Aussage in Bezug auf natürliche Zahlen handelt, kann man versuchen zu verstehen, was diese für kleine Zahlen wie 1, 2, 3 oder 5 bedeutet. Betrachten wir zur Illustration den folgenden Satz: Wenn p und q Primzahlen sind, dann gibt es ganze Zahlen n und m, die die Gleichung pn + qm = 1 erfüllen. Wir wählen im Beispiel kleine Zahlen für die Variablen: Für p = 2 und q = 3 gilt 1 = q − p = p · (−1) + q · 1, das heißt, man kann n = −1 und m = 1 wählen. Für p = 3 und q = 5 liefert 5 · 2 − 3 · 3 = 1 eine Lösung (n = −3 und m = 2) und 3 · 7 − 5 · 4 = 1 eine andere (n = 7 und m = 4). Hat man eine Aussage über Mengen vor sich, kann man konkrete Beispiele einfacher Mengen einsetzen und schauen, was die Aussage für diese Mengen bedeutet. Dabei sollte man stets die spezifischen Voraussetzungen berücksichtigen, die in der Aussage getroffen werden. Es ist nicht unbedingt sinnvoll, als Beispiel einer Menge {1, 2, 3} zu betrachten, wenn in der Aussage explizit verlangt wird, dass die Menge unendlich sein soll. 4. Eine weitere Methode sind selbst angefertigte Skizzen (siehe die Stolpersteine zu Kapitel 10).
8 1 Erste Schritte 5. Zusätzlich werden in diesem Buch jeweils in dem Abschnitt Erläuterungen zum Text weitere Hilfen geboten. 6. Wenn Sie mit diesen hier dargestellten Hilfen noch nicht zu einem Verständnis des Textes gelangt sind, versuchen Sie, einen anderen Text zu demselben Thema zurate zu ziehen. Gerade zu den Inhalten, die zu Beginn eines Mathematikstudiums vermittelt werden sollen, gibt es eine sehr große Menge von Literatur. Sowohl in den Fachbibliotheken als auch im Internet findet man unter den relevanten Stichworten (lineare Algebra, Analysis, Mengenlehre etc.) beliebig viele Texte. Unterschiedliche Autoren haben unterschiedliche Schreibstile, und Sie können nur durch Ausprobieren für sich selbst herausfinden, welche Präsentation eines Stoffes Ihren eigenen Bedürfnissen am besten entspricht. 7. In jedem Fall bringt es Sie weiter, wenn Sie sich bemühen, Ihr Verständnisproblem in einer möglichst konkreten Frage zu formulieren. Das erfordert zwar in der Regel einiges an Überlegung, aber wenn Sie die Frage formulieren können, ist ein wichtiger Schritt zum Verständnis erreicht, selbst wenn Antworten nicht immer sofort erkennbar sind. Beobachtet man sich selbst beim Nachdenken über mathematische Inhalte, stellt man fest, dass es dabei zu einer Art „innerem Monolog“ kommt, der aus Satzbruchstücken, Formelelementen und Bildern besteht. Diese Bausteine in einen geordneten Zusammenhang zu bringen, ist Teil des Verständnisprozesses. Das erklärt, warum es für diesen Prozess oft schon hilfreich ist, eine Frage auch nur so weit auszuformulieren, dass man sie einer anderen Person stellen könnte. Der Schreibprozess Es ist nicht immer einfach zu beurteilen, ob man einen mathematischen Sachverhalt verstanden hat. Es gibt aber zwei sehr gute Indikatoren: Wenn man die behandelten Inhalte anderen erklären kann und wenn man mit ihrer Hilfe Lösungen von Aufgabenstellungen formulieren kann, dann hat man eine tragfähige Verständnisgrundlage geschaffen. Umgekehrt sind die Arbeit an Problemstellungen und der Versuch, die Inhalte kohärent zu formulieren, Vorgänge, die den Verständnisprozess ihrerseits fördern und das erreichte Verständnis sichern. Beides erfordert, dass Studierende mathematische Aussagen auch schriftlich formulieren. Im Kontext mathematischer Veranstaltungen kommt der Bearbeitung und Präsentation von Übungsaufgaben aus diesem Grund eine besondere Bedeutung zu. Sie sind weltweit Teil eines jeden Studienkonzepts zur Mathematik. Die Verständlichkeit der produzierten Texte ist dabei das zentrale Ziel. In Deutschland sehen die meisten Studienkonzepte außerdem Seminare oder andere Lehrformen vor,
1.1 Lesen und Schreiben mathematischer Texte 9 in denen die Studierenden Inhalte, die sie sich selbst erarbeitet haben, mündlich und/oder schriftlich darbieten. Studienanfänger haben oft den Eindruck, dass sie Lösungen von Übungsaufgaben ausschließlich in mathematischen Symbolen präsentieren sollen, weil in den ersten Wochen so viel Zeit auf die Einführung mathematischer Terminologie und Formelsprache verwendet wird. Es ist aber gerade am Anfang besonders wichtig, einzusehen und einzuüben, dass sich einfache mathematische Zusammenhänge sehr wohl in normaler Sprache präzise formulieren lassen. Im Gegenteil suggeriert die Verwendung mathematischer Symbole oft Präzision, wo gar keine ist. Es ist also ein wichtiges Ziel, dass die Studierenden alle ihre mathematischen Äußerungen präzise und in ganzen Sätzen verbalisieren können. Um Zweideutigkeiten zu vermeiden, ist dabei natürlich auch auf korrekte Grammatik und Zeichensetzung zu achten. Mathematische Texte werden aufgrund ihrer geringen Redundanz schnell unübersichtlich. Es ist daher sehr wichtig, beim Schreiben den Aspekt der Leserfreundlichkeit stets im Blick zu behalten. Die Beachtung der folgenden Grundregeln beim Verfassen mathematischer Texte hilft Ihrem späteren Leser, den Überblick zu behalten: Beschreiben und erklären Sie die Ziele und die Schritte, die unternommen werden. Definieren Sie Begriffe, bevor Sie sie verwenden. Unterstreichen Sie die Struktur des Textes durch ein sauber strukturiertes Layout. Verwenden Sie alle mathematischen Zeichen und Symbole (z. B. Gleichheitszeichen oder Äquivalenzzeichen) korrekt. Schreiben Sie in einfachen, ganzen Sätzen. Achten Sie auf korrekte Grammatik und Zeichensetzung. Lesen Sie alle Texte sorgfältig Korrektur, bevor Sie sie aus der Hand geben. Für das Formulieren längerer Texte (zum Beispiel Seminar- oder Abschlussarbeiten) sollte man außerdem Folgendes berücksichtigen: Formulieren Sie in einer Einleitung, was die Hauptaussage in Ihrem Text ist. Ordnen Sie die Textelemente logisch, zum Beispiel in der Abfolge: Definition – Satz – Beweis. Lernziele 1. Grundlagen zu Mengen a) Sie können die Definition einer Menge im Cantor’schen Sinn nennen. (BT1)
10 1 Erste Schritte b) Sie können aus verbalen Beschreibungen einfacher Mengen formal korrekte mengentheoretische Beschreibungen dieser Mengen ableiten. (BT2) c) Sie können zu in mathematischen Symbolen beschriebenen einfachen Mengen verbale Beschreibungen formulieren. (BT2) 2. Mathematisches Lesen a) Sie sind in der Lage, einen angemessenen mathematischen Text unter zwei Gesichtspunkten durchzuarbeiten: (BT3) (i) Identifikation des Themas und der wesentlichen Aussagen des Textes, (ii) „zeichenweises“ Verständnis des Textes. b) Sie können Textstellen ermitteln, bei denen Sie Schwierigkeiten haben. (BT3) c) Sie können eigene Verständnisschwierigkeiten isolieren und dementsprechend präzise Fragen formulieren. (BT4) 3. 1.2 Sie können mithilfe fachmathematischer Sprache (z.B. Mengen) eigene kurze mathematische Texte (insbesondere zählt dazu die Lösung von Übungsaufgaben) erstellen. (BT3) Texterarbeitung und Übung An dieser Stelle finden Sie nun Ihren ersten Leseauftrag, mit dem Sie sich Vertrautheit mit den einfachsten Konzepten und Notationen der naiven Mengenlehre erarbeiten und dabei ein erstes Mal die in Abschnitt 1.1 beschriebenen Arbeitstechniken einüben können. In dem Text werden die Cantor’sche Vorstellung von einer Menge als einer Zusammenfassung von Elementen und die üblichen Beschreibungen durch Aufzählung oder Angabe von Eigenschaften behandelt. Weiterhin sind die Konzepte zu Teilmenge und Komplement einer Teilmenge dargestellt. Literatur: [HH12], [Be03], [Fi10], [Kö02] u.v.a. Beispieltext: [HH12], S. 27-29 Beispieltext aus [HH12] Die ersten Objekte mathematischer Überlegungen waren Zahlen und geometrische Figuren. Was diese Objekte eigentlich sind, war praktisch von Anfang an Gegenstand intensiver Überlegungen und kontroverser Philosophien. Im Laufe der Zeit kamen weitere mathematische Objekte ganz unterschiedlicher Natur hinzu, wie zum Beispiel Variablen, Gleichungen und Funktionen. Mengen betrachtet man erst seit gut hundert Jahren, aber die moderne Mathe-
1.2 Texterarbeitung und Übung 11 matik bedient sich ihrer bei der Beschreibung aller mathematischen Objekte. Zahlen, Figuren, Funktionen sind Mengen mit gewissen Eigenschaften. Dabei ist keineswegs klar, was eine Menge eigentlich ist. Die „Definition“, die auf Seite 22 verwendet wird, ist im Wesentlichen die des Begründers der Mengenlehre, Georg Cantor (1845–1918): „Unter einer Menge verstehen wir jede Zusammenfassung von bestimmten wohlunterschiedenen Objekten unserer Anschauung oder unseres Denkens zu einem Ganzen.“ Dies ist keine wirkliche Erklärung, weil der unbekannte Begriff Menge auf den ebenfalls unbekannten Begriff Zusammenfassung zu einem Ganzen zurückgeführt wird. Widersprüchliche Bildungen solcher Zusammenfassungen führen zu logischen Problemen wie dem vom Dorfbarbier, der alle Männer des Dorfes rasiert, die sich nicht selbst rasieren: Wenn sich der Barbier selbst rasiert, darf er sich als Barbier nicht rasieren. Wenn er sich aber nicht selbst rasiert, so muss er sich als Barbier rasieren (vgl. Seite 183). Solche Antinomien führten Anfang des 20. Jahrhunderts in eine Diskussion über die Grundlagen der Mathematik, die bis heute nicht abgeschlossen ist. Für die gegenwärtige Praxis der Mathematik ist vor allem bedeutsam, dass sich die axiomatische Methode, eine Theorie aus nicht hinterfragten Grundtatsachen (Axiomen) unter Benutzung festgelegter logischer Regeln aufzubauen, universell durchgesetzt hat. Im Anhang findet man ein exemplarische Darstellung nach diesem Muster: ein Axiomensystem für die natürlichen Zahlen, die Konstruktion der anderen in Abschnitt 1.1 erwähnten Zahlbereiche und die Herleitung deren fundamentaler Eigenschaften. Auch für die Mengenlehre und die Logik gibt es solche axiomatischen Zugänge, allerdings sind sie ohne mathematische Ausbildung praktisch nicht nachvollziehbar. Daher stützt man sich bei Einführungen in die Mathematik in der Regel auf (möglichst wenige) intuitive Konzepte, aus denen man dann das mathematische Gebäude aufbaut. Diese intuitiven Konzepte werden im Verlauf des Mathematikstudiums in Vorlesungen wie Axiomatische Mengentheorie oder Mathematische Logik hinterfragt und durch eigene axiomatische Gebäude ersetzt. Der Besuch solcher Vorlesungen ist allerdings selten verpflichtend, und man muss davon ausgehen, dass nur ein Bruchteil der Universitätsabsolventen in den mathematischen Studiengängen je eine solche Veranstaltung besucht hat. Naive Mengenlehre Ausgangspunkt für den „naiven“ Zugang zur Mengenlehre ist, dass eine Menge durch ihre Elemente festgelegt wird: Eine Menge ist gebildet, wenn feststeht, welche Objekte dazugehören. Eine Menge ist also eine Art „Sack“, der dadurch bestimmt wird, was er enthält. Die Objekte, die zu einer Menge gehören, heißen Elemente der Menge. Wenn M eine Menge ist und a ein Element von M , dann schreibt man a ∈ M . Eine Menge kann man beschreiben, indem man alle ihre Elemente aufzählt oder aber indem man ihre Elemente durch eine Eigenschaft charakterisiert: {a, b, c, d, e} ist die Menge der ersten fünf (kleinen) Buchstaben des Alphabets, und    x  x  x ∈ Z und ∈Z 2 ist die Menge der durch 2 teilbaren ganzen Zahlen (wenn wir akzeptieren, dass Z die Menge der ganzen Zahlen ist). Die Klammern { }, die in dieser Schreibweise vorkommen, nennt man Mengenklammern. Will man klarstellen, dass eine Menge aus Elementen einer vorgegebenen Menge X besteht, schreibt man auch {x ∈ X | Eigenschaften von x} zum Beispiel  oder x∈Z {x ∈ X : Eigenschaften von x},    x  ∈Z , 2 gelesen als „die Menge der Elemente von Z mit der Eigenschaft, dass x2 ∈ Z“, für die geraden Zahlen. Wenn a kein Element von M ist, schreibt man a ∈ M . Entsprechend unserem
12 1 Erste Schritte Ausgangspunkt nennen wir zwei Mengen gleich, wenn sie die gleichen Elemente enthalten. Also sind die Mengen {a, b, c, d, e} und {e, d, c, b, a} gleich, nicht aber die Mengen {a, b, c, d, e} und {e, d, b, a}. Wenn A und B Mengen sind, dann heißt A eine Teilmenge von B, wenn jedes Element von A auch Element von B ist. Man schreibt dann A ⊆ B. Es gilt also {e, d, b, a} ⊆ {a, b, c, d, e}. Manchmal schreibt man ⊂ statt ⊆. Es gibt auch Autoren, die nur A ⊂ B schreiben, wenn A ⊆ B und A = B gilt, das heißt wenn A echt kleiner als B ist. Möchte man die „kleinere“ Menge rechts stehen haben, schreibt man auch B ⊇ A statt A ⊆ B und B ⊃ A statt A ⊂ B. Für jede Teilmenge A ⊆ B kann man ihr Komplement {b ∈ B | b ∈ A} betrachten. Es wird mit B \ A – gelesen als „B ohne A“ – oder (wenn B aus dem Kontext klar ist) A bezeichnet. Wenn A keine Teilmenge von B ist, schreibt man A ⊆ B. Erläuterungen zum Text Die Bedeutung von „wohlunterschiedenen Objekten“ in der Cantor’schen Definition „Unter einer Menge verstehen wir jede Zusammenfassung von bestimmten wohlunterschiedenen Objekten unserer Anschauung oder unseres Denkens zu einem Ganzen“ kann man sich am Beispiel von Vereinigungsmengen klarmachen: Vereinigt man die Mengen {1, 2, 3} und {1, 4, 5}, so würde man nach der „SackMetapher“ {1, 2, 3, 1, 4, 5} als Vereinigung bekommen, weil aus jedem Sack eine 1 in den neuen Sack geschüttet wird. Das verbietet sich aber, weil die beiden Einsen keine unterschiedlichen Objekte sind. Die Vereinigungsmenge ist daher {1, 2, 3, 4, 5}. Um nachzuweisen, dass eine Menge A Teilmenge einer Menge B ist, muss man zeigen, dass für jedes Element a von A gilt: a ist Element von B. Man schreibt dies in der Form ∀ a ∈ A : a ∈ B, wobei ∀ das mathematische Symbol für „für alle“ ist. Das Komplement A \ B zweier Mengen A, B wird im Text unter der Bedingung B ⊆ A definiert. Wir befinden uns also in der linken Situation.
1.2 Texterarbeitung und Übung A A\B B 13 A B C Mit dieser Definition kann das Komplement von A und B in der rechten Zeichnung nicht gebildet werden, da weder A ⊆ B noch B ⊆ A gilt. Der Ausdruck A \ B ist somit nicht definiert. Möchte man dies verhindern, so muss die Definition des Komplements zu einem \erw erweitert werden. Folgt man der Grundidee, dass A\B alle Elemente enthält, die in A, aber nicht in B enthalten sind, so erscheint es sinnvoll, in der rechten Zeichnung A \erw B = C zu setzen. Dies entspricht der folgenden Definition: Seien A, B Mengen. Wir definieren A \erw B := A \ (A ∩ B). Diese Rückführung auf die alte Definition ist sinnvoll, da A∩B ⊆ A gilt. Außerdem verträgt sie sich mit der alten Definition, da für B ⊆ A, also A ∩ B = B, gilt: A \erw B = A \ (A ∩ B) = A \ B. Der Einfachheit halber kann man also weiterhin \ anstelle von \erw schreiben. Übungen Übung 1.1 (Beschreibung von Mengen) Schreiben Sie die folgenden Mengen zum einen in aufzählender Schreibweise auf und beschreiben Sie diese zum anderen in einem Satz:    (i) M1 = q ∈ Z  |q · 2| ≤ 10   (ii) M2 = n1 ∈ Q | n ∈ N (iii) M3 = {m ∈ N | Es gibt eine Zahl n ∈ N mit 2 · n = m} Übung 1.2 (Beschreibung von Mengen) Beschreiben Sie die folgenden Mengen in Mengenschreibweise sowohl durch eine definierende Eigenschaft als auch durch einen Satz: (i) M1 = {1, 4, 9, 16, . . .} (ii) M2 = {0, 3, 6, 9, 12, . . .} (iii) M3 = {. . . , 0,001, 0,01, 0,1, 1, 10, 100, 1000, . . .}
14 1 Erste Schritte Übung 1.3 (Beschreibung von Mengen) Schreiben Sie die folgenden Mengen sowohl mithilfe einer definierenden Eigenschaft als auch in aufzählender Schreibweise auf: (i) Die Menge aller ganzen Zahlen, die um 1 vergrößert durch 5 teilbar sind. (ii) Die Menge aller rationalen Zahlen, die im Nenner eine natürliche Zweierpotenz haben.  2 (iii) Die reelle Lösungsmenge L der Gleichung x2 − 4 = 16. Übung 1.4 (Quadratwurzel) √ In der Schule wird die irrationale Zahl 2 oft durch die Diagonalenlänge im Einheitsquadrat eingeführt. Wir beschäftigen uns nun allgemein mit der Länge von Diagonalen in Quadraten mit ganzzahlig positiven Seitenlängen. Geben Sie die Menge aller möglichen Diagonalenlängen für solche Quadrate in Mengenschreibweise durch Angabe einer definierenden Eigenschaft an, ohne das Wurzelsymbol zu verwenden.
2 Teilbarkeit Übersicht 2.1 2.2 2.3 Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 27 33 Teilbarkeitsfragen werden bereits in der Schule gestellt und teilweise beantwortet. Am Beispiel der Quersummenregeln, die als Kriterien für die Teilbarkeit durch 3 und 9 bekannt sind, lässt sich exemplarisch mathematisches Denken einführen. Eine sorgfältige Analyse, warum Quersummenregeln überhaupt funktionieren, führt zum Rechnen mit Restklassen, das heißt zu einer neuen algebraischen Struktur. Damit besteht die Möglichkeit, verallgemeinerte Quersummenregeln zu entwickeln, die es ihrerseits erlauben, Teilbarkeitsregeln für beliebige Zahlen abzuleiten. Teilbarkeitsregeln zeigen somit sehr schnell die Vorzüge des im Mathematikstudium so stark betonten strukturellen Denkens auf. Lernziele 1. Teilen mit Rest und schriftliches Dividieren a) Sie können die Operation „Teilen mit Rest“ und den Algorithmus des schriftlichen Dividierens auf Zahlenbeispiele anwenden. (BT3) b) Sie können den Algorithmus des schriftlichen Dividierens und die Operation „Teilen mit Rest“ in Beziehung setzen und dementsprechend ableiten, dass der Algorithmus ein wiederholtes Durchführen der Operation „Teilen mit Rest“ ist. (BT5) 2. Restklassen a) Sie können Repräsentanten einer Restklasse benennen. (BT1) b) Sie können die Restklassen bezüglich einer vorgegebenen natürlichen Zahl sowohl als Menge in aufzählender Schreibweise (Repräsentanten) als auch als Menge mit definierender Eigenschaft angeben. Sie können auch die Restklasse [k] für ein beliebiges k ∈ N angeben. (BT1) J. Hilgert, M. Hoffmann, A. Panse, Einführung in mathematisches Denken und Arbeiten, DOI 10.1007/978-3-662-45512-8_2, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
16 2 Teilbarkeit c) Sie können die Rolle der Repräsentanten in der Beschreibung von Restklassen erklären. (BT2) d) Sie können Restklassen in den verschiedenen Sprech- und Schreibweisen darstellen (Mengenschreibweise aus Lernziel 2b, „modulo m“, [n], [n]m , n ≡ r mod m, n ≡m r). (BT2) e) Sie können für eine vorgegebene natürliche Zahl eine Additions- und eine Multiplikationstabelle anfertigen. (BT3) f) Sie können herausarbeiten, dass die Verfahren zur Addition und Multiplikation von Restklassen unabhängig von der Wahl der Repräsentanten sind. (BT4) 3. Restklassen und Teilbarkeit a) Sie können erklären, wieso das Konzept der Restklasse erlaubt, die Teilbarkeit (durch eine feste Zahl n) einer Zahl mit der Teilbarkeit (durch n) der Ziffern in der Dezimaldarstellung in Zusammenhang zu setzen. (BT2) b) Sie können Restklassen korrekt zur Beschreibung von Teilbarkeitseigenschaften einsetzen. (BT3) 4. Teilbarkeitsregeln a) Sie können Teilbarkeitsregeln für die Zahlen 2, 3, 4, 5, 6, 8, 9, 10 formulieren. (BT2) b) Sie können erklären, was die gewichtete Quersumme einer ganzen Zahl ist und diese bezüglich einer gegebenen Gewichtung für ein Zahlenbeispiel explizit bilden. (BT2 und BT3) c) Sie können anhand eines geeigneten Textes die Herleitung von Teilbarkeitsregeln erklären und die Rolle von gewichteten Quersummen dabei herausarbeiten. (BT2 und BT4) d) Sie können eine durch eine gewichtete Quersumme gegebene Teilbarkeitsregel analysieren und über deren Korrektheit entscheiden. (BT3 und BT4) e) Sie können eine Teilbarkeitsregel für die Teilbarkeit durch eine gegebene natürliche Zahl entwerfen. (BT5) 2.1 Texterarbeitung In diesem Kapitel soll ein Text gelesen werden, der die Teilbarkeitsregeln für natürliche Zahlen thematisiert. Insbesondere wird der Zusammenhang zwischen den Restklassen modulo n der Zehnerpotenzen und einer verallgemeinerten Quersummenregel für Teilbarkeit durch n erklärt. Weiterhin erfolgt eine Darstellung der
2.1 Texterarbeitung 17 zyklischen Struktur der Reste der Zehnerpotenzen in Verbindung mit der Addition und der Multiplikation auf der Menge der Restklassen. Literatur: [HH12] Beispieltext: [HH12], S. 16–22 Beispieltext aus [HH12] Ergebnis von Abstraktion: Neue Strukturen Konkrete Problemstellungen führen oft in natürlicher Weise auf neue, abstrakte (algebraische) Strukturen. Dieser Sachverhalt lässt sich gut mit der Problemstellung „Teilbarkeitsregeln“ illustrieren. Schüler lernen, dass eine Zahl genau dann durch 2 bzw. 5 teilbar ist, wenn die letzte Ziffer der Dezimaldarstellung durch 2 bzw. 5 teilbar ist. Um festzustellen, ob eine Zahl durch 4 teilbar ist, muss man die letzten beiden Ziffern betrachten. Allgemein bekannt ist auch die Quersummenregel, mit der man feststellen kann, ob eine Zahl durch 3 bzw. 9 teilbar ist: nämlich genau dann, wenn die Quersumme durch 3 bzw. 9 teilbar ist. In der Regel wird in der Schule aber nichts darüber gesagt, wie man einer Zahl ansieht, ob sie durch 7 teilbar ist. Es stellt sich die Frage: Gibt es eine Teilbarkeitsregel für 7? Die Quersummenregel für die Teilbarkeit durch 3 legt nahe, dass Teilbarkeitsregeln mit der Darstellung der Zahlen im Zehnersystem zusammenhängen, denn schließlich addiert man bei einer Quersumme die Einer, die Zehner, die Hunderter etc. Der Schlüssel zu den Teilbarkeitsregeln ist dann die Operation des Teilens mit Rest , die auch oft Division mit Rest genannt wird. Wenn man 10 durch 3 teilt, bleibt ein Rest von 1, denn 10 = 3 · 3 + 1. Teilt man 100 durch 3, bleibt wegen 100 = 33 · 3 + 1 wieder ein Rest von 1. Wir werden sehen, dass für alle Zehnerpotenzen beim Teilen durch 3 ein Rest von 1 bleibt und sich daraus die Quersummenregel ergibt. ?1 ?2 ?3 ?4 Um eine Teilbarkeitsregel für 7 zu finden, teilen wir jede Zehnerpotenz durch 7 und betrachten den Rest. Als Reste kommen nur 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6 infrage. Wenn man 10 durch 7 teilt, bleibt ein Rest von 3, denn 10 = 1·7+3. Teilt man 100 durch 7, bleibt wegen 100 = 14·7+2 ein Rest von 2. Für 1 000 = 142·7+6 erhalten wir 6 als Rest. Die Restefolge ist also komplizierter als bei der Division durch 3. Es ergibt sich aber trotzdem ein Schema: Für 10 000 findet man den Rest 4, für 100 000 den Rest 5. In Beispiel 1.4 wird ein Argument dafür angegeben, dass sich ab da die Reste wiederholen. Das heißt, die Restefolge für 1, 10, 100, 1 000, 10 000, 100 000, 1 000 000 etc. ist 1, 3, 2, 6, 4, 5, 1 etc. 1 10 100 1 000 10 000 100 000 1 000 000 = = = = = = = 0+1 = 0·7+1 7+3 = 1·7+3 98 + 2 = 14 · 7 + 2 994 + 6 = 142 · 7 + 6 9 996 + 4 = 1 428 · 7 + 4 99 995 + 5 = 14 285 · 7 + 5 999 999 + 1 = 142 857 · 7 + 1 ?5
18 2 Teilbarkeit Aus dieser Information lässt sich ein Analogon der Quersummenregel ableiten. Die Details der Herleitung finden sich in den Beispielen 1.41 und 1.5. Der wesentliche Punkt dabei ist die Einteilung der ganzen Zahlen in sieben Klassen, die sogenannten Restklassen modulo 7. Zwei Zahlen gehören dabei zur selben Restklasse, wenn sie bei Division durch 7 denselben Rest ergeben oder, was dasselbe ist, wenn die Differenz der Zahlen durch 7 teilbar ist (Abbildung 1.4). ?6 Gewichtete Quersummenregel für 7: Man multipliziere die Einer mit 1, Zehner mit 3, Hunderter mit 2, Tausender mit 6, Zehntausender mit 4, Hunderttausender mit 5 und dann von vorn etc. Durch Aufaddieren der Ergebnisse erhält man eine gewichtete Quersumme. Die Zahl ist durch 7 teilbar genau dann, wenn die gewichtete Quersumme durch 7 teilbar ist. In Bezug auf Teilbarkeitsfragen sind Zahlen in derselben Restklasse gleichwertig (äquivalent), das heißt, für solche Fragen muss man statt der unendlich vielen ganzen Zahlen nur noch sieben Klassen betrachten, was eine dramatische Vereinfachung darstellt. ?7 .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . −14 −13 −12 −11 −10 −9 −8 −7 −6 −5 −4 −3 −2 −1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . ?8 ?9 Abb. 1.4: Aufteilung der ganzen Zahlen in Restklassen modulo 7 Es stellt sich heraus, dass die Menge der Restklassen zusätzliche Struktur hat. Man kann nämlich darauf eine Addition und eine Multiplikation einführen (Abbildung 1.5). Diese neue Struktur ermöglicht es, die angesprochene periodische Struktur der Reste der Zehnerpotenzen zu finden. Beispiel 1.4 (Teilbarkeitsregeln I) Sei n eine ganze Zahl und m eine natürliche Zahl. Dann kann man immer zwei ganze Zahlen k und r mit 0 ≤ r < m finden, für die gilt n = k · m + r. 1 (1.5) Referenzen innerhalb der Beispieltexte beziehen sich selbstverständlich auf das Buch, dem der Text entnommen ist. Im Allgemeinen sind die genannten Textstellen nicht in diesem Arbeitsbuch enthalten, oft befinden sie sich aber in demselben Beispieltext oder im Beispieltext zu einem anderen Kapitel.
2.1 Texterarbeitung 19 Das bedeutet, wenn man n durch m teilt, bleibt der Rest r. Wir werden diese Tatsache in Abschnitt 1.6 beweisen (siehe Satz 1.14), aber hier benutzen wir sie einfach. Man schreibt n≡r mod m ?10 n ≡m r, oder wenn (1.5) gilt (auch wenn r nicht zwischen 0 und m − 1 liegt), und liest „n ist äquivalent zu r modulo m“. Eine Zahl n ist durch m teilbar, wenn sie bei Teilung durch m den Rest 0 liefert, das heißt wenn n ≡ 0 mod m gilt. Die entscheidende Beobachtung für die Herleitung von Teilbarkeitsregeln ist, dass die Operation Teilen mit Rest mit Addition und Multiplikation verträglich ist: Aus n = k · m + r und n = k · m + r  folgt n + n = (k + k ) · m + (r + r  ) und nn = (kk m + kr  + k r) · m + rr  . Wenn man also n + n durch m teilt, bleibt derselbe Rest, wie wenn man r + r  durch m teilt. Analog gilt für die Multiplikation: Wenn man nn durch m teilt, bleibt derselbe Rest, wie wenn man rr  durch m teilt. In Kurzform: n + n ≡ r + r  mod m und nn ≡ rr  mod m. (1.6) Sei [k] die Restklasse {n | n ≡ k mod m} aller Zahlen, die bei Division durch m denselben Rest haben wie k. Diese m Restklassen modulo m lassen sich als m Punkte auffassen, für die wegen der beiden Gleichungen in (1.6) eine Addition und eine Multiplikation wie folgt definiert werden können (Abbildung 1.5): [k] + [k ] = [k + k ] und [k] · [k ] = [kk ]. ?11 (1.7) Das heißt, man kann für festes m bei Division durch m mit Resten rechnen. Insbesondere gilt für jede natürliche Zahl n mit n ≡ r mod 7, dass 10 · n ≡ 3 · r mod 7. Das erklärt die periodische Struktur der Reste von Zehnerpotenzen bei Division mit Rest, weil man beim Übergang von einer Zehnerpotenz zur nächsten immer nur den Rest mit 3 multiplizieren und dann den Rest bei Division durch 7 bestimmen muss: 1 10 100 1 000 10 000 100 000 1 000 000 = 1 = 10 · 1 = 10 · 10 = 10 · 100 = 10 · 1 000 = 10 · 10 000 = 10 · 100 000 ≡7 ≡7 ≡7 ≡7 ≡7 ≡7 ≡7 3·1 3·3 3·2 3·6 3·4 3·5 ≡7 ≡7 ≡7 ≡7 ≡7 ≡7 1 3 2 6 4 5 1 Ab hier wiederholen sich die Reste der Zehnerpotenzen modulo 7: 10 000 000 = 10 · 1 000 000 ≡ 3 · 1 100 000 000 = 10 · 10 000 000 ≡ 3 · 3 mod 7 ≡ 3 mod 7 ≡ 2 mod 7 mod 7 etc. Man schreibt jetzt eine beliebige Zahl im Zehnersystem, das heißt als gewichtete Summe von Zehnerpotenzen, zum Beispiel 94 325 = 9 · 10 000 + 4 · 1 000 + 3 · 100 + 2 · 10 + 5 · 1, und rechnet die Reste modulo 7 aus: 94 325 mod 7 ≡ 9 · 4 + 4 · 6 + 3 · 2 + 2 · 3 + 5 · 1 mod 7. ?12
20 2 Teilbarkeit Die Zahl 94 325 ist also durch 7 teilbar, weil 9 · 4 + 4 · 6 + 3 · 2 + 2 · 3 + 5 · 1 = 77 durch 7 teilbar ist. !1 Anders ausgedrückt, multipliziert man die Einer, Zehner, Hunderter etc. mit den Gewichten 1, 3, 2 etc., dann hat die gewichtete Quersumme denselben Rest modulo 7 wie die ursprüngliche Zahl. Damit ist man bei der oben beschriebenen gewichteten Quersummenregel angekommen. + 0 1 2 3 4 5 6 · 0 1 2 3 4 5 6 0 0 1 2 3 4 5 6 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 2 3 4 5 6 0 1 0 1 2 3 4 5 6 2 2 3 4 5 6 0 1 2 0 2 4 6 1 3 5 3 3 4 5 6 0 1 2 3 0 3 6 2 5 1 4 4 4 5 6 0 1 2 3 4 0 4 1 5 2 6 3 5 5 6 0 1 2 3 4 5 0 5 3 1 6 4 2 6 6 0 1 2 3 4 5 6 0 6 5 4 3 2 1 Abb. 1.5: Addition und Multiplikation der Restklassen modulo 7 Die beschriebene Vorgehensweise zur Bestimmung einer gewichteten Quersummenregel lässt sich sofort auf beliebige andere Zahlen übertragen. Für die Zahl 11 ergeben sich als Reste der Zehnerpotenzen zum Beispiel abwechselnd immer 1 und 10. Die resultierende gewichtete Quersummenregel ist also: Gewichtete Quersummenregel für 11: Man multipliziere die Einer, Hunderter, Zehntausender etc. mit 1, Zehner, Tausender, Hunderttausender etc. mit 10. Durch Aufaddieren der Ergebnisse erhält man eine gewichtete Quersumme. Die Zahl ist durch 11 teilbar genau dann, wenn die gewichtete Quersumme durch 11 teilbar ist. Die 11er-Quersummenregel lässt sich noch vereinfachen, wenn man sich klarmacht, dass 10 und −1 bei Division durch 11 denselben Rest ergeben. Damit bekommt man die alternierende Quersummenregel: Alternierende Quersummenregel für 11: Man multipliziere die Einer, Hunderter, Zehntausender etc. mit 1, Zehner, Tausender, Hunderttausender etc. mit −1. Durch Aufaddieren der Ergebnisse erhält man die alternierende Quersumme. Die Zahl ist durch 11 teilbar genau dann, wenn die alternierende Quersumme durch 11 teilbar ist.
2.1 Texterarbeitung 21 Auch die Teilbarkeitsregel für die Zahl 2 ergibt sich aus der gewichteten Quersummenregel, die die oben vorgestellte Methode für 2 liefert. Da nämlich bis auf 1 = 100 alle Zehnerpotenzen durch 2 teilbar sind, sind deren Gewichte alle gleich 0. Das heißt, die gewichtete Quersumme ist genau der Einer. Für die Zahl 4 weiß man, dass sich die Teilbarkeit einer Zahl an den letzten beiden Ziffern ablesen lässt. Unsere Methode liefert ab dem Hunderter das Gewicht 0, das heißt, in der gewichteten Quersumme kommen nur Einer und Zehner vor. Die Gewichte sind dabei 1 und 2. Die Regel aus der Schule würde man erhalten, wenn man als Gewicht für den Zehner 10 statt 2 nähme, was ja bei Division mit 4 denselben Rest liefert. ?13 Beispiel 1.5 (Teilbarkeitsregeln II) Für eine beliebige natürliche Zahl m findet man nach Beispiel 1.4 die passende gewichtete Quersummenregel wie folgt: 1. Schritt: Bestimme die Reste der 10er-Potenzen bei Division mit m. Da es nur endlich viele Reste gibt, ergibt sich nach einem endlichen „Anlauf“ eine periodische Struktur. ?14 Dass es für 7 keinen Anlauf in der periodischen Struktur gibt, liegt daran, dass 7 eine Primzahl ist und kein Teiler von 10. ?15 2. Schritt: Schreibe eine Zahl n in Dezimaldarstellung, das heißt in der Form n = aj 10j + aj−1 10j−1 + . . . + a1 10 + a0 , und berechne den Rest von n bei Division durch m über die Reste der a0 , a1 , . . . , aj , gewichtet mit den Resten der 1, 10, . . . , 10j . Wendet man das in Beispiel 1.5 beschriebene Verfahren auf die Zahlen 5, 8 und 9 an, findet man ohne Probleme auch die üblichen Teilbarkeitsregeln für 5 (letzte Ziffer), 8 (letzten drei Ziffern), 9 (Quersumme). Auf die gleiche Weise erhält man auch solche Teilbarkeitsregeln für jede andere Zahl. Die Diskussion von Teilbarkeitsregeln hat auf neue Strukturen geführt, nämlich die Restklassen modulo m zusammen mit ihren Additionen und Multiplikationen. Die Eigenschaften dieser Strukturen erlaubten es, das Ausgangsproblem und weitreichende Verallgemeinerungen davon zu lösen. Außerdem helfen sie, die unterschiedlichen Teilbarkeitsregeln als verschiedene Ausprägungen ein und desselben Prinzips zu verstehen. Man nennt diese Art von Struktur, die aus einer Menge, das heißt einer Ansammlung von verschiedenen Objekten, und Verknüpfungen wie · oder + darauf besteht, eine algebraische Struktur. Je nach Anzahl der Verknüpfungen und ihren spezifischen Eigenschaften bekommen die algebraischen Strukturen unterschiedliche Namen wie beispielsweise Gruppen, Ringe und Körper. Man sollte nicht ?16
22 2 Teilbarkeit versuchen, aus diesen Namen Eigenschaften der Strukturen abzulesen, die Namensgebung entspringt oft einer spontanen Laune der Namensgeber und spiegelt manchmal auch nur deren Humor wider. Die Restklassen sind Beispiele für Ringe, ebenso wie die ganzen Zahlen Z mit ihrer Addition und ihrer Multiplikation (siehe Beispiel 2.9). Lesen des Textes mit Papier und Stift ?1 Stolperstein: „Dezimaldarstellung“ Frage: Warum steht hier das Wort „Dezimaldarstellung“? Ist das etwas anderes als die Zahl an sich ? Ach so: (nachgeschlagen) „Dezi“ bedeutet 10, und unsere Zahlen sind ja im 10er-System dargestellt: zum Beispiel 874 = 8 · 102 + 7 · 101 + 4 · 100 ?2 Stolperstein: Die Regel an sich: Man betrachtet die letzten beiden Ziffern und fragt sich, ob diese jeweils durch 4 teilbar sind. Komisch: 4 | 152, aber 4  5 und 4  2. Frage: Wie lautet die Regel korrekt? Ach so: (nachgeschlagen) Wir betrachten die Zahl, die aus den letzten beiden Ziffern gebildet wird. Unser Beispiel: 4 | 52 ⇒ 4 | 152. ?3 Stolperstein: „Quersumme“ Frage: Was ist eine Quersumme? Ach so: zum Beispiel 853  Quersumme: 8 + 5 + 3 = 16 ?4 Stolperstein: verstehen, warum die Regel gilt Frage: Warum ist „Teilen mit Rest“ ein Schlüssel zu den Teilbarkeitsregeln? . . . zunächst: weiterlesen . . .  aha: !1
2.1 Texterarbeitung ?5 23 Stolperstein: Idee, Ansatz Frage: Wieso funktioniert das? woher kommt das? . . . zunächst: weiterlesen . . .  aha: !1 ?6 Stolperstein: Ich muss ein Beispiel rechnen. Ach so: (mit Taschenrechner: 7 | 59934) Gewichtete Quersumme von 59934: 4 · 1 + 3 · 3 + 9 · 2 + 9 · 6 + 5 · 4 = 105 Es gilt: 7 | 105 = 70 + 35 ⇒ 7 | 59934. ?7 Stolperstein: Abbildung 1.4 Frage: Wie ist die Tabelle zu lesen? Ach so: Mit obigem Text liegen die Zahlen in einer Klasse, die beim Teilen durch 7 denselben Rest haben. Zum Beispiel sind dann 1, 8, 15, 22 in einer Klasse, weil sie Rest 1 hinterlassen, und stehen deshalb in derselben Spalte. ?8 Stolperstein: „Struktur“ Frage: Was ist mit dem Begriff „Struktur“ gemeint? Addition und Multiplikation oder diese periodische Struktur oder etwas ganz anderes? . . . zunächst: weiterlesen . . . ?9 Stolperstein: Ich muss Beispiele rechnen. Ach so: (1)  −87 = k ·  9 +r n m finde: k = −10, r = 3  −87 = −10 · 9 + 3 (2)  56 = k ·  6 +r n m finde: k = 9, r = 2  56 = 9 · 6 + 2
24 ?10 2 Teilbarkeit Stolperstein: Ich muss ein Beispiel aufschreiben. Ach so: Für Stolperstein ?9 (2) gilt: 56 ≡ 2 mod 6 bzw. 56 ≡6 2. ?11 Stolperstein: [k] ist die Restklasse {n ≡ k mod m}. Frage: Was bedeutet diese Notation? Ach so: zum Beispiel m = 4 Dann: [k] = {n ≡ k mod 4} Also z.B. für k = 1: [1] = {n ≡ 1 mod 4} = {. . . , −3, 1, 5, 9, . . .} ?12 Stolperstein: Für jede natürliche Zahl n mit n ≡ r mod 7 gilt 10·n ≡ 3 · r mod 7. Frage: Warum gilt das? Ach so: [10 · n]7 = [10]7 · [n]7 = [3]7 · [r]7 = [3 · r]7 ⇒ 10 · n ≡ 3 · r mod 7 ?13 Stolperstein: Dazu brauche ich Zettel und Stift. Ach so: 1=1 10 = 10 · 1 100 = 10 · 10 1000 = 10 · 100 ≡4 ≡4 ≡4 ≡4 1 2 ≡4 10 0 0 Beispiel: Für 8132 ist die gewichtete Quersumme 0 · 8 + 0 · 1 + 2 · 3 + 1 · 2 = 8. Die letzten beiden Ziffern liefern 32 = 10 · 3 + 1 · 2. Unterschied: (10 − 2) · 3 ≡4 0
2.1 Texterarbeitung ?14 25 Stolperstein: „endlicher Anlauf“ Frage: Wie ist das mit dem endlichen Anlauf zu verstehen? Ach so: Beispiel: Für Teilbarkeit durch 4 besteht der „endliche Anlauf“ aus den Gewichten 1 und 2 (für Einser und Zehner) und die periodische Struktur aus den sich stets wiederholenden Nullen als Gewicht. ?15 Stolperstein: endlicher Anlauf bei Primzahlen Frage: Warum existiert kein endlicher Anlauf bei Primzahlen, die keine Teiler von 10 sind? . . . zunächst: weiterlesen . . . ?16 Stolperstein: Dazu brauche ich Zettel und Stift. Ach so: 1=1 10 = 10 · 1 100 = 10 · 10 1000 = 10 · 100 ≡5 ≡5 ≡5 ≡5 1 0 0 0 1=1 10 = 10 · 1 100 = 10 · 10 1000 = 10 · 100 1=1 10 = 10 · 1 100 = 10 · 10 1000 = 10 · 100 ≡8 ≡8 ≡8 ≡8 ≡9 ≡9 ≡9 ≡9 1 1 1 1 1 2 ≡8 10 4 ≡8 100 0 Wir bemerken, dass die Fragen zu Stolperstein ?8 und ?15 offengeblieben sind. Das heißt nicht, dass man sie nicht beantworten kann. Aber in beiden Fällen wird sich die Antwort sehr viel leichter anhand späterer Beispieltexte ergeben. Daher der Rat, zunächst weiterzulesen. Auf jeden Fall sollte man die offengebliebenen Fragen notieren und letztendlich dem Dozenten stellen, wenn man selbst zu keiner Antwort gelangt.2 2 Im vorliegenden Buch findet man Antworten zu ?8 in den Kapiteln 7 bis 9. Eine Antwort zu ?15 ergibt sich aus Übung 5.15.
26 2 Teilbarkeit Erläuterungen zum Text Bemerkung 2.1 (Notation bei Restklassen) Will man die Menge der Restklassen modulo k mit k ∈ Z ausdrücken, so findet man verschiedene gleichberechtige Schreibweisen. Ist einem dies nicht bewusst, können hierdurch schnell Verwirrungen entstehen. Die gebräuchliche Notation ist Z/kZ (sprich: „zett modulo ka zett“). Der Einfachheit halber wird manchmal auch Zk oder Zk geschrieben. Einzelne Restklassen werden in diesem Buch für gewöhnlich mit eckigen Klammern bezeichnet. Ist nicht klar, bezüglich welcher Zahl die Reste gebildet werden, so kann dies noch als Index geschrieben werden. Ein Beispiel ist [a]4 = [a] ∈ Z/4Z. Alternative übliche Notationen sind ā oder einfach nur a, wenn klar ist, dass es sich um eine Restklasse handelt. Beispiel 2.2 (Division mit Rest) Die Division mit Rest kennt man aus der Grundschule als Teil des schriftlichen Dividierens. Zum Beispiel findet man 123 : 5 = 24 Rest 3 via 123 : 5 = 24 10 23 20 3. Beispiel 2.3 (Teilbarkeit durch 7) Ein ganze Zahl n ist durch 7 teilbar, wenn es eine ganze Zahl k mit n = k · 7 gibt. So ist zum Beispiel 21 = 3 · 7 durch 7 teilbar, nicht aber 22 = 3 · 7 + 1. Unter Zuhilfenahme der Division mit Rest kann man alternativ sagen: Eine ganze Zahl n ist durch 7 teilbar, wenn bei Division durch 7 mit Rest der Wert 0 als Rest herauskommt. Die Zahlen . . . , −14, −7, 0, 7, 14, . . . sind alle Elemente und damit Repräsentanten der Restklasse [0] von 0 modulo 7. Analog sind . . . , −13, −6, 1, 8, 15, . . . alle Elemente und damit Repräsentanten der Restklasse [1] von 1 modulo 7. Die Aussage n ≡ m mod 7 lässt sich auf verschiedene Weise ausdrücken: Es gibt ein k ∈ Z mit k · 7 = n − m. Bei Division durch 7 haben n und m denselben Rest. Bezeichne [n] die Restklasse von n modulo 7. Dann gilt: [n] = [m]. Die beiden ganzen Zahlen n und m liegen in derselben Restklasse modulo 7.
2.2 Übung und Selbstkontrolle 27 Die Berechnung der Reste von Zehnerpotenzen bei Division durch 7 ist nach sieben Schritten komplett, weil die Multiplikation von Repräsentanten zweier Restklassen immer Repräsentanten derselben Restklasse liefert. Zum Beispiel gilt: [100] = [10 · 10] = [3 · 3] = [9] = [2]. Das erlaubt die Definition einer Multiplikation von Restklassen durch [n] · [n ] := [nn ]. Damit gilt für jede natürliche Zahl k ∈ N, dass [10k ] = [10 · 10k−1 ] = [3] · [10k−1 ]. Man kann die Restklassen der Zehnerpotenzen also iterativ berechnen, indem man in jedem Schritt mit der Restklasse [3] multipliziert. Als Ergebnis erhält man [1]  [3·1] = [3]  [3·3] = [2]  [3·2] = [6]  [3·6] = [4]  [3·4] = [5]  [3·5] = [1]. Dann muss sich die Folge wiederholen, weil dieselbe Operation auf dieselben Elemente angewendet wird. Da auch die Addition von Repräsentanten zweier Restklassen immer Repräsentanten derselben Restklasse liefert, kann man durch [n]+[n ] := [n+n ] eine Addition von Restklassen definieren. Mithilfe von Addition und Multiplikation von Restklassen lässt sich die Überprüfung der Teilbarkeit von 94325 auf Teilbarkeit durch 7 wie folgt beschreiben: [94 325] = [9 · 104 + 4 · 103 + 3 · 102 + 2 · 101 + 5 · 100 ] = [9 · 104 ] + [4 · 103 ] + [3 · 102 ] + [2 · 101 ] + [5 · 100 ] = [9] · [104 ] + [4] · [103 ] + [3] · [102 ] + [2] · [101 ] + [5] · [100 ] = [9] · [4] + [4] · [6] + [3] · [2] + [2] · [3] + [5] · [1] = [9 · 4 + 4 · 6 + 3 · 2 + 2 · 3 + 5 · 1] = [77] = [0]. 2.2 Übung und Selbstkontrolle Spezielle Schnittstellenübungen Übung 2.4 (Restklassen und Uhrzeit) Eckbert Birnschein ist mit vielen guten Vorsätzen ins neue Jahr gestartet. Er besitzt einen Stundenzähler, mit dem er die Stunden seit Jahresbeginn aufwärts zählt. Eifrig kontrolliert er mehrmals täglich, wie lange er seine Vorsätze schon durchhält.
28 2 Teilbarkeit (i) Welche Stunde würde Eckbert auf seiner gewöhnlichen digitalen Uhr, die im 24-Sunden-Modus die Uhrzeit anzeigt, ablesen, wenn der Stundenzähler (a) 4713 h, (b) 837 h, (c) 262 h, (d) 52 h anzeigt? (ii) Geben Sie die Mengen Mt , t ∈ {0, 1, 2, 3, 4} aller Zeiten auf Eckberts Stundenzähler an, die zur digitalen Stundenanzeige t führen. Hinweis: Beispieltext, S. 18, Abbildung 1.4. (iii) Beschreiben Sie nun in mathematischen Symbolen die Menge Mt aller Zeiten auf Eckberts Stundenzähler, die zur allgemeinen digitalen Stundenangabe t führen. Achtung: An dieser Stelle ist nach einer allgemeinen Symbolik gefragt, nicht nach Beispielen. Übung 2.5 (Gerade und ungerade Zahlen) In der Grundschule wird das Konzept der geraden und ungeraden Zahlen eingeführt. (i) Beschreiben Sie in mathematischen Symbolen zum einen die Menge aller geraden und zum anderen die Menge aller ungeraden ganzen Zahlen. (ii) Welchen Zusammenhang zwischen den ungeraden und geraden Zahlen und dem Begriff „Restklasse“ erkennen Sie? (iii) Formulieren Sie die folgenden Aussagen in mathematischen Symbolen : (a) Die Summe zweier gerader Zahlen ist immer eine gerade Zahl. (b) Addiert man eine gerade und eine ungerade Zahl, so erhält man eine ungerade Zahl. (c) Das Produkt zweier ungerader Zahlen ist ungerade. (d) Multipliziert man eine gerade Zahl mit einer beliebigen anderen Zahl, so ist das Produkt gerade. (iv) Beweisen Sie die Aussagen aus (iii). Hinweis: Beispieltext, S. 18, Beispiel 1.4. Übung 2.6 (Teilbarkeitsregeln) (i) Nennen Sie Teilbarkeitsregeln für die Teilbarkeit durch 2, 3, 4 und 5. (ii) Formulieren Sie die Regeln aus (i) als „gewichtete Quersummenregel“. (iii) Wie lautet eine Teilbarkeitsregel für 13? Bitte begründen Sie Ihr Ergebnis. Hinweis: Konstruieren Sie systematisch eine „gewichtete Quersummenregel“. (iv) Überprüfen Sie mithilfe von (iii), ob die Zahlen 59527 und 74754 durch 13 teilbar sind.
2.2 Übung und Selbstkontrolle 29 Übung 2.7 (Teilbarkeitsregeln) (i) Nennen Sie Teilbarkeitsregeln für die Teilbarkeit durch 6, 8, 9 und 10. (ii) Geben Sie für 6, 8, 9 und 10 gewichtete Quersummenregeln gemäß dem Schema aus dem Beispieltext (S. 18, Beispiel 1.4) an. (iii) Wie lautet eine Teilbarkeitsregel für 17? Bitte begründen Sie Ihr Ergebnis. Hinweis: Konstruieren Sie systematisch eine „gewichtete Quersummenregel“. (iv) Überprüfen Sie mithilfe von (iii), ob die Zahlen 59527 und 716618 durch 17 teilbar sind. Vertiefende Übungen Übung 2.8 (Rechnen mit Restklassen modulo 4) Anmerkung: In dieser Aufgabe werden mit [. . .] Restklassen modulo 4 bezeichnet. Wir definieren also der Einfachheit halber [. . .] := [. . .]4 . (i) Sei n ∈ Z. Nach dem Beispieltext (S. 18, Beispiel 1.4) wissen wir, dass es eine Zahl 0 ≤ r < 4 gibt, sodass man n durch 4 mit Rest r teilen kann – in Formeln: Es gibt ein k ∈ Z und ein r ∈ N0 mit 0 ≤ r < 4, sodass gilt: n = k · 4 + r. Formulieren Sie auf Grundlage dieser Definition von Teilen mit Rest eine Definition für Teilbarkeit durch 4 mit Rest r im Sinne von: Eine Zahl n ∈ Z ist genau dann durch 4 mit Rest r ∈ N (0 ≤ r < 4) teilbar, wenn es . . . (ii) Im Beispieltext (S. 18, Beispiel 1.4) finden wir eine Möglichkeit, die Addition und Multiplikation von Restklassen durch die Addition und Multiplikation ihrer Repräsentanten zu definieren: [a] + [b] = [a + b] und [a] · [b] = [a · b], a, b ∈ Z. (∗) Wir wollen dies zunächst an einem Beispiel verdeutlichen und betrachten 1 und 9 aus der Restklasse [1] sowie 3 und 7 aus der Restklasse [3]. Dementsprechend gilt [1] = [9] und [3] = [7]. Eine sinnvolle Addition von Restklassen müsste [1] + [3] = [9] + [7] ergeben. Dies ist wegen (∗) (∗) [1] + [3] = [1 + 3] = [4] = [16] = [9 + 7] = [9] + [7] auch der Fall. Überlegen Sie sich mindestens zwei weitere solcher Zahlenbeispiele.
30 2 Teilbarkeit (iii) An dieser Stelle haben wir noch nicht begründet, dass wir nicht doch Zahlen a, b, c, d ∈ Z mit [a] = [b] und [c] = [d] finden könnten, für die gilt: [a] + [c] = [23] und [b] + [d] = [42]. Wegen [23] = [3] = [2] = [42] wäre die Sinnhaftigkeit der Definition der Addition (im Sinne von (∗)) von Restklassen infrage gestellt. Nun gilt es also zu zeigen, dass dieses Problem für allgemeine Restklassen modulo 4 nicht auftreten kann. Dazu seien a1 , a2 , b1 , b2 ∈ Z mit [a1 ] = [a2 ] und [b1 ] = [b2 ]. Zeigen Sie, dass dann a1 + b1 und a2 + b2 in derselben Restklasse modulo 4 liegen, dass also gilt: [a1 + b1 ] = [a2 + b2 ]. Hinweis: Formulieren Sie zunächst das Problem mithilfe der in (i) entwickelten Definition von Teilbarkeit mit Rest. Übung 2.9 (Rechnen mit Restklassen modulo 4) Wir betrachten die Restklassen modulo 4. (i) Teilen Sie analog zu Abbildung 1.4 im Beispieltext (S. 18) die ganzen Zahlen in Restklassen modulo 4 auf. (ii) Beschreiben Sie die in (i) gefundenen Restklassen in mathematischen Symbolen unter Verwendung von Mengen Mi , i ∈ {1, . . . 4}, wobei Mi je eine Restklasse präsentiert. (iii) Erstellen Sie analog zu Abbildung 1.5 im Beispieltext (S. 20) je eine Additions- bzw. Multiplikationstabelle der Restklassen modulo 4. Übung 2.10 (Rechnen mit Restklassen) Sei m ∈ N. Anmerkung: In dieser Aufgabe werden mit [. . .] Restklassen modulo m bezeichnet. Wir definieren also der Einfachheit halber [. . .] := [. . .]m . (i) Sei n ∈ Z. Aus Beispiel 1.4 im Beispieltext (S. 18) wissen wir, dass es eine Zahl 0 ≤ r < m gibt, sodass man n durch m mit Rest r teilen kann – in Formeln: Es gibt ein k ∈ Z und ein r ∈ N0 mit 0 ≤ r < m, sodass gilt: n = k · m + r. Formulieren Sie auf Grundlage dieser Definition von Teilen mit Rest eine Definition für Teilbarkeit durch m mit Rest r im Sinne von: Eine Zahl n ∈ Z ist genau dann durch m mit Rest r ∈ N (0 ≤ r < m) teilbar, wenn es . . .
2.2 Übung und Selbstkontrolle 31 (ii) Wir wollen an dieser Stelle allgemein beweisen, dass die in Beispiel 1.4 im Beispieltext (S. 18) eingeführte Addition und Multiplikation für unser beliebiges m im Sinne von Übung 2.8(ii) und (iii) vernünftig ist. Zeigen Sie: Für Restklassen [a] , [a ] , [b] , [b ] mit [a] = [a ] und [b] = [b ] gilt: [a + b] = [a + b ] , [a · b] = [a · b ] . Hinweis: Gehen Sie analog zu Übung 2.8(iii) vor. Übung 2.11 (Multiplikationstabellen) Stellen Sie die Multiplikationstabellen für die Restklassen modulo 11 und 12 auf. Übung 2.12 (Teilbarkeit durch 12) Für wie viele der Zahlen n ∈ {1, 2, 3, . . . , 99} ist die Zahl 10n + n durch 12 teilbar? Übung 2.13 (Teilbarkeitsregel für 11) N Zeigen Sie: Eine im Dezimalsystem als j=0 aj · 10j mit aj ∈ {0, 1, . . . , 9} dargestellte Zahl ist genau dann durch 11 teilbar, wenn die alternierende Quersumme N j j=0 (−1) aj durch 11 teilbar ist. Übung 2.14 (Reste modulo 10) Bestimmen Sie die Endziffer von ⎛ ⎝9999 9999 (999 ) 999 ⎞ ⎠ . Begründen Sie Ihr Ergebnis. Hinweis: Betrachten Sie die Endziffer von Produkten von Faktoren mit Endziffer 9. Übung 2.15 (Teilbarkeit) Sei M ⊂ Z eine Teilmenge mit acht Elementen. Zeigen Sie, dass Sie a, b ∈ M finden können, sodass a − b durch 7 teilbar ist. Gehen Sie dabei in zwei Schritten vor: 1. Verifizieren Sie die Aussage für ein selbstgewähltes Beispiel. 2. Zeigen Sie, dass die obige Aussage für eine entsprechende beliebige Menge M gültig ist.
32 2 Teilbarkeit Kontrollfragen Die Lösungen zu den folgenden Fragen finden Sie auf S. 380. Frage 2.16 (Multiple Choice) Seien m ∈ N, k ∈ Z. Was beschreibt die Restklasse [5] modulo 3? 2 Diese Menge kann es gar nicht geben, da es bei Division durch 3 nur drei Restklassen gibt. 2 Die Menge aller Zahlen, die bei Division durch 3 den Rest 5 haben. 2 Die Menge aller Zahlen, die bei Division durch 3 den Rest 2 haben. 2 Die Menge aller Zahlen, die durch 5 teilbar sind. 2 Die Menge aller Zahlen, die bei Division durch 3 denselben Rest haben wie 5 bei Division durch 3. 2 Die Menge aller Zahlen, die bei Division durch 3 denselben Rest haben wie 2 bei Division durch 3. 2 {n ∈ Z | n ist äquivalent zu 5 mod 3} Frage 2.17 (Multiple Choice) Sei [3] modulo 4 die Restklasse aller Zahlen, die bei Division durch 4 denselben Rest wie 3 ergeben. Welche der folgenden Zahlen liegt in [3]? 2 2 2 2 2 2 8 9 11 12 −1 −3 Frage 2.18 (Multiple Choice) Wie viele a, b ∈ Z mit 0 ≤ b < a gibt es, sodass 5 − b = 3a gilt? 2 2 2 2 gar keine genau ein a und genau ein b unendlich viele a, b Es gibt solche a und b, aber über die Anzahl kann man keine Aussage treffen . Frage 2.19 (Single Choice) Seien n ∈ Z, m ∈ N. Gibt es immer a, b ∈ Z mit der Eigenschaft 0 ≤ b < a, sodass n − b = a · m gilt? 2 ja 2 nein
2.3 Weitere Beispiele 33 Frage 2.20 (Multiple Choice) Seien n, b ∈ N und k ∈ Z. Wir betrachten die Restklasse [k] modulo m. Welche Zahl ist immer in [k]? 2 2 2 2 k+k n mit: Es gibt ein b ∈ Z mit n − k = b · m. 0 42m + k Frage 2.21 (Multiple Choice) Wir kennen nur die letzten drei Ziffern einer Zahl n ∈ N. Für welche der unten stehenden t können wir entscheiden, ob n durch t teilbar ist oder nicht? 2 2 2 2 t=3 t=5 t = 12 t = 40 2.3 Weitere Beispiele Direkte Anwendungen von Definitionen und Sätzen Beispiel 2.22 (Teilbarkeit durch 2) Die ganzen Zahlen lassen sich wie folgt in Restklassen modulo 2 aufteilen. Dabei bildet jede Spalte eine Restklasse: −4 −2 0 2 4 .. . = = = = = .. . 2 · (−2) + 0 −3 2 · (−1) + 0 −1 2·0+0 1 2·1+0 3 2·2+0 5 .. . = = = = = .. . 2 · (−2) + 1 2 · (−1) + 1 2·0+1 2·1+1 2·2+1 Die beiden folgenden Tabellen beschreiben die Addition und die Multiplikation auf der Menge der Restklassen modulo 2. Die Restklasse [0] von 0 ist die Menge aller geraden Zahlen, und die Restklasse [1] von 1 besteht aus allen ungeraden Zahlen. · [0] [1] + [0] [1] [0] [0] [1] [0] [0] [0] [1] [1] [0] [1] [0] [1]
34 2 Teilbarkeit Alle Zehnerpotenzen 10k mit k = 1, 2, 3, . . . sind durch 2 teilbar: 10k = 2 · (5 · 10k−1 ). Als Rest bekommt man bei Division durch 2 also für 10, 100, 1 000, . . . immer 0. Weil die Multiplikation mit der Restklasse [10] dasselbe ist wie die Multiplikation mit der Restklasse [0], kann man das auch einsehen, indem man wiederholt mit der Restklasse [10] multipliziert. Als gewichtete Quersummenregel erhält man: Gewichtete Quersummenregel für 2: Man multipliziere die Einer mit 1, Zehner mit 0, Hunderter mit 0, Tausender mit 0 etc. Durch Aufaddieren der Ergebnisse erhält man als gewichtete Quersumme gerade den Einer. Die Zahl ist durch 2 genau dann teilbar, wenn die gewichtete Quersumme, das heißt der Einer, durch 2 teilbar ist. Beispiel 2.23 (Teilbarkeit durch 3) Die Einteilung der ganzen Zahlen in Restklassen modulo 3 stellt sich wie folgt dar (jede Spalte bildet eine Restklasse): −6 −3 0 3 6 .. . = = = = = .. . 3 · (−2) + 0 −5 3 · (−1) + 0 −2 3·0+0 1 3·1+0 4 3·2+0 7 .. . = = = = = .. . 3 · (−2) + 1 −4 3 · (−1) + 1 −1 3·0+1 2 3·1+1 5 3·2+1 8 .. . = = = = = .. . 3 · (−2) + 2 3 · (−1) + 2 3·0+2 3·1+2 3·2+2 Die beiden folgenden Tabellen beschreiben die Addition und die Multiplikation auf der Menge der Restklassen modulo 3: + [0] [1] [2] · [0] [1] [2] [0] [0] [1] [2] [0] [0] [0] [0] [1] [1] [2] [0] [1] [0] [1] [2] [2] [2] [0] [1] [2] [0] [2] [1] Alle Zehnerpotenzen 10k mit k = 1, 2, 3, . . . liefern bei Division durch 3 den Rest 1. Dies ist eine Konsequenz der Beobachtung, dass die Multiplikation mit der
2.3 Weitere Beispiele 35 Restklasse [10] dasselbe ist wie die Multiplikation mit der Restklasse [1]. Man kann aber auch direkt 10k = 9 · (10k−1 + 10k−2 + . . . + 10 + 1) + 1 schreiben. Als gewichtete Quersummenregel bekommt man: Gewichtete Quersummenregel für 3: Man multipliziere die Einer mit 1, Zehner mit 1, Hunderter mit 1, Tausender mit 1 etc. Durch Aufaddieren der Ergebnisse erhält man als gewichtete Quersumme gerade die normale Quersumme. Die Zahl ist durch 3 teilbar genau dann, wenn die Quersumme durch 3 teilbar ist. Beispiel 2.24 (Teilbarkeit durch 4) Die Einteilung der ganzen Zahlen in Restklassen modulo 4 stellt sich wie folgt dar (jede Spalte bildet eine Restklasse): −8 −4 0 4 8 .. . = = = = = .. . 4 · (−2) + 0 −7 4 · (−1) + 0 −3 4·0+0 1 4·1+0 5 4·2+0 9 .. . = = = = = .. . 4 · (−2) + 1 −6 4 · (−1) + 1 −2 4·0+1 2 4·1+1 6 4·1+1 10 .. . = = = = = .. . 4 · (−2) + 2 −5 4 · (−1) + 2 −1 4·0+2 3 4·1+2 7 4·1+2 11 .. . = = = = = .. . 4 · (−2) + 3 4 · (−1) + 3 4·0+3 4·1+3 4·1+3 Die beiden folgenden Tabellen beschreiben die Addition und die Multiplikation auf der Menge der Restklassen modulo 4: + [0] [1] [2] [3] · [0] [1] [2] [3] [0] [0] [1] [2] [3] [0] [0] [0] [0] [0] [1] [1] [2] [3] [0] [1] [0] [1] [2] [3] [2] [2] [3] [0] [1] [2] [0] [2] [0] [2] [3] [3] [0] [1] [2] [3] [0] [3] [2] [1] Alle Zehnerpotenzen 10k mit k = 2, 3, 4, . . . sind durch 4 teilbar: 10k = 4 · (25 · 10k−2 ).
36 2 Teilbarkeit Als Rest bekommt man bei Division durch 4 also für 100, 1 000, 10 000, . . . immer 0. Man kann das auch einsehen, indem man wiederholt mit der Restklasse [10] = [2] multipliziert und feststellt, dass [2] · [2] = [0] gilt. Wegen 10 = 8 + 2 erhält man als gewichtete Quersummenregel daher: Gewichtete Quersummenregel für 4: Man multipliziere die Einer mit 1, Zehner mit 2, Hunderter mit 0, Tausender mit 0, Zehntausender mit 0 etc. Durch Aufaddieren der Ergebnisse erhält man als gewichtete Quersumme gerade den Einer plus zweimal den Zehner. Die Zahl ist durch 4 genau dann teilbar, wenn die gewichtete Quersumme, das heißt der Einer plus zweimal der Zehner, durch 4 teilbar ist. Wendet man dieses Kriterium auf die Zahl an, die durch die letzten beiden Ziffern (Einer und Zehner) gegeben ist, dann ergibt sich dieselbe gewichtete Quersumme. Also ist die Zahl genau dann durch 4 teilbar, wenn die Zahl, die durch die letzten beiden Ziffern (Einer und Zehner) gegeben ist, durch 4 teilbar ist. Beispiel 2.25 (Teilbarkeit durch 5) Die Einteilung der ganzen Zahlen in Restklassen modulo 5 stellt sich wie folgt dar (jede Spalte bildet eine Restklasse): .. .. .. .. .. . . . . . −10 −9 −8 −7 −6 −5 −4 −3 −2 −1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 .. .. .. .. .. . . . . . Die beiden folgenden Tabellen beschreiben die Addition und die Multiplikation auf der Menge der Restklassen modulo 5: + [0] [1] [2] [3] [4] · [0] [1] [2] [3] [4] [0] [0] [1] [2] [3] [4] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [1] [1] [2] [3] [4] [0] [1] [0] [1] [2] [3] [4] [2] [2] [3] [4] [0] [1] [2] [0] [2] [4] [1] [3] [3] [3] [4] [0] [1] [2] [3] [0] [3] [1] [4] [2] [4] [4] [0] [1] [2] [3] [4] [0] [4] [3] [2] [1]
2.3 Weitere Beispiele 37 Alle Zehnerpotenzen 10k mit k = 1, 2, 3, . . . sind durch 5 teilbar: 10k = 5 · (2 · 10k−1 ). Als Rest bekommt man bei Division durch 5 also für 10, 100, 1 000, . . . immer 0. Als gewichtete Quersummenregel erhält man daher: Gewichtete Quersummenregel für 5: Man multipliziere die Einer mit 1, Zehner mit 0, Hunderter mit 0, Tausender mit 0 etc. Durch Aufaddieren der Ergebnisse erhält man als gewichtete Quersumme gerade den Einer. Die Zahl ist durch 5 genau dann teilbar, wenn die gewichtete Quersumme, das heißt der Einer durch 5 teilbar, also 0 oder 5 ist. Beispiel 2.26 (Teilbarkeit durch 6) Die Einteilung der ganzen Zahlen in Restklassen modulo 6 stellt sich wie folgt dar (jede Spalte bildet eine Restklasse): .. .. .. .. .. .. . . . . . . −12 −11 −10 −9 −8 −7 −6 −5 −4 −3 −2 −1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 .. .. .. .. .. .. . . . . . . Die beiden folgenden Tabellen beschreiben die Addition und die Multiplikation auf der Menge der Restklassen modulo 6: + [0] [1] [2] [3] [4] [5] · [0] [1] [2] [3] [4] [5] [0] [0] [1] [2] [3] [4] [5] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [1] [1] [2] [3] [4] [5] [0] [1] [0] [1] [2] [3] [4] [5] [2] [2] [3] [4] [5] [0] [1] [2] [0] [2] [4] [0] [2] [4] [3] [3] [4] [5] [0] [1] [2] [3] [0] [3] [0] [3] [0] [3] [4] [4] [5] [0] [1] [2] [3] [4] [0] [4] [2] [0] [4] [2] [5] [5] [0] [1] [2] [3] [4] [5] [0] [5] [4] [3] [2] [1]
38 2 Teilbarkeit Alle Zehnerpotenzen 10k mit k = 1, 2, 3, . . . liefern bei Division durch 6 den Rest 4, denn 10 = 6 + 4 und für k > 1 gilt: 10k = 9 · (10k−1 + 10k−2 + . . . + 10) + 10 = 6 · 3 · 5 · (10k−2 + 10k−3 + . . . + 1) + 10. Einfacher sieht man das, indem man wiederholt mit [10] = [4] multipliziert und feststellt, dass [4] · [4] = [4] gilt. Als gewichtete Quersummenregel bekommt man: Gewichtete Quersummenregel für 6: Man multipliziere die Einer mit 1, Zehner mit 4, Hunderter mit 4, Tausender mit 4, etc. Durch Aufaddieren der Ergebnisse erhält man als gewichtete Quersumme gerade das Vierfache der normalen Quersumme minus dreimal den Einer. Die Zahl ist durch 6 genau dann teilbar, wenn die gewichtete Quersumme durch 6 teilbar ist. Wenn die Zahl n durch 6 teilbar, das heißt von der Form n = 6 · m = 2 · 3 · m, ist, dann ist sie auch durch 2 und 3 teilbar. Nach Beispiel 2.22 ist der Einer durch 2 teilbar. Also ist dreimal der Einer durch 6 teilbar. Damit ist die gewichtete Quersumme genau dann durch 6 teilbar, wenn das Vierfache der normalen Quersumme durch 6 teilbar ist. Das heißt, wenn n durch 6 teilbar ist, ist der Einer gerade und das Vierfache der normalen Quersumme durch 6 teilbar. Sei umgekehrt der Einer gerade und das Vierfache der normalen Quersumme durch 6 teilbar. Dann ist die gewichtete Quersumme, also auch n, durch 6 teilbar. Da das Vierfache einer Zahl m genau dann durch 6 teilbar ist, wenn das Zweifache dieser Zahl durch 3 teilbar ist (2 · 2 · m = 4 · m = 6 · k = 2 · 3 · k), ist jetzt folgendes Kriterium gezeigt: Eine Zahl ist genau dann durch 6 teilbar, wenn die letzte Ziffer gerade und das Doppelte der Quersumme durch 3 teilbar ist. Man kann zeigen, dass man auf die Verdoppelung der Quersumme verzichten kann, und bekommt so heraus, dass eine Zahl genau dann durch 6 teilbar ist, wenn sie durch 2 und durch 3 teilbar ist. Aber um das zu beweisen, muss man zeigen, dass für eine Zahl der Form 2·m, die durch 3 teilbar ist, schon gelten muss, dass m durch 3 teilbar ist. Das kann man machen, indem man m durch 3 teilt, und schaut, welcher Rest dabei herauskommen kann. Denkbar sind die Reste 0 (wenn m durch 3 teilbar ist), 1 und 2. Wäre m = 3 · k + 1, so hätte man 2 · m = 6 · k + 1, das heißt, 1 = 2 · m − 3 · 2 · k wäre durch 3 teilbar, was nicht der Fall ist.
2.3 Weitere Beispiele 39 Wäre m = 3 · k + 2, so hätte man 2 · m = 6 · k + 2, das heißt, 2 = 2 · m − 3 · 2 · k wäre durch 3 teilbar, was ebenfalls nicht der Fall ist. Damit bleibt nur der Rest 0 übrig, das heißt, m ist durch 3 teilbar. Beispiel 2.27 (Teilbarkeit durch 8) Die Einteilung der ganzen Zahlen in Restklassen modulo 8 stellt sich wie folgt dar (jede Spalte bildet eine Restklasse): .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . . −16 −15 −14 −13 −12 −11 −10 −9 −8 −7 −6 −5 −4 −3 −2 −1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . . Die beiden folgenden Tabellen beschreiben die Addition und die Multiplikation auf der Menge der Restklassen modulo 8: + [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] · [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [0] [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [1] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [0] [1] [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [2] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [0] [1] [2] [0] [2] [4] [6] [0] [2] [4] [6] [3] [3] [4] [5] [6] [7] [0] [1] [2] [3] [0] [3] [6] [1] [4] [7] [2] [5] [4] [4] [5] [6] [7] [0] [1] [2] [3] [4] [0] [4] [0] [4] [0] [4] [0] [4] [5] [5] [6] [7] [0] [1] [2] [3] [4] [5] [0] [5] [2] [7] [4] [1] [6] [3] [6] [6] [7] [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [0] [6] [4] [2] [0] [6] [4] [2] [7] [7] [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [0] [7] [6] [5] [4] [3] [2] [1] Alle Zehnerpotenzen 10k mit k = 3, 4, 5, . . . sind durch 8 teilbar: 10k = 8 · (125 · 10k−3 ). Als Rest bekommt man bei Division durch 8 also für 1 000, 10 000, 100 000, . . . immer 0. Wegen 10 = 8 + 2 und 100 = 8 · 12 + 4 erhält man als gewichtete Quersummenregel daher (man kann das auch einsehen, indem man wiederholt mit der Restklasse [10] = [2] multipliziert und feststellt, dass [2] · [2] · [2] = [0] gilt):
40 2 Teilbarkeit Gewichtete Quersummenregel für 8: Man multipliziere die Einer mit 1, Zehner mit 2, Hunderter mit 4, Tausender mit 0, Zehntausender mit 0 etc. Durch Aufaddieren der Ergebnisse erhält man als gewichtete Quersumme gerade den Einer plus zweimal den Zehner plus viermal den Hunderter. Die Zahl ist durch 8 genau dann teilbar, wenn die gewichtete Quersumme, das heißt der Einer plus zweimal der Zehner plus viermal der Hunderter, durch 8 teilbar ist. Wendet man dieses Kriterium auf die Zahl an, die durch die letzten drei Ziffern (Einer, Zehner und Hunderter) gegeben ist, ergibt sich dieselbe gewichtete Quersumme. Also ist die Zahl genau dann durch 4 teilbar, wenn die Zahl, die durch die letzten drei Ziffern (Einer, Zehner und Hunderter) gegeben ist, durch 8 teilbar ist. Beispiel 2.28 (Teilbarkeit durch 9) Die Einteilung der ganzen Zahlen in Restklassen modulo 9 stellt sich wie folgt dar (jede Spalte bildet eine Restklasse): .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . . . −18 −17 −16 −15 −14 −13 −12 −11 −10 −9 −8 −7 −6 −5 −4 −3 −2 −1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . . .
2.3 Weitere Beispiele 41 Die beiden folgenden Tabellen beschreiben die Addition und die Multiplikation auf der Menge der Restklassen modulo 9: + [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] · [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [0] [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [1] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [0] [1] [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [2] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [0] [1] [2] [0] [2] [4] [6] [8] [1] [3] [5] [7] [3] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [0] [1] [2] [3] [0] [3] [6] [0] [3] [6] [0] [3] [6] [4] [4] [5] [6] [7] [8] [0] [1] [2] [3] [4] [0] [4] [8] [3] [7] [2] [6] [1] [5] [5] [5] [6] [7] [8] [0] [1] [2] [3] [4] [5] [0] [5] [1] [6] [2] [7] [2] [8] [4] [6] [6] [7] [8] [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [0] [6] [3] [0] [6] [2] [0] [6] [3] [7] [7] [8] [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [0] [7] [5] [3] [1] [8] [6] [4] [2] [8] [8] [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [0] [8] [7] [6] [5] [4] [3] [2] [1] Alle Zehnerpotenzen 10k mit k = 1, 2, 3, . . . liefern bei Division durch 9 den Rest 1. Dies ist eine Konsequenz der Beobachtung, dass die Multiplikation mit der Restklasse [10] dasselbe ist wie die Multiplikation mit der Restklasse [1]. Man kann aber auch direkt 10k = 9 · (10k−1 + 10k−2 + . . . + 10 + 1) + 1 schreiben. Als gewichtete Quersummenregel bekommt man: Gewichtete Quersummenregel für 9: Man multipliziere die Einer mit 1, Zehner mit 1, Hunderter mit 1, Tausender mit 1 etc. Durch Aufaddieren der Ergebnisse erhält man als gewichtete Quersumme gerade die normale Quersumme. Die Zahl ist durch 9 teilbar genau dann, wenn die Quersumme durch 9 teilbar ist.
42 2 Teilbarkeit Beispiel 2.29 (Teilbarkeit durch 10) Die Einteilung der ganzen Zahlen in Restklassen modulo 10 stellt sich wie folgt dar (jede Spalte bildet eine Restklasse): .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . . . . −20 −19 −18 −17 −16 −15 −14 −13 −12 −11 −10 −9 −8 −7 −6 −5 −4 −3 −2 −1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . . . . Die beiden folgenden Tabellen beschreiben die Addition und die Multiplikation auf der Menge der Restklassen modulo 10: + [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [0] [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [1] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [0] [2] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [0] [1] [3] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [0] [1] [2] [4] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [0] [1] [2] [3] [5] [5] [6] [7] [8] [9] [0] [1] [2] [3] [4] [6] [6] [7] [8] [9] [0] [1] [2] [3] [4] [5] [7] [7] [8] [9] [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [8] [8] [9] [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [9] [9] [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] · [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [1] [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [2] [0] [2] [4] [6] [8] [0] [2] [4] [6] [8] [3] [0] [3] [6] [9] [2] [5] [8] [1] [4] [7] [4] [0] [4] [8] [2] [6] [0] [4] [8] [2] [6] [5] [0] [5] [0] [5] [0] [5] [0] [5] [0] [5] [6] [0] [6] [2] [8] [4] [0] [6] [2] [8] [4] [7] [0] [7] [4] [1] [8] [5] [2] [9] [6] [3] [8] [0] [8] [8] [4] [2] [0] [8] [6] [4] [2] [9] [0] [9] [8] [7] [6] [5] [4] [3] [2] [1] Alle Zehnerpotenzen 10k mit k = 1, 2, 3, . . . sind durch 10 teilbar. Als gewichtete Quersummenregel bekommt man daher: Gewichtete Quersummenregel für 10: Man multipliziere die Einer mit 1, Zehner mit 0, Hunderter mit 0, Tausender mit 0 etc. Durch Aufaddieren der Ergebnisse erhält man als gewichtete Quersumme gerade den Einer. Die Zahl ist durch 10 genau dann teilbar, wenn die gewichtete Quersumme, das heißt der Einer, durch 10 teilbar ist. Das ist aber genau dann der Fall, wenn der Einer 0 ist.
2.3 Weitere Beispiele 43 Beispiel 2.30 (Potenzen) Können Sie in den folgenden Aussagen eine Gesetzmäßigkeit erkennen? (i) Betrachten Sie die Restklassen modulo 2. Dann gilt für jedes k ∈ Z die Gleichung [k2 ] = [k · k] = [k] · [k] = [k] (siehe die Multiplikationstabelle in Beispiel 2.22). Also gilt für alle k ∈ Z k2 ≡ k (ii) Betrachten Sie die Restklassen modulo 3. Dann gilt für jedes k ∈ Z die Gleichung [k 3 ] = [k] · [k] · [k] = [k] (siehe die Multiplikationstabelle in Beispiel 2.23). Also gilt für alle k ∈ Z k3 ≡ k (iii) mod 2. mod 3. Betrachten Sie die Restklassen modulo 4. Dann gilt für nicht jedes k ∈ Z die Gleichung [k 4 ] = [k], denn [24 ] = [16] = [0] = [2]. Also gilt die Gleichung k4 ≡ k mod 4 nicht für alle k ∈ Z. (iv) Betrachten Sie die Restklassen modulo 5. Dann gilt für jedes k ∈ Z die Gleichung [k 5 ] = [k] · [k] · [k] · [k] · [k] = [k] (siehe die Multiplikationstabelle in Beispiel 2.25). Also gilt für alle k ∈ Z k5 ≡ k (v) mod 5. Betrachten Sie die Restklassen modulo 6. Dann gilt für nicht jedes k ∈ Z die Gleichung [k 6 ] = [k], denn [26 ] = [64] = [4] = [2]. Also gilt die Gleichung k6 ≡ k mod 6 nicht für alle k ∈ Z. (vi) Betrachten Sie die Restklassen modulo 7. Dann gilt für jedes k ∈ Z die Gleichung [k 7 ] = [k] (siehe Multiplikationstabelle im Beispieltext, Abbildung 1.5, in der die Restklassen jeweils durch ihre kleinsten nichtnegativen Elemente vertreten sind). Also gilt für alle k ∈ Z k7 ≡ k mod 7. (vii) Betrachten Sie die Restklassen modulo 8. Dann gilt für nicht jedes k ∈ Z die Gleichung [k 8 ] = [k], denn [28 ] = [256] = [0] = [2]. Also gilt die Gleichung k8 ≡ k nicht für alle k ∈ Z. mod 8
44 2 Teilbarkeit (viii) Betrachten Sie die Restklassen modulo 9. Dann gilt für nicht jedes k ∈ Z die Gleichung [k 9 ] = [k], denn [39 ] = [3 · 94 ] = [0] = [3]. Also gilt die Gleichung k9 ≡ k mod 9 nicht für alle k ∈ Z. Es liegt nahe, hier nach einer Systematik zu suchen: Für welche Zahlen n ∈ N gilt, dass für jedes k ∈ Z die Zahl k n kongruent zu k modulo n ist? Eine Antwort liefert der kleine Fermat’sche Satz, der besagt, dass diese Aussage für Primzahlen richtig ist (siehe Übung 6.14).
3 Mengen, Relationen, Funktionen Übersicht 3.1 3.2 3.3 Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 61 78 In vielen Bereichen werden neue Themengebiete oftmals mit einem hinführenden Beispiel eingeleitet. Eine wesentliche Stärke der Mathematik, die gleichzeitig auch eine hohe Hürde darstellt, besteht darin, von solch konkreten Beispielen abstrahieren zu können. Damit wird unter anderem die Grundlage geschaffen, erfolgreiche Konzepte und Methoden von einem mathematischen Bereich in einen anderen zu transferieren. Die Sprache, die diese Abstraktionen erlaubt, ist die sogenannte Mengenlehre. Mit ihr ist es zum Beispiel möglich, komplexe mathematische Gebilde zu Elementen einer Menge zusammenzufassen und diese nun anders, nämlich als einfache Objekte, zu interpretieren. Weiterführend lassen sich dann komplexe Beziehungen zwischen solchen Objekten als einfache Relationen beschreiben. Der große Nutzen beruht letztendlich darauf, dass sich dann umgekehrt die an den einfachen Objekten getestete Methode auf komplexe Situationen anwenden lässt. Für das Mathematikstudium sind elementare Kenntnisse der naiven Mengenlehre praktisch von Anfang an unerlässlich. Die allereinfachsten Konzepte werden in Kapitel 1 thematisiert. Wir wollen nun etwas tiefer in die Mathematik einsteigen und müssen uns dafür mit den grundlegenden Konzepten dieser Lehre vertraut machen. J. Hilgert, M. Hoffmann, A. Panse, Einführung in mathematisches Denken und Arbeiten, DOI 10.1007/978-3-662-45512-8_3, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
46 3 Mengen, Relationen, Funktionen Lernziele 1. Mengenschreibweisen a) Sie können aus verbalen Beschreibungen einfacher Mengen formal korrekte mengentheoretische Beschreibungen dieser Mengen ableiten. (BT2) b) Sie können zu durch mengentheoretische Beschreibungen gegebenen einfachen Mengen verbale Beschreibungen formulieren. (BT2) 2. Elemente und Teilmengen a) Sie können ausführen, dass zwei Mengen genau dann gleich sind, wenn sie dieselben Elemente haben. (BT1) b) Sie können für zwei einfache Mengen A und B herausfinden, ob A ⊆ B gilt, indem Sie überprüfen, ob jedes Element von A auch Element von B ist. (BT3) c) Sie können für zwei einfache Mengen A und B herausfinden, ob A = B gilt, indem Sie überprüfen, ob A ⊆ B und A ⊇ B gilt. (BT3) 3. Mengenoperationen a) Sie können angeben, was Vereinigung und Schnitt zweier Mengen sind. (BT1) b) Sie können erklären, wie man Vereinigung und Schnitt einer Familie von Mengen bildet, die durch eine nichtleere Indexmenge parametrisiert ist. (BT2) c) Sie können beschreiben, was es bedeutet, wenn Mengen disjunkt sind. (BT1) d) Sie können für einfache Familien von Mengen herausfinden, ob sie disjunkt sind. (BT3) e) Sie können erläutern, was das Komplement einer Teilmenge einer gegebenen Menge ist. (BT2) f) Sie können erläutern, was die Potenzmenge einer gegebenen Menge ist. (BT2) g) Sie können erläutern, was das kartesische Produkt zweier gegebener Mengen ist. (BT2) 4. Relationen a) Sie können erklären, wieso man Teilmengen eines kartesischen Produkts Relationen nennt. (BT2) b) Sie können für konkrete einfache Relationen die Beschreibung dieser als Teilmengen eines kartesischen Produkts aus der Formulierung über ein Relationssymbol ableiten. (BT2) c) Sie können für einfache Relationen herausfinden, ob diese reflexiv, transitiv oder symmetrisch sind. (BT3)
3.1 Texterarbeitung 47 d) Sie können Beispiele für Relationen aufschreiben, die keine, eine, zwei bzw. alle Eigenschaften aus Lernziel 4c haben. (BT1) e) Sie können erklären, wieso die Äquivalenzklassen einer Äquivalenzrelation disjunkt sind und warum jedes Element der Menge zu mindestens einer Äquivalenzklasse gehören muss. (BT2) f) Sie können für einfache Äquivalenzrelationen herausfinden, ob zwei gegebene Elemente bezüglich dieser Relation äquivalent sind oder nicht. (BT3) g) Sie können herausarbeiten, wieso die Kongruenzrelation x ≡m y für jedes m ∈ N eine Äquivalenzrelation definiert, deren Äquivalenzklassen die Restklassen modulo m sind. (BT4) 5. Funktionen/Abbildungen a) Sie können die Definition von Abbildungen angeben. (BT1) b) Sie können die Definitionen der Eigenschaften injektiv, surjektiv und bijektiv angeben. (BT1) c) Sie können für grafisch dargestellte Relationen identifizieren, ob es sich um eine Funktion/Abbildung handelt und gegebenenfalls erläutern, ob diese injektiv, surjektiv und/oder bijektiv ist. (BT2) d) Sie können für einfache Relationen herausfinden, ob es sich dabei um eine Funktion/Abbildung handelt. (BT3) e) Sie können für einfache Funktionen herausfinden, ob sie injektiv, surjektiv oder bijektiv sind. (BT3) f) Sie können für einfache bijektive Funktionen die Umkehrfunktion ermitteln. (BT3) g) Sie können erklären, warum für eine surjektive Funktion f : A → B der Definitionsbereich A mindestens so viele Elemente haben muss wie der Bildbereich B. (BT2) h) Sie können erklären, warum für eine injektive Funktion f : A → B der Bildbereich B mindestens so viele Elemente haben muss wie der Definitionsbereich A. (BT2) 3.1 Texterarbeitung Der zum Leseauftrag gehörende Text dieses Kapitels beinhaltet eine Ergänzung der in Abschnitt 1.2 enthaltenen thematisierten naiven Mengenlehre. Dabei kommt der Beschäftigung mit Potenzmengen, kartesischen Produkten sowie Schnitt- und Vereinigungsmengen über beliebige Indexmengen eine besondere Bedeutung zu. Des Weiteren erfolgen die Definition von Relationen und die Betrachtung der beiden zentralen Beispielklassen, nämlich Abbildungen und Äquivalenzrelationen. Für Abbildungen sind die Begriffe injektiv, surjektiv und bijektiv zu klären. Im
48 3 Mengen, Relationen, Funktionen Kontext der Äquivalenzrelationen werden auch die Zerlegung in Äquivalenzklassen behandelt. Insbesondere tauchen die Restklassen als wichtige Beispiele für Äquivalenzklassen auf. Literatur: [HH12] Beispieltext: [HH12], S. 29–35 Beispieltext aus [HH12] ?1 Eine sehr wichtige neue Menge, die man aus einer gegebenen Menge konstruieren kann, ist die Potenzmenge P(M ) := {N | N ⊆ M } von M , deren Elemente alle Teilmengen von M sind. Die Schreibweise N := B verwendet man häufig, um eine neue Bezeichnung N für ein bekanntes Objekt B einzuführen. ?2 Hat man zwei Mengen A und B, so gibt es verschiedene Möglichkeiten, daraus neue Mengen zu konstruieren: {x | x ∈ A oder x ∈ B} ?3 heißt die Vereinigung von A und B und wird mit A ∪ B bezeichnet. Eine Doppelung von Elementen ist in der Vereinigungsmenge nicht vorgesehen. Wenn c ein Element sowohl von A als auch von B ist, dann ist c ein Element von A ∪ B, kommt aber darin nicht doppelt vor. ?4 Die Menge {x | x ∈ A und x ∈ B} heißt der Schnitt von A und B und wird mit A ∩ B bezeichnet. Um sicherzustellen, dass der Schnitt zweier Mengen immer gebildet werden kann, muss man eine besondere Menge zulassen: die leere Menge, die überhaupt kein Element enthält und mit ∅ oder { } bezeichnet wird. Letztere Bezeichnung unterstützt die Intuition, dass { } ein leerer Sack ist. ?5 ?6 ?7 Die Definition von Schnitt und Vereinigung von zwei Mengen lässt sich problemlos auf mehr als zwei Mengen verallgemeinern. Nehmen wir an, wir haben eine ganze Ansammlung von Mengen, von denen jede ein „Namensschild“ bekommt. Die Namen bilden zusammen wieder eine Menge, die hier mit I für Indexmenge bezeichnet sei. Jetzt kann man die Ansammlung von Mengen beschreiben: Es sind die Mengen Ai mit i ∈ I. Die Vereinigung der Ai ist dann die Menge, die als Elemente alles enthält, was in irgendeiner der einzelnen Mengen Ai Element ist:  Ai := {x | es gibt ein i ∈ I mit x ∈ Ai }. i∈I ?8 Man packt quasi die Elemente der Ai alle in einen großen Sack. Dagegen ist der Schnitt der Ai die Menge, die als Elemente nur das enthält, was in jeder der einzelnen Mengen Ai Element ist:  Ai := {x | für alle i ∈ I gilt x ∈ Ai }. i∈I Die Vereinigung von disjunkten  Mengen, das heißt Mengen, deren Schnitt leer ist, bezeichnet man auch mit A ∪. B bzw. . i∈I Ai . Manchmal möchte man zwei Mengen A und B, die nicht näher bekannt sind, als disjunkt betrachten, das heißt, jedes Element von A bekommt eine unsichtbare Kennzeichnung „zu A gehörig“, und entsprechend bekommen die Elemente von B die B-Kennzeichnung. Die so präparierten Mengen sind disjunkt, und man kann ihre disjunkte Vereinigung betrachten, die man dann mit A B bezeichnet und auch die mengentheoretische Summe nennt.
3.1 Texterarbeitung 49 Eine weitere Menge, die man aus A und B bauen kann, ist das kartesische Produkt, das nach René Descartes benannt ist. Es besteht aus allen geordneten Paaren (a, b) mit a ∈ A und b ∈ B und wird mit A × B bezeichnet: ?9 A × B := {(a, b) | a ∈ A, b ∈ B}. Das kartesische Produkt ist nützlich, wenn es darum geht, Beziehungen zwischen Elementen einer oder mehrerer Mengen zu modellieren. Betrachtet man als Beispiel die Menge H aller Hörer der Vorlesung Analysis 1 und S, die Menge aller an der Universität Paderborn angebotenen Studienrichtungen, so lässt sich aus der Teilmenge {(x, F ) ∈ H × S | x studiert F } von H × S ablesen, welcher Hörer für welche Studienrichtung eingeschrieben ist. Allgemein bezeichnet man jede Teilmenge R eines kartesischen Produkts A × B als eine Relation zwischen A und B. Die Interpretation von (a, b) ∈ R ist: „a steht in Relation R zu b“. Man schreibt auch oft aRb statt (a, b) ∈ R. Wenn A gleich B ist, das heißt die Relation aus Elementen von A × A besteht, spricht man auch von einer Relation auf A. ?10 Die Sprache der Mengenlehre hat es ermöglicht, die Situation im Hörsaal mathematisch präzise zu beschreiben. Darüber hinaus gelingt es in der Notation der Mengenlehre, mathematisch präzise Beschreibungen auch von Beziehungen zwischen Objekten zu geben. Beispiele 1.7 und 1.8 illustrieren solche Beziehungen nicht zwischen Studierenden und ihren Studienfächern, sondern zwischen Zahlen. Beispiel 1.7 Sei A = {1, 3, 5} und B = {2, 3, 4}. Dann ist !1 R := {(1, 2), (1, 3), (1, 4), (3, 4)} eine Relation. Bei genauerem Hinsehen stellt man fest, dass (a, b) ∈ A × B genau dann Element der Relation ist, wenn a kleiner als b ist. Wenn man jetzt die Relation < statt R nennt, wird die Schreibweise aRb zu a < b. Auf diese Weise erhält man eine saubere mengentheoretische Beschreibung der Relation, ohne auf die gewohnte intuitive Schreibweise verzichten zu müssen. Beispiel 1.8 (Teilbarkeit) Sei N die Menge der natürlichen Zahlen und a, b ∈ N. Wir sagen a teilt b, geschrieben a | b, falls b ein ganzzahliges Vielfaches von a ist, das heißt, falls es ein c ∈ N mit b = c · a gibt. Damit definiert R := {(a, b) ∈ N × N : a | b} eine Relation auf N. (i) (ii) (iii) (iv) Die Relation R ist reflexiv, das heißt, es gilt a | a. Die Relation R ist transitiv, das heißt, aus a | b und b | c folgt a | c. Aus a | b und b | a folgt a = b. Aus a | b folgt a ≤ b. Insbesondere hat jede natürliche Zahl nur endlich viele Teiler. An dieser Stelle fügen wir einen kleinen Exkurs über Äquivalenzrelationen und Äquivalenzklassen ein, denn die mengentheoretische Beschreibung von Relationen erlaubt es auch, das im Kontext der Teilbarkeitsregeln diskutierte Prinzip der Vereinfachung durch Beschränkung auf bestimmte Eigenschaften mathematisch präzise zu formulieren. Äquivalenzrelationen sind eine Abstraktion der „Äquivalenz modulo m“ aus Beispiel 1.4, und die dort beschriebenen Restklassen sind Beispiele für Äquivalenzklassen. ?11 ?12 ?13
50 ?14 ?15 3 Mengen, Relationen, Funktionen Beispiel 1.9 (Restklassen) Sei m ∈ N und R = {(a, b) ∈ Z × Z | a ≡ b mod m}. Man schreibt mZ für die Menge aller Zahlen der Form a = mk mit k ∈ Z, das heißt, mZ ist die Menge der durch m teilbaren ganzen Zahlen. Dann gilt R = {(a, b) ∈ Z × Z | (a − b) ∈ mZ}, ?16 ?17 weil zwei Zahlen bei Division durch m genau dann den gleichen Rest haben, wenn ihre Differenz den Rest 0 hat. Die Relation R ist reflexiv, transitiv und symmetrisch, das heißt, aus aRb folgt bRa. Die Restklasse [k] von k modulo m lässt sich auch folgendermaßen beschreiben: [k] = {a ∈ Z | aRk} = k + mZ = {k +  |  ∈ mZ}. In der abstrakten Version der Äquivalenzrelation werden die Restklassen dann zu Äquivalenzklassen (Beispiel 1.10). ?18 Beispiel 1.10 (Äquivalenzrelationen) Sei M eine Menge. Eine reflexive und transitive Relation R auf M heißt Äquivalenzrelation, wenn sie außerdem symmetrisch ist, das heißt, aus xRy folgt yRx. Wenn R eine Äquivalenzrelation auf M ist, dann nennt man die Menge {y ∈ M | xRy} aller Elemente, die äquivalent zu x sind, das heißt bezüglich R in Relation zu x stehen, die Äquivalenzklasse von x bezüglich R. Man bezeichnet sie oft mit [x]R oder einfach nur mit [x], wie bei den Restklassen aus Abschnitt 1.3, wenn aus dem Kontext klar ist, über welche Relation man spricht. ?19 Die Menge aller Äquivalenzklassen wird mit M/R bezeichnet. Die Elemente einer Äquivalenzklasse heißen auch Repräsentanten der Äquivalenzklasse. Insbesondere sind zwei Elemente genau dann äquivalent, wenn ihre Äquivalenzklassen gleich sind. Daher ist M die disjunkte Vereinigung der Äquivalenzklassen (siehe Abbildung 1.4). Wenn man für eine Menge von Objekten einen Katalog von Eigenschaften definiert und Objekte mit gleichen Eigenschaften äquivalent nennt, erhält man eine Äquivalenzrelation, und das Prinzip der Vereinfachung durch Beschränkung auf bestimmte Eigenschaften lässt sich jetzt so formulieren, dass man die Menge der Äquivalenzklassen dazu untersucht. Abbildungen lassen sich in der Sprache der Mengenlehre als zwischen den Elementen zweier Mengen bestehende Relationen beschreiben. Wenn jedes Element von A zu genau einem Element von B in Relation steht, nennt man so eine Relation eine Abbildung oder Funktion von A nach B. Die Idee hinter dieser Setzung ist, dass man jedem Element a von A genau ein Element b von B zuordnen will, nämlich dasjenige mit (a, b) ∈ R. Man schreibt dann R : A → B, a → R(a) und R(a) = b für (a, b) ∈ R. Auch hier dient die veränderte Schreibweise dazu, mengentheoretische Definitionen (in denen nicht von Variablen etc. die Rede ist) und die traditionelle Notation für Funktionen unter einen Hut zu bringen. Die oben betrachtete Relation zwischen Hörern der Analysis 1 und Studienrichtungen (Bachelor Mathematik, Lehramt an Gymnasien für Mathematik und Physik, Master Germanistik etc.) der Universität Paderborn ist also genau dann eine Funktion, wenn jeder Hörer für eine Studienrichtung eingeschrieben ist, aber nicht für mehrere (jedem Hörer lässt sich in eindeu-
3.1 Texterarbeitung 51 A B A größer als B A f B A kleiner als B Abb. 1.9: Abbildungen als Vergleich von Mengen tiger Weise eine Studienrichtung zuordnen). Nicht ausgeschlossen ist durch die Definition der Funktion, dass mehrere Hörer für die gleiche Studienrichtung eingeschrieben sind. Würde man hier von Studienfächern und nicht von Studienrichtungen ausgehen, würde man keine Funktion erhalten, denn alle Lehramtskandidaten studieren mehrere Fächer. Wenn es in der Vorlesung Teilnehmer gibt, die ein echtes Doppelstudium machen, ist die Relation auch keine Funktion. Ebenso verhält es sich, wenn es in der Vorlesung „Schülerstudenten“ gibt, das heißt Schüler, die vollwertige Teilnehmer des Kurses sind, aber mangels Abitur noch nicht als Studierende an der Universität eingeschrieben werden dürfen. In diesem Fall kann nämlich nicht jedem Hörer eine Studienrichtung zugeordnet werden. Die formale Definition einer Abbildung durch Relationen erlaubt es, die Idee eines Größenvergleichs, die in Abbildung 1.9 anklang, präziser zu fassen: Sei f : A → B eine Abbildung. Man nennt sie injektiv, wenn aus f (a1 ) = f (a2 ) folgt a1 = a2 . In dem Bild mit den Pfeilen bedeutet das, dass es keinen Punkt gibt, an dem zwei Pfeile enden. Anders ausgedrückt, man kann sich A in B eingebettet vorstellen, indem man jeden Punkt a mit seinem Bild f (a) unter f identifiziert (Abbildung 1.9). Dies ist dann eine Möglichkeit, „A kleiner oder gleich B“ zu sagen. Diese Betrachtungsweise ermöglicht es auch, den Größenunterschied noch weiter zu quantifizieren, zum Beispiel indem man zählt, wie viele Elemente von B nicht im Bild von A sind. Wenn auf der anderen Seite zu jedem b ∈ B ein a ∈ A mit f (a) = b existiert, nennt man f surjektiv. In dem Bild mit den Pfeilen bedeutet das, in jedem Punkt von B endet mindestens ein Pfeil. Hier kann man sich vorstellen, dass B von A via f vollkommen überdeckt wird, und das ist eine Möglichkeit, „A größer oder gleich B“ zu sagen. Auch hier kann man den Größenunterschied noch weiter quantifizieren, indem man beispielsweise für jedes b ∈ B zählt, wie viele Elemente von A auf b abgebildet werden. Wenn eine Abbildung f sowohl injektiv als auch surjektiv ist, dann heißt sie bijektiv. Für A = B findet man damit genau den Begriff der Symmetrie aus Beispiel 1.6. In dem Bild mit den Pfeilen bedeutet die Bijektivität, dass von jedem Punkt von A genau ein Pfeil ausgeht und in jedem Punkt von B genau ein Pfeil eingeht. Durch Umdrehen der Pfeile lässt sich also eine Abbildung B → A definieren, die man die Umkehrabbildung von f nennt und mit f −1 bezeichnet. Im Ergebnis entspricht dann jedem Punkt von A genau ein Punkt von B, das heißt, dies ist eine Möglichkeit, „A und B sind gleich groß“ zu sagen. Die Formalisierung des Funktionsbegriffs als Teilmenge eines kartesischen Produkts mit gewissen Eigenschaften ist ein erstes Beispiel dafür, dass die Mengenlehre in der Lage ist, einen einheitlichen Rahmen für zunächst als ganz verschieden betrachtete mathematische Begriffe zu schaffen. Sie ist ein wesentlicher Schritt im stufenweisen Aufbau eines immer komplexer werdenden mathematischen Universums, in dem nach immer den gleichen Prinzipien aus Mengen Funktionen zwischen Mengen, dann Mengen von Funktionen zwischen Mengen, dann Funktionen zwischen Mengen von Funktionen zwischen Mengen werden, und so weiter.
52 3 Mengen, Relationen, Funktionen Lesen des Textes mit Papier und Stift ?1 Stolperstein: Ich muss ein Beispiel hinschreiben. Ach so: zum Beispiel M = {1, 2, 3} Teilmengen von M sind beispielsweise N1 = ∅, N2 = {2} , N3 = {1, 3}. P(M) ist die Menge aller Teilmengen: P(M) = {∅, {1} , {2} , {3} , {1, 2} , {1, 3} , {2, 3} , {1, 2, 3}} . Ach ja: Die Teilmegen von P(M) sind selbst Mengen. ?2 Stolperstein: Ich muss ein Beispiel hinschreiben. Ach so: zum Beispiel: A = {1, 2, 3}, B = {2, 4, 6}, A ∪ B = {1, 2, 3, 4, 6} ?3 Stolperstein: „Doppelung von Elementen“ Frage: Was ist mit „Doppelung von Elementen“ in der Vereinigungsmenge gemeint? Ach so: Siehe ?2 : Es ist 2 ∈ A und 2 ∈ B, aber es gilt nicht: A ∪ B = {1, 2, 2, 3, 4, 6}, sondern: A ∪ B = {1, 2, 3, 4, 6}. ?4 Stolperstein: Ich muss ein Beispiel hinschreiben. Ach so: zum Beispiel A = {1, 2, 3}, B = {2, 3, 4}, also A ∩ B = {2, 3} oder A = {1, 3}, B = {2, 4}, also A ∩ B = ∅ ?5 Stolperstein: „Namensschild“ Frage: Wenn ich eine Menge mit A oder B bezeichne, ist dann das A bzw. das B nicht ein Namensschild für die Menge? Was hat das mit der Indexmenge zu tun? . . . zunächst: weiterlesen . . .
3.1 Texterarbeitung ?6 53 Stolperstein: Ich muss ein Beispiel hinschreiben. Ach so: zum Beispiel I = {1, 3, 7, 9} Dann sind die Ai mit i ∈ I die Mengen A1 , A3, A7 , A9 . Dabei haben wir keine Information, wie A1 oder A3 oder A7 oder A9 konkret aussehen. Ist zum Beispiel Ai = {(i, i + 1) , (i, i − 1)}: A1 = {(1, 2), (1, 0)} , A3 = {(3, 4), (3, 2))} , A7 = {(7, 8), (7, 6)} , A9 = {(9, 10), (9, 8)} . ?7 Stolperstein: Ich muss ein Beispiel hinschreiben. Ach so: zum Beispiel I = {1, 3, 7, 9}: Ai = {(i, i + 1) , (i, i − 1)} Dann ist  Ai = A1 ∪ A3 ∪ A7 ∪ A9 i∈I = {(1, 2), (1, 0)} ∪ {(3, 4), (3, 2)} ∪ {(7, 8), (7, 6)} ∪ {(9, 10), (9, 8)} = {(1, 2), (1, 0), (3, 4), (3, 2), (7, 8), (7, 6), (9, 10), (9, 8)} . ?8 Stolperstein: Ich muss ein Beispiel hinschreiben. Ach so: zum Beispiel I = {1, 3, 7, 9} Ai = {(i, i + 1) , (i, i − 1)} Dann ist  Ai = A1 ∩ A3 ∩ A7 ∩ A9 i∈I = {(1, 2), (1, 0)} ∩ {(3, 4), (3, 2)} ∩ {(7, 8), (7, 6)} ∩ {(9, 10), (9, 8)} = ∅.
54 ?9 3 Mengen, Relationen, Funktionen Stolperstein: Elemente von A × B Frage: Gilt für a ∈ A auch a ∈ A × B? Wie sehen die Elemente von A × B aus? Ach so: A × B := {(a, b) | a ∈ A, b ∈ B}  so sehen die Elemente aus Also: a ∈ / A × B (kein geordnetes Paar) Beispiel: A = {1, 2}, B = {3, 4} A × B = {(1, 3), (1, 4), (2, 3), (2, 4)} ?10 Stolperstein: „a steht in Relation zu b“ Frage: Wieso steht a in Relation zu b? Was haben a und b miteinander zu tun? Ach so: (nocheinmal gründlich gelesen . . . eine Zeile darüber) Jede Teilmenge eines kartesischen Produktes wird als Relation bezeichnet (siehe !1 ). !1 A = {1, 3, 5}, B = {2, 3, 4} Dann ist A × B = {(1, 2), (1, 3), (1, 4), (3, 2), (3, 3), (3, 4), (5, 2), (5, 3), (5, 4)} und die angegebene Teilmenge R ⊂ A × B ist eine Relation. Wir hätten auch R  = {(1, 2), (3, 2), (5, 2)} wählen können; das ist auch eine Relation. ?11 Stolperstein: Ich muss ein Beispiel hinschreiben. Ach so: 3 | 18, denn es gibt ein c ∈ N mit c · 3 = 18 (nämlich c = 6). ?12 Stolperstein: reflexiv, transitiv Frage: Wie sind diese Eigenschaften definiert? . . . zunächst: weiterlesen . . .
3.1 Texterarbeitung ?13 55 Stolperstein: transitiv Das muss ich aufschreiben. Ach so: zum Beispiel 3 | 6 und 6 | 18 ⇒ 3 | 18 Allgemein: a | b heißt: ∃r ∈ N : ra = b b | c heißt: ∃s ∈ N : sb = c Aber dann: (sr) ·a = sb = c  Also: a | c ?14 ∈N Stolperstein: Ich muss ein Beispiel hinschreiben. Ach so: zum Beispiel m = 7 Dann ist R = {( a, b) ∈ Z × Z | a ≡ b mod 7}. Also zum Beispiel: (0, 7) ∈ R, (1, 8) ∈ R, (6, 20) ∈ R ?15 Stolperstein: Ich muss ein Beispiel für R = {(a, b) ∈ Z × Z | (a − b) ∈ mZ} hinschreiben. Ach so: zum Beispiel m = 7 wie in ?14 (0, 7) : 7 − 0 = 7 = 7 · 1 ∈ 7Z (1, 8) : 8 − 1 = 7 = 7 · 1 ∈ 7Z (6, 20) : 20 − 6 = 14 = 7 · 2 ∈ 7Z ?16 Stolperstein: reflexiv, transitiv, symmetrisch Frage: Wie sind diese Eigenschaften definiert? Ist „aus aRb folgt bRa“ die Definition allein für „symmetrisch“, oder charakterisiert dies die Gültigkeit aller drei Eigenschaften? . . . zunächst: weiterlesen . . .
56 ?17 3 Mengen, Relationen, Funktionen Stolperstein: Ich muss ein Beispiel für [k] hinschreiben. Ach so: Mit m = 7 [k] = {a ∈ Z | aRk} = k + 7Z = {k + 7l | l ∈ Z} z. B. für k = 2 = ?18 {. . . − 19, −12, −5, 2, 9, 16, . . .} Stolperstein: reflexiv, transitiv, symmetrisch Frage: Wie sind diese Eigenschaften definiert? Ach so: (vorgeblättert . . . ) Da kommt keine Definition mehr. (woanders nachgeschlagen . . . ) R reflexiv ⇔ ∀a : aRa R transitiv ⇔ ∀a, b, c : (aRb und bRc ⇒ aRc) R symmetrisch ⇔ ∀a, b : (aRb ⇒ bRa) ?19 Stolperstein: Ich muss ein Beispiel für [k] hinschreiben. Ach so: Wir betrachte Abbildung 1.4 (Restklassen modulo 7) Wir sehen: −14, −7, 0, 7, 14 liegen in einer Äquivalenzklasse, nämlich [0]. −11, −4, 3, 10, 17 liegen auch in einer Äquivalenzklasse, nämlich [3]. Damit sind −14, −7, 0, 7, 14 Repräsentanten von [0], −11, −4, 3, 10, 17 Repräsentanten von [3]. Ergänzungen zu Äquivalenzrelationen Beispiel 3.1 (Relationen) (i) Eine einfache Relation, die man auf einer beliebigen Menge M haben kann, ist die Gleichheit. Sie ist durch die Teilmenge {(a, b) ∈ M × M | a = b} gegeben und wird mit „=“ bezeichnet. Statt (a, b) ∈ = schreibt man hier a = b. (ii) Eine ebenso einfache, im Gegensatz zur Gleichheit aber ziemlich banale Relation, die man auf jeder Menge M haben kann, ist R := M × M . Hier steht jedes Element von M in Relation mit jedem anderen Element.
3.1 Texterarbeitung 57 (iii) Die aus der Schule bekannte <-Beziehung zwischen zwei Zahlen definiert eine Relation auf R × R. Dabei gilt zum Beispiel (1, 2), (3, 4), (23, 42) ∈< . Auch hier können wir die Notation 1 < 2, 3 < 4, 23 < 42 verwenden. (iv) Wir definieren R := {(1, 3), (7, 2), (5, 42), (23, 4711), (4711, 23)} ⊆ N × N. R definiert als Teilmenge des kartesischen Produkts N × N eine „sinnlose“, doch formal korrekte Relation auf den natürlichen Zahlen. Wie man in Beispiel 3.1(iv) gut sehen kann, bietet das Konzept einer Relation wenige Einschränkungen. Mathematische Relationen sind ein flexibles Werkzeug, Beziehungen zwischen Objekten zu modellieren. Je nach Kontext wird man dabei zusätzliche Forderungen an die Relationen stellen. Die Eigenschaften Reflexivität, Symmetrie und Transitivität von Äquivalenzrelationen (siehe Beispieltext, S. 50, Beispiel 1.10) sind Beispiele für solche Zusatzforderungen. Die Relationen aus Beispiel 3.1(i) und (ii) sind Äquivalenzrelationen, die Relationen aus Beispiel 3.1(ii) und (iii) sind keine Äquivalenzrelationen. Äquivalenzrelationen tauchen immer dann auf, wenn man Objekte in Äquivalenzklassen einteilen möchte, so wie das bei den Zahlen und Restklassen der Fall war. Beispiel 3.2 (Äquivalenzklassen) Sei S eine Menge von Schülern, die an verschiedenen Tischen in einem Klassenraum sitzen. Wir definieren eine Relation ∼ auf der Menge aller Schüler durch ∀a, b ∈ S : a ∼ b :⇔ a sitzt an demselben Tisch wie b. Um nachzuweisen, dass ∼ eine Äquivalenzrelation auf S definiert, müssen wir die Eigenschaften reflexiv, symmetrisch und transitiv ((R), (S) und (T)) verifizieren. Seien dazu a, b, c ∈ S. (R) Offensichtlich sitzt jeder Schüler an demselben Tisch wie er selbst, also gilt a ∼ a. (S) Es gelte a ∼ b. Dann sitzt a an demselben Tisch wie b. Also sitzt auch b an demselben Tisch wie a, und es folgt b ∼ a. (T) Es gelte a ∼ b und b ∼ c. Also sitzt a an demselben Tisch wie b und b an demselben Tisch wie c. Also sitzt dann auch a an demselben Tisch wie c, woraus a ∼ c folgt.
58 3 Mengen, Relationen, Funktionen In diesem Beispiel ist die Einteilung in Äquivalenzklassen durch die Tische, an denen die Schüler sitzen, gegeben. Das heißt, man fasst die Schüler, die an einem Tisch sitzen, zu einer Klasse zusammen. Sitzen nun Markus und Claudia an demselben Tisch, so ist es egal, ob wir vom „Tisch, an dem Claudia sitzt“ oder vom „Tisch, an dem Markus sitzt“ sprechen – beide Namen repräsentieren denselben Tisch und stehen somit für dieselbe Menge von Schülern. Sei ∼ eine beliebige Äquivalenzrelation auf einer Menge M und x ∈ M . Nach Definition (siehe Beispieltext, S. 50, Beispiel 1.10) ist {y ∈ M | x ∼ y} die Äquivalenzklasse [x] von x. Weil ∼ reflexiv ist, gilt x ∼ x, das heißt x ∈ [x]. Wenn a ∈ [x], dann gilt a ∼ x. Ist nun a ∈ [a], dann gilt a ∼ a, und die Transitivität von ∼ liefert a ∼ x, das heißt a ∈ [x]. Also haben wir gezeigt, dass [a] ⊆ [x]. Umgekehrt, wenn a ∈ [x], dann gilt a ∼ x, und mit der Symmetrie von ∼ erhalten wir a ∼ x ∼ a. Jetzt liefert die Transitivität von ∼, dass a ∼ a, das heißt a ∈ [a]. Also haben wir auch [x] ⊆ [a] und somit [x] = [a] gezeigt. Es gilt also für jedes Element a einer Äquivalenzklasse K, dass K = [a] ist. Eine Menge, auf der man eine Äquivalenzrelation hat, zerfällt disjunkt in die Äquivalenzklassen dieser Relation. Für Beispiel 3.2 bedeutet das, dass jeder Schüler an genau einem Tisch sitzt. Proposition 3.3 (Zerlegung in Äquivalenzklassen) Seien M = ∅ eine Menge und ∼ eine Äquivalenzrelation auf M . Dann ist M die disjunkte Vereinigung der Äquivalenzklassen. Beweis. Aus der Definition von Äquivalenzklassen ist unmittelbar klar, dass jedes Element von M zu mindestens einer Äquivalenzklasse gehört. Es reicht also zu zeigen, dass zwei Äquivalenzklassen gleich sind, wenn sie ein gemeinsames Element haben. Das ist aber auch klar nach der Vorbemerkung: Wenn K und K  Äquivalenzklassen sind und a ∈ K ∩ K  gilt, dann folgt K = [x] = K  . Beispiel 3.4 (Äquivalenzklassen) Sei M eine Menge. Wir betrachten die Äquivalenzrelationen aus Beispiel 3.1(i) und (ii). (i) Für die Gleichheit sind die Äquivalenzklassen gerade die einelementigen Teilmengen von M : [x]= = {x}. (ii) Für die Relation R = M × M gibt es nur eine Äquivalenzklasse, nämlich M .
3.1 Texterarbeitung 59 Erläuterung zum Text Die Definitionen der Eigenschaften reflexiv und transitiv einer Relation sind im Beispieltext (S. 49, Beispiel 1.8) nur exemplarisch für die Teilbarkeit gegeben. Die Autoren hätten besser daran getan, alle genannten Eigenschaften von Relation (also auch die Eigenschaft symmetrisch) expliziter zu definieren: Sei R ⊆ M × M eine Relation auf einer Menge M . Dann heißt (siehe Stolperstein ?18 ) (R) R reflexiv, wenn für alle a ∈ M gilt (a, a) ∈ R. (T) R transitiv, wenn für alle a, b, c ∈ M gilt: Aus (a, b), (b, c) ∈ R folgt (a, c) ∈ R. (S) R symmetrisch, wenn für alle a, b ∈ M gilt: Aus (a, b) ∈ R folgt (b, a) ∈ R. Bemerkung 3.5 (Mengenoperationen) (i) Die Potenzmenge einer Menge M , die ja definitionsgemäß gerade die Menge aller Teilmengen von M ist, ist gerade die Menge aller Mengen, deren Elemente auch Elemente von M sind. Wenn zum Beispiel M = {1, 2, 3} ist, dann sind 1, 2 und 3, die drei Elemente von M . Als Teilmengen von M erhält man die einelementigen Teilmengen {1}, {2}, {3}, die zweielementigen Teilmengen {1, 2}, {2, 3}, {1, 3}, die dreielementige Teilmenge {1, 2, 3} = M und die besondere Teilmenge ohne jedes Element, das heißt die leere Menge, die Teilmenge einer jeden Menge ist, weil alle ihre Elemente (das sind null Stück) auch Elemente von M sind. Also haben wir P({1, 2, 3}) = {∅, {1}, {2}, {3}, {1, 2}, {2, 3}, {1, 3}, {1, 2, 3}}. (ii) Man kann die Vereinigung von zwei Mengen A1 = {1, 2, 3} und A2 = {1, 4, 5} von S. 12 auch über die Indexmenge I = {1, 2} formulieren:  A1 ∪ A2 = Ai . i∈I Der Grund für die Einführung einer solchen Indexschreibweise wird aber kla rer, wenn man sich die Vereinigung aller Mengen der Form An = x ∈ R |  1 1 n ≤ x =: [ n , ∞[ mit n ∈ N anschaut. Diese Vereinigungsmenge lässt sich als  An = {x ∈ R | 0 < x} =: ]0, ∞[ n∈N formulieren. Manchmal schreibt man auch A1 ∪ A2 ∪ . . ., aber diese Schreibweise setzt natürlich voraus, dass der Leser weiß, was in diesem Kontext mit den drei Punkten gemeint ist. Noch problematischer wird die Pünktchenschreibweise, wenn man die Mengen Ar = {x ∈ R | r ≤ x} =: [r, ∞[ für alle 0 < r ∈ R vereinigen will. Da ist nicht einmal klar, mit welcher Menge man  anfangen soll. Die Notation 0<r∈R Ar ist dagegen völlig unzweideutig.
60 3 Mengen, Relationen, Funktionen (iii) Um den Unterschied zwischen der Vereinigung und der mengentheoretischen Summe von zwei Mengen zu verdeutlichen, betrachten wir wieder die Mengen A = {1, 2, 3} und B = {1, 4, 5}. Solange man die beiden Einsen nicht unterscheiden kann, ist die Vereinigung der beiden Mengen {1, 2, 3, 4, 5}. Wenn wir aber die Elemente 1, 2, 3 von A als zu A gehörig markieren (und entsprechend für B), 1A , 2A , 3A und 1B , 4B , 5B , dann ist die Menge, die alle diese Elemente enthält, gleich {1A , 2A , 3A , 1B , 4B , 5B }. Diese Menge ist die men gentheoretische Summe A B. Wenn man die mengentheoretische Summe zweier endlicher Mengen A und B bildet, addieren sich die Anzahlen der Elemente zur Anzahl der Elemente in der Summe. Im obigen Beispiel sind das 3 + 3 = 6 Elemente. Betrachten wir im Vergleich dazu die Produktmenge A × B = {(1, 1), (1, 4), (1, 5), (2, 1), (2, 4), (2, 5), (3, 1), (3, 4), (3, 5)} mit ihren 9 = 3 · 3 Elementen. Auch das ist ein Beispiel für ein allgemeines Phänomen: Wenn man das kartesische Produkt zweier endlicher Mengen A und B bildet, multiplizieren sich die Anzahlen der Elemente zur Anzahl der Elemente im Produkt. Bemerkung 3.6 (Teilbarkeit und Restklassen) (i) Für zwei natürliche Zahlen a und b bedeutet die Teilbarkeit a | b von b durch a, dass es eine natürliche Zahl k mit ka = b gibt. Wenn also a | b und b | a gelten, dann gibt es k,  ∈ N mit ka = b und b = a. Daraus ergibt sich kb = b, also k = 1 und damit k = 1 = . Dies zeigt a = b, wie im Beispieltext (S. 49, Beispiel 1.8(iii)) behauptet. Aus a | b allein folgt a ≤ b (siehe Beispieltext, S. 49, Beispiel 1.8(iv)), weil für jede natürliche Zahl k die Ungleichung a ≤ ka gilt. (ii) Wenn man die Teilbarkeit für ganze Zahlen a, b formuliert, das heißt, b ist teilbar durch a, wenn es eine ganze Zahl k mit ka = b gibt, sind die Schlussfolgerungen aus (i) nicht mehr richtig, denn dann ist 1 durch −1 teilbar, umgekehrt ist aber auch −1 durch 1 teilbar. (iii) Sei m eine natürliche Zahl. Die Aussage, dass a ∈ Z äquivalent (man sagt auch kongruent) zu b ∈ Z modulo m ist (a ≡ b mod m, auch a ≡m b geschrieben; siehe Beispieltext zu Kapitel 2, S. 18, Beispiel 1.4), lässt sich in verschiedener Weise formulieren (siehe Beispiel 2.3). Definitionsgemäß bedeutet es, dass es ein k ∈ Z mit a = km + b gibt. Bringt man das b auf die andere Seite der Gleichung, sieht man, dass a ≡ b mod m gleichbedeutend ist mit m | (a − b), wobei wir wie in (ii) Teilbarkeit in Z betrachten. Wenn man a und b mit Rest durch m teilt, das heißt in der Form a = msa + ra und b = msb + rb mit sa , sb ∈ Z und 0 ≤ ra , rb < m schreibt, dann gilt a − b = m(sa − sb ) + (ra − rb ),
3.2 Übung und Selbstkontrolle 61 und a − b ist genau dann durch m teilbar, wenn ra − rb durch m teilbar ist. Da ra und rb beide zwischen 0 und m − 1 liegen, kann die Differenz nur ein Vielfaches von m sein, wenn sie null ist. In anderen Worten, a ≡ b mod m ist auch gleichbedeutend damit, dass die Reste von a und b bei Division durch m gleich sind. Das wiederum bedeutet, dass die Restklassen [a]m und [b]m gleich sind. (iv) Mit den Umformulierungen aus (iii) ist es besonders einfach zu sehen, dass die Relation ≡m eine Äquivalenzrelation ist: Reflexivität, Symmetrie und Transitivität folgen alle sofort, wenn man die Charakterisierung über die Gleichheit der Reste bei Division durch m benutzt. 3.2 Übung und Selbstkontrolle Spezielle Schnittstellenübungen Übung 3.7 (Dreieckskongruenz) In der Schule wird die Kongruenz von Dreiecken eingeführt. Sie wird mit „Deckungsgleichheit“ identifiziert. Im Schulbuch finden wir als Definition: „Wenn man die Dreiecke ausschneiden würde, so könnte man sie so übereinander legen, dass sie sich vollständig zur Deckung bringen lassen“. Um die Kongruenz formal korrekt fassen zu können, brauchen wir eine exakte Definition eines Dreiecks. Wir bezeichnen mit D die Menge aller Dreiecke. Ein Dreieck D ∈ D ist definiert durch das Tupel D = (E, l). Dabei ist E ⊂ R2 die dreielementige Menge der Ecken und l : E × E → R>0 eine Abbildung, die je zwei Ecken die Länge der dazwischenliegenden Dreiecksseite zuordnet. Sie können ohne Beweis verwenden, dass l(e1 , e2 ) = l(e2 , e1 ) und l(e1 , e1 ) = 0 gelten. Beispiel: Das Dreieck D∗ = (E ∗ , l∗ ) ∈ D mit E ∗ = {a = (0, 0), b = (3, 0), c = (3, 4)} und l∗ (a, b) = 3, l∗ (b, c) = 4, l∗ (a, c) = 5 ist ein Dreieck mit den Ecken a = (0, 0), b = (3, 0), c = (3, 4) und den Seitenlängen 3, 4 und 5. (i) Beschreiben Sie die folgenden skizzierten Dreiecke unter Verwendung der obigen Definition.
62 3 Mengen, Relationen, Funktionen y y 2 2 c• a• 1 1 a • −1 −1 D1 b 1 • 2 x y 2 c D2 1 b 1 −1 −1 c• • • 2 x a • −1 D3 1 b • 2 x −1 Um zwei Dreiecke auf Kongruenz überprüfen zu können, wird in der Schule unter anderem der erste Kongruenzsatz (SSS-Satz) verwendet, der besagt, dass ein Dreieck zu einem anderen kongruent ist, wenn die beiden Dreiecke in drei Seiten übereinstimmen. Mathematisch exakter können wir den SSS-Satz wie folgt formulieren: Ein Dreieck D = (E, l) ∈ D ist genau dann kongruent zu einem Dreieck D = (E  , l ) ∈ D, wenn es eine bijektive Abbildung f : E → E  gibt, sodass für alle e1 , e2 ∈ E gilt: l(e1 , e2 ) = l (f (e1 ), f (e2 )). (ii) Zeigen Sie mithilfe des SSS-Satzes, dass das obige Dreick D1 kongruent zu D2 , aber nicht kongruent zu D3 ist. (iii) Überprüfen Sie für die so definierte Dreickskongruenz, welche der Eigenschaften Reflexivität, Symmetrie, Transitivität erfüllt sind. Handelt es sich um eine Äquivalenzrelation? (iv) Der Schüler Peter schlägt die folgende Formulierung für den SSS-Satz vor: Ein Dreieck D1 ∈ D ist genau dann kongruent zu einem Dreieck D2 ∈ D, wenn es zu jeder Seite mit Länge l von D1 eine Seite von D2 gibt, die auch die Länge l hat. Überprüfen Sie für die so definierte „Peter-Kongruenz“ von Dreiecken, ob es sich ebenfalls um eine Äquivalenzrelation handelt. Nehmen Sie begründet Stellung zur Tauglichkeit dieser Formulierung. Übung 3.8 (Kleinergleich-Relation) Aus der Schule kennen Sie die ≤-Relation auf den reellen Zahlen. Zeigen oder widerlegen Sie, dass durch die Kleiner-gleich-Relation eine Äquivalenzrelation definiert wird. Untersuchen Sie dazu die Relation auf die Eigenschaften reflexiv, symmetrisch, transitiv. Übung 3.9 (Teilbarkeit) In der Schule werden ohne weiteres Hinterfragen Teilbarkeitsregeln der folgenden Form verwendet: Eine natürliche Zahl ist genau dann durch 12 teilbar, wenn sie durch 4 und durch 3 teilbar ist. Beweisen Sie diese Aussage.
3.2 Übung und Selbstkontrolle 63 Vertiefende Übungen Zu diesem Kapitel gibt es besonders viele Übungen. Das liegt an der Vielzahl und Diversität der neuen Begriffe, die in diesem Kapitel eingeführt wurden. Einerseits braucht man viele Übungsaufgaben, um jeden Begriff einmal durch eine Übung abgedeckt zu haben; andererseits zeigt die Erfahrung, dass das Wissen um diese Begriffe im weiteren Verlauf eines Kurses immer wieder aufgefrischt und gefestigt werden muss. Es ist daher durchaus sinnvoll, nicht alle Übungen sofort zu machen, sondern regelmäßig parallel zu späteren Übungen auch die eine oder andere Übung aus diesem Kapitel zu bearbeiten. Übung 3.10 (Mengenoperationen) (i) Beschreiben und Aufschreiben von Mengen (a) Sei M1 , die Menge aller ganzen Zahlen, die echt kleiner oder gleich 6 sind. Geben Sie diese Menge über eine definierende Eigenschaft in mathematischer Symbolik an. (b) Wir definieren die Menge M2 durch M2 := {x ∈ R | x < 8}. Beschreiben Sie diese Menge in Worten. (ii) Überprüfen Sie, ob M1 = M2 gilt. Zeigen oder widerlegen Sie dazu zunächst folgende Aussagen: (a) M1 ⊆ M2 (b) M1 ⊇ M2 (iii) Heribert möchte überprüfen, ob zwei beliebige Mengen A, B gleich sind. Er sagt: „Ich nehme mir ein beliebiges Element aus A und zeige, dass es auch in B ist. Trifft dies allgemein zu, gilt schon A = B.“ Sepp widerspricht ihm und behauptet, dass er so Mengengleichheit nicht zeigen könne. Begründen Sie, wer recht hat. (iv) Geben Sie den Schnitt und die Vereinigung von M1 und M2 an. Denken Sie daran, die Korrektheit Ihrer Lösung zu begründen. Verwenden Sie dabei die entsprechenden Definitionen aus dem Beispieltext (S. 48). (v) Disjunktheit von Mengen (a) Erstellen Sie mithilfe des Beispieltextes (S. 48) eine formale Definition für die Disjunktheit von Mengen im Sinne von: Seien A, B Mengen. A und B nennt man disjunkt, wenn gilt . . .
64 3 Mengen, Relationen, Funktionen (b) Sind M1 und M2 disjunkt? (c) Definieren Sie eine nichtleere Menge M3 , die sowohl zu M1 als auch zu M2 disjunkt ist. (d) Definieren Sie eine Menge M4 , die sowohl zu M1 als auch zu M2 nicht disjunkt ist. Denken Sie daran, alle Lösungen zu begründen. Übung 3.11 (Mengenoperationen) Seien X := {0, 1, 2} und Y := {23, 42}. Geben Sie die folgenden Mengen an: (i) X × Y (ii) P(X) (iii) P(Y ) Übung 3.12 (Mengenoperationen) Erinnern Sie sich an die Mengen der geraden und ungeraden Zahlen aus Übung 2.5. Wir verwenden die bereits aus dem Lösungsvorschlag zu Übung 2.5 (S. 275) bekannten Bezeichnungen odd und even: even = {n ∈ N | n ist gerade} und odd = {n ∈ N | n ist ungerade}. (i) Wie lässt sich der Zusammenhang zwischen den Mengen N, odd und even mithilfe der Idee des Komplements von Mengen (Schreibweise \) darstellen? (ii) Geben Sie die folgenden Mengen an: (a) (N \ odd) \ even (b) even \ odd (c) odd \ N Übung 3.13 (Mengenoperationen) Seien A, B, C Mengen. Wir betrachten die Formel A \ (B ∪ C) = (A \ B) ∩ (A \ C). (i) Stellen Sie den Zusammenhang grafisch dar. (ii) Beweisen Sie die Formel. Übung 3.14 (Mengenoperationen) Berechnen/Vereinfachen Sie die folgenden Mengen. Sie brauchen die Antworten nicht zu begründen.
3.2 Übung und Selbstkontrolle (i) (ii) (iii) (iv) (v) Z \ {x ∈ Z | x = 0 oder x ∈ N} R∪N {∅, 1} ∩ ∅ ({1, {2}} ∪ {1, 2}) ∪ {{1, 2}} Z∩Z 65 (vi) (vii) (viii) (ix) (x) P({{1, 2}, 3}) P({∅}) {∅} × {1, 2} ∅ × {1, 2} {{3, 4}, Katze, ∅} × {{3, 4}, Katze} Übung 3.15 (Teilmengen) Betrachten Sie die folgenden Paare von Mengen. Beweisen Sie, welche der Beziehungen ⊆, ⊇, = jeweils gelten. (i) M1 = {n ∈ Z | Es gibt ein m ∈ Z mit 3 · m = n} M2 = {n ∈ Z | Es gibt ein m ∈ Z mit 6 · m = n} (ii) M3 = {n ∈ Z | [n]2 = [0]2 } M4 = {2n | n ∈ Z} (iii) M5 M6 (iv) M7 M8 = {x ∈ R | x < 6} = {x ∈ Z | x ≤ 6} = {x ∈ R | x ≤ 5,5} = {x ∈ Z | x < 6} Übung 3.16 (Relationen) Geben Sie die folgenden Relationen als Teilmengen kartesischer Produkte an: (i) Auf P := {CDU, SPD, FDP, Die Gruenen} und F := {orange, rot, gruen, schwarz, blau} sei die Relation R1 definiert durch aR1 b :⇔ a wird durch die Farbe b dargestellt, a ∈ P, b ∈ F. Hinweis: Googlen Sie das Ergebnis der Bundestagswahl von 2013. (ii) Auf M := {0, 1, 2, 3, 4} sei die Relation R2 definiert durch aR2 b :⇔ a + b = 4, a, b ∈ M. Übung 3.17 (Relationen) Entscheiden Sie für die folgenden Relationen, ob sie reflexiv, symmetrisch oder transitiv sind, und begründen Sie, ob es sich jeweils um eine Äquivalenzrelation handelt oder nicht.
66 (i) 3 Mengen, Relationen, Funktionen Die reelle Zahl x steht in Relation zu der reellen Zahl y, wenn x < y ist. (ii) Die reelle Zahl x steht in Relation zu der reellen Zahl y, wenn xy = 0 ist. (iii) Die reelle Zahl x steht in Relation zu der reellen Zahl y, wenn −1 ≤ x − y ≤ 1 ist. Übung 3.18 (Relationen) Entscheiden Sie für die folgenden Relationen, ob sie reflexiv, symmetrisch oder transitiv sind: (i) Die reelle Zahl x steht in Relation zu der reellen Zahl y, wenn x = y ist. (ii) Die reelle Zahl x steht in Relation zu der reellen Zahl y, wenn x ≤ y ist. (iii) Die reelle Zahl x steht in Relation zu der reellen Zahl y, wenn x − y eine ganze Zahl ist. Übung 3.19 (Modulo-Rechnung) Sei m ∈ N. Wir betrachten die bereits bekannte Relation x ≡m y auf den ganzen Zahlen. (i) Zeigen Sie, dass dadurch eine Äquivalenzrelation definiert wird. (ii) Wie sehen die Äquivalenzklassen bezüglich ≡m aus? Begründen Sie Ihre Antwort. Übung 3.20 (Relationen) Nennen Sie ein Beispiel für eine Relation, die keine der Eigenschaften reflexiv, symmetrisch, transitiv erfüllt. Begründen Sie Ihre Antwort. Übung 3.21 (Relationen) Geben Sie für jede der drei Bedingungen (Reflexivität, Symmetrie und Transitivität) ein Beispiel einer Relation an, für die diese Bedingung gilt, nicht jedoch die beiden anderen. Geben Sie dann für jede Bedingung ein Beispiel einer Relation an, für die diese Bedingung nicht gilt, wohl aber die anderen beiden. Übung 3.22 (Äquivalenzrelationen) Sei M eine Menge und M1 , . . . , M17 disjunkte Teilmengen von M , deren Vereinigung M ist. Die Relation ∼ auf M sei wie folgt gegeben: x ∼ y genau dann, wenn aus x ∈ Mj für j ∈ {1, . . . , 17} folgt y ∈ Mj . Zeigen Sie, dass ∼ eine Äquivalenzrelation ist.
3.2 Übung und Selbstkontrolle 67 Übung 3.23 (Äquivalenzrelationen) Auf der Menge N × N sei eine Relation ∼ wie folgt gegeben: (a, b) ∼ (c, d) genau dann, wenn a + d = c + b. Zeigen Sie, dass ∼ eine Äquivalenzrelation ist. Übung 3.24 (Äquivalenzrelationen) Auf der Menge N × N sei eine Relation ∼ wie folgt gegeben: (a, b) ∼ (c, d) genau dann, wenn ad = cb. Zeigen Sie, dass ∼ eine Äquivalenzrelation ist. Übung 3.25 (Äquivalenzrelationen) Sei Z× := Z \ {0} = {n ∈ Z | n = 0}. Zeigen Sie, dass die durch (a, b) ∼ (c, d) :⇐⇒ ad = cb auf Z × Z× definierte Relation ∼ eine Äquivalenzrelation ist. Übung 3.26 (Relationen) Auf der Menge der ganzen Zahlen betrachten wir folgende Relation R: aRb :⇔ 2 | (a − b). Beweisen oder widerlegen Sie, dass es sich hierbei um eine Äquivalenzrelation handelt. Übung 3.27 (Relationen) Auf der Menge der Funktionen f : R → R betrachten wir die folgende Relation R: f1 Rf2 :⇔ ∃a ∈ R : f1 (a) = f2 (a). Beweisen oder widerlegen Sie, dass es sich hierbei um eine Äquivalenzrelation handelt. Übung 3.28 (Relationen) Auf der Menge der Funktionen f : R → R sei die Relation R definiert durch: f1 Rf2 :⇔ f1 (0) = f2 (0), f1 , f2 : R → R. Zeigen oder widerlegen Sie, dass es sich hierbei um eine Äquivalenzrelation handelt. Übung 3.29 (Restklassen) Seien [0], [1], [2] die Restklassen modulo 3. Zeigen Sie, dass Z die disjunkte Vereinigung [0] ∪ [1] ∪ [2] ist.
68 3 Mengen, Relationen, Funktionen Übung 3.30 (Restklassen) Seien [0], [1], [2], [3] Restklassen modulo 4. Zeigen Sie, dass Z die disjunkte Vereinigung [0] ∪ [1] ∪ [2] ∪ [3] ist. Übung 3.31 (Äquivalenzklassen) Seien M eine Menge und ∼ eine Äquivalenzrelation auf M . Zeigen Sie, dass M dann die disjunkte Vereinigung aller Äquivalenzklassen bezüglich ∼ ist. (Für In teressierte: Formal würde die Aussage so aufgeschrieben: M = a.) a∈M /∼ Hinweis: Erinnern Sie sich daran, wie man die Gleichheit zweier Mengen zeigt. Übung 3.32 (Äquivalenzklassen) Seien M eine Menge und ∼ eine Äquivalenzrelation auf M . Wir erinnern uns daran, dass M /∼ die Menge der Äquivalenzklassen bezüglich ∼ bezeichnet. Seien ferner x, y ∈ M . Zeigen Sie, dass gilt: x ∼ y genau dann, wenn [x]∼ = [y]∼ . Gehen Sie dazu in zwei Schritten vor: 1. Nehmen Sie x ∼ y als Voraussetzung an und zeigen Sie [x]∼ = [y]∼ . 2. Nehmen Sie [x]∼ = [y]∼ als Voraussetzung an und zeigen Sie x ∼ y. (Machen Sie sich bewusst, dass Sie nur mithilfe dieser beiden Schritte die Äquivalenz beweisen können und ein Schritt für sich nicht hinreichend ist.) Übung 3.33 (Partielle Ordnungen) Sei M eine Menge und  eine Relation auf M . Wir schreiben x  y, wenn (x, y) ∈  . Die Relation  heißt eine partielle Ordnung auf M , wenn sie reflexiv und transitiv ist und außerdem ∀x, y ∈ M : (x  y und y  x ⇒ x = y) (∗) erfüllt. Man nennt die Eigenschaft (∗) Antisymmetrie. Welche der folgenden Relationen sind partielle Ordnungen (die Antworten sind zu begründen)? (i) N mit der natürlichen Ordnung a ≤ b (ii) N mit der Teilbarkeit a| b (iii) N mit der strikten Ordnung a < b (iv) {A ⊆ N} mit der Inklusion A ⊆ B
3.2 Übung und Selbstkontrolle 69 Übung 3.34 (Partielle Ordnungen) Welche der folgenden Relationen sind partielle Ordnungen (siehe Übung 3.33)? Die Antworten sind zu begründen.    (i) Z2 = Z × Z mit  := (a, b), (c, d) ∈ Z2 × Z2 | a ≤ c und b ≥ d (ii) Z mit der Teilbarkeit a| b (nach Definition gilt für a, b ∈ Z die Relation a| b, wenn es ein c ∈ Z mit ac = b gibt)    (iii) Z mit  := (a, b) ∈ Z × Z  |a| ≤ |b| (iv) {A ⊆ Z | A hat endlich viele Elemente} mit A ⊇ B Übung 3.35 (Relationen) Auf der Menge M := {(a, b) | a, b ∈ R, a2 + b2 < 1} sei eine Relation R durch (a, b)R(a , b ) :⇔ a = a definiert. Zeigen oder widerlegen Sie: (i) R ist eine Äquivalenzrelation. (ii) R ist eine partielle Ordnung. Übung 3.36 (Relationen) Auf der Menge M := {(a, b) | a, b ∈ R, a − b2 = 1} sei eine Relation R definiert durch: (a, b)R(a , b ) :⇔ b ≥ b Zeigen oder widerlegen Sie: (i) R ist eine Äquivalenzrelation. (ii) R ist eine partielle Ordnung. Übung 3.37 (Relationen) Beweisen oder widerlegen Sie, welche der folgenden Relationen Äquivalenzrelationen und/oder partielle Ordnungen sind. Überprüfen Sie immer die Eigenschaften Reflektivität, Transitivität, Symmetrie und Antisymmetrie. (i) Sei M eine Menge. Die Relation ⊆ auf der Potenzmenge P(M ) von M ist wie folgt beschreibbar: Die Menge A ∈ P(M ) steht genau dann in Relation zu der Menge B ∈ P(M ), wenn für alle x ∈ A auch x ∈ B gilt. (ii) Wir definieren die Relation ∼ auf N durch ∀ a, b ∈ N : a ∼ b :⇔ a · b = a2 .
70 3 Mengen, Relationen, Funktionen (iii) Wir definieren die Relation  auf der Menge F aller endlichen Mengen durch ∀ A, B ∈ F : A  B :⇔ ∃f : A → B, f bijektiv. Übung 3.38 (Abbildungen) Seien A, B Mengen. Wir betrachten Relationen auf A × B. Arbeiten Sie aus dem Beispieltext (S. 50 f.) formale Definitionen im folgenden Sinne aus: (i) Eine Relation R ⊆ A × B heißt Abbildung oder Funktion, wenn . . . (ii) Eine Funktion f : A → B heißt injektiv, wenn . . . (iii) Eine Funktion f : A → B heißt surjektiv, wenn . . . (iv) Eine Funktion f : A → B heißt bijektiv, wenn . . . Übung 3.39 (Abbildungen) In der Schule haben Sie gelernt, Graphen von Relationen (Zuordnungen) in zweidimensionalen Koordinatensystemen darzustellen. (i) Skizzieren Sie je eine Relation, die (ii) Skizzieren Sie je eine Abbildung/Funktion, die (a) eine Abbildung/Funktion, (a) nur injektiv, (b) keine Abbildung/Funktion (b) nur surjektiv, ist. (c) bijektiv, (d) weder injektiv, noch surjektiv ist. Übung 3.40 (Abbildungen) Welche der folgenden Bilder stellen Abbildungen dar? Welche der Eigenschaften injektiv, surjektiv und bijektiv werden von diesen erfüllt? Begründen Sie kurz Ihre Antworten. (i) (ii) A A B B (iii) A B (iv) A B
3.2 Übung und Selbstkontrolle 71 Übung 3.41 (Eigenschaften von Abbildungen) Aus der Schule kennen Sie die Funktion f : R → R≥0 , (i) f (x) = x2 . Zeigen Sie, dass f nicht injektiv, aber surjektiv ist. (ii) Wandeln Sie f zu einer Funktion f1 ab, die auch die Injektivitätseigenschaft erfüllt. Begründen Sie Ihre Antwort. (iii) Bilden Sie die Umkehrfunktion der bijektiven Abbildung f1 . Übung 3.42 (Eigenschaften von Abbildungen) Aus der Schule kennen Sie die Funktion f : R → R, (i) f (x) = ex . Zeigen Sie, dass f injektiv, aber nicht surjektiv ist. (ii) Wandeln Sie f zu einer Funktion f1 ab, die auch die Surjektivitätseigenschaft erfüllt. Begründen Sie Ihre Antwort. (iii) Bilden Sie die Umkehrfunktion der bijektiven Abbildung f1 . Übung 3.43 (Eigenschaften von Abbildungen) (i) Überprüfen Sie, bei welchen der folgenden Relationen es sich um Abbildungen handelt und bei welchen nicht. Begründen Sie Ihre Antworten. (a) (b) (c) (d) (e) (f) R1 R2 R3 R4 R5 R6 = {(1, 2), (1, 3), (2, 3), (3, 1)} ⊆ {1, 2, 3} × N = {(1, 1), (2, 2), (3, 3), (4, 4)} ⊆ N × N = {(1, 23), (2, 42), (3, 4 711)} ⊆ {1, 2, 3} × {23, 42, 4711} = {(x, x + 3) | x ∈ R} ⊆ R × R = {(x, sin(x)) | x ∈ R} ⊆ R × R = {(x, ex ) | x ∈ R} ⊆ R × R (ii) Überprüfen Sie, welche der Eigenschaften injektiv, surjektiv und bijektiv von den Funktionen aus (i) erfüllt werden. Hinweis: Sie können für die Relationen, die auch Funktionen sind, von nun an die übliche Schreibweise R7 : A → B, R7 (x) = . . . verwenden. (iii) Bilden Sie für die bijektiven Funktionen aus (i) die jeweiligen Umkehrfunktionen. Übung 3.44 (Eigenschaften von Abbildungen) (i) Überprüfen Sie die folgenden Funktionen auf die Eigenschaften injektiv, surjektiv und bijektiv:
72 3 Mengen, Relationen, Funktionen (a) f1 : R → R, f1 (x) = x3 (b) f2 : R → R, f2 (x) = x4 + 2x2 (c) f3 : R → R, f3 (x) = x + 10 (ii) Bestimmen Sie zu den bijektiven Funktionen aus (i) die zugehörigen Umkehrfunktionen. Übung 3.45 (Eigenschaften von Abbildungen) (i) Überprüfen Sie, bei welchen der folgenden Relationen es sich um Abbildungen handelt und bei welchen nicht. Begründen Sie Ihre Antworten. (a) R1 = {(Einrad, 1), (Fahrrad, 2), (Trike, 3), (Auto, 4)} ⊆ {Einrad, Fahrrad, Trike, Auto} × {1, 2, 3, 4} (b) R3 = {(a, δ), (b, β), (c, α), (d, δ)} ⊆ {a, b, c, d} × {α, β, γ, δ} (c) R4 = {(+, 0), (−, 0), (·, 1), (/, 1)} ⊆ {+, −, ·, /} × {0, 1} (ii) Überprüfen Sie, welche der Eigenschaften injektiv, surjektiv und bijektiv von den Funktionen aus (i) erfüllt werden, und bilden Sie für die bijektiven Funktionen die Umkehrabbildungen. Übung 3.46 (Abbildungen) Seien A, B endliche Mengen und f : A → B eine surjektive Funktion. Begründen Sie, warum der Definitionsbereich A mindestens so viele Elemente haben muss wie der Bildbereich B. Übung 3.47 (Abbildungen) Seien A, B endliche Mengen und f : A → B eine injektive Funktion. Begründen Sie, warum der Bildbereich B mindestens so viele Elemente haben muss wie der Definitionsbereich A. Übung 3.48 (Surjektivität und Injektivität) Sei M eine Menge. Finden Sie eine Abbildung f : M → P(M ), die injektiv, aber nicht surjektiv ist. Beweisen Sie die Richtigkeit Ihrer Antwort. Erinnerung: P(M ) bezeichnet die Potenzmenge von M . Übung 3.49 (Urbilder von Abbildungen) Wir beschreiben die Addition auf den ganzen Zahlen als Abbildung α : Z × Z → Z mit α(n, m) = n + m. (i) Welche Elemente hat die Menge α−1 (0) := {(n, m) ∈ Z × Z | α(n, m) = 0}?
3.2 Übung und Selbstkontrolle 73 (ii) Welche Elemente hat die Menge α−1 ({0, 1}) := {(n, m) ∈ Z × Z | α(n, m) ∈ {0, 1}}? Übung 3.50 (Urbilder von Abbildungen) Wir beschreiben die Multiplikation auf den ganzen Zahlen als Abbildung μ : Z × Z → Z mit μ(n, m) = nm. (i) Welche Elemente hat die Menge μ−1 (0) := {(n, m) ∈ Z × Z | μ(n, m) = 0}? (ii) Welche Elemente hat die Menge μ−1 ({0, 1}) := {(n, m) ∈ Z × Z | μ(n, m) ∈ {0, 1}}? Übung 3.51 (Äquivalenzrelationen und Abbildungen) Geben Sie für die Äquivalenzrelation ∼ auf N × N aus Übung 3.23 eine bijektive Abbildung ϕ : Z → (N × N)/∼, wobei (N × N)/∼ die Menge der Äquivalenzklassen in N × N bezüglich ∼ bezeichnet. Es ist zu beweisen, dass das angegebene ϕ tatsächlich bijektiv ist. Übung 3.52 (Äquivalenzrelationen und Abbildungen) Geben Sie für die Äquivalenzrelation ∼ auf Z × Z× aus Übung 3.25 eine bijektive Abbildung ϕ : Q → (Z × Z× )/∼, wobei (Z × Z× )/∼ die Menge der Äquivalenzklassen in Z × Z× bezüglich ∼ bezeichnet. Es ist zu beweisen, dass das angegebene ϕ tatsächlich bijektiv ist. Übung 3.53 (Restklassen und Abbildungen) Sei n ∈ N\{1}. Seien Z/2nZ die Restklassen modulo 2n und Z/nZ die Restklassen modulo n. Wir betrachten die Abbildung ϕ : Z/2nZ → Z/nZ, (i) [x]2n → [2x]n . Zeigen Sie, dass ϕ wohldefiniert ist. (ii) Überprüfen Sie ϕ auf Injektivität. (iii) Zeigen Sie, dass ϕ nicht surjektiv ist, wenn n gerade ist. (iv) Zeigen Sie, dass ϕ surjektiv ist, wenn n ungerade ist. Übung 3.54 (Gleichmächtigkeit von Mengen) Zwei Mengen A, B heißen gleichmächtig, wenn es eine bijektive Abbildung f : A → B zwischen den beiden Mengen gibt. Wir betrachten die Menge M1 = N der natürlichen Zahlen und die Menge M2 ⊂ N der Quadratzahlen.
74 3 Mengen, Relationen, Funktionen (i) Geben Sie die Mengen M1 und M2 in aufzählender Schreibweise an. (ii) Zeigen Sie, dass die Mengen M1 und M2 gleichmächtig sind. Gehen Sie in den folgenden Schritten vor: 1. Geben Sie eine bijektive Abbildung f zwischen den Mengen M1 und M2 an. 2. Zeigen Sie, dass die von Ihnen gewählte Abbildung f tatsächlich bijektiv ist. Übung 3.55 (Gleichmächtigkeit von Mengen) Wir betrachten die Mengen M1 = Z/4Z, M2 = {[a] ∈ Z/8Z | ∃b ∈ [a] : b ≡ 1 mod 2}. Dabei bezeichnet Z/mZ, wie bekannt, die Menge der Restklassen modulo m. (i) Sei [a] ∈ Z/8Z. Zeigen Sie, dass aus [a] ∈ M2 schon folgt, dass für alle b ∈ [a] gilt: b ≡ 1 mod 2. (ii) Geben Sie die Mengen M1 und M2 in aufzählender Schreibweise an. (iii) Zeigen Sie, dass die Mengen M1 und M2 gleichmächtig sind. Gehen Sie dazu in den folgenden zwei Schritten vor: 1. Geben Sie eine bijektive Abbildung f : M1 → M2 an. 2. Zeigen Sie, dass die von Ihnen gewählte Abbildung f tatsächlich bijektiv ist. Sehr oft beruhen mathematische Argumente unter anderem auch darauf, dass man weiß, wie viele Objekte einer bestimmten Form es gibt. Die restlichen Übungen dieses Kapitels sollen Ihnen die Gelegenheit geben, das oft nicht einfache Abzählen von Objekten zu trainieren. Die Mathematiker haben diverse Hilfsmittel ersonnen, die unter dem Namen abzählende Kombinatorik zusammengefasst werden, aber keine geschlossene Theorie bilden, mit der wir uns hier in systematischer Weise befassen sollten. Übung 3.56 (Abzählen endlicher Mengen) (i) Wie viele verschiedene Teilmengen hat eine Menge mit n Elementen? (ii) Wie viele verschiedene Teilmengen mit k ∈ N Elementen hat eine Menge mit n Elementen? (iii) Auf wie viele unterschiedliche Weisen kann man 17 Ostereier färben, wenn man drei Farben zur Verfügung hat und jede Farbe mindestens einmal verwendet werden muss?
3.2 Übung und Selbstkontrolle 75 Übung 3.57 (Abzählen endlicher Mengen) Sei M eine Menge mit n Elementen. (i) Wie viele bijektive Abbildungen (=Permutationen) f : M → M gibt es? (ii) Wie viele verschiedene Lottoziehungen („6 aus 49“) führen auf dieselbe Sequenz von Lottozahlen? Übung 3.58 (Abzählen endlicher Mengen) In einer Gruppe von 40 Studierenden sind 18 Lehramtskandidaten, 16 studieren Mathematik und 12 Informatik. Von den Lehramtskandidaten studieren 7 Mathematik und 5 Informatik. 3 Studierende aus der Gruppe studieren Mathematik und Informatik, aber nur 2 davon sind Lehramtskandidaten. Wie viele von den Studierenden, die keine Lehramtskandidaten sind, studieren weder Mathematik noch Informatik? Übung 3.59 (Abzählen endlicher Mengen) In einer Gruppe von Studierenden spielen 18 Schach, 23 mögen Rollenspiele, 21 sind bei Facebook und 17 hassen Sport. 9 Studierende spielen Schach und mögen Rollenspiele, 7 spielen Schach und sind bei Facebook, 6 spielen Schach und hassen Sport, 12 mögen Rollenspiele und sind bei Facebook, 9 mögen Rollenspiele und hassen Sport, und 12 sind bei Facebook und hassen Sport. 4 Studierende spielen Schach, mögen Rollenspiele und sind bei Facebook, dagegen spielen 3 Studierende Schach, mögen Rollenspiele und hassen Sport. 5 Studierende spielen Schach, sind bei Facebook und hassen Sport, und 7 Studierende mögen Rollenspiele, sind bei Facebook und hassen Sport. 3 Studierende spielen Schach, mögen Rollenspiele, sind bei Facebook und hassen Sport. Jeder Studierende, der weder Schach spielt, noch bei Facebook ist, mag Rollenspiele oder hasst Sport. Wie viele Studierende gibt es in der Gruppe? Übung 3.60 (Abzählen endlicher Mengen) Betrachten Sie die Mengen A = {1, 2, 3} und B = {a, b, c, d}. Wie viele Abbildungen f : A → B, die injektiv/surjektiv/bijektiv sind, gibt es? Übung 3.61 (Abzählen endlicher Mengen) Betrachten Sie die Mengen A = {1, 2, 3} und B = {a, b, c, d}. Wie viele Abbildungen f : B → A, die injektiv/surjektiv/bijektiv sind, gibt es? Übung 3.62 (Abzählen endlicher Mengen) Sei M eine Menge mit n Elementen und k ∈ N.
76 (i) 3 Mengen, Relationen, Funktionen Wie viele Abbildungen f : {1, . . . , k} → M gibt es? (ii) Wie viele injektive Abbildungen f : {1, . . . , k} → M gibt es? (iii) Wie viele Top-Ten-Listen kann man aus einem Pool von 50 Songs bilden? (iv) Wie viele Möglichkeiten gibt es, 56 Karten aus einem Deck an acht Spieler zu verteilen? Übung 3.63 (Abzählen endlicher Mengen) (i) In einer Trainingsgruppe von 8 Sportlern begrüßt jeder jeden mit Handschlag. Wie viele Handschläge gibt es? (ii) Wie viele natürliche Zahlen mit 20 Stellen gibt es, in denen keine zwei aufeinanderfolgenden Ziffern gleich sind? (iii) Wie viele Partien hat ein Fussballturnier mit 32 teilnehmenden Mannschaften, in dem ausschließlich im K.o.-Modus gespielt wird, um einen Sieger zu bestimmen? Kontrollfragen Die Lösungen zu den folgenden Fragen finden Sie auf S. 380. Frage 3.64 (Multiple Choice) Sei M := {1, {2, 3}, 4}. Welche der folgenden Aussagen ist korrekt? 2 2 2 2 2∈M 2⊆M {2, 3} ⊆ M {2, 3} ∈ M Frage 3.65 (Multiple Choice) Sei M := {23, {∅}, 42}. Welche der folgenden Aussagen ist korrekt? 2 2 2 2 ∅∈M ∅⊆M {∅} ⊆ M {∅} ∈ M Frage 3.66 (Single Choice) Gilt {1} × {1} = {1}? 2 ja 2 nein
3.2 Übung und Selbstkontrolle 77 Frage 3.67 (Multiple Choice) Wir betrachten die Relation ∼, die durch a ∼ b :⇔ a < b, für a, b ∈ Z definiert ist. Welche der folgenden Aussagen ist korrekt? 2 2 2 2 2 Z×Z⊆ ∼ ∼ ⊆Z×Z Z∪Z= ∼ ∼ ⊆Z∩Z Wenn für a, b ∈ N gilt a ∼ b, dann gilt auch (a, b) ∈ Z × Z. Frage 3.68 (Multiple Choice) Wir betrachten die ⊆-Relation, definiert auf einer Menge von Mengen. Welche der folgenden Eigenschaften sind für diese Relation erfüllt? 2 2 2 2 ⊆ ⊆ ⊆ ⊆ ist ist ist ist eine Abbildung. reflexiv. symmetrisch. transitiv. Frage 3.69 (Single Choice) Sei ∼ eine symmetrische und transitive Relation auf M . Ist die folgende Argumentation korrekt? Es gilt für alle a, b ∈ M : a ∼ b ⇒ b ∼ a, also haben wir a ∼ b und b ∼ a. Daraus folgt mit der Transitivität a ∼ a, also ist ∼ auch reflexiv. 2 ja 2 nein Frage 3.70 (Multiple Choice) Sei f : R → R eine Funktion. Welche der folgenden Aussagen sind korrekt? 2 2 2 2 Wenn f nicht injektiv ist, ist f surjektiv. Wenn f nicht surjektiv ist, ist f injektiv. Wenn f bijektiv ist, ist f immer auch injektiv und surjektiv. Es gibt eine Funktion, die nicht injektiv und nicht surjektiv ist. Frage 3.71 (Multiple Choice) Sei f : R → R eine Funktion mit f (1) = 2 und f (2) = 2. Welche der folgenden Aussagen sind korrekt?
78 2 2 2 2 2 3 Mengen, Relationen, Funktionen f ist auf jeden Fall surjektiv. f kann injektiv sein. Es gibt die Möglichkeit, dass f weder injektiv, noch surjektiv ist. f kann surjektiv sein. f kann bijektiv sein. Frage 3.72 (Multiple Choice) Seien f : A → B eine Funktion und A, B endliche Mengen. Ferner hat B mehr Elemente als A. Welche der folgenden Aussagen sind korrekt? 2 2 2 2 2 f f f f f 3.3 ist auf jeden Fall surjektiv. kann injektiv sein. Es gibt die Möglichkeit, dass f weder injektiv noch surjektiv ist. kann surjektiv sein. kann bijektiv sein. Weitere Beispiele Beispiel 3.73 (De Morgan’sche Gesetze) Seien A, B, C drei Mengen. Dann gilt: (i) A \ (B ∩ C) = (A \ B) ∪ (A \ C), (ii) A \ (B ∪ C) = (A \ B) ∩ (A \ C). Es ist nützlich, die einzelnen Mengen in der folgenden Grafik zu lokalisieren, bevor man einen formalen Nachweis dieser Mengengleichheiten durchführt. A B C Es sind je zwei Dinge nachzuweisen: Erstens, jedes Element der linken Seite ist Element der rechten Seite, und zweitens, jedes Element der rechten Seite ist Element der linken Seite. Die Argumente sind für beide Identitäten sehr ähnlich. (i) Zu zeigen ist erstens, jedes Element der linken Seite ist Element der rechten Seite, das heißt A \ (B ∩ C) ⊆ (A \ B) ∪ (A \ C), und zweitens, jedes Element der rechten Seite ist Element der linken Seite, das heißt A \ (B ∩ C) ⊇ (A \ B) ∪ (A \ C).
3.3 Weitere Beispiele 79 Sei also x ∈ A \ (B ∩ C). Dann ist x ∈ A, aber x ∈ B ∩ C. Also ist x nicht in B und in C enthalten. Wenn x ∈ B gilt, muss daher x ∈ C gelten. Da aber auf jeden Fall x ∈ B oder x ∈ B gilt, muss x ∈ C oder x ∈ B gelten. Das heißt aber, dass x ∈ (A\B)∪(A\C) gilt. Damit ist A\(B ∩C) ⊆ (A\B)∪(A\C) gezeigt. Sei umgekehrt x ∈ (A \ B) ∪ (A \ C). Dann gilt x ∈ A \ B oder x ∈ A \ C. In jedem Falle gilt x ∈ A. Außerdem gilt x ∈ B oder x ∈ C, das heißt, x kann nicht sowohl in B als auch in C liegen. Damit gilt x ∈ B ∩ C, was zusammen mit x ∈ A liefert, dass x ∈ A\(B ∩C) liegt. Also ist A\(B ∩C) ⊇ (A\B)∪(A\C) gezeigt. (ii) Wieder muss man A \ (B ∪ C) ⊆ (A \ B) ∩ (A \ C) und A \ (B ∪ C) ⊇ (A \ B) ∩ (A \ C) zeigen. Sei also x ∈ A \ (B ∪ C). Dann ist x ∈ A, aber x ∈ B ∪ C. Also ist x nicht in B und nicht in C enthalten. Also gilt x ∈ A \ B und x ∈ A \ C, das heißt x ∈ (A \ B) ∩ (A \ C). Damit ist A \ (B ∪ C) ⊆ (A \ B) ∩ (A \ C) gezeigt. Sei umgekehrt x ∈ (A \ B) ∩ (A \ C). Dann gilt x ∈ A \ B und x ∈ A \ C. In jedem Falle gilt x ∈ A. Außerdem gilt x ∈ B und x ∈ C, das heißt, x kann weder in B noch in C liegen. Damit gilt x ∈ B ∪ C, was zusammen mit x ∈ A liefert, dass x ∈ A\(B ∪C) liegt. Also ist A\(B ∪C) ⊇ (A\B)∩(A\C) gezeigt. Beispiel 3.74 (Relationen) Die Relation ≤ auf Z ist (i) (ii) (iii) (iv) reflexiv; transitiv; nicht symmetrisch; antisymmetisch, das heißt, aus a ≤ b und b ≤ a folgt a = b. Beispiel 3.75 (Relationen) Die Relation < auf Z ist (i) (ii) (iii) (iv) antireflexiv, das heißt, kein a steht mit sich selbst in Relation; transitiv; nicht symmetrisch; antisymmetisch, denn die Voraussetzung der Implikation „aus a < b und b < a folgt a = b“ ist für alle Paare (a, b) falsch (und damit ist die Implikation richtig; siehe Beispieltext zu Kapitel 5, S. 103-105).
80 3 Mengen, Relationen, Funktionen Beispiel 3.76 (Relationen) Die Relation „schlägt“ bei dem Spiel „Schnick-Schnack-Schnuck“ (Schere schlägt Papier, Papier schlägt Stein, Stein schlägt Schere) ist (i) (ii) (iii) (iv) antireflexiv; nicht symmetrisch; nicht transitiv; antisymmetisch, denn die Voraussetzung der Implikation „Aus A schlägt B und B schlägt A folgt A = B“ ist für alle Paare (A, B) falsch. Beispiel 3.77 (Relationen) Sei P eine Menge von Personen und ∞ die Relation „ist verheiratet mit“. Diese Relation ist (i) (ii) (iii) (iv) antireflexiv; symmetrisch; nicht transitiv (aus A∞B folgt B∞A, aber A∞A gilt nicht); nicht antisymmetisch. Beispiel 3.78 (Relationen) Sei P eine Menge von Personen und V die Relation „haben einen gemeinsamen Vorfahren“. Diese Relation ist (i) (ii) (iii) (iv) reflexiv; symmetrisch; nicht transitiv; nicht antisymmetisch. Beispiel 3.79 (Relationen) Die Relation R = {(a, b) ∈ Z × Z | 4a teilt a + 3a} ist (i) reflexiv; (ii) nicht symmetrisch (wegen 4 · 1 · 10 = 40 = 1 + 3 · 13 gilt (1, 13) ∈ R, aber (13, 1) ∈ R, weil 52 = 4 · 13 kein Teiler von 16 = 13 + 3 · 1 ist); (iii) nicht transitiv, denn (9, 33) ∈ R und (33, 121) ∈ R (wegen (4 · 9) · 3 = 9 + 9 · 11 = 9 + 3 · 33 und (4 · 33) · 3 = 33 + 33 · 11 = 33 + 3 · 121), aber (9, 121) ∈ R (weil 4 · 9 = 36 kein Teiler von 372 = 9 + 362 = 9 + 3 · 121 ist).
3.3 Weitere Beispiele 81 Beispiel 3.80 (Funktionen) (i) R = {(a, b) ∈ N × N | 2a = b} ist eine Funktion. (ii) R = {(a, b) ∈ N × N | a = 2b} ist keine Funktion, da es nicht zu jedem a ∈ N ein b ∈ N mit (a, b) ∈ R gibt. (iii) R = {(a, b) ∈ N × N | a ≤ b} ist keine Funktion, da es zu a ∈ N mehr als ein b ∈ N mit (a, b) ∈ R gibt. Beispiel 3.81 (Surjektivität und Injektivität) Sei m ∈ N. Die Menge der Restklassen ganzer Zahlen modulo m sei mit Z/mZ bezeichnet. Die Restklasse einer ganzen Zahl k ∈ Z modulo m sei mit [k]m bezeichnet. Die Abbildung Z → Z/4Z, k → [k 2 ]4 ist weder injektiv (weil [0]4 = [4]4 = [24 ]4 ) noch surjektiv (weil [k 2 ]4 = [k]4 · [k]4 ist und nur [0]4 und [1]4 als Quadrate in der Multiplikation auf Z/4Z vorkommen; siehe die Multiplikationstabelle aus Beispiel 2.24). (ii) Die Abbildung Z/8Z → Z/4Z, [k]8 → [k]4 ist surjektiv, aber nicht injektiv (weil [4]8 = [0]8 , aber [4]4 = [0]4 ). (iii) Die Abbildung Z/2Z → Z/4Z, [0]2 → [0]4 , [1]2 → [1]4 ist injektiv, aber nicht surjektiv. (i) Beispiel 3.82 (Bijektivität) Sei m ∈ N. Für x ∈ Z sei [x]m die Restklasse modulo m, zu der x gehört. Für k ∈ Z definiert die Setzung x → x + k eine Abbildung f : [0]m → [k]m . Diese Abbildung ist bijektiv. (i) Wenn f (x) = f (x ) gilt, das heißt x + k = x + k, dann ist x − x = (x + k) − (x + k) = 0, also x = x . Damit ist gezeigt, dass f injektiv ist. (ii) Sei y ∈ [k]m , das heißt y ∈ Z und es gilt x := y − k ist durch m teilbar. Dann ist x ∈ [0]m , und es gilt f (x) = x + k = y. Damit ist gezeigt, dass f surjektiv ist. Wie jede bijektive Abbildung hat f eine Umkehrabbildung. Sie ist durch f −1 : [k]m → [0]m , y → y − k gegeben: Wenn f (x) = y, dann gilt y = x + k und damit x = y − k = f −1 (y).
82 3 Mengen, Relationen, Funktionen Beispiel 3.83 (Äquivalenzrelationen) Sei f : A → B eine Abbildung. Dann ist Rf := {(a, a ) ∈ A × A | f (a) = f (a )} eine Äquivalenzrelation auf A: (i) Wegen f (a) = f (a) ist (a, a) ∈ Rf , das heißt, Rf ist reflexiv. (ii) Wenn (a, a ) ∈ Rf , dann ist f (a) = f (a ), also auch f (a ) = f (a), und damit (a , a) ∈ Rf . Damit ist gezeigt, dass Rf symmetrisch ist. (iii) Wenn (a, a ), (a , a ) ∈ Rf , dann gilt f (a) = f (a ) und f (a ) = f (a ). Aber das liefert f (a) = f (a ), das heißt (a, a ) ∈ Rf . Damit ist gezeigt, dass Rf transitiv ist. Die Äquivalenzklassen von Rf sind die Mengen f −1 (b) := {a ∈ A | f (a) = b} für b ∈ B. Wenn b, b ∈ B verschieden sind, gilt f −1 (b) ∩ f −1 (b ) = ∅, das heißt die Äquivalenzklassen sind disjunkt. Da jedem a ∈ A ein Funktionswert f (a) ∈ B zu  geordnet ist, gehört jedes a ∈ A zu einer Äquivalenzklasse, nämlich zu f −1 f (a) . Also ist A die disjunkte Vereinigung aller Äquivalenzklassen von Rf . Außerdem sieht man daran, dass die Äquivalenzklassen zweier Elemente genau dann gleich sind, wenn die Elemente äquivalent sind.
4 Größter gemeinsamer Teiler Übersicht 4.1 4.2 4.3 Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 93 96 An dieser Stelle betrachten wir ein aus der Schule bereits bekanntes Objekt: den größten gemeinsamen Teiler (ggT) zweier natürlicher Zahlen. Selbstverständlich ist es sofort möglich, den ggT(8, 28) zu nennen, doch wie steht es um den ggT(213, 912)? Gibt es ein Verfahren zu dessen Bestimmung, bzw. gibt es Eigenschaften, die die Berechnung vielleicht erleichtern? Um auf diese Fragen eine sauber formulierte und begründete Antwort geben zu können, bedienen wir uns zunächst der mengentheoretischen Sprache. Lernziele 1. Teilen mit Rest a) Sie können für beliebige Zahlenbeispiele n, k ∈ N den Rest 0 ≤ r < k und die Zahl m ∈ N bestimmen, für die n = m · k + r gilt. (BT2) b) Sie können die Division mit Rest allgemein in mathematischer Formelsprache (siehe (a)) formulieren. (BT2) c) Sie können sowohl die Division mit Rest als auch den euklidischen Algorithmus verbal beschreiben. (BT1) d) Sie können den euklidischen Algorithmus allgemein in mathematischer Formelsprache formulieren. (BT2) e) Sie können den euklidischen Algorithmus für beliebige Zahlenpaare n, m ∈ N ausführen. (BT3) f) Sie können den euklidischen Algorithmus mit der iterierten Division mit Rest in Verbindung setzen. (BT5) J. Hilgert, M. Hoffmann, A. Panse, Einführung in mathematisches Denken und Arbeiten, DOI 10.1007/978-3-662-45512-8_4, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
84 2. 4 Größter gemeinsamer Teiler Größter gemeinsamer Teiler (ggT) a) Sie nutzen für beliebige Zahlen a, b ∈ N den euklidischen Algorithmus, um den ggT zu bestimmen. (BT3) b) Sie können die Definition des ggT zweier natürlicher Zahlen verbal und in mathematischer Formelsprache formulieren. (BT2) c) Sie können für beliebige Zahlen a, b, k ∈ N herausfinden, ob k der ggT von a und b ist. (BT3) d) Sie können anhand einer ausformulierten Darstellung herausarbeiten, wieso das Ergebnis des euklidischen Algorithmus der ggT der beiden Zahlen ist, auf die man den Algorithmus anwendet. (BT4) e) Sie können erklären, wieso sich der ggT zweier natürlicher Zahlen als ganzzahlige Linearkombination dieser Zahlen schreiben lässt, und solche Kombination für konkrete Beispiele bestimmen. (BT2 und BT3) 4.1 Texterarbeitung Für dieses Kapitel steht ein Text zur Verfügung, in dem die wesentlichen Eigenschaften des größten gemeinsamen Teilers zweier natürlicher Zahlen aus der Division mit Rest abgeleitet werden. Insbesondere wird die Berechnung des ggT mithilfe des euklidischen Algorithmus und die Aussage, dass sich der ggT zweier natürlicher Zahlen als ganzzahlige Linearkombination dieser Zahlen schreiben lässt, besprochen. Literatur: [HH12], [Ho12] Beispieltext: [HH12], S. 43–46 Beispieltext aus [HH12] In unserem nächsten Beispiel geht es um den größten gemeinsamen Teiler ggT(a, b) zweier natürlicher Zahlen a und b, das heißt die größte Zahl, durch die man sowohl a als auch b teilen kann. Dieses Beispiel ist zweistufig. Zunächst wird gezeigt, dass es eine Zahl der gesuchten Art gibt (reiner Existenzbeweis). Erst danach wird eine Methode angegeben, dieses Element konkret zu bestimmen, indem man zeigt, dass das Resultat eines Algorithmus die beschriebene Eigenschaft hat. Beide Schritte zusammen ergeben einen konstruktiven Existenzbeweis, der die Existenz durch das Angeben des gesuchten Objekts nachweist. ?1 ?2 Der Schlüssel zur Bestimmung des ggT liegt in der Division mit Rest, die wir schon mehrfach verwendet haben. Wir formulieren sie noch einmal ganz explizit: Lemma 1.12 (Division mit Rest) Seien a, b ∈ N. Dann existieren q, r ∈ N0 := N ∪ {0} mit a = q · b + r und 0 ≤ r < b.
4.1 Texterarbeitung 85 Verbalisierung: Man zieht von einer Zahl a die Zahl b so oft ab, wie man als Ergebnis eine natürliche Zahl oder 0 erhält. Das letzte solche Ergebnis ist r, und q ist die Anzahl der durchgeführten Subtraktionen. Visualisierung: s b |s r 0 b | b | |s a - Für den Beweis dieses Lemmas braucht man das Axiomensystem für die natürlichen Zahlen, das in Anhang A.2 besprochen wird. Wir führen den Beweis auf Seite 229. Satz 1.13 (Existenz des größten gemeinsamen Teilers) Seien a, b ∈ N. Dann gibt es ein eindeutiges d ∈ N derart, dass (i) d | a und d | b (d teilt a und d teilt b), (ii) für jeden gemeinsamen Teiler t von a und b gilt t | d. ?3 Wegen Eigenschaft (iv) in Beispiel 1.8 zeigt Satz 1.13(ii), dass d die größte Zahl d ∈ N ist, die a und b teilt. Daher nennt man sie den größten gemeinsamen Teiler von a und b. Sie wird mit ggT(a, b) bezeichnet. ?4 Verbalisierung: Es gibt eine Zahl d, die a und b teilt und von jeder anderen Zahl, die a und b teilt, geteilt wird. Visualisierung: 0 |s d | t | | | d | | | d | |s a d | | | d | |s b - Beweis. Als Erstes zeigen wir die Eindeutigkeit des ggT. Dazu nehmen wir an, d und d seien zwei Zahlen, die die Eigenschaften (i) und (ii) erfüllen. Ziel ist es dann zu zeigen, dass d = d gelten muss. Aus (i) für d und (ii) für d folgt, dass d | d. Genauso folgt aus (i) für d und (ii) für d , dass d | d . Nach der Eigenschaft (iii) in Beispiel 1.8 liefert dies d = d . Wir beginnen den Nachweis der Existenz des ggT mit einer Vorüberlegung: Wenn eine Zahl d die Zahlen a und b teilt, dann teilt sie auch jede Zahl der Form ax + by ∈ N, wobei x, y ganze Zahlen sind. Wenn nämlich a = dm und b = dn, dann folgt ax + by = dmx + dny = d(mx+ny). Insbesondere kann d nicht größer sein als die kleinste solche Zahl. Da jede Menge von natürlichen Zahlen, die nicht leer ist, ein kleinstes Element hat (siehe Anhang A.2), existiert also das Minimum ?5 ?6 ?7 d := min{ax + by ∈ N | x, y ∈ Z}. Behauptung: d erfüllt (i) und (ii). Um diese Behauptung zu beweisen, wählen wir x0 , y0 ∈ Z mit d = ax0 + by0 . Um (ii) zu zeigen, nehmen wir an, dass t ein Teiler von a und b ist, das heißt t | a und t | b. Dann gilt t | ax0 und t | by0 , also auch t | (ax0 + by0 ) = d. Damit ist (ii) gezeigt. Für den Nachweis von (i) brauchen wir das Lemma 1.12: Danach existieren q, r ∈ Z mit 0 ≤ r < d und a = qd + r. Insbesondere gilt r ∈ N0 = N ∪ {0}. Es folgt r = a − qd = a − q(ax0 + by0 ) = ax + by  , wobei wir x = 1 − qx0 und y  = −qy0 setzen. Da d = ax0 + by0 die kleinste natürliche Zahl der Form ax + by mit x, y ∈ Z ist, muss r = 0 gelten. Aber dann gilt a = qd, das heißt d | a. Analog zeigt man d | b, indem man b mit Rest durch d teilt und den Rest betrachtet. Damit ist dann auch (i) gezeigt. ?8 ?9
86 4 Größter gemeinsamer Teiler Satz 1.13 sagt, dass es den ggT(a, b) wirklich gibt. Der Beweis von Satz 1.13 sagt uns im Prinzip auch, wie man ihn findet: Er ist das kleinste Element der Menge M = {ax + by ∈ N | x, y ∈ Z}. Er sagt uns aber nicht, wie man einer Zahl ansieht, ob sie zu M gehört oder nicht. Das heißt, bis jetzt ist unser Beweis nicht wirklich konstruktiv. Aber schon Euklid wusste, wie man den ggT berechnet: ?10 ?11 Satz 1.14 (Euklidischer Algorithmus) Gegeben seien a, b ∈ N, gesucht ist ggT(a, b). Division mit Rest (Lemma 1.12) liefert q1 , r1 ∈ Z mit a = q1 b + r1 und 0 ≤ r1 < b. Ist r1 = 0, dann gilt b = ggT(a, b). Ist r1 = 0, so existieren q2 , r2 ∈ Z mit b = q2 r1 + r2 und 0 ≤ r2 < r1 . Ist r2 = 0, dann gilt r1 = ggT(a, b). Ist r2 = 0, so existieren q3 , r3 ∈ Z mit r1 = q3 r2 + r3 und 0 ≤ r3 < r2 . .. . Der Algorithmus bricht ab, sobald rj = 0 auftritt. Dies geschieht spätestens nach b Schritten, denn b > r1 > r2 > · · · > rj ≥ 0. Mit den obigen Bezeichnungen gilt: Ist k + 1 der kleinste Index mit rk+1 = 0, so haben wir rk = ggT(a, b). Beweis. Sei d der ggT von a und b. Wegen a = q1 b + r1 ist dann r1 = a − q1 b durch d teilbar. Im nächsten Schritt liefert b = q2 r1 + r2 , dass r2 = b − q2 r1 durch d teilbar ist. Sukzessive liefern die vom Algorithmus produzierten Gleichungen ⇒ ⇒ ⇒ a = q1 b + r1 b = q 2 r1 + r 2 r1 = q3 r2 + r 3 .. . rk−2 = qk rk−1 + rk ?12 ⇒ d | r1 d | r2 d | r3 .. . d | rk . Wenn wir umgekehrt auch rk | d zeigen können, dann gilt d = rk und wir sind fertig. Wir gehen so vor, dass wir rk | a und rk | b zeigen, was nach Satz 1.13 die Relation rk | d liefert. Wieder arbeiten wir die Gleichungen aus dem Algorithmus ab, allerdings in umgekehrter Reihenfolge, beginnend mit der letzten Gleichung rk−1 = qk+1 rk : rk−1 = qk+1 rk rk−2 = qk rk−1 + rk .. . r1 = q3 r2 + r3 b = q2 r1 + r 2 a = q1 b + r 1 ⇒ ⇒ ⇒ ⇒ ⇒ rk | rk−1 rk | rk−2 .. . rk | r 1 rk | b rk | a. Wir haben also d = rk gezeigt und damit den Satz bewiesen. !1 Zur Illustration berechnen wir ggT(18, 48) mithilfe des euklidischen Algorithmus: 48 = 2 · 18 + 12, 18 = 1 · 12 + 6, 12 = 2 · 6 + 0 liefert ggT(18, 48) = 6.
4.1 Texterarbeitung 87 Um zu zeigen, dass der euklidische Algorithmus wirklich den ggT liefert, haben wir die Charakterisierung des ggT aus Satz 1.13 benutzt, nicht die ursprüngliche Definition. Das heißt, nur zusammen liefern Satz 1.13 und 1.14 einen konstruktiven Beweis für die Existenz des größten gemeinsamen Teilers. Weil wir in den Beweisen von Satz 1.19 und Satz 2.12 darauf zurückgreifen müssen, halten wir hier gleich noch eine Folgerung (Korollar) aus dem Beweis von Satz 1.13 fest: Korollar 1.15 Wenn a, b ∈ N teilerfremd sind, das heißt ggT(a, b) = 1 gilt, dann gibt es ganze Zahlen x, y mit ax + by = 1. Beweis. Im Beweis von Satz 1.13 haben wir gesehen, dass ggT(a, b) = min{ax + by ∈ N | x, y ∈ Z}. Wenn also ggT(a, b) = 1 gilt, muss es x, y ∈ Z mit ax + by = 1 geben. Lesen des Textes mit Papier und Stift ?1 Stolperstein: „Schlüssel zur Bestimmung des ggT liegt in der Division mit Rest.“ Frage: Warum ist das so, und was soll so schwierig daran sein, den ggT zu bestimmen? Ach so: ggT(6, 21) = 3 sieht man leicht, weil 6 und 21 kleine Zahlen sind und man die Primfaktoren kennt: 6 = 2 · 3, 21 = 3 · 7. ggT(2183, 5427) = ? Auf den ersten Blick: keine Ahnung. Also: weiterlesen . . . ?2 Stolperstein: Ich muss ein Beispiel hinschreiben. Ach so: zum Beispiel: a = 84, b = 17 Ich brauche q, r ∈ N0 mit 84 = q · 17 + r Ausprobieren: q = 4  q · 17 = 4 · 17 = 78  r = 84 − 78 = 6
88 ?3 4 Größter gemeinsamer Teiler Stolperstein: Ich muss ein Beispiel hinschreiben. Ach so: zum Beispiel: a = 24, b = 12 Ich kann ablesen: ggT(a, b) = 12 =: d Gemeinsame Teiler von a und b sind: t1 = 1, t2 = 2, t3 = 3, t4 = 4, t5 = 6, t6 = 12. Es gilt: ti | d für i = 1, . . . 6. ?4 Stolperstein: Eigenschaft (iv) in Beispiel 1.8 ⇒ d ist die größte Zahl, die a und b teilt. Frage: Was ist Beispiel 1.8 (iv), und warum gilt die Aussage? Ach so: Beispiel 1.8 (iv) sagt: Für a, b ∈ N gilt: Aus a | b folgt a ≤ b. Jeder Teiler t von a und b ist mit Satz 1.13 (ii) auch Teiler von d =ggT(a, b). Dann sagt Beispiel 1.8 (iv): t ≤ d. ?5 Stolperstein: Eigenschaft (ii) in Beispiel 1.8 Frage: Was sagt diese Eigenschaft? Ach so: Für a, b ∈ N gilt: a | b und b | a ⇒ a = b. ?6 Stolperstein: d | a und d | b ⇒ d | (ax + by) ∈ N mit x, y ∈ Z Frage: Warum gilt das? . . . zunächst: weiterlesen . . .
4.1 Texterarbeitung ?7 89 Stolperstein: d kann nicht größer sein als die kleinste Zahl ax + by mit x, y ∈ Z. Frage: Wenn ich x, y ∈ Z wählen darf, kann ich mit a, b beliebig kleine Zahlen erzeugen? zum Beispiel a = 3, b = 6  d =ggT(3, 6) = 3. Für x = 2, y = −1  3 · x + 6 · y = 0. Aber d ist größer als 0, was ist hier faul? Ach so: (nochmals gründlich gelesen:) Die Zahl muss in N = {1, 2, 3, . . .} sein, also größer als 0!!! Die kleinste natürliche Zahl, die ich mit 3x+ 6y, x, y ∈ Z konstruieren kann, ist 3, zum Beispiel mit x = 1, y = 0. Kleiner geht nicht, weil 3x + 6y immer durch 3 teilbar ist. Weiteres Zahlenbeispiel: a = 12, b = 18, x = −1, y = 1  12 · x + 18 · y = 6 =ggT(12, 18) ?8 Stolperstein: Es muss r = 0 gelten. Frage: Warum folgt aus „d ist die kleinste natürliche Zahl der Form ax + by mit x, y ∈ Z“, dass r = 0 gelten muss? Ach so: (nochmals gründlich gelesen:) 0 ≤ r < d und sowohl d als auch r haben die Form ax + by mit x, y ∈ Z. Nun ist aber d ∈ N, also d = 0 und d ist die kleinste natürliche Zahl der Form ax+by, x, y ∈ Z. Aber r ist kleiner als d und von dieser Form ⇒ r ∈ / N. Wegen r ∈ Z und 0 ≤ r bleibt nur r = 0. ?9 Stolperstein: Den analogen Fall probiere ich selbst. Ach so: Nach Lemma 1.12 existieren q, r ∈ Z mit 0 ≤ r < d und b = qd + r. Es folgt: r = b − qd = b − q(ax + by) = b (1 − qy) +a (−qx).       y x Wie in ?8 folgt jetzt r = 0 und damit qd = b, also d | b.
90 4 Größter gemeinsamer Teiler ?10 Stolperstein: Ich muss ein Beispiel sehen. . . . zunächst: weiterlesen . . . aha: !1 ?11 Stolperstein: d | r1 Frage: Warum teilt d den Rest r1 ? Ach so: d | a und d | b ⇒ d | (a − q1 b) ?12 Stolperstein: rk | d ⇒ rk = d Frage: Warum gilt das? Ach so: (nochmals gelesen) Wir haben gezeigt, dass d | rk . Wenn jetzt auch rk | d gilt, gilt insgesamt rk = d. Erläuterungen zum Text Für zwei natürliche Zahlen a, b sehen wir ein, dass jeder positive Teiler t, der sowohl a als auch b teilt, kleiner oder gleich der kleineren Zahl a oder b ist, also    {t ∈ N | t teilt a und b} ⊆ n ∈ N  1 ≤ n ≤ min{a, b} . Die linke Menge ist endlich und hat daher ein eindeutig bestimmtes größtes Element, das man den ggT von a und b nennt. So gesehen sind Existenz und Eindeutigkeit von ggT(a, b) fast trivial. Satz 1.13 im Beispieltext (S. 85) liefert eine zusätzliche Eigenschaft des ggT: Jeder gemeinsame Teiler von a und b ist nicht nur kleiner oder gleich ggT(a, b), sondern sogar ein Teiler von ggT(a, b). Mehr noch, diese Eigenschaft charakterisiert den ggT. Man beachte, dass die Charakterisierung keinerlei Bezug auf die Ordnung in Z nimmt, sondern nur die Teilbarkeitsrelation benutzt. Damit kann man eine Theorie des ggT auch für Zahlbereiche ohne Ordnung etablieren, solange man einen Ersatz für die Division mit Rest findet. Das prominenteste Beispiel für so einen Zahlbereich ist die Menge der Gauß’schen Zahlen (siehe Beispiel 8.18). Diese Menge spielt eine wichtige Rolle in der Zahlentheorie. Der Beweis von Satz 1.13 im Beispieltext (S. 85), beruht auf einer Schlüsselidee: Ein gemeinsamer Teiler von a und b muss ein Teiler jeder Zahl der Form ax + by mit x, y ∈ Z sein, also auch der kleinsten positiven solchen Zahl d. Weil der ggT(a, b) ∈ N, wenn es ihn denn gibt, der ggT ist, liegt nahe zu überprüfen, ob diese kleinste Zahl nicht vielleicht selbst der ggT(a, b) sein kann.
4.1 Texterarbeitung 91 Betrachten wir das Beispiel a = 6 und b = 15. Für diese Zahlen kennen wir die Primzahlzerlegungen: 6 = 2 · 3 und 15 = 3 · 5 und bekommen so 3 als ggT. Aber in der Tat lässt sich 3 in der Form ax + by mit x, y ∈ Z schreiben, und zwar auf mehrere verschiedene Weisen: 3 = 6 · (−2) + 15 · 1 = 6 · (−7) + 15 · 3. Weil jede Zahl der Form 6 · x + 15 · y = 3 · (2x + 5y) durch 3 teilbar ist, kann es keine kleinere positive Zahl als 3 in {6x + 15y | x, y ∈ Z} geben. In diesem Fall ist also d = 3 = ggT(6, 15). Der allgemeine Fall beruht auf dem Prinzip der Division mit Rest: Man schreibt a = qd + r und b = pd + s mit r, s ∈ {0, 1, . . . , d − 1} und stellt fest, dass 0 ≤ r, s ∈ {ax + by | x, y ∈ Z} gilt. Wegen r, s < d − 1 können r und s nicht positiv sein. Damit gilt r = 0 = s, und somit ist d tatsächlich ein gemeinsamer Teiler von a und b. Die eigentliche Berechnung von ggT(a, b) geschieht durch wiederholtes Anwenden der Division mit Rest. Die Reste, die der euklidische Algorithmus produziert, sind alle durch ggT(a, b) teilbar. Umgekehrt teilt der letzte von Null verschiedene Rest, der im Algorithmus auftaucht, sowohl a als auch b. Deshalb muss dieser Rest gleich ggT(a, b) sein. Satz 1.14 im Beispieltext (S. 86) liefert uns ein Verfahren, den euklidischen Algorithmus, um den ggT zweier natürlicher Zahlen zu berechnen. Im Beweis dieses Satzes verwenden wir Satz 1.13 im Beispieltext (S. 85), was aber nicht unbedingt erforderlich ist. Benutzen wir die Bezeichnungen wie im Beweis zu Satz 1.14 festgelegt, so sehen wir: Aus rk | a und rk | b folgt rk ≤ d, und zusammen mit d | rk ergibt sich rk = d. Mit Korollar 1.15 gibt der Text eine Anwendung der Identität: Seien a, b ∈ N. Dann ist ggT(a, b) = min {ax + by ∈ N|x, y ∈ Z}. Mit ihr lassen sich diverse Identitäten für den ggT beweisen. Wir geben ein Beispiel an, um einen in diesem Kontext häufig gemachten Fehler zu illustrieren:
92 4 Größter gemeinsamer Teiler Seien a, b ∈ N mit a = qb + r, wobei q ∈ N und r ∈ {0, . . . , b − 1} gilt. Dann ist ggT(a, b) = min {ax + by ∈ N | x, y ∈ Z} | einsetzen = min {(qb + r)x + by ∈ N | x, y ∈ Z} | umsortieren = min {b(qx + y) + rx ∈ N | x, y ∈ Z} | substituieren = min {by  + rx ∈ N | x, y  ∈ Z} = ggT(b, r). Dieser Beweis ist korrekt. Mit diesem Wissen erscheint auch der folgende Beweis auf den ersten Blick korrekt: Seien a, b, c ∈ N. Dann ist ggT(a, bc) = min {ax + (bc)y ∈ N |×, y ∈ Z} = min {ax + c(by) ∈ N | x, y ∈ Z} ((( (|(x,(y  ∈ Z} ( ( = min {ax + cy ∈ N ( ( (((  ggT(a, c). =  | umsortieren (( ((( substituieren |( Dass die Aussage wirklich falsch ist, und es somit sinnvoll war, die durchgestrichenen Zeilen durchzustreichen, zeigt das einfache Gegenbeispiel ggT(12, 15) = ggT(12, 3 · 5) = 3 = 1 = ggT(12, 5). Warum darf man nun im ersten Beweis substituieren und im zweiten Beweis nicht? Dazu betrachten wir die zu substituierenden Terme. Im ersten Fall ist dies qx + y, wobei x, y ∈ Z beliebig und q fest ist. Man kann sich mit einem einfachen Argument überlegen, dass man jedes y  ∈ Z als qx + y darstellen kann: Wähle x = 1 ∈ Z und y = y  −q ∈ Z. Dann ist qx+y = q +y  −q = q. Somit verändert die Substitution die Gesamtheit der in der Menge enthaltenen Elemente nicht, und das Minimum bleibt erhalten. In der zweiten Menge hingegen soll by, für b ∈ N fest und y ∈ Z beliebig, substituiert werden. Mit der Definition der Teilbarkeit sieht man sofort, dass by immer eine Zahl ist, die durch b teilbar ist. Ersetzen wir dies durch ein y  ∈ Z, so sind auch Zahlen zugelassen, die nicht durch b teilbar sind. Somit ändert sich die Menge und dadurch kann sich auch das Minimum der Menge ändern. Das hier beschriebene Phänomen tritt immer auf, wenn Mengen umgeformt werden. Man muss immer sorgfältig überprüfen, ob sich die Mengen im Zuge der Umformung wirklich nicht verändern.
4.2 Übung und Selbstkontrolle 4.2 93 Übung und Selbstkontrolle Spezielle Schnittstellenübungen Übung 4.1 (Euklidischer Algorithmus) Im Folgenden finden Sie einen Auszug aus dem Schulbuch Lambacher Schweizer, [LS05], der sich mit dem ggT beschäftigt. Beweisen Sie, dass dieses Verfahren den ggT zweier Zahlen korrekt bestimmt. Zeigen Sie dazu die Ãquivalenz einzelner Schritte oder der Zusammenfassung von Schritten zu Schritten des euklidischen Algorithmus, der – wie im Lesematerial bewiesen – den ggT korrekt berechnet.
94 4 Größter gemeinsamer Teiler Vertiefende Übungen Übung 4.2 (Euklidischer Algorithmus) Benutzen Sie den euklidischen Algorithmus, um ggT(1 989, 10 625) zu berechnen. Notieren Sie dabei alle Teilschritte. Übung 4.3 (Erweiterter euklidischer Algorithmus) Geben Sie ganze Zahlen m und n mit 4 914m + 12 870n = 234 an. Übung 4.4 (Erweiterter euklidischer Algorithmus) Geben Sie ganze Zahlen m und n mit 14 592m + 6 468n = 12 an. Übung 4.5 (ggT) Beweisen Sie die folgende Verallgemeinerung von Korollar 1.15 aus dem Beispieltext (S. 87): Seien a, b ∈ N. Dann gibt es ganze Zahlen x, y ∈ Z mit ax + by = ggT(a, b). Übung 4.6 (ggT) Es sei x = qy + r für x, y, q, r ∈ N. Beweisen Sie, dass dann ggT(x, y) = ggT(y, r) gilt. Übung 4.7 (ggT) Seien a, b ∈ N. Zeigen Sie: ∀c ∈ Z : ggT(ca + b, a) | b. Gehen Sie dabei in folgenden Schritten vor: 1. Verifizieren Sie die obige Aussage zunächst an konkreten Zahlen für a, b, c. 2. Zeigen Sie die obige Aussage für c = 1 und a, b ∈ N beliebig. 3. Zeigen Sie die obige Aussage allgemein. Übung 4.8 (ggT) Seien a, b ∈ N. Zeigen Sie: ∀k ∈ Z : ggT(a, b) = ggT(a, b − ka). Gehen Sie dabei in folgenden Schritten vor:
4.2 Übung und Selbstkontrolle 95 1. Verifizieren Sie die obige Aussage znächst für a = 16, b = 26 und k = −3 unter Verwendung des euklidischen Algorithmus. 2. Zeigen Sie die obige Aussage allgemein. Übung 4.9 (ggT) Es seien a, b ∈ N teilerfremd und a > b. Zeigen Sie, dass ggT(a + b, a − b) ≤ 2 ist. Übung 4.10 (ggT) Zeigen Sie, dass für alle m, n ∈ N gilt: ggT(m + 1, n + 1) | (mn − 1). Übung 4.11 (ggT) Sei n ∈ N. Wir betrachten g(n) := ggT(n2 + n + 1, n + 1). (i) Berechnen Sie g(n) für ein selbstgewähltes Zahlenbeispiel. (ii) Berechnen Sie g(n) allgemein. Hinweis: Für alle k ∈ Z gilt: ggT(a, b) = ggT(a, b − ka), wobei a, b ∈ N. Kontrollfragen Die Lösungen zu den folgenden Fragen finden Sie auf S. 380. Frage 4.12 (Multiple Choice) Welche der folgenden Aussagen sind falsch? 2 2 2 2 Es gibt Zahlen a, b ∈ N mit ggT(a, b) = 0. Seien a, b ∈ N. Dann gibt es x, y ∈ Z mit ax + by = 1. Seien a, b ∈ N Primzahlen. Dann gibt es keinen ggT(a, b). Seien a, b ∈ N teilerfremd. Dann ist mindestens eine der beiden Zahlen eine Primzahl. Frage 4.13 (Single Choice) Gibt es zwei Zahlen x, y ∈ Z mit 51x + 32x = 1? 2 ja 2 nein
96 4 Größter gemeinsamer Teiler Frage 4.14 (Single Choice) Seien a, b ∈ N. Gibt es x ∈ N, y ∈ N0 mit 0 ≤ y < b und a − y = qx? 2 ja 2 nein Frage 4.15 (Multiple Choice) Seien a, b ∈ N und d, e Teiler von a und b mit d | e. Welche der folgenden Aussagen sind korrekt? 2 2 2 2 Es gibt genau ein solches d. Wenn e | d gilt, dann ist e = d. Ist e durch alle gemeinsamen Teiler von a und b teilbar, folgt ggT(a, b) = d. ggT(a, b) = d Frage 4.16 (Multiple Choice) Seien a, b ∈ N. Welche der folgenden Aussagen sind korrekt? 2 Wenn a und b durch 3 teilbar sind, gibt es x, y ∈ Z mit ax + by = 1. 2 Wenn a und b teilerfremd sind, gibt es x, y ∈ Z mit ax + by = 3. Frage 4.17 (Single Choice) Seien n = ab und m = ac ∈ N . Welche der folgenden Aussagen ist korrekt? 2 2 2 2 ggT(m, n) = a · ggT(b, c) ggT(m, n) = ggT(b, c) ggT(m, n) = ggT(ab, c) Keine der obigen Gleichungen ist korrekt. 4.3 Weitere Beispiele Direkte Anwendungen von Definitionen und Sätzen Beispiel 4.18 (Gemeinsame Teiler) Die folgende Auflistung gibt zu ausgewählten Paaren von Zahlen die Mengen der gemeinsamen Teiler an: (75,90): {1, 3, 5, 15} (84,96): {1, 2, 3, 12} (24,78): {1, 2, 3, 6} (44,76): {1, 2, 4}
4.3 Weitere Beispiele 97 (21,91): {1, 7} (25,36): {1} Beispiel 4.19 (Teiler der Zahlen bis 100) Die folgende Tabelle gibt zu jeder natürlichen Zahl zwischen 1 und 100 alle Teiler an: 1: 1 2: 1, 2 3: 1, 3 4: 1, 2, 4 5: 1, 5 6: 1, 2, 3 7: 1, 7 8: 1, 2, 4, 8 9: 1, 3, 9 10: 1, 2, 5, 10 11: 1, 11 12: 1, 2, 3, 4, 6, 12 13: 1, 13 14: 1, 2, 7, 14 15: 1, 3, 5, 15 16: 1, 2, 4, 8, 16 17: 1, 17 18: 1, 2, 3, 6, 9, 18 19: 1, 19 20: 1, 2, 5, 10, 20 21: 1, 3, 7, 21 22: 1, 2, 11, 22 23: 1, 23 24: 1, 2, 3, 4, 6, 8, 12, 24 25: 1, 5, 25 26: 1, 2, 13, 26 27: 1, 3, 9, 27 28: 1, 2, 14, 28 29: 1, 29 30: 1, 2, 3, 5, 10, 15 31: 1, 31 32: 1, 2, 4, 8, 16, 32 33: 1, 3, 11, 33 34: 35: 36: 37: 38: 39: 40: 41: 42: 43: 44: 45: 46: 47: 48: 49: 50: 51: 52: 53: 54: 55: 56: 57: 58: 59: 60: 61: 62: 63: 64: 65: 66: 67: 1, 2, 17, 34 1, 5, 7, 35 1, 2, 3, 6, 12, 18, 36 1, 37 1, 2, 19, 38 1, 3, 13, 39 1, 2, 4, 5, 8, 10, 20, 40 1, 41 1, 2, 3, 6, 7, 14, 21, 42 1, 43 1, 2, 4, 11, 22, 44 1, 3, 9, 15, 45 1, 2, 23, 46 1, 47 1, 2, 3, 4, 6, 8, 12, 18, 24, 48 1, 7, 49 1, 2, 5, 10, 25, 50 1, 3, 17, 51 1, 2, 4, 13, 26, 51 1, 53 1, 2, 17, 54 1, 5, 11 1, 2, 4, 7, 8, 14, 28, 56 1, 57 1, 2, 29, 58 1, 59 1, 2, 3, 4, 5, 6, 10, 12, 15, 30, 60 1, 61 1, 2, 31, 62 1, 3, 7, 9, 21, 63 1, 2, 4, 8, 16, 32, 64 1, 5, 13, 65 1, 2, 3, 6, 11, 22, 33, 66 1, 67 68: 1, 2, 4, 17, 34, 68 69: 1, 3, 23, 69 70: 1, 2, 5, 7, 10, 14, 35, 70 71: 1, 71 72: 1, 2, 3, 4, 6, 8, 9, 12, 18, 24, 36, 72 73: 1, 73 74: 1, 2, 37, 74 75: 1, 3, 5, 15, 25, 75 76: 1, 2, 4, 19, 38, 76 77: 1, 7, 11, 77 78: 1, 2, 3, 6, 13, 26, 39, 78 79: 1, 79 80: 1, 2, 4, 5, 8, 10, 16, 20, 40, 80 81: 1, 9, 81 82: 1, 2, 41, 82 83: 1, 83 84: 1, 2, 3, 4, 7, 12, 21, 28, 42, 84 85: 1, 5, 19, 85 86: 1, 2, 43, 86 87: 1, 87 88: 1, 2, 4, 8, 11, 22, 44, 88 89: 1, 89 90: 1, 2, 3, 5, 6, 9, 10, 15, 18, 30, 45, 90 91: 1, 7, 13, 91 92: 1, 2, 4, 23, 46, 92 93: 1, 3, 31, 93 94: 1, 2, 47, 94 95: 1, 5, 19, 95 96: 1, 2, 3, 6, 8, 12, 16, 32, 48, 96 97: 1, 97 98: 1, 2, 7, 14, 49, 98 99: 1, 3, 9, 11, 33, 99 100: 1, 2, 4, 5, 10, 20, 25, 50, 100 Beispiel 4.20 (Erweiterter euklidischer Algorithmus) Im Beweis des Korollar 1.15 im Beispieltext (S. 87) wird festgestellt, dass es zu a, b ∈ N ganze Zahlen x, y ∈ Z mit ax + by = ggT(a, b) gibt.
98 4 Größter gemeinsamer Teiler Um solche Zahlen konkret zu finden, kann man den Beweis des euklidischen Algorithmus (Beispieltext, Satz 1.14, S. 86) nutzen. Betrachten Sie das Beispiel ggT(18, 48) = 6: 48 = 2 · 18 + 12 18 = 1 · 12 + 6 12 = 2 · 6 + 0 liefert 6 = 18 − 1 · 12 = 18 − 1 · (48 − 2 · 18) = (−1) · 48 + 3 · 18. Für das Beispiel ggT(213, 912) = 3 findet man mit 912 = 4 · 213 + 60 213 = 3 · 60 + 33 60 = 1 · 33 + 27 33 = 1 · 27 + 6 27 = 4 · 6 + 3 6 = 2·3 durch Rückwärtseinsetzen 3 = 27 − 4 · 6 = 27 − 4 · (33 − 27) = 5 · 27 − 4 · 33 = 5 · (60 − 33) − 4 · 33 = 5 · 60 − 9 · 33 = 5 · 60 − 9 · (213 − 3 · 60) = 32 · 60 − 9 · 213 = 32 · (912 − 4 · 213) − 9 · 213 = 32 · 912 − 137 · 213 = 29 184 − 29 181. Beispiele zum Beweisen mathematischer Aussagen Beispiel 4.21 (Teilbarkeit) Seien a, b, n ∈ N mit ggT(n, a) = 1 und n | ab. Dann gilt n | b. Um das einzusehen, wendet man Korollar 1.15 (Beispieltext, S. 87) auf n und a an. Man erhält x, y ∈ Z mit nx + ay = 1. Durch Multiplikation mit b ergibt sich nbx + aby = b. Wenn jetzt ab = kn mit k ∈ N ist, findet man n(bx + ky) = b, das heißt n | b.
4.3 Weitere Beispiele 99 Beispiel 4.22 (Ganzzahlige Gleichungen) Seien a, b, c ∈ N. Dann ist die Gleichung ax + by = c genau dann durch ganze Zahlen x, y lösbar, wenn ggT(a, b) | c. Um das einzusehen, nehmen wir zunächst an, dass für x, y ∈ Z die Gleichung ax + by = c gilt. Für jeden gemeinsamen Teiler t ∈ N von a und b gilt dann t | c, weil aus tn = a und tm = b folgt t(nx + my) = tnx + tmy = ax + by = c. Insbesondere gilt also ggT(a, b) | c. Umgekehrt, sei c = n ggT(a, b). Beispiel 4.20 liefert ganze Zahlen x0 und y0 mit ax0 + by0 = ggT(a, b). Also gilt für x = nx0 ∈ Z und y = ny0 ∈ Z, dass ax + by = (ax0 + by0 )n = ggT(a, b)n = c.
5 Aussagenlogik und Widerspruchsbeweise Übersicht 5.1 5.2 5.3 Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Weitere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Beweise sind in der Schule allgemein unbeliebt. Meist werden sie entweder gar nicht behandelt oder „überlesen“. Mit dem Beginn des Mathematikstudiums tauchen sie dann häufiger auf, und es ist sehr ratsam, Beweise nicht mehr zu ignorieren, denn ihr Wert ist nicht zu unterschätzen. Beweise sichern die Gültigkeit mathematischer Aussagen, sodass wir diese Aussagen in weiteren Argumenten benutzen dürfen. Darüber hinaus offenbaren sie uns, warum eine Aussage gilt, und liefern damit viele Informationen, die hilfreich für unser mathematisches Verständnis sind. Des Weiteren stecken in ihnen viele mathematische Techniken und in der Regel die Rechentricks, die für das Lösen der Übungsaufgaben sehr hilfreich sind. Doch was erwartet Sie nun in diesem Kapitel? Natürlich: Es geht um Beweise. Erinnern wir uns an Kapitel 4. Dort wurden am Beispiel des größten gemeinsamen Teilers bereits zwei Beweistechniken vorgestellt: einen Existenzbeweis, der darauf beruht, dass in Mengen von natürlichen Zahlen immer ein kleinstes Element existiert, und einen algorithmischen Beweis, der das gesuchte Element direkt berechnet. In diesem Kapitel soll eine weitere Technik, der Beweis durch Widerspruch, besprochen werden. Um das zu realisieren, müssen einige Grundbegriffe der Aussagenlogik eingeführt werden. Als Anwendung der Beweistechnik präsentieren wir den vielleicht berühmtesten Widerspruchsbeweis der Mathematikgeschichte: Euklids Beweis dafür, dass die Menge der Primzahlen nicht endlich sein kann. J. Hilgert, M. Hoffmann, A. Panse, Einführung in mathematisches Denken und Arbeiten, DOI 10.1007/978-3-662-45512-8_5, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
102 5 Aussagenlogik und Widerspruchsbeweise Lernziele 1. Aussagenlogik a) Sie können ausführen, dass man beliebigen Aussagen die Werte „wahr“ oder „falsch“ zuordnet. (BT1) b) Sie können für vorgegebene Aussagen die logischen Verknüpfungen „und“, „oder“, „nicht“, „Implikation“ erstellen und dafür in Abhängigkeit von den Wahrheitswerten der einzelnen Aussagen die Wahrheitswerte der verknüpften Aussagen ermitteln. (BT3) c) Sie können die in (b) erzielten Ergebnisse in einer angemessenen Wahrheitswertetabelle darstellen. (BT2) d) Sie können anhand von Wahrheitswertetabellen herausfinden, ob zwei vorgegebene Verknüpfungen von Aussagen logisch äquivalent sind. (BT3) e) Sie können verbal und in mathematischer Formelsprache formulieren, was der Umkehrschluss einer Implikation ist. (BT2) f) Sie können die Negierung einfacher Aussagen formulieren, die die Quantoren „es existiert“ und „für alle“ enthalten. (BT2) g) Sie können das Prinzip des Widerspruchsbeweises erklären. (BT2) h) Sie können einfache Aussagen durch Widerspruch beweisen. (BT5) 2. Primzahlen a) Sie können erklären, was eine Primzahl ist. (BT2) b) Sie können für dreistellige natürliche Zahlen herausfinden, ob es sich um Primzahlen handelt. (BT2) c) Sie können den euklidischen Beweis für die Unendlichkeit der Menge der Primzahlen darlegen und herausarbeiten, dass es sich dabei um einen Beweis durch Widerspruch handelt. (BT3) d) Sie können einfache Eigenschaften der Multiplikation von Restklassen bezüglich Primzahlen unter Zuhilfenahme der Inhalte aus den vorangegangenen Themenblöcke ableiten. (BT5) 5.1 Texterarbeitung Für dieses Kapitel besteht die Leseaufgabe aus einer kurzen Einführung in die Aussagenlogik. Neben den elementaren logischen Verknüpfungen sollen insbesondere Wahrheitswertetabellen und das Prinzip des Beweises durch Widerspruch erklärt werden. Da als Anwendung Euklids Beweis für die Unendlichkeit der Primzahlmenge behandelt werden soll, muss insbesondere das Konzept einer Primzahl besprochen werden.
5.1 Texterarbeitung 103 Literatur: [HH12], [Ho12] Beispieltext: [HH12], S. 46–50 Beispieltext aus [HH12] Beweis durch Widerspruch Um das Prinzip des Beweises durch Widerspruch zu erklären, muss man sich der elementaren Aussagenlogik bedienen. In der Aussagenlogik weist man beliebigen Aussagen die Werte wahr oder falsch zu und untersucht dann die Wahrheitswerte von Aussagen, die man durch Negation oder Kombination von Aussagen mit bekannten Wahrheitswerten erhält. Ist zum Beispiel eine Aussage A wahr, dann ist ihre Negation ¬A falsch. Ist dagegen A falsch, dann ist ¬A wahr. Solche Zusammenhänge stellt man oft in „Wahrheitswertetabellen“ dar: A ¬A w f f w Wahrheitswertetabelle für ¬A Die Wahrheitswertetabellen sehen komplizierter aus, wenn man mehrere Aussagen miteinander kombiniert, zum Beispiel durch das logische „und“, das mit ∧ bezeichnet wird, bzw. das logische „oder“, das man mit ∨ bezeichnet. @B w A @ @ f @B w A @ @ f w w f w w w f f f f w f Wahrheitswertetabelle für A ∧ B Wahrheitswertetabelle für A ∨ B Erfahrungsgemäß fällt es einem Großteil der Studierenden in den ersten Semestern nicht leicht, kombinierte Aussagen zu negieren. Für Aussagen, wie „A ∨ B“ prüft man durch Einsetzen von w und f in die Wahrheitswertetabellen sofort nach, dass ¬(A∨B) und (¬A)∧(¬B) die gleichen Wahrheitswertetabellen haben, also logisch äquivalent sind. Man schreibt dann einfach ¬(A ∨ B) = (¬A) ∧ (¬B). Schwieriger wird es, wenn man logische Quantoren wie ∀, „für alle“, oder ∃, „es existiert ein“, ins Spiel bringt. Zum Beispiel ist die Negation von „Kein Mathematiker macht jemals etwas Nützliches“ „Es gibt einen Mathematiker, der irgendwann etwas Nützliches macht“. Zur Beschreibung von Schlussfolgerungen benutzt man die logische „Implikation“, die mit ⇒ bezeichnet wird. Ihre Wahrheitswertetabelle ist wie folgt gegeben: ?1 ?2 ?3
104 5 Aussagenlogik und Widerspruchsbeweise @B w A @ @ f w w f f w w Wahrheitswertetabelle für A ⇒ B Die logische Implikation ist insoweit ein wenig kontraintuitiv, als die Implikation A ⇒ B wahr sein kann, obwohl B falsch ist. Dies passiert, wenn die Prämisse A falsch ist. Insbesondere ist A ⇒ B wahr, wenn sowohl A als auch B falsch sind. Die Setzung ist sinnvoll, weil man aus falschen Voraussetzungen in logisch korrekter Art und Weise beliebige Aussagen ableiten kann. Zum Beispiel lässt sich aus der falschen Aussage 1 = 2 problemlos in korrekter Weise ableiten, dass der Papst ein Eskimo ist: Man bildet eine Menge, die höchstens zwei Elemente hat und den Papst sowie einen Eskimo als Elemente enthält. Wenn aber 2 = 1 gilt, dann hat diese Menge nur ein Element, das heißt, Eskimo und Papst müssen dieselbe Person sein. So albern dieses Beispiel ist, es illustriert doch ein Phänomen, das sich immer wieder beobachten lässt: Eine lange plausible Argumentationskette führt zum gewünschten Ergebnis, weil an einer Stelle eine falsche Annahme verwendet wird. ?4 ?5 ?6 ?7 Der Umkehrschluss zu einer Implikation A ⇒ B (dem Schluss „Aus A schließe ich B“) ist die Implikation ¬B ⇒ ¬A („Aus ¬B schließe ich ¬A“). Man überprüft sofort, dass ¬B ⇒ ¬A die gleiche Wahrheitstabelle hat wie A ⇒ B, das heißt, Schluss und Umkehrschluss sind logisch gleichwertig. Die Redewendung „Das bedeutet im Umkehrschluss ...“, die gebraucht wird, um die Bedeutung logischer Konsequenzen zu erläutern, ist daher völlig gerechtfertigt. Man darf den Umkehrschluss ¬B ⇒ ¬A von A ⇒ B aber nicht mit der umgekehrten Implikation B ⇒ A verwechseln. Diese hat eine andere Wahrheitswertetabelle. Der Umkehrschluss von „Politiker sind Plaudertaschen“ ist also „Wer keine Plaudertasche ist, ist auch kein Politiker“ und keineswegs „Plaudertaschen sind Politiker“. Und „Wer ein Herz hat, ist ein Mensch“ ist auch keine Konsequenz von „Wer ein Mensch ist, hat ein Herz“. Ein Vergleich der Wahrheitswertetabellen zeigt, dass A ⇒ B nicht nur zu ¬B ⇒ ¬A, sondern auch zu (¬A) ∨ B logisch äquivalent ist. Es gibt also diverse Möglichkeiten, eine Implikation darzustellen. Wenn man eine Aussage A durch einen Widerspruchsbeweis nachweisen will, dann leitet man aus ¬A logisch korrekt eine Aussage B ab, von der man weiß, dass sie falsch ist, das heißt im Widerspruch zu schon bekannten Tatsachen steht. Man benutzt also eine Implikation ¬A ⇒ B, deren Wahrheitswert w ist, obwohl B den Wahrheitswert f hat. Das geht nur, wenn A wahr ist, wie man an der Wahrheitswertetabelle für ¬A ⇒ B ablesen kann: @B w A @ @ f w w w f w f Wahrheitswertetabelle für ¬A ⇒ B Diese Vorgehensweise wirkt auf den Laien und den Anfänger zunächst befremdlich und umständlich. Man setzt sie normalerweise dann ein, wenn die Annahme, dass ¬A gilt, zusätzliche Argumentationsmöglichkeiten liefert. Wenn man zum Beispiel zeigen möchte, dass es unend-
5.1 Texterarbeitung 105 lich viele Objekte einer bestimmten Art gibt, dann eröffnet die Annahme, es gäbe nur endlich viele solche Objekte, die Möglichkeit, Abzählargumente einzusetzen. Euklids Beweis für die Aussage A = „Es gibt unendlich viele Primzahlen“ aus Beispiel 1.16 funktioniert nach diesem Muster. Beispiel 1.16 (Primzahlen) Jede natürliche Zahl n hat die Teiler 1 und n. Üblicherweise definiert man eine Primzahl als eine natürliche Zahl n > 1, die keine weiteren Teiler hat. Das bedeutet, eine natürliche Zahl n ist genau dann eine Primzahl, wenn sie genau zwei verschiedene Teiler hat. Euklid hat als Erster einen Beweis dafür aufgeschrieben, dass die Menge aller Primzahlen unendlich sein muss. Sein Beweis ist ein Widerspruchsbeweis: Wir nehmen an, dass die Menge aller Primzahlen endlich ist, und leiten daraus eine falsche Aussage ab. Sei also {p1 , . . . , pk } die Menge aller Primzahlen. !1 ?8 1. Schritt: Der kleinste Teiler d > 1 einer natürlichen Zahl n > 1 ist eine Primzahl. Andernfalls hätte man d = d1 d2 mit 1 < d1 < d und 1 < d2 < d und d wäre nicht minimal. ?9 2. Schritt: Nach dem 1. Schritt hat die Zahl n := p1 · . . . · pk + 1 > 1 einen Primteiler p. Dann muss p eine der Zahlen p1 , . . . , pk sein. Also teilt p sowohl n als auch p1 · . . . · pk , das heißt, es gibt Zahlen a, b ∈ Z mit ?10 ap = n und bp = p1 · . . . · pk . Aber dann gilt (a − b)p = ap − bp = n − p1 · . . . · pk = 1. Daraus folgt aber nach Eigenschaft (iv) in Beispiel 1.8, dass p ≤ 1 gilt. Diese Aussage ist falsch, da jede Primzahl p > 1 erfüllt. Wir haben also aus der Endlichkeit der Menge der Primzahlen die falsche Aussage abgeleitet, dass es eine Primzahl gibt, die kleiner als 2 ist, und damit die Negierung der Annahme, das heißt die Unendlichkeit der Menge der Primzahlen, gezeigt. Lesen des Textes mit Papier und Stift ?1 Stolperstein: ¬(A ∨ B) ist logisch äquivalent zu (¬A) ∧ (¬B). Das muss ich nachrechnen: Ach so: A B w w w f f w f f ¬A ¬B f f f w w f w w A∨B w w w f ¬(A ∨ B) (¬A) ∧ (¬B) f f f f f f w w ?11
106 ?2 5 Aussagenlogik und Widerspruchsbeweise Stolperstein: „Kein Mathematiker macht jemals etwas Nützliches.“ Frage: Wo stehen in diesem Satz ∀ und ∃? Ach so: Wir können auch schreiben: „Es existiert kein Mathematiker, der irgendetwas Nützliches macht.“ oder „Für alle Mathematiker gilt: Sie machen nie etwas Nützliches.“ ?3 Stolperstein: „Kein Mathematiker macht jemals etwas Nützliches.“ Frage: Wie kommt man auf: „Es gibt einen Mathematiker, der irgendwann etwas Nützliches macht“? Ach so: (mit ?2 ) Wenn man eine Aussage, die „für alle“ gilt, negieren möchte, reicht ein Gegenbeispiel: „Es existiert ein . . . “. ?4 Stolperstein: „Man überprüft sofort, dass ¬B ⇒ ¬A die gleiche Wahrheitswertetabelle hat, wie A ⇒ B.“ Das muss ich hinschreiben. Ach so: A w w f f ?5 B w f w f ¬A f f w w ¬B f w f w A ⇒ B ¬B ⇒ ¬A w w f f w w w w Stolperstein: A ⇒ B ist logisch äquivalent zu (¬A) ∨ B. Das muss ich hinschreiben. Ach so: A w w f f B w f w f ¬A f f w w ¬B f w f w A⇒B w f w w (¬A) ∨ B w f w w
5.1 Texterarbeitung ?6 107 Stolperstein: Prinzip des Widerspruchsbeweises Das muss ich nochmals aufschlüsseln. Ach A w w f f so: B ¬A w f f f w w f w (¬A) ⇒ B w w w f ← B hat Wert f. (¬A) ⇒ B hat Wert w. 1. Bilde (¬A). 2. Folgere logisch korrekt B aus (¬A). 3. Wenn B falsch ist, schließe A ist wahr. ?7 Stolperstein: Prinzip des Widerspruchsbeweises Ich muss ein Beispiel sehen. . . . zunächst: weiterlesen . . . bis !1 ?8 Stolperstein: Beweisprinzip erkennen Das muss ich nochmals aufschlüsseln. Ach so: A: Menge aller Primzahlen ist unendlich. ¬A: Menge aller Primzahlen ist endlich. B: eine falsche Aussage . . . (weitergelesen) „Für die Primzahl p gilt: p ≤ 1.“ Wir wollen also (¬A) ⇒ B zeigen und erhalten damit, dass A richtig ist.
108 ?9 5 Aussagenlogik und Widerspruchsbeweise Stolperstein: Argumentation in Schritt 1 Frage: Wie wird hier argumentiert? Ach so: Gegeben: 1 < d ∈ N A: d ist der kleinste Teiler größer 1 von n. B: d ist eine Primzahl. ¬A: d ist nicht der kleinste Teiler größer 1 von n. ¬B: d ist keine Primzahl. Gezeigt wird: ¬B ⇒ ¬A. Also: „Umkehrschluss“ Frage 2: „wäre„ und „hätte“ klingt nach Widerspruchsbeweis. Ach so: ¬A ist eine falsche Aussage, die aus ¬B gefolgert wird. Daraus wird geschlossen, dass B wahr sein muss. Dies ist ein Widerspruchsbeweis. ?10 Stolperstein: 2. Schritt. Frage: Was passiert im 2. Schritt? Ach so: Wir verwenden nur die Aussage ¬A aus ?8 „Die Menge aller Primzahlen ist endlich“ und Schritt 1, um eine falsche Aussage zu folgern. Dazu betrachten wir eine beliebige Zahl n . . . ?11 Stolperstein: Folgerung aus Beispiel 1.8 (iv) Frage: Wie lässt sich p ≤ 1 folgern? Ach so: Beispiel 1.8 (iv) sagt: a | b ⇒ a ≤ b. Damit kann man folgern: (a − b) · p = 1 ⇒ p | 1  ⇒ p≤1 1.8(iv) Erläuterungen zum Text Neben den im Text besprochenen Schwierigkeiten mit der Negation und der Implikation irritiert es den Anfänger in der Aussagenlogik oft, dass das logische
5.1 Texterarbeitung 109 „oder“ kein „entweder oder“ ist. Die Wahrheitswertetabelle für „entweder oder“ ist wie folgt gegeben: @B w A@ @ f w f w f w f Wahrheitswertetabelle für „entweder A oder B“ Im Text werden zwei alternative Zugänge zum Nachweis der Korrektheit einer Aussage B besprochen. Die erste Variante ist der direkte Beweis aus einer Voraussetzung: Man startet mit einer korrekten Aussage A als Voraussetzung, führt dann einen logisch korrekten Schluss A ⇒ B durch und erhält so, dass die Folgerung B richtig ist. Die zweite Variante verwendet den Umkehrschluss: Hier führen der logisch korrekte Umkehrschluss ¬B ⇒ ¬A und die Richtigkeit von A dazu, dass ¬B falsch sein muss, weil A und ¬A nicht beide wahr sein können. Diese zweite Variante beschreibt den Beweis durch Widerspruch: Man nimmt an, dass die zu beweisende Aussage B falsch ist, schließt daraus, dass ¬A wahr ist, und erhält somit einen Widerspruch zur Voraussetzung, die besagt, dass A wahr ist. Es gibt keine allgemeinen Regeln, wann man welche Variante einsetzen soll, aber typischerweise ist es so, dass man den direkten Nachweis anstrebt, wenn die Voraussetzung A erlaubt, bekannte Methoden anzuwenden. Der Ansatz mit einem Beweis durch Widerspruch ist vielversprechend, wenn die Annahme von ¬B erlaubt, bekannte Methoden einzusetzen. Euklid hat seine Aussage über die Primzahlen etwas anders formuliert. Er sagt, zu jeder Liste p1 , . . . , pk von Primzahlen gibt es eine Primzahl p, die nicht in der Liste enthalten ist. Das ist genau das was im Beispieltext (S. 105, Beispiel 1.16) gezeigt wird: Man betrachtet einen Primteiler p von n = p1 · · · pk + 1. Weil p kein Teiler von 1 ist, kann er auch kein Teiler von p1 · · · pk sein. Also ist p auch keine der Zahlen p1 , . . . , pk . Die Struktur des Widerspruchsbeweises ist dann die Folgende: A: Keine Primzahl teilt 1. B: Es gibt eine Primzahl, die nicht in {p1 , . . . , pk } liegt. ¬B ⇒ ¬A: p ist prim, also wegen ¬B in {p1 , . . . , pk }. Damit folgt p | p1 · · · pk . Weil nach Konstruktion p | n, folgt auch p | 1, also ¬A. Man könnte auf die Idee kommen, die Beweisstrategie dazu zu nutzen, die Primzahlen mit 2 beginnend aufzuzählen. Der Anfang dieser Reihe wäre 2, 3 = 2 + 1, 7 = 2 · 3 + 1, 43 = 2 · 3 · 7 + 1. Die nächste Zahl, die die Methode liefert,
110 5 Aussagenlogik und Widerspruchsbeweise ist 2 · 3 · 7 · 43 + 1 = 1807 = 13 · 139, das heißt, die Liste der Primzahlen ist nach diesem Schritt auf 2, 3, 7, 13, 43, 139 angewachsen. Die Primzahlen, die man mit dieser Methode gewinnt, müssen durch Primfaktorisierung ziemlich großer Zahlen gewonnen werden. Diese Aufgabe ist notorisch schwer und dauert so lange, dass man gängige Verschlüsselungssysteme darauf basieren lassen kann, dass ein Angreifer sie selbst mit Supercomputern nicht lösen kann. Es gibt viel einfachere Methoden, Primzahllisten zu generieren, bei denen man dann im Gegensatz zur eben beschriebenen Methode auch sicher sein kann, dass man zu einer vorgegebenen Schranke k ∈ N alle Primzahlen gefunden hat, die kleiner als k sind. Man kann zum Beispiel das Sieb des Eratosthenes verwenden, bei dem man aus der Liste aller natürlichen Zahlen größer 1 sukzessive die durch 2 teilbaren Zahlen, die verbliebenen durch 3 teilbaren Zahlen und danach immer die Vielfachen der ersten Zahl der Reihe wegstreicht. In jedem Schritt ist die erste Zahl eine Primzahl, die man in die Liste aufnimmt. Dieses Verfahren beginnt also mit folgenden Schritten: 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, . . . Primzahlen: 3, 11, . . . Primzahlen: 2 7, 11, . . . Primzahlen: 2, 3 7, 11, . . . Primzahlen: 2, 3, 5 11, . . . Primzahlen: 2, 3, 5, 7 5, 7, 5, 9, . . . Primzahlen: 2, 3, 5, 7, 11 Damit hat man alle Primzahlen gefunden, die kleiner als 12 sind. 5.2 Übung und Selbstkontrolle Spezielle Schnittstellenübungen Übung 5.1 (Implikation) (i) Zeigen Sie, dass die umgekehrte Implikation B ⇒ A von A ⇒ B nicht logisch äquivalent zu A ⇒ B ist. (ii) (a) Formulieren Sie den Satz des Pythagoras als Implikation der Form A ⇒ B. (b) Was ist die umgekehrte Implikation des Satz des Pythagoras? (iii) Aus der Schule kennen Sie das notwendige Kriterium für Extrema von stetig differenzierbaren Funktionen. (a) Formulieren Sie das notwendige Kriterium für Extrema für stetig differenzierbare Funktionen in der Form A ⇒ B.
5.2 Übung und Selbstkontrolle 111 (b) Was ist die umgekehrte Implikation dieser Bedingung? (c) Ist diese wahr? Übung 5.2 (Implikation) In der Schule wollen Sie die Einführung der Reellen Zahlen motivieren. Dazu zeigen Sie, dass die Gleichung x2 = 2 keine rationale Lösung hat, es also keinen Bruch gibt, der diese Gleichung löst. Sie verwenden den folgenden Beweis: √ √ 2 Wir definieren 2 als eine Lösung / Q ist, es also √ derp Gleichung x = 2 und zeigen, dass 2 ∈ kein p ∈ Z und q ∈ N gibt mit 2 = q . √ Angenommen, es gibt zwei Zahlen p ∈ Z, q ∈ N, sodass 2 = pq ist. Dabei sei pq ein vollständig gekürzter Bruch. Dann müsste p q 2 = 2 ⇔ p2 = 2q 2 gelten. Da 2q 2 eine gerade Zahl ist, muss auch p2 und damit auch p gerade sein. Also gibt es eine ganze Zahl r mit 2r = p, und man erhält somit 2q 2 = p2 = (2r)2 = 4r2 . Mit derselben Argumentation ist dann auch q eine gerade Zahl. Da aber p und q gerade sind, kann pq nicht vollständig gekürzt gewesen sein. √ Die Behauptung, dass 2 ∈ Q gilt, ist also falsch und die Behauptung somit bewiesen. (i) Welches Beweisverfahren wurde hier angewandt? √ √ (ii) Offensichtlich ist 4 = 2 ∈ Q. Warum funktioniert der obige Beweis für 4 nicht? (iii) Für welche a ∈ N können Sie mit dem obigen Beweis zeigen, dass die Gleichung x2 = a keine Lösung x ∈ Q hat? Begründen Sie Ihre Antwort. Vertiefende Übungen Übung 5.3 (Aussagenlogik) Zeigen Sie, dass die folgenden aus den Aussagen A, B, C gebildeten Aussagen logisch äquivalent sind: A ∧ (B ∨ C) und (A ∧ B) ∨ (A ∧ C). Hinweis: Benutzen Sie eine Wahrheitswertetafel. Übung 5.4 (Aussagenlogik) Zeigen Sie, dass die folgenden aus den Aussagen A, B, C gebildeten Aussagen logisch äquivalent sind: A ∨ (B ∧ C) und (A ∨ B) ∧ (A ∨ C). Hinweis: Benutzen Sie eine Wahrheitswertetafel.
112 5 Aussagenlogik und Widerspruchsbeweise Übung 5.5 (Negation von Aussagen) Negieren Sie die folgenden Aussagen: (i) Alle Schüler, die in einer Summe kürzen, sind dumm. (ii) Es gibt eine Universität, an der es in allen Semestern keinen Studierenden gibt, der Spaß am Negieren von Aussagen hat. Übung 5.6 (Widerspruchsbeweis) Zeigen Sie, dass für x ∈ Z gilt: x2 gerade ⇒ x gerade. Führen Sie den Beweis über einen Widerspruch. Übung 5.7 (Implikationen) (i) Zeigen Sie, dass der Umkehrschluss ¬B ⇒ ¬A von A ⇒ B logisch äquivalent zu A ⇒ B ist. (ii) Zeigen Sie mithilfe von Übung 5.6 und einem Beweis durch Umkehrschluss die folgende Aussage: x ∈ [1]2 ⇒ x2 ∈ [1]2 , x ∈ Z. Übung 5.8 (Primzahlen) Eine natürliche Zahl p > 1 heißt Primzahl, wenn sie keine anderen Teiler hat als 1 und p. Zeigen Sie: Wenn eine Primzahl p ein Produkt mn von natürlichen Zahlen m, n teilt, dann gilt p|m oder p|n. Hinweis: Wenn p kein Teiler von m ist, betrachten Sie den ggT(p, m). Verwenden Sie Korollar 1.15 aus dem Beispieltext zu Kapitel 4 (S. 87). Übung 5.9 (Widerspruchsbeweis) Es sei 1 < l ∈ N keine Primzahl. Zeigen Sie, dass es eine Restklasse [m] modulo l gibt, für die 0 ∈ / [m] gilt und ∀n ∈ N : [n] · [m] = [1]. Übung 5.10 (Primzahlen) Es sei p ∈ N eine Primzahl und [m] die Restklasse von m ∈ Z modulo p. Zeigen Sie: Wenn 0 ∈ / [m], gibt es eine Restklasse [n] modulo p, für die gilt: [m] · [n] = [mn] = [1]. Hinweis: Verwenden Sie Korollar 1.15 aus dem Beispieltext zu Kapitel 4 (S. 87).
5.2 Übung und Selbstkontrolle 113 Übung 5.11 (Primzahlen)    Zeigen Sie: Für 1 < n ∈ N ist das kleinste Element der Menge d ∈ N  1 < d | n eine Primzahl. Übung 5.12 (Injektivität) (i) Seien M und N endliche Mengen und f : M → N eine injektive Abbildung. Zeigen Sie: Wenn es eine bijektive Abbildung g : M → N gibt, dann ist f auch surjektiv. (ii) Man gebe ein Beispiel dafür an, dass die Aussage aus (i) falsch wird, wenn man auf die Voraussetzung, dass M und N endlich sind, verzichtet. Übung 5.13 (Surjektivität) (i) Seien M und N endliche Mengen und f : M → N eine surjektive Abbildung. Zeigen Sie: Wenn es eine bijektive Abbildung g : M → N gibt, dann ist f auch injektiv. (ii) Man gebe ein Beispiel dafür an, dass die Aussage aus (i) falsch wird, wenn man auf die Voraussetzung, dass M und N endlich sind, verzichtet. Übung 5.14 (Primzahlen) Sei p ∈ N eine Primzahl. Zeigen Sie, dass es zu jeder nicht durch p teilbaren ganzen Zahl n ein m ∈ Z mit p|(mn − 1) gibt. Übung 5.15 (Primzahlen) Sei p ∈ N eine Primzahl und n ∈ N eine Zahl, die nicht durch p teilbar ist. Für a ∈ Z bezeichne [a] die Restklasse von m modulo p. Betrachten Sie die Menge A := {[n]k | k ∈ N0 } = [1] ∪ {[n]k | k ∈ N} von Restklassen und zeigen Sie: (i) Durch ν([a]) = [na] wird eine Bijektion ν : Z/pZ → Z/pZ auf der Menge Z/pZ der Restklassen modulo p definiert. (ii) Es gilt ν(A) = A. (iii) Es gibt eine kleinste Zahl k0 ∈ N mit [nk0 ] = [1] und A = {[n]k | k = 0, 1, . . . , k0 − 1}. (iv) Die Folge [1] = [n]0 , [n] = [n]1 , [n]2 , [n]3 . . . entsteht dadurch, dass man die endliche Folge [n0 ], [n1 ], [n2 ], . . . , [nk0 −1 ] immer wieder wiederholt.
114 5 Aussagenlogik und Widerspruchsbeweise Übung 5.16 (Schwache Äquivalenzrelationen) Wir beschäftigen uns mit einer neuen Art von Relationen. Dazu sei M eine Menge. Dann heißt eine Relation ∼ auf M schwache Äquivalenzrelation, wenn sie symmetrisch und transitiv ist. Wir definieren analog zu Äquivalenzrelationen die schwache Äquivalenzklasse von x ∈ M durch [x] := {y ∈ M | x ∼ y}. (i) Geben Sie eine Relation an, die eine schwache Äquivalenzrelation, aber keine Äquivalenzrelation ist. Beweisen Sie die Korrektheit Ihrer Wahl. (ii) Zeigen Sie die folgenden Eigenschaften: (a) ∀ x ∈ M : [x] = ∅ ⇔ x ∼ x ⇔ x ∈ / [x] (b) ∀ x, y ∈ M : x ∼ y ⇒ [x] = [y] (c) ∀ x, y ∈ M : x ∼ y ⇒ [x] ∩ [y] = ∅ Kontrollfragen Die Lösungen zu den folgenden Fragen finden Sie auf S. 380. Frage 5.17 (Multiple Choice) Gegeben sei die Aussage: „Alle Studierenden sind nicht faul.“ Was ist die Negation der Aussage? 2 Es gibt einen Studierenden, der faul ist. 2 Alle Studierenden sind faul. Frage 5.18 (Multiple Choice) Seien A, B Aussagen. Wir wollen A ⇒ B beweisen. Welche der Beweisstrategien sind korrekt? 2 2 2 2 Es gelte A, wir zeigen B. Wir zeigen, wenn B richtig ist, ist auch A richtig. Wir zeigen, dass aus ¬B, ¬A folgt. Wir führen A ∧ ¬B zum Widerspruch. Frage 5.19 (Multiple Choice) Sei A die Aussage a = b und B die Aussage a + b = 10. Für welche a, b ist A ⇒ B wahr? 2 2 2 2 a=1 a=1 a=5 a=1 und und und und b=2 b=9 b=5 b=1
5.3 Weitere Beispiele 115 Frage 5.20 (Multiple Choice) Seien A, B Aussagen. Angenommen A ∧ B und A ∨ B haben denselben Wahrheitswert. Was kann dann für A und B gelten? 2 2 2 2 A A A A und B sind beide wahr. ist wahr, und B ist falsch. ist falsch, und B ist wahr. und B sind beide falsch. Frage 5.21 (Single Choice) Seien A, B Aussagen. Ist dann A ⇒ B logisch äquivalent zu B ⇒ A? 2 ja 2 nein Frage 5.22 (Single Choice) Wie viele Primzahlen gibt es in der Menge {1, . . . , 10}? 2 5 2 4 5.3 Weitere Beispiele Direkte Anwendungen von Definitionen und Sätzen Beispiel 5.23 (Wahrheitswertetabellen) Wenn man die Wahrheitswerte für mehr als zwei logische Aussagen in eine Tabelle packen möchte, bietet sich folgende Schreibweise an: A B ¬A A ∧ B A ∨ B A ⇒ B (¬A) ∨ B (¬A) ⇒ B w w f w w w w w w f f f w f f w f w w f w w w w f f w f f w w f Aus dieser Tabelle liest man zum Beispiel ab, dass A ∨ B und (¬A) ⇒ B logisch äquivalent sind. Beispiel 5.24 (Wahrheitswertetabellen) In diesem Beispiel werden eine Reihe von logisch äquivalenten Aussagen aufgelistet.
116 5 Aussagenlogik und Widerspruchsbeweise (i) A B ¬B ¬A A ⇒ B ¬B ⇒ ¬A ¬(A ⇒ B) A ∧ (¬B) w w f f w w f f w f w f f f w w f w f w w w f f f f w w w w f f (ii) A B ¬B ¬A ¬(A ∧ B) (¬B) ∨ (¬A) ¬(A ∨ B) (¬B) ∧ (¬A) w w f f f f f f w f w f w w f f f w f w w w f f f f w w w w w w (iii) Die Schreibweise aus Beispiel 5.23 bietet sich auch an, wenn man mehr als zwei logische Aussage miteinander verknüpfen möchte. Die Tafeln werden dann allerdings sehr schnell sehr groß. Für die Verknüpfung von k Aussagen braucht man 2k Zeilen, weil es 2k verschiedene Belegungen dieser k Aussagen mit den zwei Werten w oder f gibt. A B C (A ∧ B) ⇒ C A ⇒ (B ⇒ C) A ⇒ (B ∨ C) (A ∧ ¬B) ⇒ C w w w w w w w w w f f f w w w f w w w w w w f f w w f f f w w w w w w f w f w w w w f f w w w w w f f f w w w w Beispiel 5.25 (Wahrheitswertetabellen) Wenn eine logische Verknüpfung von Aussagen unabhängig von den Wahrheitswerten der einzelnen Aussagen immer wahr ist, handelt es sich bei der verknüpften Aussagen um eine allgemeingültige Aussage.
5.3 Weitere Beispiele A w w w w f f f f B w w f f w w f f 117 C A⇒B B ⇒C w w w f w f w f w f f w w w w f w f w w w f w w A⇒C w f w f w w w w (A ⇒ B) ∧ (B ⇒ C) ((A ⇒ B) ∧ (B w f f f w f w w ⇒ C)) ⇒ (A ⇒ C) w w w w w w w w An dieser Stelle sehen wir, dass ((A ⇒ B) ∧ (B ⇒ C)) ⇒ (A ⇒ C) ein allgemeingültige Aussage ist. Man nennt sie Gesetz des Syllogismus. Beispiel 5.26 (Wahrheitswertetabellen) Wir listen eine Reihe von allgemeingültigen Aussagen auf: (i) Gesetz vom ausgeschlossenen Dritten A ¬A A ∨ (¬A) w f w f w w (ii) Gesetz der doppelten Negation A ¬A ¬(¬A) A ⇔ ¬(¬A) w f w w f w f w (iii) Gleichwertigkeit des Umkehrschlusses (siehe Beispiel 5.24(i)) (A ⇒ B) ⇔ (¬B ⇒ ¬A) Beispiele zum Beweisen mathematischer Aussagen Beispiel 5.27 (Widerspruchsbeweis) Sei M eine Menge und P(M ) die Potenzmenge von M . Dann gibt es keine surjektive Abbildung f : M → P(M ). Diese Aussage lässt sich durch Widerspruch beweisen: Angenommen, es gibt eine surjektive Abbildung f : M → P(M ). Dann definiert man A := {x ∈ M | x ∈ f (x)}, sodass x∈A ⇔ x ∈ f (x). (∗)
118 5 Aussagenlogik und Widerspruchsbeweise Da f als surjektiv angenommen ist, gibt es ein x0 ∈ M mit f (x0 ) = A ∈ P(M ). Wenn dieses x0 in A liegt, dann gilt x0 ∈ A = f (x0 ), also wegen (∗) auch x0 ∈ A. Dies ist ein Widerspruch, das heißt, x0 kann nicht in A liegen. Aber dann gilt wegen (∗), dass x ∈ f (x) = A. Dies ist wieder ein Widerspruch. Da aber x0 entweder in A ist oder nicht in A, zeigt dieser Widerspruch, dass die Voraussetzung, f sei surjektiv, falsch ist. Insbesondere gibt es also keine Bijektion zwischen M und P(M ). Da man mit M → P(M ), x → {x} sofort eine injektive Abbildung M → P(M ) angeben kann, muss man sich M als echt kleiner als P(M ) vorstellen. Für endliche Mengen kann man das durch einfaches Abzählen einsehen: Wenn n die Anzahl der Elemente von M ist, dann hat P(M ) genau 2n Elemente. Man sieht dies zum Beispiel, indem man abzählt, wie viele verschiedene Abbildungen h : M → {0, 1} man definieren kann. Jeder dieser Abbildungen entspricht genau eine Teilmenge Ah := {x ∈ M | h(x) = 1}.
6 Vollständige Induktion Übersicht 6.1 6.2 6.3 Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Weitere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Auch in diesem Kapitel liegt der Schwerpunkt auf einer Beweismethode: der vollständigen Induktion. Sie liefert den Nachweis der Gültigkeit für eine unendliche Menge von Aussagen, wobei aber eine notwendige Bedingung ist, dass diese Aussagen durchnummeriert werden können. Anstatt die Gültigkeit aller Aussagen einzeln zu beweisen, was aus Zeitgründen bei unendlich vielen Aussagen prinzipiell nicht möglich ist, beweist man nur die erste Aussage und gibt dann ein Argument dafür an, dass aus einer beliebigen dieser Aussagen jeweils die nächste folgt. Die Methode ist eng an die folgende zentrale Eigenschaft der natürlichen Zahlen gekoppelt: Wenn eine Teilmenge von natürlichen Zahlen die 1 enthält und mit jedem Element n in der Menge auch n + 1 in der Menge ist, dann ist die Teilmenge schon die ganze Menge aller natürlichen Zahlen. Lernziele 1. Vollständige Induktion als Beweisprinzip a) Sie können das Prinzip der vollständigen Induktion erklären. (BT2) b) Sie können herausfinden, ob eine Aussage sich als Induktionsannahme formulieren lässt. (BT3) c) Sie können einfache Aussagen mit vollständiger Induktion beweisen. (BT5) 2. Fundamentalsatz der Zahlentheorie a) Sie kennen den Fundamentalsatz der Zahlentheorie und können die Beweise für Existenz und Eindeutigkeit der Primzahlzerlegung Schritt für Schritt analysieren. (BT1 und BT4) J. Hilgert, M. Hoffmann, A. Panse, Einführung in mathematisches Denken und Arbeiten, DOI 10.1007/978-3-662-45512-8_6, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
120 6 Vollständige Induktion b) Sie können erklären, wie man aus dem Fundamentalsatz der Zahlentheorie die Irrationalität der Wurzel aus 2 herleitet. (BT2) c) Sie können Irrationalitätsfragen für n-te Wurzeln natürlicher Zahlen mithilfe der Primzahlzerlegung klären. (BT5) 6.1 Texterarbeitung In diesem Kapitel soll ein Text gelesen werden, der das Prinzip der vollständigen Induktion erklärt. Als Beispiel eines komplizierteren Induktionsbeweises sollen Existenz und Eindeutigkeit (bis auf Reihenfolge) von Primzahlzerlegungen natürlicher Zahlen hergeleitet sein. Auch die Anwendung von Primzahlzerlegungen auf Irrationalitätsfragen (Quadratwurzel von 2) sollen thematisiert sein. Literatur: [HH12], [Ho12] Beispieltext: [HH12], S. 50–53 Beispieltext aus [HH12] Vollständige Induktion ?1 !1 Die nächste Beweistechnik, die hier vorgestellt werden soll, ist der Beweis durch Induktion. Unter Induktion (vom Lateinischen inducere für „hineinführen“) versteht man generell das Schließen vom Speziellen auf das Allgemeine. In der Mathematik hat das Wort eine sehr viel spezifischere Bedeutung: Es handelt sich um eine Methode, die in Situationen angewendet wird, in denen man eine Familie von Aussagen beweisen möchte, die durch natürliche Zahlen durchnummeriert werden. Sie beruht auf folgendem Prinzip: Man findet alle natürlichen Zahlen, wenn man bei 1 anfängt und immer weiter zählt. Wenn man also für jedes n ∈ N eine Aussage A(n) hat und weiß, dass A(1) wahr ist, dann genügt es, A(n) ⇒ A(n + 1) zu zeigen, um zu garantieren, dass alle A(n) wahr sind. Man spricht in diesem Kontext vom Induktionsanfang A(1), von der Induktionsannahme A(n) und vom Induktionsschluss oder Induktionsschritt A(n) ⇒ A(n + 1). Satz 1.17 (Vollständige Induktion) Sei N die Menge der natürlichen Zahlen und X ⊆ N eine Teilmenge mit folgenden Eigenschaften: (i) 1 ∈ X. (ii) Wenn x ∈ X, dann gilt auch x + 1 ∈ X. Dann ist X = N. Wie im Falle der Division mit Rest (Lemma 1.12), findet man die Herleitung von Satz 1.17 aus den Axiomen in Anhang A.2. Um vollständige Induktion als Beweismethode einsetzen zu können, muss man die Induktionsannahme präzise formulieren können, das heißt, man muss sehr genau wissen, was man
6.1 Texterarbeitung 121 beweisen möchte. Typischerweise probiert man zunächst die ersten paar Aussagen aus. Wenn man aber die allgemeine Induktionsannahme formuliert hat, ist die Verifikation von A(n) für n > 1 nicht mehr nötig. Wir beginnen mit einem Beispiel, in dem die Induktionsannahme von Anfang an gegeben ist. Beispiel 1.18 Für jedes n ∈ N ist die Zahl 5n − 1 durch 4 teilbar. Die Induktionsannahme A(n) ist hier einfach: 4 | (5n − 1). Wegen 51 − 1 = 4 ist der Induktionsanfang A(1) offensichtlich. Man könnte jetzt noch 52 − 1 = 25 − 1 = 24 und 53 − 1 = 125 − 1 = 124 auf Teilbarkeit durch 4 testen, aber es ist nicht nötig, wenn man den Induktionsschritt A(n) ⇒ A(n + 1) beweist. Wir nehmen also an, dass 5n − 1 durch 4 teilbar ist, das heißt von der Form 4k mit k ∈ N. Dann rechnen wir ?2 5n+1 − 1 = 5n+1 − 5n + 5n − 1 = 5n (5 − 1) + 4k = 4(5n + k), das heißt, auch 5n+1 − 1 ist durch 4 teilbar. Mit vollständiger Induktion (Satz 1.17) ist die Aussage also für alle n ∈ N bewiesen. Induktionsbeweise kommen in der Mathematik auf jedem Niveau vor, in der Regel, wenn man durchnummerierte Aussagen hat, bei denen es einen inhaltlichen Zusammenhang zwischen der Nummer und der Aussage gibt. Die Nummern können Anzahlen von Elementen sein, aber auch Dimensionen (der Begriff der Dimension wird auf Seite 82 besprochen) oder die Anzahl von Teilmengen mit einer gewissen Eigenschaft. Es ist dabei nicht nötig, die Induktion bei 1 zu beginnen. Fängt man mit 2 an, so hat man eben die Aussage nur für alle n ≥ 2 gezeigt, so wie im nachfolgenden Fundamentalsatz der Zahlentheorie, der besagt, dass jede Zahl eine eindeutige Zerlegung in Primfaktoren hat. Im Beweis dieses Satzes kommen sogar mehrere Induktionen vor, zum Teil mit recht ausgeklügelten Induktionsannahmen. Satz 1.19 (Fundamentalsatz der Zahlentheorie) Jede natürliche Zahl n > 1 besitzt eine bis auf die Reihenfolge der Faktoren eindeutige Darstellung als Produkt von Primzahlen. Beweis. 1. Schritt: Existenz der Zerlegung Wir beweisen zunächst mit Induktion, dass sich jedes n > 1 als Produkt von endlich vielen Primzahlen schreiben lässt. Induktionsanfang: Der Fall n = 2 ist klar, denn 2 ist eine Primzahl und somit das Produkt von Primzahlen – auch wenn das Produkt nur einen Faktor hat. Induktionsschritt: Wir nehmen an, dass jede natürliche Zahl m mit 1 < m < n sich als Produkt von endlich vielen Primzahlen schreiben lässt. Wegen n > 1 hat n einen Primfaktor p1 (siehe 1. Schritt in Beispiel 1.16), für den dann insbesondere pn ∈ N 1 gilt. Ist n = p1 , so hat man die gewünschte Aussage. Andernfalls gilt 1 < pn < n, das 1 heißt, mit der Induktionsannahme ergibt sich pn = p2 · . . . · pk , also n = p1 · p2 · . . . · pk . 1 Damit ist die Existenz einer Primzahlfaktorisierung der gewünschten Art gezeigt. 2. Schritt: Eindeutigkeit der Zerlegung Die Eindeutigkeit der Primzahlfaktorisierung bis auf die Reihenfolge lässt sich ebenfalls mit Induktion zeigen, allerdings ist die Induktionsannahme A(n) etwas komplizierter: ?3 ?4
122 ?5 6 Vollständige Induktion A(n): Für n ≤ k seien p1 , . . . , pn und q1 , . . . , qk Primzahlen mit p1 · . . . · pn = q1 · . . . · qk . Dann gilt n = k und es gibt eine umkehrbare Abbildung ϕ : {1, . . . , n} → {1, . . . , n} mit pj = qϕ(j) für j = 1, . . . , n. Um den Beweis führen zu können, brauchen wir noch eine weitere Aussage. Behauptung: Ist p eine Primzahl und gilt p | mn für m, n ∈ N, so folgt p | m oder p | n. ?6 ?7 Zum Beweis der Behauptung nehmen wir an, dass p kein Teiler von m ist. Nach Satz 1.13 haben p und m einen größten gemeinsamen Teiler ggT(p, m). Der muss dann also der einzige andere Teiler von p sein, nämlich 1. Nach Korollar 1.15 existieren dann x, y ∈ Z mit px + my = 1, und es gilt pnx + mny = n. Wegen p | mn finden wir ein z ∈ N mit pz = mn, und es folgt p(nx + zy) = pnx + mny = n, das heißt p | n. Damit ist die Behauptung bewiesen. Induktionsanfang: Wenn n = 1, dann gibt es nach der Behauptung maximal zwei Möglichkeiten: p1 | q1 oder, falls k ≥ 2 ist, p1 | q2 · . . . · qk . Wenden wir die Behauptung wiederholt an, finden wir ein i ∈ {1, . . . , k} mit p1 | qi und weil auch qi prim ist, gilt p1 = qi . Aber dann haben wir 1 = q1 q1 · . . . · qk , das heißt k = 1 = i. Damit ist A(1) i bewiesen. Induktionsschritt: Wir nehmen an, A(n) sei bewiesen, und wollen zeigen, dass auch A(n + 1) gilt. Wenn p1 · . . . · pn · pn+1 = q1 · . . . · qk , dann gilt pn+1 | q1 · . . . · qk , und das Argument aus dem Induktionsanfang liefert ein i ∈ {1, . . . , k} mit pn+1 | qi . Wir setzen ϕ(n + 1) = i und stellen fest, dass p1 · . . . · pn = 1 q1 · . . . · q k , qi wobei die rechte Seite ein Produkt von nur k − 1 Primzahlen ist, weil sich qi herauskürzt. Jetzt wenden wir A(n) an und finden k − 1 = n sowie eine umkehrbare Abbildung ϕ : {1, . . . , n} → {1, . . . , n + 1} \ {i} mit pj = qϕ(j) . Zusammen liefern diese Aussagen A(n + 1). Dieser Beweis ist ein Beispiel für eine Kombination aus mehreren Beweistechniken. Er enthält mehrere Induktionen, greift aber auch auf vorher schon bewiesene Resultate zurück, die nicht mit Induktion bewiesen wurden. Das ist eine ganz typische Situation, die auch gut illustriert, warum man in der Mathematik verloren ist, wenn man früher Gelerntes nach bestandener Prüfung wieder vergisst. In dieser Hinsicht hat Mathematik Ähnlichkeit mit einer Fremdsprache. √ Als Anwendung des Fundamentalsatzes der Zahlentheorie kann man zeigen, dass 2 keine rationale Zahl ist (Seite 7). Es handelt sich bei dem Beweis von Satz 1.20 um einen Widerspruchsbeweis. Satz 1.20 √ 2 ist keine rationale Zahl, das heißt, man kann keine Zahlen n, m ∈ N mit ?8 n2 m2 = 2 finden. Beweis. Seien m = p1 · . . . · pr und n = q1 · . . . · qs jeweils Darstellungen als Produkte von Primzahlen. Wir nehmen an, dass gilt 2m2 = 2p21 · . . . · p2r = q12 · . . . · qs2 = n2 . Jetzt zählt man ab, wie oft links und rechts der Primfaktor 2 vorkommt. Da jedes pi und jedes qj quadriert wird, kommen in m2 und n2 jeweils eine gerade Anzahl von Zweien als
6.1 Texterarbeitung 123 Primfaktoren vor. In 2m2 ist es dann eine ungerade Anzahl von Zweien. Dies steht im Widerspruch zur Eindeutigkeitsaussage in Satz 1.19. Lesen des Textes mit Papier und Stift ?1 Stolperstein: Ich muss ein Beispiel sehen. . . . zunächst: weiterlesen . . . bis !1 ?2 Stolperstein: Beweisprinzip aufschlüsseln Ich muss mir das anders hinschreiben. Ach so: Induktionsannahme A(n) : 4 | (5n − 1)   Induktionsanfang A(1) : 4 | 51 − 1 , das heißt 4 | 4 Zu zeigen: A(n) ⇒ A(n + 1) (Induktionsschritt) 5n+1 − 1 = 5n+1 − .7n + n 5 − 1   teilbar durch 4 nach A(n) = 5n (5 − 1) + (5n − 1) = 5n · 4 + (5n − 1) Dies ist teilbar durch 4. Also gilt die Induktionsbehauptung A(n + 1). ?3 Stolperstein: Beweisprinzip aufschlüsseln Ich muss mir das anders hinschreiben. Ach so: Induktionsannahme A(n): Jedes m ∈ N 1 < m ≤ n lässt sich als Produkt von endlich vielen Primzahlen schreiben. Induktionsanfang A(2): Nur m = 2 ist selbst prim. Induktionsschritt A(n) ⇒ A(n + 1): Zusätzlich ist nur zu zeigen, dass n + 1 sich als Produkt von endlich vielen Primzahlen schreiben lässt. Für m = 2, 3 . . . , n ist das schon ein Teil von A(n).
124 ?4 6 Vollständige Induktion Stolperstein: Es ergibt sich n p1 = p2 · · · pk . Frage: Wieso ergibt sich das? Ach so: Mit der Induktionsannahme wissen wir, dass m = pn1 < n sich als Produkt von endlich vielen Primzahlen schreiben lässt, also m = p2 · · · pk . ?5 Stolperstein: A(n) Frage: Was steht hier eigentlich? Ach so: Angenommen, es gäbe zwei Primfaktorzerlegungen p1 ·. . .·pn und q1 · . . . · qk derselben Zahl. Dann soll folgen, dass sie gleich viele Faktoren haben (n = k) und die Faktoren selbst allenfalls in unterschiedlicher Reihenfolge aufgeschrieben sind: ∃ bijekt. Abb. ϕ : {1, . . . , n} → {1, . . . , k} mit ∀j = 1, . . . , n: pj = qϕ(j) . In diesem Sinne ist die Zerlegung eindeutig. ?6 Stolperstein: Beweisprinzip der Behauptung Frage: Wird hier „Beweis durch Widerspruch“ benutzt? Ach so: Im Satz kommen drei Aussagen vor: ⎫ A : p prim ∧ p | mn⎬ zu zeigen B1 : p|m  A ⇒ (B2 ∨ B1 ). ⎭ B2 : p|n Gezeigt wird im Text: (A ∧ ¬B1 ) ⇒ B2 . Die beiden Aussagen sind logisch äquivalent zueinander und zu (siehe ?5 in Kapitel 4): (B2 ∨ B1 ) ∨ ¬A ⇔ B2 ∨ ((¬A) ∨ ¬(¬B)) ⇔ B2 ∨ ¬(A ∧ ¬B1 ). Also: kein Beweis durch Widerspruch ?7 Stolperstein: A(1) Ich muss mir das anders hinschreiben. Ach so: Wir betrachten p1 = q1 · . . . · qk = q1 · (q2 · . . . · qk ). Wegen p1 prim folgt mit der Behauptung p1 | q1 oder p1 | (q2 · . . . · qk ), dann weiter wie im Text.
6.1 Texterarbeitung ?8 125 Stolperstein: Beweis durch Widerspruch Ich muss mir das Prinzip aufschlüsseln. Ach so: A: √ 2 ist keine rationale Zahl. √ ¬A : 2 ist eine rationale Zahl. B : (falsche Aussage) . . . schon vorher gezeigt: Es gibt unterschiedliche Primfaktorzerlegungen. Wir zeigen logisch korrekt (¬A) ⇒ B und erhalten, dass A wahr ist. Erläuterungen zum Text Im Beispieltext wird auf Seite 121 ausgeführt, dass man eine Induktion nicht bei Ein beginnen lassen muss. Man kann dies noch weiter fassen und folgendes sagen: Sei n0 ∈ Z und A(n) eine Familie von Aussagen für n0 ≤ n ∈ Z. Wenn A(n0 ) wahr ist und für jedes n0 ≤ n ∈ Z die Implikation A(n) ⇒ A(n + 1) gilt, dann ist A(n) für alle n0 ≤ n ∈ Z wahr. Um das einzusehen muss man in Satz 1.17 (Beispieltext, S. 120) nur X = {n − n0 + 1 | n0 ≤ n ∈ Z; A(n) wahr } setzen. Nimmt man stattdessen die Menge    X = n − n0 + 1  n0 ≤ n ∈ Z; ∀m ∈ {n0 , . . . , n} : A(m) wahr erhält man eine weitere Variante der vollständigen Induktion. In diesem Fall muss man neben A(n0 ) die Implikation ∀m ∈ {n0 , . . . , n} : A(m) wahr ⇒ A(n + 1) beweisen. Das ist manchmal einfacher als A(n) ⇒ A(n + 1) zu zeigen. Der Beweis der Existenz der Primzahlzerlegung (Beispieltext, Seite 121) ist eigentlich von dieser Bauart. Es ist ein markantes Merkmal der Beweistechnik vollständige Induktion, dass man die durchnummerierte Menge von Aussagen, die man beweisen möchte,
126 6 Vollständige Induktion sehr genau kennen muss. Die Methode eignet sich nicht dazu, Eigenschaften zu testen. Man betrachte zum Beispiel die folgende Folge von Summen: 1 = 1 1+3 = 4 1+3+5 = 9 1 + 3 + 5 + 7 = 16 1 + 3 + 5 + 7 + 9 = 25 .. . Wer mit dem Einmaleins gut vertraut ist, erkennt hier, dass es sich bei diesen Summen um Quadratzahlen handelt. Nur dann kann er die Hypothese 1 + 3 + 5 + . . . + (2n − 1) = n2 aufstellen, die sich mit dem Summenzeichen (abgeleitet vom Sigma Σ, dem griechischen Buchstaben für S) in der Notation n  ak := a1 + . . . + an k=1 in der Form n  (2k − 1) = n2 k=1 schreiben lässt. Mit Induktion ist diese Hypothese ganz leicht zu beweisen. Der Induktionsanfang n = 1 ist klar, da links die Zahl 2·1−1 und rechts die Zahl 12 n steht. Der Induktionsschritt besteht darin, die Gleichung k=1 (2k − 1) = n2 anzunehmen und daraus n+1  k=1 (2k − 1) = 2(n + 1) − 1 + n  (2k − 1) = 2(n + 1) − 1 + n2 = (n + 1)2 k=1 zu schließen. Hätte man die Quadratzahlen nicht erkannt, hätte man keinen Ansatz gehabt, einen Induktionsbeweis durchzuführen. Manchmal ist es sogar so, dass eine Hypothese, die man „experimentell“ gewonnen hat und die man gerne beweisen möchte, verschärft werden muss, damit ein Induktionsbeweis funktioniert. Im Ergebnis hat man dann eine stärkere Aussage bewiesen, obwohl man die schwächere Aussage nicht direkt beweisen kann
6.1 Texterarbeitung 127 (sie folgt dann aber aus der stärkeren Aussage). Als Beispiel betrachten wir die folgende Zahlenfolge: 1 = 1 1 + 0,5 = 1,5 1 + 0,5 + 0,25 = 1,75 1 + 0,5 + 0,25 + 0,125 = 1,875 1 + 0,5 + 0,25 + 0,125 + 0,0625 = 1,9375 .. . Wenn man erkennt, dass die Summanden auf der linken Seite allesamt Potenzen n−1 von 0,5 sind, kann man die Hypothese aufstellen, dass die Summen k=0 (0,5)k immer kleiner als 2 sind. Wieder ist der Induktionsanfang leicht, denn 1 ist in n−1 der Tat kleiner als 2. Für den Induktionsschritt nimmt man also k=0 (0,5)k < n k 2 an und versucht daraus abzuleiten, dass auch k=0 (0,5) kleiner als 2 ist. Man hat n n−1   (0,5)k = (0,5)n + (0,5)k , k=0 k=0 kann das Argument aber nicht abschließen, weil man nicht weiß, um wie viel n−1 k k=0 (0,5) kleiner ist als 2. Deshalb kann man nicht garantieren, dass man durch die Addition der (für große n sehr kleinen) Zahl (0,5)n nicht über die 2 springt. Wenn man die Summen nicht mit dem Taschenrechner berechnet hat, sondern als Brüche, dann erhält man folgende Zahlenreihe: 1 1 1+ 2 1 1 1+ + 2 4 1 1 1 1+ + + 2 4 8 1 1 1 1 1+ + + + 2 4 8 16 = 1 3 = 2 7 = 4 15 = 8 31 = 16 .. . Sie legt die Hypothese n−1  k=0 (0,5)k = n−1  k=0 1 1 = 2 − n−1 2k 2
128 6 Vollständige Induktion nahe, die offensichtlich eine Verschärfung der ursprüngliche Hypothese ist. Wir beweisen die verschärfte Hypothese durch Induktion: Der Anfang ist wieder klar, denn links und rechts steht für n = 1 jeweils die 1. Für den Induktionsn−1 1 schritt nimmt man jetzt an, dass k=0 21k = 2 − 2n−1 gilt, und rechnet n n−1   1 1 1 1 1 1 2 = + = n + 2 − n−1 = 2 − n − n k n 2 2 2k 2 2 2 2 k=0 k=0 = 2− 1 . 2n Damit ist die verschärfte Hypothese bewiesen. Induktionsbeweise können sehr komplex sein, und die Nummerierung der Aussagen kann sich auf ganz unterschiedliche Größen beziehen. Man sieht das sehr schön im Beweis des Fundamentalsatzes der Zahlentheorie, wie er im Beispieltext gegeben wird. Im Nachweis der Existenz der Primzahlzerlegung ist es die Zahl, die man in Primfaktoren zerlegen will, die die Nummerierung in der Induktion angibt. Im Nachweis der Eindeutigkeit ist es die Anzahl der Primfaktoren in der kürzeren der zwei betrachteten Primfaktorzerlegungen. Der Eindeutigkeitsbeweis für die Primzahlzerlegung illustriert noch ein weiteres Phänomen, das Studierenden wie fertigen Mathematikern gleichermaßen Schwierigkeiten bereitet: Mathematik ist hochgradig kumulativ. Fast nie ist ein interessantes Problem mit nur einer einzigen Methode behandelbar. Der Satz und sein Beweis kommen in diesem Kapitel vor, weil das Thema des Kapitels, die vollständige Induktion, darin eine sehr prominente Rolle spielt. Aber weder die Aussagen noch die Induktionsbeweise sind ohne die vorher schon behandelten Begriffe der Teilbarkeit und der Mengenlehre nachvollziehbar. Schon die korrekte Formulierung der Eindeutigkeitsaussage erfordert Nachdenken: Was bedeutet „eindeutig bis auf die Reihenfolge?“ Worin unterscheiden sich die Primzahlzerlegungen 2 · 3 · 5 und 5 · 2 · 3 der Zahl 30? Die erste besteht aus den Primzahlen p1 = 2, p2 = 3 und p3 = 5, die zweite aus den Primzahlen q1 = 5, q2 = 2 und qr = 3. Beide Primzahlmengen sind durch {1, 2, 3} indiziert. Die Eindeutigkeit drückt sich dadurch aus, dass jedem der pj ’s genau ein qi entspricht. In diesem Beispiel haben wir p1 = q2 , p2 = q3 und p3 = q1 . Die in der Induktionsaussage eingeführte Abbildung ϕ : {1, 2, 3} → {1, 2, 3} ist also durch ϕ(1) = 2, ϕ(2) = 3 und ϕ(3) = 1 gegeben und in der Tat bijektiv. Die mengentheoretische Beschreibung erlaubt die präzise Formulierung der Induktionshypothese, und wie wir gesehen haben, ist die präzise Beschreibung der Induktionshypothese ganz wesentlich für die Anwendung der Methode „vollständige Induktion“.
6.2 Übung und Selbstkontrolle 6.2 129 Übung und Selbstkontrolle Spezielle Schnittstellenübungen Übung 6.1 (Talentprobe von Carl Friedrich Gauß) Schon als Grundschüler fiel der spätere Mathematiker Carl Friedrich Gauß (1777– 1855) durch sein besonderes Talent auf. Den Schülern wurde, um sie zu beschäftigen, die Aufgabe gestellt, die Zahlen von 1 bis 100 aufzuaddieren. Gauß überraschte seinen Lehrer mit einer korrekten Lösung, die er noch dazu im Kopf produziert hatte. Er hatte einfach festgestellt, dass man durch Umgruppierung der Zahlen 50 Paare von Zahlen erhält, die sich jeweils zu 101 addieren: (1, 100), (2, 99), (3, 98), . . . , (50, 51). Damit ist die Summe 50 · 101 = 5050. Man kann das Ergebnis auch in der Form 100  k= k=1 100 · 101 2 schreiben und sich die Frage stellen, ob die Formel n  k= k=1 n · (n + 1) 2 (∗) für jedes n ∈ N richtig ist. (i) Beweisen Sie die Formel (∗) unter Verwendung von vollständiger Induktion für alle n ∈ N. (ii) Die Gauß’sche Methode zur Bestimmung der Summe lässt sich statt für 100 auch für jede andere gerade Anzahl von Summanden anwenden. Wie könnte man die Methode variieren, damit sie auch für eine ungerade Anzahl von Summanden funktioniert? Übung 6.2 (Dezimaldarstellung) In einer Schulklasse stellt eine Schülerin einen interessanten Zusammenhang fest: Wenn man von einer zweistelligen, natürlichen Zahl ihre Quersumme subtrahiert, dann ist das Ergebnis . . . Leider ist der Rest des Satzes nicht zu lesen. (i) Vervollständigen Sie den Satz der Schülerin und beweisen Sie die Behauptung. (ii) Stellen Sie analog eine Behauptung für beliebigstellige Zahlen auf. (iii) Beweisen Sie die Formel aus (ii). Hinweis: Verwenden Sie die Aussage aus Übung 6.5.
130 6 Vollständige Induktion Vertiefende Übungen Übung 6.3 (Vollständige Induktion) Zeigen Sie mit vollständiger Induktion: Für jedes n ∈ N ist die Zahl 5n − 1 durch 4 teilbar. Übung 6.4 (Vollständige Induktion) Zeigen Sie mit vollständiger Induktion: Für alle n ∈ N gilt 4n−1 ≤ (n!)2 . Übung 6.5 (Vollständige Induktion) Zeigen Sie mit vollständiger Induktion die folgende Teilbarkeitsregel: Sei N  a > 1. Dann ist an − 1 für alle n ∈ N durch a − 1 teilbar. Übung 6.6 (Vollständige Induktion) Zeigen Sie mit vollständiger Induktion die Aussage n  ∀n ∈ N : j2 = j=1 n(n + 1)(2n + 1) . 6 Übung 6.7 (Vollständige Induktion) Beweisen Sie: n  (2k − 1) = n2 . k=1 Übung 6.8 (Vollständige Induktion) Beweisen Sie, dass für k ∈ N die folgende Gleichung gilt: k  i=1 1 1 =1− . i2 + i k+1 Übung 6.9 (Vollständige Induktion) Beweisen Sie, dass für alle k ∈ N gilt: k  l=1 l3 = k 2 (k + 1)2 . 4 Übung 6.10 (Vollständige Induktion) Man betrachte die Aussage „Alle auf der Erde lebenden Pferde haben dieselbe Farbe“ und den folgenden Beweisversuch durch Induktion: Es sei X := {n ∈ N | Je n Pferde haben dieselbe Farbe}.
6.2 Übung und Selbstkontrolle 131 Da jedes Pferd dieselbe Farbe hat wie es selbst, gilt 1 ∈ X. Nun sei n ∈ X, und wir müssen zeigen, dass auch n + 1 ∈ X ist. Man nehme eines der n + 1 Pferde heraus; die restlichen n Pferde haben dieselbe Farbe (da n ∈ X). Nun füge man das herausgenommene Pferd hinzu und nehme ein anderes heraus. Dann ist der Rest wieder einfarbig. Also haben alle n + 1 Pferde dieselbe Farbe. Die Schlussfolgerung in diesem Text ist offensichtlich falsch. Beschreiben Sie präzise den Fehler in der Argumentation. Hinweis: Man erkennt den Fehler leicht, wenn man das Argument auf eine Menge mit nur zwei Pferden, einem Rappen und einem Schimmel, anwendet. Übung 6.11 (Vollständige Induktion) In der Schule werden oft Diagonalen von Vierecken betrachtet. Offensichtlich hat ein Viereck in der Regel 2 Diagonalen. Auch die Anzahl der Diagonalen in einem Fünf- oder Sechseck lässt sich zeichnerisch noch gut bestimmen. Wie viele Diagonalen hat aber nun ein n-Eck für n ∈ N, n ≥ 3? (i) Entwickeln Sie eine Formel, mit deren Hilfe sich die Anzahl #Diag(n) aller Diagonalen für ein beliebiges N  n ≥ 3 berechnen lässt. (ii) Beweisen Sie diese Formel durch vollständige Induktion. Übung 6.12 (Binomialkoeffizienten)   n! . Betrachten Sie für 0 ≤ k ≤ n in Z den Binomialkoeffizienten nk = k! (n−k)! n n−1 n−1 (i) Zeigen Sie: Wenn 1 ≤ k, dann gilt k = k−1 + k .   (ii) Sei n eine Primzahl. Zeigen Sie: nk ist für 1 < k < n durch n teilbar. Übung 6.13 (Binomische Formel) Seien a, b ∈ R und n ∈ N. Zeigen Sie mit vollständiger Induktion die folgende Formel: n  n k n−k . (a + b)n = k a b k=0 Übung 6.14 (Kleiner Fermat) Zeigen Sie mit vollständiger Induktion die folgende Aussage, die unter dem Namen kleiner Fermat’scher Satz bekannt ist: Wenn p ∈ N eine Primzahl ist, dann ist für jedes k ∈ Z die Zahl k p kongruent zu k modulo p. Hinweis: Verwenden Sie die Aussage von Übung 6.12(iii) sowie den binomischen Lehrsatz: Für x, y ∈ R und n ∈ N gilt (x + y)n = n  n i=0 i xn−i y i .
132 6 Vollständige Induktion Übung 6.15 (Irrationalität von Quadratwurzeln) √ In Übung 5.2 wird ein Beweis für die Irrationalität von 2 vorgestellt. Dieser Beweis lässt sich jedoch nicht direkt auf andere Zahlen übertragen. Unter Verwendung der in diesem Kapitel eingeführten eindeutigen Primfaktorzerlegung bietet Satz 1.20 aus dem Beispieltext (S. 122) eine weitere Möglichkeit, die Irrationalität einer Zahl zu überprüfen. Verwenden Sie den Satz, um die folgenden Aufgaben zu bearbeiten: √ 3 irrational ist. √ (ii) Offensichtlich ist 4 = 2 ∈ Q, also rational. An welcher Stelle funktioniert √ die Beweisidee aus Satz 1.20 für 4 nicht? (i) Zeigen Sie, dass Übung 6.16 (Irrationalität von Quadratwurzeln) Bearbeiten Sie unter Verwendung von Satz 1.20 aus dem Beispieltext (S. 122) und in Anlehnung an Übung 6.15 die folgenden Aufgaben. Beweisen Sie Ihre Ergebnisse. √ Für welche a ∈ N gilt a ∈ N? √ (ii) Für welche a ∈ N ist a irrational? (i) (iii) Aus der Schule kennen Sie die Möglichkeit, teilweise die Wurzel aus einer √ √ √ Zahl zu ziehen. 8 = 2 · 4 = 2 2. Für welche a ∈ N gibt es b, c ∈ N, sodass √ √ √ a = b c mit b = 1 und c irrational? Kontrollfragen Die Lösungen zu den folgenden Fragen finden Sie auf S. 380. Frage 6.17 (Single Choice) Sei A(n) eine Aussage, wobei n ∈ N gilt. Ferner gelte für alle n ∈ N: Wenn A(n) wahr ist, dann ist auch A(n + 1) wahr. Ist A(n) dann für alle n ∈ N eine wahre Aussage? 2 ja 2 nein Frage 6.18 (Single Choice) Sei M ⊂ N mit {1, 2, 3, 4, 5} ⊂ M . Außerdem gelte für alle m ∈ N mit m > 5, dass aus m ∈ M schon m + 1 ∈ M folgt. Ist dann M = N? 2 ja 2 nein
6.3 Weitere Beispiele 133 Frage 6.19 (Multiple Choice) Sei A(n) eine Aussage über eine natürliche Zahl n. Was muss gelten, damit man das Prinzip der vollständigen Induktion verwenden kann, um eine Aussage über die Menge der n ∈ N zu treffen, für die A(n) gültig ist? 2 A(n) muss für n = 1 ∈ N korrekt sein. 2 Es muss ein n ∈ N geben, für das A(n) wahr ist. 2 Wenn man zeigen kann, dass für jedes n ∈ N mit A(n) wahr auch A(n + 1) wahr ist, so hat man die Aussage für alle n ∈ N bewiesen. Frage 6.20 (Multiple Choice) Wir wollen eine Aussage der Form „Es gibt genau eine Zahl a mit einer bestimmten Eigenschaft“ zeigen. Welche der folgenden Teile müssen in diesem Beweis abgehandelt werden? 2 2 2 2 Wohldefiniertheit Existenz Eindeutigkeit Bijektivität Frage 6.21 (Single Choice) n ∈ N besitzt eine eindeutige Primfaktorzerlegung genau dann, wenn n keine Primzahl ist, sich also als Produkt von mehreren Zahlen schreiben lässt. 2 stimmt 2 stimmt nicht Frage 6.22 (Single Choice) Es gibt keine Zahlen m, n ∈ N mit 3m3 = n3 . 2 stimmt 2 stimmt nicht 6.3 Weitere Beispiele Beispiel 6.23 (Vollständige Induktion und geometrische Reihe) Sei r = 1 eine reelle Zahl (zum Beispiel ein Bruch pq ). Dann gilt für alle n ∈ N, dass n−1  1 − rn . (∗n ) rk := r0 + r1 + . . . + rn−1 = 1−r k=0 Dabei benutzt man die Konvention r0 = 1. Man kann diese Aussage mit Induktion zeigen:
134 6 Vollständige Induktion Für den Induktionsanfang n = 1 hat man die Gleichung r0 = 1 − r1 1−r (∗1 ) nachzuweisen, die aber evident ist. Für den Induktionsschritt nimmt man an, dass die Gleichung (∗n ) gilt, und rechnet n  rk = r0 + r1 + . . . + rn−1 + rn k=0 = n−1  rk + rn k=0 1 − rn + rn 1−r 1 − rn + (1 − r)rn = 1−r 1 − rn+1 = , 1−r = wobei im dritten Schritt die Gleichung (∗n ) benutzt wurde. Betrachtet man die erste und die letzte Zeile der Rechnung, so sieht man, dass damit die Gleichung (∗n+1 ) bewiesen ist. Mit vollständiger Induktion (siehe Beispieltext, S. 120, Satz 1.17) folgt, dass alle Gleichungen (∗n ) mit n ∈ N erfüllt sind. Beispiel 6.24 (Vollständige Induktion und Fermat-Zahlen [AZ04]) n Für n ∈ N0 definieren wir die n-te Fermat-Zahl Fn := 22 + 1. Dann gilt F0 = 3, F1 = 5, F2 = 17, F3 = 257, F4 = 65537. Wir zeigen mit Induktion, dass für jedes n ∈ N gilt: n−1  Fk = F0 · . . . · Fk−1 = Fn − 2, k=0 wobei wir das Produktzeichen ben für P) in der Notation  (6.1) (abgeleitet vom Pi Π, dem griechischen Buchsta- n  k=1 ak := a1 · . . . · an
6.3 Weitere Beispiele 135 verwenden. Für n = 1 reduziert sich (6.1) auf F0 F1 = 15 = 17 − 2 = F2 . Damit ist der Induktionsanfang gewährleistet. Wenn (6.1) für n ∈ N gilt, dann können wir rechnen: n  n−1  Fk = k=0 =  Fk Fn = (Fn − 2)Fn = k=0  n  n n+1 22 − 1 22 + 1 = 22 −1 = = Fn+1 − 2. Damit haben wir auch den Induktionsschritt durchgeführt, also (6.1) bewiesen. Als Konsequenz von (6.1) finden wir, dass die Fermat-Zahlen paarweise teilerfremd sind, das heißt, für k < n in N gilt ggT(Fk , Fn ) = 1. Wenn nämlich m ∈ N ein Teiler von Fk und Fn ist, dann ist nach (6.1) m auch ein Teiler von 2. Damit ist m ∈ {1, 2}. Weil aber alle Fermat-Zahlen ungerade sind, kann m nicht 2 sein. Also ist m = 1 und somit ggT(Fk , Fn ) = 1. Man beachte, dass dies auch einen weiteren Beweis für die Unendlichkeit der Menge der Primzahlen liefert, denn die Primteiler der verschiedenen Fn sind verschieden.
7 Abelsche Gruppen Übersicht 7.1 7.2 7.3 Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Weitere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 Auf allen uns aus der Schule bekannten Zahlbereichen kennen wir Rechenoperationen wie Additionen und Multiplikationen, die gewissen Rechengesetzen genügen. Auf der Menge der Restklassen haben wir auch solche Rechenoperationen eingeführt, und das hat uns geholfen, die Frage nach der Teilbarkeit vollständig zu beantworten. Betrachtet man die Rechengesetze für Addition und Multiplikation auf N, Z, Q oder den Restklassen, fallen einem sowohl Unterschiede als auch Ähnlichkeiten auf. In diesem Kapitel fangen wir an, solche Ähnlichkeiten systematisch zu untersuchen. Dazu muss man herausarbeiten, wie sich „Ähnlichkeit“ manifestiert. Betrachtet man als Beispiel die ganzen Zahlen Z zusammen mit der Addition und die von Null verschiedenen rationalen Zahlen Q× mit der Multiplikation, so stellt man fest, dass sie ähnliche Rechengesetze erfüllen. Es gilt zum Beispiel z + z  = z  + z für z, z  ∈ Z und r · r = r · r für r, r ∈ Q× . Außerdem gilt (z + z  ) + z  = z + (z  + z  ) für z, z  , z  ∈ Z und (r · r ) · r = r · (r · r ) für r, r , r ∈ Q× . Man definiert eine mathematische Struktur auf einer Menge durch die Existenz von bestimmten Objekten (hier zum Beispiel einer Verknüpfungsabbildung), die bestimmte Regeln erfüllen. In diesem Kapitel lernen Sie eine solche mathematische Struktur kennen, nämlich die einer abelschen Gruppe. Sie werden sehen, dass (Z, +) und (Q× , ·) abelsche Gruppen sind und sich auch unter unseren bisher betrachteten Beispielen von Mengen mit Verknüpfungen noch weitere ablesche Gruppen befinden. Die Formalisierung erlaubt es, aus wenigen Grundannahmen für alle diese Beispiele gleichzeitig Rechenregeln abzuleiten. Insbesondere erkennt man, auf welcher Basis die aus der Schule bekannten Rechenregeln in verschiedenen Zahlbereichen beruhen. J. Hilgert, M. Hoffmann, A. Panse, Einführung in mathematisches Denken und Arbeiten, DOI 10.1007/978-3-662-45512-8_7, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
138 7 Abelsche Gruppen Lernziele 1. Axiome a) Sie können Rechenoperationen auf einer Menge M als Abbildungen M × M → M interpretieren. (BT2) b) Sie können die Axiome für abelsche Gruppen angeben. (BT1) c) Sie können erklären, dass die ganzen Zahlen bezüglich der Addition eine abelsche Gruppe bilden, nicht aber bezüglich der Multiplikation. (BT2) d) Sie können für einfache Beispiele von Mengen mit Verknüpfungen herausfinden, ob es sich um abelsche Gruppen handelt oder nicht. Das gilt insbesondere für Mengen von Restklassen bezüglich Addition und Multiplikation. (BT3) e) Sie können für einfache Beispiele von Mengen mit Verknüpfungen herausfinden, ob es sich um kommutative Halbgruppen handelt oder nicht. Das gilt insbesondere für Mengen von Restklassen bezüglich Addition und Multiplikation. (BT3) f) Sie können die Beweise für die Existenz und Eindeutigkeit von Nullen und additiven Inversen in abelschen Gruppen erklären. (BT2) 2. Rechenregeln a) Sie können einfache Rechenregeln, die in abelschen Gruppen gelten, aus den Axiomen ableiten. (BT2) b) Sie können durch Beispiele demonstrieren, dass es Rechenregeln in abelschen Gruppen gibt, die nicht für beliebige kommutative Halbgruppen gültig sind. (BT2) 7.1 Texterarbeitung Für dieses Kapitel soll ein Text gelesen werden, der die elementare Theorie abelscher Gruppen behandelt. Als Beispiele sollten dabei auf jeden Fall die ganzen Zahlen und die Restklassen bezüglich der Addition besprochen sein. Zur Abgrenzung möchte man hier auch das Konzept einer kommutativen Halbgruppe zur Verfügung haben. In diesem Kontext sollten dann auch die Multiplikationen auf den ganzen Zahlen und den Restklassen thematisiert sein. Literatur: [HH12], [Fi10] Beispieltext: [HH12], S. 85–88
7.1 Texterarbeitung 139 Beispieltext aus [HH12] Eine algebraische Struktur ist eine Menge zusammen mit einer oder mehreren Verknüpfungen, die einem Satz von Axiomen genügen. Die ganzen Zahlen Z zusammen mit der Addition und der Multiplikation sind ein Beispiel für eine algebraische Struktur, ebenso wie die Restklassen modulo m aus Beispiel 1.4 mit ihrer Addition und ihrer Multiplikation. Betrachtet man jeweils nur die Addition, so erhält man jeweils eine sogenannte abelsche Gruppe (Beispiel 2.5). Das Adjektiv abelsch leitet sich von Niels Hendrik Abel ab. Beispiel 2.5 (Abelsche Gruppen) Sei Z eine feste nichtleere Menge. Auf Z sei eine Addition gegeben, das heißt eine Abbildung a : Z × Z → Z, für die wir die Notation x + y := a(x, y) einführen. Man nennt (Z, +) eine kommutative oder abelsche Gruppe, wenn die drei folgenden Axiome erfüllt sind: ?1 Axiom (Kommutativität) Für alle x, y ∈ Z gilt x + y = y + x. Axiom (Assoziativität) Für alle x, y, z ∈ Z gilt x + (y + z) = (x + y) + z. Axiom (Lösbarkeit) Zu a, b ∈ Z existiert ein x ∈ Z mit a + x = b. Verzichtet man auf das Lösbarkeitsaxiom, so spricht man von einer kommutativen Halbgruppe. Welche Axiome man für die Verknüpfungen betrachten sollte, ist nicht von vornherein klar. Je schwächer die Bedingungen sind, die man in den Axiomen stellt, desto mehr Beispiele wird es geben. Andererseits, wenn die Bedingungen zu schwach sind, gibt es so unterschiedliche Beispiele, dass man keine interessanten Eigenschaften mehr aus den Axiomen ableiten kann. Es hat in der Tat nach den ersten Erfolgen der strukturellen Algebra Anfang des 20. Jahrhunderts in der Forschung einen gewissen Wildwuchs an strukturellen Untersuchungen recht beliebiger algebraischer Strukturen gegeben. Heutzutage begründet man meist sorgfältig, warum man ein neues Axiomensystem für eine algebraische Struktur einführen will. Aus den Axiomen für abelsche Gruppen kann man sehr schnell interessante Folgerungen ableiten. Zum Beispiel findet man in so einer Gruppe immer eine Null, das heißt ein Element, das man addieren kann, ohne etwas zu ändern. Proposition 2.6 (Null in abelschen Gruppen) Sei (Z, +) eine abelsche Gruppe. Dann gibt es genau ein n ∈ Z mit Für alle x ∈ Z gilt x + n = x. Dieses Element heißt Null oder neutrales Element bezüglich +. Normalerweise wird es mit 0 bezeichnet. Beweis. Wir zeigen zuerst die Existenz von n: Wähle ein a ∈ Z, dann garantiert das Lösbarkeitaxiom aus Beispiel 2.5 die Existenz einer Lösung der Gleichung a + z = a, das heißt eines Elements n ∈ Z mit a + n = a. Wir zeigen, dass mit diesem n für alle x ∈ Z die ?2
140 ?3 7 Abelsche Gruppen Gleichung x + n = x gilt. Wähle dazu ein x ∈ Z. Wieder mit dem Lösbarkeitsaxiom finden wir ein y ∈ Z mit a + y = x. Dann rechnet man x+n = Ass = Kom = Ass = Def (a + y) + n a + (y + n) a + (n + y) (a + n) + y = a+y = x. Um die Eindeutigkeit von n zu zeigen, nimmt man an, man habe zwei Elemente n1 und n2 , die beide Nullen sind. Es gilt dann n1 = n1 + n2 = n2 + n1 = n2 . Wenn man in einer algebraischen Struktur (Z, +) eine Null hat, so wie in den ganzen Zahlen, dann liegt es nahe zu fragen, ob es zu einem gegebenen Element a ∈ Z auch das „Negative“ gibt. In Analogie zu den ganzen Zahlen möchte man das Negative b von a durch a + b = 0 definieren. Es ist aber zunächst nicht klar, dass es so ein b ∈ Z gibt. Und wenn es ein solches b gibt, könnte es auch mehrere geben, sodass es unsinnig wäre, von dem Negativen zu sprechen. Für abelsche Gruppen tauchen diese Schwierigkeiten nicht auf, wie die folgende Überlegung zeigt. Proposition 2.7 (Negatives in abelschen Gruppen) Sei (Z, +) eine abelsche Gruppe. Dann gibt es zu allen a, b ∈ Z genau ein x ∈ Z mit a + x = b. Beweis. Die Existenz einer Lösung ist durch das Lösbarkeitsaxiom aus Beispiel 2.5 garantiert. Seien x1 und x2 zwei Lösungen, das heißt a + x1 = b = a + x2 . Wieder mit dem Lösbarkeitsaxiom findet man ein z ∈ Z mit z + a = a + z = 0. Dann rechnet man mit Proposition 2.6 sowie der Assoziativität x1 = 0 + x1 = (z + a) + x1 = z + (a + x1 ) = z + (a + x2 ) = (z + a) + x2 = 0 + x2 = x2 . Die eindeutige Lösung x ∈ Z der Gleichung a + x = b für a, b ∈ Z heißt die Differenz von b und a und wird mit b − a bezeichnet. Die Zahl −a := 0 − a ∈ Z heißt das Negative oder das additive Inverse von a ∈ Z. Jetzt kann man die Differenz, ähnlich wie die Addition, als eine Verknüpfung d : Z × Z → Z, (a, b) → d(a, b) := a − b betrachten. Sie erfüllt eine Reihe von Rechenregeln, die von den ganzen Zahlen her bekannt sind.
7.1 Texterarbeitung 141 Proposition 2.8 Sei (Z, +) eine abelsche Gruppe und a, b ∈ Z. Dann gilt: (i) (ii) (iii) (iv) (v) (vi) a + (b − a) = b. a − a = 0. a + (−a) = 0. b + (−a) = b − a. −(−b) = b. (b + a) − a = b. Beweis. (i) (ii) (iii) (iv) Dies folgt unmittelbar aus der Definition der Differenz. Mit (i) folgt aus a + 0 = a mit Proposition 2.7 die Gleichung a − a = 0. Setze b = 0 in (i). Wegen (iii) gilt (a+(−a))+b = 0+b = b, also wegen Kommutativität und Assoziativität a + (b + (−a)) = b und damit b + (−a) = b − a. (v) 0 = b + (−b) = (−b) + b impliziert b = 0 − (−b) = −(−b), wobei die letzte Gleichheit gerade die Definition von −x ist. (vi) Mit (iv) und (iii) rechnen wir   (b + a) − a = (b + a) + (−a) = b + a + (−a) = b + 0 = b. Die ganzen Zahlen Z zusammen mit der Addition bilden eine kommutative Gruppe. Die Multiplikation auf den ganzen Zahlen ist sowohl kommutativ als auch assoziativ im Sinne von Beispiel 2.5. Dagegen ist das Lösbarkeitsaxiom aus Beispiel 2.5 für (Z, ·) nicht erfüllt, weil zum Beispiel die Gleichung 2 · x = 1 keine Lösung in Z hat. Also ist (Z, ·) nur eine kommutative Halbgruppe (siehe Beispiel 2.5). Trotzdem gibt es in Z ein neutrales Element bezüglich der Multiplikation, nämlich die 1, die für alle x ∈ Z die Gleichung 1 · x = x erfüllt. Lesen des Textes mit Papier und Stift ?1 Stolperstein: Die Addition ist eine Abbildung. Frage: Wie kann die Addition eine Abbildung α : Z × Z → Z, x + y = α(x, y)? sein ? Ach so: Es werden zwei Zahlen, die Summanden x, y addiert, und wir erhalten eine neue Zahl α(x, y), also Z×Z (x, y) → α(x, y) = x + y ∈ Z. ?4
142 ?2 7 Abelsche Gruppen Stolperstein: Gleichung a + z = a Frage: Wieso existiert eine Lösung z ∈ Z der Gleichung a + z = a für a ∈ Z? Ach so: Das Lösbarkeitsaxiom sagt: Zu a, b ∈ Z existiert x ∈ Z mit a + x = b. Für a = b gibt das eine Lösung der Gleichung a + x = a, die ich statt x auch z nennen kann. ?3 Stolperstein: Der Beweis geht nach „. . . a + n = a“ ja noch weiter? Frage: Wir haben doch ein neutrales Element gefunden. Was gibt es denn jetzt noch zu zeigen? Ach so: a + n = a heißt, n ist neutral für a, aber ist es auch neutral für die anderen Elemente von Z, das heißt gilt ∀x ∈ Z : x + n = x? Zum Schluss muss man noch zeigen, dass n das einzige Element mit dieser Eigenschaft ist. ?4 Stolperstein: Das muss ich mir genauer aufschreiben. Ach so: Wir wissen a + 0 = a. Die Differenz a − a erfüllt nach Definition a + (a − a) = a. Damit sind 0 und a − a beides Lösungen der Gleichung a + x = a. Nach Proposition 2.7 gibt es nur eine Lösung. Also gilt 0 = a − a. Erläuterungen zum Text Im Gegensatz zur Einleitung zu diesem Kapitel kommt im Beispieltext keine Multiplikation vor. Wenn man aber das Additionssymbol + durch ein anderes Symbol ersetzt, zum Beispiel durch · oder ∗, dann liefert die Definition einer abelschen Gruppe im Beispieltext (S. 139, Beispiel 2.5) eine abelsche Gruppe in multiplikativer Schreibweise. Für jedes Symbol, außer dem +, das aus historischen Gründen nur für „Addition“ steht, nennt man dann die Verknüpfung a : A × A → A eine „Multiplikation“. Um die Notation mit den üblichen Schreibweisen verträglich zu gestalten, nennt man das neutrale Element in so einer multiplikativ geschriebenen abelschen Gruppe die „Eins“ und bezeichnet das multiplikative Inverse von a ∈ A nicht mit −a, sondern mit a−1 , 1/a oder
7.2 Übung und Selbstkontrolle 143 1 a. Auch den Namen „Negatives“ verwendet man für Multiplikationen nicht. Des Weiteren spricht man bei der Lösung der Gleichung a · x = b von dem „Quotienten“ von b und a statt von der „Differenz“ und bezeichnet diesen Quotienten mit ab oder b/a. Die Proposition 2.8(iv) im Beispieltext (S. 141) sagt dann, dass b · a−1 = ab ist. Es ist eine nützliche Übung, alle Rechenregeln, die im Text für Additionen bewiesen wurden, entsprechend dieser Notationen für Multiplikationen umzuschreiben. In den meisten Texten zur elementaren Algebra werden abelsche Gruppen nicht als kommutative Halbgruppen definiert, die das Lösbarkeitsaxiom erfüllen, sondern als kommutative Halbgruppen, die ein neutrales Element haben und in denen jedes Element ein Inverses hat. Dass das Lösbarkeitsaxiom die Existenz von neutralem Element und Inversen garantiert, wird im Text gezeigt. Umgekehrt liefert b + (−a) die eindeutige Lösung der Gleichung a + x = b. Die beiden Definitionen sind also gleichwertig. Die Definition über das Lösungsaxiom motiviert sich aus der Hierarchie der in der Schule verwendeten Zahlbereiche. Man kommt von den natürlichen Zahlen zu den ganzen Zahlen, wenn man die Lösbarkeit von Gleichungen der Form a + x = b verlangt, und von den ganzen zu den rationalen Zahlen, wenn man für a = 0 die Lösbarkeit von Gleichungen der Form a · x = b einfordert. Die ganzen Zahlen werden zu einer abelschen Gruppe bezüglich der Addition, die von Null verschiedenen rationalen Zahlen bezüglich der Multiplikation. 7.2 Übung und Selbstkontrolle Spezielle Schnittstellenübungen Hinweis: Wir wollen an dieser Stelle darauf hinweisen, dass Verknüpfungen auf Mengen spezielle Abbildungen im folgenden Sinne sind. Wir definieren auf einer Menge M durch ◦ : M × M → M , (a, b) → a ◦ b eine Verknüpfung ◦ und vereinbaren dann die aus der Schule bekannte Schreibweise a ◦ b. Übung 7.1 (Addition von Brüchen) Wir definieren die aus der Schule bekannte Menge Q der rationalen Zahlen durch p    Q :=  q ∈ N, p ∈ Z . q Außerdem betrachten wir die bekannte Addition + : Q × Q → Q, a c , b d → Zeigen Sie, dass (Q, +) eine abelsche Gruppe ist. ad + bc . bd
144 7 Abelsche Gruppen Zeigen Sie dazu zunächst, dass Q abgeschlossen unter + ist, also dass tatsächlich f (a, b) ∈ Q für alle (a, b) ∈ Q × Q gilt. Übung 7.2 (Addition von Vektoren) Wir betrachten die folgende Schulbuchseite aus [LS01]. Dort wird die Addition von Vektoren im R2 und im R3 definiert. Leider ist genau auf der Definition ein Fleck. (i) Ergänzen Sie die Definition, wie sie im Schulbuch hätte stehen müssen.
7.2 Übung und Selbstkontrolle 145 (ii) Beschreiben Sie formal die Addition von zwei Vektoren im R2 und im R3 als Abbildung. (iii) Zeigen Sie, dass R2 und R3 unter den in (ii) definierten Additionen abgeschlossen sind. (iv) Zeigen Sie, dass (R2 , +) mit der in (ii) definierten Addition eine abelsche Gruppe bildet. Geben Sie dabei auch das neutrale und das inverse Element an. Vertiefende Übungen Übung 7.3 (Multiplikation auf Z) Zeigen Sie, dass (Z, ·), wobei · die bekannte Multiplikation auf Z ist, keine abelsche Gruppe ist. Welche der Eigenschaften sind erfüllt und welche nicht? Übung 7.4 (Addition auf N) Ist N zusammen mit der üblichen Addition eine kommutative Gruppe? Die Antwort ist zu begründen. Übung 7.5 (Multiplikation auf N) Ist N zusammen mit der üblichen Multiplikation eine kommutative Gruppe? Die Antwort ist zu begründen. Übung 7.6 (Eindeutigkeit im Lösbarkeitsaxiom) Sei (G, ∗) eine abelsche Gruppe. Zeigen Sie: ∀ a, b ∈ G :   ∃! x ∈ G : a ∗ x = b . Hinweis: Sie können sich die Aussage zuerst für das Beispiel (Z, +) überlegen. Übung 7.7 (Gruppenaxiome) Sei (G, +) eine abelsche Gruppe. (i) Formulieren Sie die Bedingung (N), dass (G, +) ein neutrales Element hat. (ii) Formulieren Sie die Bedingung (I), dass jedes Element aus (G, +) ein inverses Element hat. (iii) Zeigen Sie, dass die Bedingung (L) (Lösbarkeit) äquivalent zur Bedingung ist, dass (N) und (I) gelten.
146 7 Abelsche Gruppen Übung 7.8 (Addition von Restklassen) Wir betrachten Z/mZ, definiert als die Restklassen modulo m mit m ∈ Z. (i) Erstellen Sie eine Abbildung +m , die die bekannte Addition zweier Restklassen darstellt. Zeigen Sie dann die Abgeschlossenheit von Z/mZ unter dieser Addition. (ii) Zeigen Sie, dass (Z/mZ, +m ) eine abelsche Gruppe ist. Übung 7.9 (Multiplikation von Restklassen) Wir betrachten Z/mZ, definiert als die Restklassen modulo m mit m ∈ Z. (i) Erstellen Sie eine Abbildung ·m , die die bekannte Multiplikation zweier Restklassen darstellt. Zeigen Sie dann, dass Z/mZ abgeschlossen unter dieser Multiplikation ist, das heißt ∀a, b ∈ Z/mZ : a · b ∈ Z/mZ. (ii) Welche Eigenschaft muss m erfüllen, damit ((Z/mZ) \ [0]m , ·m ) eine abelsche Gruppe ist? Beweisen Sie die Korrektheit Ihrer Antwort. Dazu müssen Sie zeigen, dass es sich um eine abelsche Gruppe handelt, wenn m diese Eigenschaft erfüllt, und außerdem, dass es sich nicht um eine abelsche Gruppe handelt, wenn m die Eigenschaft nicht erfüllt. Hinweis: Helfen Ihnen Übung 5.9, Übung 5.10 und Übung 7.7? Übung 7.10 (Rotationen eines Vielecks) Sei R die Menge aller Rotationen eines n-Ecks in der Ebene. Eine Rotation wird repräsentiert durch einen Winkel w ∈ R mit 0 ≤ w < 2π. Wir definieren ferner eine Addition zweier Rotationen durch  w1 + w2 , wenn |w1 + w2 | < 2π, ⊕ : R×R → R, (w1 , w2 ) → w1 ⊕w2 := w1 + w2 − 2π , wenn w1 + w2 ≥ 2π. (i) Zeigen Sie die Abgeschlossenheit von R unter ⊕, das heißt ∀w1 , w2 ∈ R : w1 ⊕ w2 ∈ R. (ii) Zeigen Sie, dass (R, ⊕) eine abelsche Gruppe ist. Was sind die Inversen und das neutrale Element? Übung 7.11 (Multiplikative Inverse von Restklassen) Sie haben gelernt, dass Elemente einer abelschen Gruppe inverse Elemente bezüglich der zugehörigen Verknüpfung haben. In den aus der Schule bekannten Zahlensystemen lassen sich die additiven und multiplikativen Inversen sehr einfach bestimmen. Wir wollen nun betrachten, wie dies bei Restklassen ist.
7.2 Übung und Selbstkontrolle 147 Sei p ∈ Z eine Primzahl. Wir wissen, dass dann ((Z/pZ) \ [0]p , ·) eine abelsche Gruppe ist (siehe Übung 7.9). (i) Benutzen Sie Übung 5.10, um ein Verfahren zur Berechnung der multiplikativen Inversen einer Restklasse [0] = a ∈ Z/pZ zu entwickeln. (ii) Berechnen Sie für p = 17 die multiplikativen Inversen von [5] und [11]. Übung 7.12 (Einheitengruppen) Wir definieren für m ∈ Z die Menge (Z/mZ)∗ als diejenigen Restklassen, die multiplikative Inverse haben. (i) Sei a ∈ Z. Es gilt [a] ∈ (Z/mZ)∗ , genau dann, wenn . . . Vervollständigen Sie den Satz und beweisen Sie Ihre Antwort. (ii) Zeigen Sie, dass (Z/mZ)∗ zusammen mit der Restklassenmultiplikation eine abelsche Gruppe bildet. (iii) Widerlegen Sie, dass (Z/mZ)∗ zusammen mit der Restklassenaddition eine abelsche Gruppe bildet. (iv) Sei m = 36. Welche der Restklassen [12], [13], [14] ∈ Z/36Z sind in (Z/36Z)∗ . Geben Sie die multiplikativen Inversen auch an. Verwenden Sie dazu das Verfahren aus Übung 7.11. Hinweis: Wie bereits oben erwähnt, ist eine Verknüpfung auf einer Menge M nichts anderes als eine Abbildung M × M → M . Die nun folgenden Aufgaben bieten keine neuen Inhalte, sondern entsprechen im Wesentlichen bereits vorangegangenen Aufgaben. Der entscheidende Unterschied ist, dass durchgängig die Abbildungsnotation verwendet wird. Dies bietet eine Möglichkeit, sich mit dieser – in der Schule nicht verwendeten Notation – vertraut zu machen. Da die Aufgaben bis auf die Notation identisch zu Obigem sind, werden keine erneuten Lösungen angegeben. Übung 7.13 (Gruppenaxiome) Sei Z eine Menge und α : Z × Z → Z eine Verknüpfung, die kommutativ und assoziativ ist. Weiter gelte   (N) ∃ n ∈ Z : ∀ x ∈ Z : α(n, x) = x ,   ∃! x ∈ Z : α(a, x) = n . (I) ∀ a ∈ Z : Zeigen Sie, dass (Z, α) eine kommutative Gruppe ist. Übung 7.14 (Addition von Restklassen) Sei m ∈ Z. (i) Zeigen Sie, dass {(a, b) ∈ Z×Z | ∃k ∈ Z : km = a−b} eine Äquivalenzrelation auf Z ist.
148 7 Abelsche Gruppen (ii) Sei Z/mZ die Menge der Äquivalenzklassen in Z bezüglich der Äquivalenzrelation aus (i). Zeigen Sie, dass es genau eine Abbildung (synonym: Funktion) α : Z/mZ × Z/mZ → Z/mZ gibt, für die gilt: ∀ a ∈ x ∈ Z/mZ, b ∈ y ∈ Z/mZ : a + b ∈ α(x, y) ∈ Z/mZ. (iii) Weisen Sie die folgenden Eigenschaften nach:     (a) ∀x, y, z ∈ Z/mZ : α x, α(y, z) = α α(x, y), z (b) ∀x, y ∈ Z/mZ : α(x, y) = α(y, x) (c) ∀x, y ∈ Z/mZ ∃z ∈ Z/mZ : α(x, z) = y Übung 7.15 (Multiplikation von Restklassen) Sei m ∈ Z. (i) Sei Z/mZ die Menge der Äquivalenzklassen in Z bezüglich der Äquivalenzrelation aus Übung 7.14. Zeigen Sie, dass es genau eine Abbildung μ : Z/mZ × Z/mZ → Z/mZ gibt, für die gilt: ∀ a ∈ x ∈ Z/mZ, b ∈ y ∈ Z/mZ =⇒ ab ∈ μ(x, y) ∈ Z/mZ. (ii) Weisen Sie die folgenden Eigenschaften nach:     (a) ∀x, y, z ∈ Z/mZ : μ x, μ(y, z) = μ μ(x, y), z (b) ∀x, y ∈ Z/mZ : μ(x, y) = μ(y, x) (iii) Zeigen Sie, dass ∀x, y, z ∈ Z/mZ :     μ x, α(y, z) = α μ(x, y), μ(x, z) gilt, wobei α : Z/mZ × Z/mZ → Z/mZ aus Übung 7.14 ist. (iv) Zeigen Sie, dass die Aussage ∀x, y ∈ Z/mZ ∃z ∈ Z/mZ : μ(x, z) = y falsch ist. Übung 7.16 (Multiplikation von Restklassen) Seien m, Z/mZ und μ wie in Übung 7.15. Wir bezeichnen die Äquivalenzklasse von 0 ∈ Z mit 0̄ ∈ Z/mZ und setzen (Z/mZ)× := (Z/mZ) \ {0̄}. Zeigen Sie: Wenn m eine Primzahl ist, dann gilt ∀x, y ∈ (Z/mZ)× ∃z ∈ (Z/mZ)× : μ(x, z) = y.
7.2 Übung und Selbstkontrolle 149 Übung 7.17 (Addition und Multiplikation von Restklassen) Zeigen Sie die beiden folgenden Aussagen: (i) Die Menge Z/mZ der Restklassen modulo m mit der über die Repräsentanten definierten Addition (siehe Übung 7.14) ist eine kommutative Gruppe. (ii) Die Menge Z/mZ der Restklassen modulo m mit der über die Repräsentanten definierten Multiplikation (siehe Übung 7.15) ist keine kommutative Gruppe. Übung 7.18 (Multiplikation von Restklassen) Sei p ∈ N eine Primzahl. Zeigen Sie, dass die Menge (Z/pZ)× der von der Nullklasse verschiedenen Restklassen modulo p mit der über die Repräsentanten definierten Multiplikation eine kommutative Gruppe ist. Kontrollfragen Die Lösungen zu den folgenden Fragen finden Sie auf S. 380. Frage 7.19 (Single Choice) Sei G eine Menge, auf der eine Verknüpfung + definiert ist. Ferner seien a, e1 , e2 ∈ G mit e1 = e2 . Wenn außerdem a + e1 = a = a + e2 gilt, welches Gruppenaxiom ist dann verletzt? 2 Kommutativität 2 Assoziativität 2 Lösbarkeit Frage 7.20 (Multiple Choice) Welche der folgenden Eigenschaften und Axiome erfüllt N mit der üblichen Multiplikation? 2 2 2 2 2 Kommutativität Assoziativität Lösbarkeit Existenz eines neutralen Elements Existenz eines inversen Elements Frage 7.21 (Single Choice) Sei (G, ·) eine abelsche Gruppe mit einer Multiplikation · . Kann man dann für beliebige a, b ∈ G eine Division a : b definieren, sodass b · (a : b) = a gilt? 2 ja 2 nein
150 7 Abelsche Gruppen Frage 7.22 (Single Choice) Sei (G, ∗) eine abelsche Gruppe mit neutralem Element e, wobei G nur endlich viele Elemente a1 , . . . , ar hat. Was gilt dann für s = a1 ∗ a2 ∗ . . . ∗ ar ? 2 s = e, genau dann, wenn r eine gerade Zahl ist. 2 s = e, genau dann, wenn r keine gerade Zahl ist. 2 Darüber kann man keine allgemeine Aussage treffen. Frage 7.23 (Multiple Choice) Sei G eine Menge und ∗ eine Verknüpfung auf G. Welche der folgenden Aussagen sind für sich genommen ausreichend um zu widerlegen, dass (G, ∗) eine abelsche Gruppe ist? 2 2 2 2 Es gibt x1 , x2 , a ∈ G, x1 = x2 mit x1 ∗ a = x2 ∗ a. Es gibt ein x ∈ G, sodass für alle y ∈ G gilt: x ∗ y = x. Für a, b ∈ G gilt a ∗ b = b ∗ a. Für a, b, c ∈ G gilt a ∗ (b ∗ c) = (c ∗ b) ∗ a. Frage 7.24 (Single Choice) (R, ·) ist eine abelsche Gruppe. 2 stimmt 2 stimmt nicht 7.3 Weitere Beispiele Beispiel 7.25 (m-Tupel) Sei (Z, +) eine abelsche Gruppe. Dann kann man für m ∈ N auf dem m-fachen kartesischen Produkt Z m , das aus allen m-Tupeln (x1 , . . . , xm ) mit x1 , . . . , xm ∈ Z eine Addition + : Z m × Z m → Z m durch ∀x, y ∈ Z m : x + y = (x1 , . . . , xm ) + (y1 , . . . , ym ) := (x1 + y1 , . . . , xm + ym ) definieren. Man nennt dies die komponentenweise Addition. Indem man komponentenweise rechnet, überprüft man leicht, dass (Z m , +) selbst eine abelsche Gruppe ist. Für die Kommutativität sieht diese Rechnung folgendermaßen aus: (x1 , . . . , xm ) + (y1 , . . . , ym ) = (x1 + y1 , . . . , xm + ym ) = (y1 + x1 , . . . , ym + xm ) = (y1 , . . . , ym ) + (x1 , . . . , xm ). Dabei hat man in der zweiten Umformung in jeder die Komponente die Kommutativität der Addition in Z ausgenutzt. Die Assoziativität zeigt man ganz analog. Um das Lösbarkeitsaxiom zu verifizieren, schreibt man für a, b ∈ Z m die Gleichung a + x = (a1 , . . . , am ) + (x1 , . . . , xm ) = (b1 , . . . , bm ) = b
7.3 Weitere Beispiele 151 und nutzt die eindeutige Lösbarkeit der Gleichungen aj + xj = bj für j = 1, . . . , m aus, um einzusehen, dass x = (x1 , . . . , xm ) die eindeutig bestimmte Lösung der Gleichung in Z m ist. Beispiel 7.26 (Folgen) Sei (Z, +) eine abelsche Gruppe. Dann kann man auf der Menge Z N aller Funktionen x : N → Z, das heißt auf der Menge der Z-wertigen Folgen, eine Addition + : Z N × Z N → Z N durch ∀x, y ∈ Z N ∀n ∈ N : (x + y)(n) := x(n) + y(n) definieren. Man nennt dies die punktweise Addition. Indem man punktweise rechnet, überprüft man leicht, dass (Z N , +) selbst eine abelsche Gruppe ist. Für die Kommutativität sieht diese Rechnung folgendermaßen aus: (x + y)(n) = x(n) + y(n) = y(n) + x(n) = (x + y)(n). Dabei hat man in der zweiten Umformung an jedem Punkt n ∈ N die Kommutativität der Addition in Z ausgenutzt. Die Assoziativität zeigt man ganz analog. Um das Lösbarkeitsaxiom zu verifizieren, schreibt man für x, y ∈ Z N die Gleichung a + x = b auf und wertet die Funktionen in beliebigen Punkten n ∈ N aus. Dies führt auf (a + x)(n) = a(n) + x(n) = b(n), und die eindeutige Lösbarkeit dieser Gleichungen in Z liefert, dass x : N → Z, wobei x(n) die eindeutig bestimmte Lösung von a(n) + x(n) = b(n) ist, die eindeutig bestimmte Lösung der Gleichung a + x = b in Z N ist. Beispiel 7.27 (Funktionen) Sei (Z, +) eine abelsche Gruppe und M eine beliebige Menge. Dann kann man auf der Menge Z M aller Funktionen x : M → Z eine Addition + : Z M × Z M → Z M durch ∀x, y ∈ Z M ∀m ∈ M : (x + y)(m) := x(n) + y(m) definieren. Man nennt dies die punktweise Addition. Indem man punktweise rechnet, überprüft man leicht, dass (Z M , +) selbst eine abelsche Gruppe ist. Für die Kommutativität sieht diese Rechnung folgendermaßen aus: (x + y)(m) = x(m) + y(m) = y(m) + x(m) = (x + y)(m). Dabei hat man in der zweiten Umformung an jedem Punkt m ∈ M die Kommutativität der Addition in Z ausgenutzt. Die Assoziativität zeigt man ganz analog. Um das Lösbarkeitsaxiom zu verifizieren, schreibt man für x, y ∈ Z M die Gleichung a + x = b auf und wertet die Funktionen in beliebigen Punkten m ∈ M aus. Dies führt auf (a + x)(m) = a(m) + x(m) = b(m),
152 7 Abelsche Gruppen und die eindeutige Lösbarkeit dieser Gleichungen in Z liefert, dass x : M → Z, wobei x(m) die eindeutig bestimmte Lösung von a(m) + x(m) = b(m) ist, die eindeutig bestimmte Lösung der Gleichung a + x = b in Z M ist.
8 Kommutative Ringe und Körper Übersicht 8.1 8.2 8.3 Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Weitere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Kommutative Ringe sind die Formalisierung von Strukturen mit zwei Verknüpfungen, einer Addition und einer Multiplikation, wie man sie auf ganzen Zahlen, ihren Restklassen sowie den rationalen oder reellen Zahlen hat. Die beiden letzteren haben eine Zusatzeigenschaft: Nimmt man die Null heraus, so erhält man mit der Multiplikation als Verknüpfung eine abelsche Gruppe. Körper sind nichts anderes als kommutative Ringe mit dieser Zusatzeigenschaft. Wichtig für kommutative Ringe und Körper ist, dass Addition und Multiplikation durch eine Eigenschaft verbunden sind, die man Distributivgesetz nennt, die in der Schule als Rechenregel mit der Bezeichnung „Ausklammern“ bzw. „Ausmultiplizieren“ (je nachdem, in welcher Richtung man die Regel anwendet) geläufig ist. Das Distributivgesetz erklärt, warum additive Konzepte wie die Null auch multiplikative Bedeutung haben: Multiplikation mit 0 liefert immer 0. Analog zum Fall der abelschen Gruppen kann man für Ringe und Körper aus wenigen Grundannahmen Rechenregeln ableiten, die die Basis für die aus der Schule bekannten Rechenregeln über das Zusammenspiel von Addition und Multiplikation bilden. Lernziele 1. Axiome a) Sie können die Axiome für kommutative Ringe und Körper angeben. (BT1) b) Sie können erklären, dass die ganzen Zahlen bezüglich Addition und Multiplikation einen kommutativen Ring bilden, nicht aber einen Körper. (BT2) J. Hilgert, M. Hoffmann, A. Panse, Einführung in mathematisches Denken und Arbeiten, DOI 10.1007/978-3-662-45512-8_8, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
154 8 Kommutative Ringe und Körper c) Sie können für einfache Beispiele von Mengen mit Verknüpfungen herausfinden, ob es sich um kommutative Ringe handelt oder nicht. Das gilt insbesondere für Mengen von Restklassen bezüglich Addition und Multiplikation. (BT3) d) Sie können für einfache Beispiele von Mengen mit Verknüpfungen herausfinden, ob es sich um Körper handelt oder nicht. Das gilt insbesondere für Mengen von Restklassen bezüglich Addition und Multiplikation. (BT3) e) Sie können den Beweis für folgende Tatsache erklären: Ein Restklassenring modulo m ist genau dann ein Körper, wenn m eine Primzahl ist. (BT2) 2. Rechenregeln a) Sie können einfache Rechenregeln, die in kommutativen Ringen gelten, aus den Axiomen ableiten. (BT2) b) Sie können einfache Rechenregeln, die in Körpern gelten, aus den Axiomen ableiten. (BT2) c) Sie können durch Beispiele demonstrieren, dass es Rechenregeln in Körpern gibt, die nicht für beliebige kommutative Ringe gültig sind. (BT2) 8.1 Texterarbeitung Für dieses Kapitel braucht man einen Text, der die elementare Theorie kommutativer Ringe und Körper thematisiert. Wichtig sind dabei die grundlegenden Rechenregeln, die man aus den Axiomen ableitet, und die zentralen Beispiele der ganzen Zahlen und der Restklassenringe. Literatur: [HH12], [Fi10] Beispieltext: [HH12], S. 88–90 Beispieltext aus [HH12] Es gibt in den ganzen Zahlen auch eine Rechenregel, die einen Zusammenhang zwischen Addition und Multiplikation herstellt: Für alle x, y, z ∈ Z gilt x(y + z) = (xy) + (xz). Diese Art von Zusammenspiel von Addition und Multiplikation trifft man in der Mathematik so oft an, dass man einer solchen algebraischen Struktur einen Namen gibt: kommutativer Ring mit Eins (vgl. Beispiel 2.9). Insbesondere sind auch die Restklassen modulo m aus Beispiel 1.4 mit ihrer Addition und ihrer Multiplikation kommutative Ringe mit Eins. Man spricht deshalb auch von den Restklassenringen.
8.1 Texterarbeitung 155 Beispiel 2.9 (Kommutative Ringe) Sei Z eine Menge mit zwei Verknüpfungen, einer Addition „+“ und einer Multiplikation „·“. Sei (Z, +) eine abelsche Gruppe und (Z, ·) eine kommutative Halbgruppe. Man nennt (Z, +, ·) einen kommutativen Ring, wenn das folgende Axiom gilt: Axiom (Distributivität) Für alle x, y, z ∈ Z gilt x(y + z) = (xy) + (xz). Wenn außerdem Axiom (Eins) Es gibt ein e ∈ Z mit e · x = x für alle x ∈ Z gilt, dann nennt man (Z, +, ·, e) einen kommutativen Ring mit Eins. Auch für kommutative Ringe leitet man sehr schnell diverse Rechenregeln ab, die man von den ganzen Zahlen her kennt. Insbesondere findet man, dass Multiplikation mit der Null immer null ergibt. Proposition 2.10 Sei (Z, +, ·) eine kommutativer Ring und 0 die Null in (Z, +). Für alle x, y, z ∈ Z gilt dann unter Verwendung der „Punkt-vor-Strich“-Konvention: (i) (ii) (iii) (iv) (v) (x + y)z = xz + yz, x(y − z) = xy − xz, 0 · x = 0, (−x)y = −xy, (Z, +, ·) hat höchstens eine Eins. Sie wird normalerweise mit 1 bezeichnet. Beweis. (i) Dist (x + y)z = z(x + y) = (zx) + (zy) = (xz) + (yz). 2.8 Dist (ii) xy = x(z + (y − z)) = (xz) + x(y − z), also gilt x(y − z) = (xy) − (xz) wegen Proposition 2.7. (iii) 0 · x = x · 0 = x(y − y) = (xy) − (xy) = 0 nach Proposition 2.8. (ii) (iii) (iv) (−x)y = (0 − x)y = 0 · y − (xy) = 0 − (xy) = −(xy). (v) Wenn e und e beides Einsen sind, dann gilt e = e · e = e · e = e . Die vom Bruchrechnen bekannten Rechenregeln für die rationalen Zahlen Q zeigen, dass auch (Q, +, ·) ein kommutativer Ring mit Eins ist. Aber dieser Ring hat noch eine zusätzliche Eigenschaft: Jedes von der Null verschiedene Element a ∈ Q hat ein multiplikatives Inverses. Das heißt, es gibt ein x ∈ Q mit a·x = 1. Mehr noch, die Gleichung a·x = b lässt sich für jede rechte Seite b ∈ Q lösen. Weil das Produkt zweier von Null verschiedener rationaler Zahlen immer von Null verschieden ist, bedeutet das, dass die Menge Q× := Q \ {0} bezüglich der Multiplikation eine abelsche Gruppe ist. Kommutative Ringe mit Eins, die diese Eigenschaft haben, heißen Körper. ?1
156 8 Kommutative Ringe und Körper Beispiel 2.11 (Körper) Sei (Z, +, ·) ein kommutativer Ring mit Eins und Z × := Z \{0} nicht leer. Wenn das Produkt zweier Elemente von Z × wieder in Z × liegt und (Z × , ·) eine abelsche Gruppe ist, dann heißt (Z, +, ·) ein Körper. ?2 Die ganzen Zahlen sind kein Körper. Es stellt sich aber heraus, dass unter den Restklassenringen modulo einer festen Zahl m durchaus Körper sind. Nämlich genau diejenigen, für die m eine Primzahl ist. Satz 2.12 (Restklassenkörper) Sei (Zm , +, ·) der Restklassenring modulo m ∈ N. Dann sind folgende Aussagen äquivalent: (1) (Zm , +, ·) ist ein Körper. (2) m ist eine Primzahl. Beweis. Es gilt Zm = {[0], [1], . . . , [m − 1]} und [0] ist die Null in Zm , das heißt, es gilt × = {[1], . . . , [m − 1]}. Wenn [k] · [k ] = [kk ] = [0], dann ist m ein Teiler von kk . Zm ?3 ?4 ?5 ?6 ?7 „(1) ⇒ (2)“: Wenn m nicht prim ist, findet man zwei Zahlen k, k ∈ {2, 3, . . . , m − 1} mit m = kk . Für diese Zahlen gilt dann [k] = [0] = [k ] und [k] · [k ] = [kk ] = [m] = [0]. Also kann (Zm , +, ·) kein Körper sein. „(2) ⇒ (1)“: Wenn m prim ist, dann teilt m nach der Behauptung im Beweis des Fundamentalsatzes der Zahlentheorie (Satz 1.19) k oder k . Also gilt entweder [k] = [0] oder [k ] = [0]. Damit ist die erste in Beispiel 2.11 geforderte Eigenschaft erfüllt. Wenn × , dann ist a teilerfremd zu m. Also gibt es nach Korollar 1.15 zwei jetzt [a], [b] ∈ Zm ganze Zahlen x, y mit ax + my = 1. Es folgt [a] · [x] = [1] und daraus [a] · [xb] = [b]. × , ·) erfüllt das Lösbarkeitsaxiom, ist also eine abelsche Gruppe. Das heißt, (Zm
8.1 Texterarbeitung 157 Lesen des Textes mit Papier und Stift ?1 Stolperstein: Das muss ich nochmals ausführlicher hinschreiben. Ach so: „(Z, +) ist eine abelsche Gruppe“ bedeutet, dass folgende Axiome erfüllt sind: Kommutativität: ∀x, y ∈ Z : x + y = y + x Assoziativität: ∀x, y, z ∈ Z : x + (y + z) = (x + y) + z Lösbarkeit: ∀a, b ∈ Z ∃x ∈ Z : a + x = b „(Z, ·) ist eine abelsche Halbgruppe“ bedeutet, dass folgende Axiome erfüllt sind: Kommutativität: ∀x, y ∈ Z : x · y = y · x Assoziativität: ∀x, y, z ∈ Z : x · (y · z) = (x · y) · z „(Z, +, ·) ist kommutativer Ring“ wenn zusätzlich: Distributivität: ∀x, y, z ∈ Z : x · (y + z) = x · y + x · z „(Z, +, ·) ist kommutativer Ring mit Eins“, wenn zusätzlich zu den Eigenschaften des kommutativen Rings gilt: neutrales Element bezüglich „·“: ∃e ∈ Z ∀x ∈ Z : e · x = x ?2 Stolperstein: „Die ganzen Zahlen sind kein Körper.“ Frage: Warum nicht? Ach so: Die Gleichung z · x = 1 lässt sich nicht für alle x ∈ Z lösen. Zum Beispiel gibt es kein x ∈ Z mit 2x = 1. ?3 Stolperstein: Beweisstruktur Frage: Welche Beweisstruktur wird hier benutzt? Ach so: Umkehrschluss ?4 Stolperstein: Folgerung, dass (Zm , +, ·) kein Körper sein kann. Frage: Wieso folgt das? Ach so: Beispiel 2.11 sagt: Das Produkt zweier Elemente von Z× muss wieder in Z× liegen, damit (Z, +·) ein Körper sein kann. In Zm haben wir aber zwei Elemente [k], [k ] ∈ Z× m mit [k][k  ] = [kk  ] = [0].
158 ?5 8 Kommutative Ringe und Körper Stolperstein: „Beweis der ersten geforderten Eigenschaft in Beispiel 2.11“ Ich muss mir Beweisstruktur und Folgerung nochmals aufschreiben. Ach so: Wir benutzen den Umkehrschluss, um zu zeigen, dass das × Produkt zweier Elemente aus Z× m wieder in Zm liegt: Annahme: [k] · [k  ] ∈ / Z× m [kk  ] = [0] = [m] ⇒ Wenn m prim ist – wie im Text –, dann gilt entweder [k] ∈ Z× m oder [k  ] ∈ Z× m. ?6 Stolperstein: „Es folgt [a] · [x] = [1]“ Frage: Warum gilt ax + my = 1 ⇒ [a] · [x] = [1]? Ach so: Wir gehen in der Gleichung ax + my = 1 zu Restklassen über: [ax] + [my] = [1]     [a][x]  ?7  =[a][x] [0]  Stolperstein: Beweisende Frage: Warum folgt aus [a] · [xb] = [b] das Lösbarkeitsaxiom? Ach so: Zu vorgegebenen [a], [b] ∈ Z× m können wir [y](:= [xb]) finden, sodass [a] · [y] = [b]. Erläuterungen zum Text Die Definition eines Körpers, die im Beispieltext (S. 155, Beispiel 2.11) gegeben wird, liest sich im Vergleich zu anderen Texten sehr kurz. Das liegt aber nur daran, dass vorher schon die Begriffe „abelsche Gruppe“ und „kommutativer Ring mit Eins“ eingeführt wurde. Insbesondere in Büchern zur Analysis ist das in der Regel nicht der Fall, sodass dort ausführlich beschrieben wird, was man alles haben muss, um einen Körper zu bekommen: (a) Eine Menge K mit einer Addition + : K × K → K, die (K, +) zu einer abelschen Gruppe macht, deren neutrales Element man mit 0 bezeichnet. (b) Eine Multiplikation · : K × K → K, die (K, ·) zu einer kommutativen Halbgruppe macht.
8.2 Übung und Selbstkontrolle 159 (c) Die Menge K × := K \ {0} darf nicht leer sein und muss unter der Multiplikation abgeschlossen sein, das heißt ∀a, b ∈ K × : a · b ∈ K ×. (d) Die Multiplikation · : K × × K × → K × macht (K × , ·) zu einer abelschen Gruppe. (e) Addition und Multiplikation sind durch das Distributivgesetz verbunden, das heißt ∀a, b, c ∈ K : a · (b + c) = (a · b) + (a · c). 8.2 Übung und Selbstkontrolle Spezielle Schnittstellenübungen Übung 8.1 (Multiplikation von Brüchen) In Übung 7.1 wurde eine Addition auf Q eingeführt und gezeigt, dass (Q, +) eine abelsche Gruppe ist. (i) Definieren Sie die aus der Schule bekannte Multiplikation von Brüchen aus Q als Abbildung und zeigen Sie die Abgeschlossenheit von Q bezüglich dieser Multiplikation. (ii) Zeigen Sie, dass (Q, +, ·) ein Körper ist. Übung 8.2 (Absolutbetrag) Sie kennen aus der Schule den Betrag |a| einer Zahl a. Dieser gibt anschaulich den Abstand vom Nullpunkt an. Wir definieren für x ∈ Q  x , x ≥ 0, |x| := −x , x < 0. Wir betrachten nun die Funktion f : Q → Q≥−5 , x → |x − 3| − 5. (i) Zeichnen Sie den Funktionsgraphen. (ii) Berechnen Sie die Nullstellen von f . (iii) Überprüfen Sie f auf Injektivität, Surjektivität und Bijektivität.
160 8 Kommutative Ringe und Körper Vertiefende Übungen Übung 8.3 (Partielle Ordnung) Sei M eine Menge und  eine Relation auf M . Wir schreiben (wie üblich) x  y, wenn (x, y) ∈ . Eine Relation  heißt eine partielle Ordnung, wenn die folgenden drei Eigenschaften erfüllt sind: (R)  ist reflexiv. (T)  ist transitiv. (A) Für alle x, y ∈ M gilt: Wenn x  y und y  x, dann folgt x = y. Wir nennen diese Eigenschaft Antisymmetrie. Beweisen oder widerlegen Sie die folgenden Aussagen. (i) Z ist zusammen mit der bekannten ≤ -Relation eine partiell geordnete Menge. (ii) N ist zusammen mit der bekannten < -Relation eine partiell geordnete Menge. (iii) N ist zusammen mit der Teilbarkeit a | b eine partiell geordnete Menge. (iv) Z ist zusammen mit der Teilbarkeit a | b eine partiell geordnete Menge. (v) Es gibt eine Relation , die eine Äquivalenzrelation und eine partielle Ordnung ist. Übung 8.4 (Partielle Ordnung) Sei M = {1, 2, 3} eine Menge. Wir betrachten die Relation  auf M , die durch  := {(1, 1), (2, 2), (3, 3), (2, 1), (1, 3), (2, 3)} definiert ist. Beweisen oder widerlegen Sie, dass  eine partielle Ordnung ist. Übung 8.5 (Geordnete abelsche Gruppen) Wir bezeichnen (G, +, ≤) als geordnete abelsche Gruppe, wenn die folgenden Eigenschaften gelten: (OG1) (G, +) ist eine abelsche Gruppe. (OG2) ≤ ist eine partielle Ordnung auf G. (OG3) ≤ und + vertragen sich im Sinne von ∀a, b, c ∈ G : a ≤ b ⇒ a + c ≤ b + c. Beantworten Sie die folgenden Fragen und beweisen Sie Ihre Antworten: (i) Ist (Z, +, ≤) eine geordnete abelsche Gruppe? Sie können davon ausgehen, dass (Z, +) eine abelsche Gruppe ist und ≤ die aus der Schule bekannte ≤ Relation.
8.2 Übung und Selbstkontrolle 161 (ii) Ist (Z, +, |) eine geordnete abelsche Gruppe? Sie können davon ausgehen, dass (Z, +) eine abelsche Gruppe ist und | die Teilbarkeitsrelation. Übung 8.6 (Restklassenringe) (i) Zeigen Sie, dass (Zm , +m , ·m ) genau dann ein Körper ist, wenn m eine Primzahl ist. (ii) Zeigen Sie für alle m ∈ N, dass (Zm , +m , ·m ) auch dann, wenn m keine Primzahl ist, ein kommutativer Ring mit Eins ist. (iii) Können Sie die abelsche Gruppe (Zm , +m ) anordnen? Wenn ja, geben Sie eine partielle Ordnung ≤m an und zeigen Sie, dass (Zm , +m , ≤m ) damit eine geordnete abelsche Gruppe ist. Wenn nein, beweisen Sie dies. Übung 8.7 (Restklassenringe) Sei p ∈ {11, 13} und (Zp , +, ·) der Körper der Restklassen modulo p. Zeigen oder widerlegen Sie: Die Menge C := Zp × Zp mit der Addition (x1 , y1 ) +C (x2 , y2 ) := (x1 + x2 , y1 + y2 ) und der Multiplikation (x1 , y1 ) ·C (x2 , y2 ) := (x1 x2 − y1 y2 , x1 y2 + x2 y1 ) ist ein Körper. Übung 8.8 (Komplexe Addition und Multiplikation) Definieren Sie auf K := Q × Q = {(a, b) | a, b ∈ Q} eine Addition + und eine Multiplikation · durch (a, b) + (c, d) := (a + c, b + d) und (a, b) · (c, d) := (ac + 2bd, ad + bc). Zeigen Sie, dass (K, +, ·) ein Körper ist. Hinweis: Berechnen Sie für (a, b) = (0, 0) das Produkt (a, b) ·  a a2 −2b2  b , − a2 −2b . 2 Übung 8.9 (Restklassenringe) Sei Z51 die Menge der Restklassen modulo 51 und für a ∈ Z sei die Restklasse von a modulo 51 mit [a] bezeichnet. (i) Wie viele multiplikative Inverse von [15] ∈ Z51 gibt es? (ii) Man gebe alle Restklassen [a] ∈ Z51 an, zu denen es eine Restklasse [0] = [b] ∈ Z51 mit [a] · [b] = [0] ∈ Z51 gibt.
162 8 Kommutative Ringe und Körper Übung 8.10 (Restklassenringe) Sei Z36 die Menge der Restklassen modulo 36 und für a ∈ Z sei die Restklasse von a modulo 36 mit [a] bezeichnet. Für wie viele Restklassen [a] ∈ Z36 gibt es ein multiplikatives Inverses? Kontrollfragen Die Lösungen zu den folgenden Fragen finden Sie auf S. 380. Frage 8.11 (Multiple Choice) Wobei handelt es sich um einen kommutativen Ring mit Eins? 2 2 2 2 2 (N, +, ·) (Z, +, ·) (Q, +, ·) (Zm , +, ·), wobei m eine Primzahl ist (Zm , +, ·), wobei m keine Primzahl ist Frage 8.12 (Multiple Choice) Wobei handelt es sich um einen Körper? 2 2 2 2 2 (N, +, ·) (Z, +, ·) (Q, +, ·) (Zm , +, ·), wobei m eine Primzahl ist (Zm , +, ·), wobei m keine Primzahl ist Frage 8.13 (Single Choice) Sei M eine Menge und + eine Addition und · eine Multiplikation auf M . Wenn wir auf M eine Subtraktion und eine Division im bekannten Sinne definieren können, dann muss (M, +, ·) ein Körper sein. 2 ja 2 nein Frage 8.14 (Single Choice) In (Q, +, ·) ist wegen 12 · 2 = 1 und eindeutig definiert. 2 ja 2 nein 1 2 · 4 2 = 1 das multiplikative Inverse nicht
8.3 Weitere Beispiele 163 Frage 8.15 (Multiple Choice) Sei A eine nichtleere Menge, auf der eine Addition und eine Multiplikation definiert wurde. Welche Aussagen sind korrekt? 2 Wenn (A, +, ·) ein kommutativer Ring mit Eins ist, ist (A, +, ·) genau dann ein Körper, wenn wir eine Division A × A → A, (a, b) → ab einführen können. 2 Wenn (A, +, ·) ein kommutativer Ring mit Eins ist, ist (A, ·) eine Gruppe. 2 Wenn (A, +) und (A, ·) abelsche Gruppen sind, so ist (A, +, ·) ein Körper. 2 (∃a, b, x ∈ A : a + x = b) ⇒ (L) Frage 8.16 (Multiple Choice)   Für welche m ∈ N gilt ∀a, b ∈ Zm \ 0̄ ∃x ∈ Zm : ax = b (Zm bezeichnet dabei die Restklassen modulo m)? 2 2 2 2 für alle m ∈ N m=3 m=4 m = 23 Frage 8.17 (Multiple Choice) Wir betrachten Z121 , die Restklassen modulo 121. Welche der folgenden Zahlen hat hier kein multiplikatives Inverses? 2 2 2 2 11 12 66 1 8.3 Weitere Beispiele Beispiel 8.18 (Gauß’sche Zahlen) Wir definieren auf der Menge Z[i] := Z × Z aller geordneten Paare ganzer Zahlen eine Addition + : Z[i] × Z[i] → Z[i] und eine Multiplikation · : Z[i] × Z[i] → Z[i] durch (a, b) + (a , b ) := (a + a , b + b ) und (a, b) · (a , b ) := (aa − bb , ab + ba ) für (a, b), (a , b ) ∈ Z[i]. Dann ist (Z[i], +, ·) ein kommutativer Ring mit Eins. Um das einzusehen, stellt man zunächst fest, dass (Z[i], +) eine abelsche Gruppe ist (siehe Beispiel 7.25). Weiter ist (Z[i], ·) eine kommutative Halbgruppe: (a, b) · (a , b ) = (aa − bb , ab + ba ) = (a a − b b, a b + b a) = (a , b ) · (a, b)
164 8 Kommutative Ringe und Körper (hier verwendet man, dass Multiplikation und Addition auf Z kommutativ sind),             (a, b) · (a , b ) · (a , b ) = (aa − bb , ab + a b) · (a , b ) = = =    (aa − bb )a − (ab + ba )b , (aa − bb )b + (ab + ba )a  aa a − bb a − ab b − ba b , aa b − bb b + ab a + ba a  a(a a − b b ) − b(b a + a b ), a(a b + b a ) + b(a a − b b ) = (a, b) · (a a − b b , b a + a b )  = (a, b) · (a , b ) · (a , b )  (hier verwendet man neben der Kommutativität von Multiplikation und Addition auf Z auch die Assoziativität dieser beiden Verknüpfungen). Das Distributivgesetz für Z[i] folgt aus den schon verwendeten Eigenschaften und dem Distributivgesetz für (Z, +·) aus der folgenden Rechnung:   (a, b) · (a , b ) + (a , b ) = (a, b) · (a + a , b + b )   = a(a + a ) − b(b + b ), a(b + b ) + b(a + a ) = (aa + aa − bb − bb , ab + ab + ba + ba ) = (aa − bb , ab + ba ) + (aa − bb , ab + ba )     = (a, b) · (a , b ) + (a, b) · (a , b ) = (a, b) · (a , b ) + (a, b) · (a , b ) (Punkt vor Strich). Es bleibt zu zeigen, dass der kommutative Ring (Z[i], +, ·) eine Eins hat. Mit der Rechnung (1, 0) · (a, b) = (1 · a − 0 · b, 1 · b + 0 · a) = (a, b) sieht man, dass (1, 0) die (eindeutig bestimmte) Eins ist (siehe Beispieltext, S. 155, Proposition 2.10(v)). Die Abbildung j : Z → Z[i], a → (a, 0) ist injektiv, weil zwei Zahlenpaare (a, b) und a , b ) genau dann gleich sind, wenn a = a und b = b gilt. Die Definitionen von Addition und Multiplikation auf Z[i] liefern j(a + a ) = (a + a , 0) = (a, 0) + (a , 0) = j(a) + j(a ) und j(aa ) = (aa , 0) = (a, 0) · (a , 0) = j(a) · j(a ), das heißt, j führt die Addition auf Z in die Addition auf Z[i] über und die Multiplikation auf Z in die Multiplikation auf Z[i]. Man betrachtet Z als Teilmenge von Z[i], indem man a ∈ Z mit seinem Bild j(a) = (a, 0) in Z[i] unter j identifiziert. Weiter definiert man i := (0, 1) ∈ Z[i]. Dann gilt für (a, b) ∈ Z   (a, b) = (a, 0) + (0, b) = (a, 0) + (0, 1) · (b, 0) = j(a) + i · j(b) = a + ib, 
8.3 Weitere Beispiele 165 das heißt, jedes Element von Z[i] lässt sich mithilfe von i aus Elementen von Z ⊆ Z[i] kombinieren. Daher kommt die Bezeichnung Z[i] für diesen Ring. Das Element i ∈ Z[i] hat eine bemerkenswerte Eigenschaft: Sein Quadrat ist −1 ∈ Z ⊆ Z[i]. Beispiel 8.19 (Einheitengruppen) Sei (Z, +, ·, e) ein kommutativer Ring mit Eins und Z ∗ die Menge aller Elemente x ∈ Z, die ein multiplikatives Inverses haben, das heißt, für die gilt: ∃y ∈ Z : xy = e. Das Inverse zu x ist eindeutig bestimmt: Wenn xy1 = e = xy2 , dann gilt y1 = y1 e = y1 xy2 = y2 xy1 = y2 e = y2 . Wir bezeichnen dieses Inverse mit x−1 . Wegen x−1 x = e ist x−1 ein Element von Z ∗ . Die Menge Z ∗ ist abgeschlossen unter der Multiplikation. Wenn nämlich x, y ∈ Z ∗ , dann gilt (xy)(y −1 x−1 ) = xyy −1 x−1 = xex−1 = xx−1 = e, das heißt, y −1 x−1 ist das Inverse zu xy. Als nächstes stellt man fast, dass (Z ∗ , ·) eine abelsche Gruppe ist: Kommutativität und Assoziativität sind klar, weil (Z, +, ·) ein kommutativer Ring ist. Wenn a, b ∈ Z ∗ , dann wird die Gleichung ax = b durch a−1 b ∈ Z ∗ gelöst. Also gilt auch das Lösbarkeitsaxiom. Man nennt (Z ∗ , ·) die Einheitengruppe von (Z, +, ·, e). Das neutrale Element in Z ∗ ist e. Wir listen einige Einheitengruppen auf: (i) (ii) (iii) (iv) Die Einheitengruppe von (Z, +, ·) ist {±1}. In einem Körper (K, +, ·) ist K × = K \ {0} die Einheitengruppe. Die Einheitengruppe von (Z[i], +, ·) ist {±1, ±i}. Die Einheitengruppe von (Z/mZ, +, ·) besteht aus allen Nebenklassen [k] modulo m, für die k teilerfremd zu m ist (siehe Übung 7.12). Um das einzusehen, stellt man fest, dass k genau dann teilerfremd zu m ist, wenn es x, y ∈ Z mit kx+my = 1 gibt. Damit ist [x] die multiplikative Inverse von [k]. Umgekehrt, wenn [k] · [x] = [1], dann gibt es ein y ∈ Z mit (kx − 1) = my. Dies liefert k(xy) + m(−y) = 1.
Teil II Die Konstruktion der reellen Zahlen

169 In diesem Teil geht es, anders als im ersten Teil, nicht mehr darum, eine Vielzahl von mathematischen Denkweisen einzuführen und durch Beispiele und Anwendungen zu illustrieren. Jetzt haben wir ein großes inhaltliches Ziel, auf das wir unter Einsatz dieser mathematischen Denkweisen zusteuern: Wir möchten die reellen Zahlen mathematisch korrekt konstruieren. Diese veränderte Zielsetzung schlägt sich in den Texten, aber auch in den Studienmaterialien bis hin zu den Übungen nieder. Wir befassen uns nicht mehr mit vielen unterschiedlichen Objekten, sondern konzentrieren uns auf wenige Objekte, deren Eigenschaften aber im Detail untersucht werden müssen. Es geht daher noch stärker darum, Argumente zu verinnerlichen. Natürlich kommen die reellen Zahlen im Schulunterricht vor, in der Regel aber nur in Form der Visualisierung als „Zahlenstrahl“. Solch eine Art der Darstellung ist zunächst für einen Mathematiker eher unbefriedigend, denn Fragen wie „Mit welcher Art Objekt habe ich es denn nun konkret zu tun?“, „Woher kommt dieses Objekt?“ und „Welche Eigenschaften besitzt es?“ lassen sich unter ausschließlicher Verwendung des Zahlenstrahlmodells nicht ausreichend beantworten. Mathematiker gehen an dieser Stelle zwei Wege, die wir mit Ihnen in diesem Teil des Buches beschreiten möchten: Einen charakterisiert der deutsche Mathematiker Leopold Kronecker (1823–1891) durch seine Aussage: „Die natürlichen Zahlen hat uns Gott gegeben, alles andere ist Menschenwerk.“ Wir nehmen die natürlichen Zahlen als bekannt an und überlegen, wie wir davon ausgehend die reellen Zahlen konstruieren können. Dieser Weg ist intuitiv naheliegend. Allerdings ist die Konstruktion der reellen Zahlen begrifflich nicht einfach und mathematikgeschichtlich ziemlich jung ist: etwa 150 Jahre. Wir beschreiben daher zuerst einen alternativen Weg zu den reellen Zahlen, der häufig in den Anfängervorlesungen zur Analysis gegangen wird, weil er schneller zum Ziel führt. Er entspricht der mathematischen Vorstellung von Eleganz, wirkt aber zunächst etwas befremdlich: Wir überlegen uns eine möglichst kleine Anzahl sogenannter Axiome (siehe Kapitel 9), die eine Menge erfüllen sollen, die wir die reellen Zahlen nennen wollen. Mengen, die diese Axiome erfüllen, bezeichnet man als „vollständige geordnete Körper“. Unter der Generalannahme, dass es eine solche Menge gibt, leiten wir dann weitere Eigenschaften ab. In den Anfängervorlesungen zur Analysis nimmt man so die Existenz sogar der reellen Zahlen als „gottgegeben“ hin anstatt nur die Existenz der natürlichen Zahlen. In den folgenden Kapiteln werden wir dann zeigen, dass sich die Existenz einer solchen Menge von reellen Zahlen beweisen lässt, wenn man die Existenz der natürlichen Zahlen voraussetzt. Man kann zeigen, dass sich zwei Mengen, die die Axiome eines vollständigen geordneten Körpers erfüllen, nicht wesentlich voneinander unterscheiden. Dabei lassen
170 wir im Moment offen, wie genau man Unterschiede zwischen Mengen messen und wann man sie als „nicht wesentlich“ betrachten will. Diese im Wesentlichen eindeutige Festlegung eines vollständigen geordneten Körpers durch seine Axiome ist aber der Grund dafür, dass der in Kapitel 9 beschrittene Weg funktioniert: die Charakterisierung der reellen Zahlen durch einige Eigenschaften, aus denen man alle weiteren Eigenschaften der reellen Zahlen ableiten kann. Hätte man die Eindeutigkeit nicht, so könnte man trotzdem einen vollständigen geordneten Körper wählen, ihn die „Menge der reellen Zahlen“ nennen und damit weiterarbeiten. Zum Beispiel könnte man damit eine Differenzial- und Integralrechnung aufbauen. Genau das wird in den meisten Vorlesungen zur Analysis auch gemacht, denn nur selten führen die Dozenten einen Beweis der Eindeutigkeit vor. In der Regel passen sie aber genau auf, dass sie in ihrer Theorieentwicklung für die reellen Zahlen nur die Eigenschaften eines vollständigen geordneten Körpers benutzen. Damit ist sichergestellt, dass ihre Analysis auch für jeden anderen vollständigen geordneten Körper funktionieren würde.
9 Vollständige geordnete Körper Übersicht 9.1 9.2 9.3 Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Weitere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 In den beiden vorangegangenen Kapiteln gingen wir zunächst von verschiedenen Beispielen aus, stellten fest, dass diese gleiche Eigenschaften aufwiesen, und abstrahierten dann, um zu erkennen, wieso in all diesen Beispielen gleichartige Regeln gelten. Wir bewegten uns also von konkreten Beispielen hin zur abstrahierten Formalisierung. Bei der Einführung der reellen Zahlen gehen wir genau umgekehrt vor. Wir starten mit abstrakten Eigenschaften, den Axiomen eines vollständigen geordneten Körpers, und zeigen erst viel später, dass es dafür ein Beispiel gibt. Der Umstand, dass es im Wesentlichen auch nicht mehr als dieses eine aufwendig zu konstruierende Beispiel gibt, illustriert den Grund für diese veränderte Vorgehensweise. Anstatt mit einem kompliziert zu beschreibenden Objekt zu arbeiten, arbeitet man nur mit einfach zu beschreibenden Eigenschaften dieses Objekts, die das Objekt aber im Wesentlichen eindeutig festlegen. Das vereinfacht den Einsatz der reellen Zahlen in darauf aufbauenden Theorien wie der Differenzial- oder der Integralrechnung ganz erheblich. Es hat aber auch ganz konkrete Auswirkungen auf die Möglichkeiten, sich die Inhalte dieses Kapitels zu erarbeiten. Anstatt durch das Studium einfacher Beispiele eine Intuition für vollständige geordnete Körper aufzubauen, wie das im Fall von abelschen Gruppen möglich ist, muss man sich dieser Struktur durch das Studium einfacher Schlussfolgerungen aus den Axiomen nähern. Dementsprechend sind die in den Studienmaterialien enthaltenen Beispiele keine Beispiele für Objekte, die die Axiome eines vollständigen geordneten Körpers erfüllen, sondern Beispiele für logische Konsequenzen aus den Axiomen. Das macht die Beispiele nicht komplizierter, aber doch ein Stück abstrakter. Um diese Problematik etwas abzufedern, geben wir eine Reihe von konkreten Beispielen an, die nur einen Teil der Axiome erfüllen. J. Hilgert, M. Hoffmann, A. Panse, Einführung in mathematisches Denken und Arbeiten, DOI 10.1007/978-3-662-45512-8_9, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
172 9 Vollständige geordnete Körper Lernziele 1. Axiome a) Sie können die Axiome für geordnete Körper angeben. (BT1) b) Sie können für geordnete Körper Aussagen über die Ordnung in Aussagen über den positiven Teil übersetzen und umgekehrt. (BT2) c) Sie können die Definitionen von Supremum und Infimum einer Teilmenge eines geordneten Körpers angeben. (BT1) d) Sie können anhand von Beispielen demonstrieren, dass nicht jede Teilmenge eines geordneten Körpers ein Infimum oder ein Supremum hat. (BT2) e) Sie können Infima und Suprema einfacher Mengen ermitteln. (BT3) f) Sie können die Definition der Vollständigkeit eines geordneten Körpers angeben. (BT1) g) Sie können anhand eines geeigneten Textes erklären, dass die Menge der reellen Zahlen (als vollständig geordneter Körper) eine Quadratwurzel von 2 enthält. (BT2) h) Sie können anhand eines geeigneten Textes den Beweis für folgende Tatsache erklären: Ein vollständiger geordneter Körper erfüllt das archimedische Axiom. (BT2) 2. Rechenregeln a) Sie können einfache Rechenregeln, die in geordneten Körpern gelten, aus den Axiomen ableiten. Das gilt insbesondere für das Rechnen mit Absolutbeträgen. (BT2) b) Sie können einfache Folgerungen für Ungleichungen, die in geordneten Körpern gelten, aus den Axiomen ableiten. (BT2) 9.1 Texterarbeitung Für dieses Kapitel wird ein Text benötigt, in dem alle Begriffe erklärt werden, die für die Definition eines vollständigen geordneten Körpers gebraucht werden. Insbesondere müssen die Eigenschaften eines Bereichs positiver Elemente und ihr Zusammenhang mit der Ordnungsstruktur auf dem Körper erklärt sein. Darüber hinaus müssen die Konzepte obere und untere Schranken sowie Suprema und Infima eingeführt werden. Als Beispiele für Konsequenzen der Vollständigkeit eines angeordneten Körpers sollten die Existenz von Quadratwurzeln und die Gültigkeit des archimedischen Axioms verifiziert werden. Literatur: [E92], [Fi10], [HH12], [KvP13], [MM93] Beispieltext: [HH12], S. 226–231
9.1 Texterarbeitung 173 Beispieltext aus [HH12] Die reellen Zahlen werden charakterisiert als ein Körper (siehe Beispiel 2.11) mit zusätzlichen Eigenschaften, die man Anordbarkeit und Vollständigkeit nennt. Die Anordbarkeit ist eine algebraische Eigenschaft, die es erlaubt, zwischen beliebigen Zahlen Größenvergleiche anzustellen und mit Absolutbeträgen zu rechnen. Beides kann man auch in den rationalen Zahlen. Die Vollständigkeit ist eine Eigenschaft, die die Existenz von Grenzwerten erzwingt und so die Lücken füllt, die man bei den rationalen Zahlen vorfindet (siehe Satz 1.20). Anordbarkeit Sei (Z, +, ·) ein Körper. Die Anordnung der Zahlen, das heißt der Elemente von Z, soll mithilfe einer Teilmenge P ⊆ Z beschrieben werden, die wir die positiven Zahlen nennen werden. Die Elemente von −P nennt man negative Zahlen. ?1 Wir definieren eine Relation < auf Z durch a<b :⇔ b − a ∈ P, wobei :⇔ nur eine Abkürzung dafür ist, dass die Aussage auf der linken Seite definitionsgemäß äquivalent zur Aussage auf der rechten Seite ist. In der Mengensprache von Seite 49 ist die Relation < also durch < := {(a, b) ∈ Z × Z | b − a ∈ P } gegeben. Wir sagen, b ist größer als a (oder, gleichbedeutend, a ist kleiner als b), wenn a < b. Wir schreiben a ≤ b statt (a < b oder a = b). Außerdem schreiben wir auch a > b für b < a und a ≥ b für b ≤ a. Die Relationen < und ≤ werden auch als Ordnungsrelationen bezeichnet. Um sicherzustellen, dass zwei Elemente a und b in Z immer miteinander vergleichbar sind, das heißt für a = b entweder a < b oder b < a gilt, stellt man die folgende Forderung: Axiom A.1 (Totalordnung) Für a ∈ Z gilt genau eine der folgenden Beziehungen: a = 0, a ∈ P, −a ∈ P. Diese Eigenschaft alleine liefert die paarweise Vergleichbarkeit beliebiger Zahlen noch nicht. Wir brauchen zusätzlich die Verträglichkeit der Ordnung mit den algebraischen Verknüpfungen Addition und Multiplikation, die in dem folgenden Axiom formuliert ist. Axiom A.2 (Verträglichkeit) Für a, b ∈ P gilt a + b ∈ P und ab ∈ P . Definition A.3 Einen Körper (Z, +, ·), der zusätzlich die Axiome A.1 und A.2 erfüllt, nennen wir einen geordneten Körper. Proposition A.4 Sei (Z, +, ·, P ) ein geordneter Körper. Dann gilt für a, b, c ∈ Z: (i) Es gilt 0 < a genau dann, wenn a ∈ P . (ii) Es gilt genau eine der folgenden Beziehungen: a = b, a < b, b<a (Trichotomie). (iii) (a < b, b < c) ⇒ a<c (Transitivität). ?2
174 9 Vollständige geordnete Körper Beweis. ?3 ?4 (i) Wegen a − 0 = a folgt dies sofort aus der Definition von <. (ii) Wendet man Axiom A.1 auf das Element a − b ∈ Z an, ergibt sich auch dies sofort aus der Definition von <. (iii) a < b, b < c liefert b − a ∈ P, c − b ∈ P , also gilt nach Axiom A.2 und Proposition 2.8 c − a = (c − b) + (b − a) ∈ P. Aber das bedeutet gerade a < c. Absolutbeträge Für die Konstruktion der reellen Zahlen aus den natürlichen Zahlen wird mit Absolutbeträgen gearbeitet. Deswegen leiten wir hier die elementaren Eigenschaften aus den Axiomen her. Die Einteilung des Zahlbereichs Z in positive und negative Zahlen (und 0) erlaubt die Einführung eines Absolutbetrags |a| (oft sagt man einfach nur Betrag) einer Zahl a ∈ Z:  |a| := a −a für a ≥ 0, für a < 0. In jedem Fall ist also 0 ≤ |a|. Proposition A.5 Sei (Z, +, ·, P ) ein geordneter Körper. Dann gilt für a, b, c, d ∈ Z: (i) (ii) (iii) (iv) a < b ⇒ a + c < b + c. (a < b, c < d) ⇒ a + c < b + d. (a < b, 0 < c) ⇒ ac < bc. (a < b, c < d, 0 < b, 0 < c) ⇒ ac < bd. Beweis. a < b bedeutet b − a ∈ P , und mit Proposition 2.8 impliziert dies (b + c) − (a + c) = b − a ∈ P , also a + c < b + c. (ii) Mit (i) findet man a + c < b + c < b + d, also wegen der Transitivität a + c < b + d. (iii) Mit b − a ∈ P und c ∈ P sowie Proposition 2.10 findet man bc − ac = (b − a)c ∈ P , also ac < bc. (iv) Mit (iii) folgert man ac < bc < bd und daraus, mit Proposition A.4, ac < bd. (i) ?5 ?6 Satz A.6 Sei (Z, +, ·, P ) ein geordneter Körper. Dann gilt für a, b ∈ Z: |a| = | − a|. −|a| ≤ a ≤ |a|. −b ≤ a ≤ b ⇔ |a| ≤ b. −b < a < b ⇔ |a| < b. |a| − |b| ≤ |a + b| ≤ |a| + |b|. |a| − |b| ≤ |a − b| ≤ |a| + |b|. |ab|   = |a| |b|.  a  |a| (vii)   = , falls b = 0. b |b| (i) (ii) (iii) (iii ) (iv) (v) (vi)
9.1 Texterarbeitung 175 Beweis. (i) (ii) (iii) (iii ) (iv) (v) (vi) Für a = 0 ist das klar. Für a > 0 gilt −a < 0, also |a| = a = −(−a) = | − a|. Für a < 0 gilt −a > 0, also |a| = −a = | − a|. Für a = 0 ist das wieder klar. Für a > 0 gilt −a = −|a| < 0 < a = |a|, und für a < 0 gilt |a| = −a > 0 > a = −|a|. Wenn a ≥ 0, folgt aus a ≤ b die Ungleichung |a| = a ≤ b. Wenn a < 0, folgt aus −b ≤ a erst −a ≤ b und dann die Ungleichung |a| = −a ≤ b. Umgekehrt folgt aus |a| ≤ b die Ungleichung −b ≤ −|a| und dann −b ≤ −|a| ≤ a ≤ |a| ≤ b. Dies folgt sofort aus (iii). Durch Aufaddieren der Ungleichungen aus (ii) für a und b (nach Proposition A.5(ii)) erhält man −(|a| + |b|) ≤ a + b ≤ |a| + |b|. Mit (iii) folgt |a + b| ≤ |a| + |b|. Ersetzt man in dieser Überlegung b durch −b, so folgt wegen (i) |a − b| ≤ |a| + |b|. Damit hat man jeweils die rechte der beiden Ungleichungen. Wendet man diese jetzt auf a + b statt a an, findet man |a| = |(a + b) − b| ≤ |a + b| + |b|, also |a| − |b| ≤ |a + b| (siehe Proposition 2.8). Ersetzt man schließlich wieder b durch −b, findet man auch noch |a| − |b| ≤ |a − b|. Dies folgt sofort aus (iv), wenn man b durch −b ersetzt. Wenn a ≥ 0 und b ≥ 0, dann ist ab ≥ 0 und somit die Gleichung klar. Wenn a ≥ 0, b < 0, findet man −b > 0 und mit Proposition 2.10 |ab| = | − (ab)| = |a(−b)| = a(−b) = |a| |b|. Die Fälle b ≥ 0, a < 0 und a < 0, b < 0 behandelt man ähnlich.       |a|  a a a (vii) |a| = b  = |b|   liefert =  . b b |b| b ?7 Der Ungleichung |a + b| ≤ |a| + |b| kommt eine besondere Bedeutung zu. Sie wird aufgrund der geometrischen Interpretation ihres zweidimensionalen Analogons die Dreiecksungleichung genannt. In der Ebene drückt sie aus, dass zwei Seiten eines Dreiecks zusammen immer länger sind als die dritte Seite (vgl. Definition 2.36). In der Analysis ist sie ein wichtiges Hilfsmittel zum Nachweis von Konvergenzeigenschaften. Vollständigkeit Um die Vollständigkeit mathematisch sauber beschreiben zu können, führen wir das Konzept einer größten unteren Schranke ein: Sei Z ein geordneter Körper und X ⊆ Z. Dann heißt m ∈ Z eine untere Schranke von X, wenn gilt: Für alle x ∈ X gilt m ≤ x. Eine Menge, für die es eine untere Schranke gibt, heißt nach unten beschränkt. Eine untere Schranke m ∈ Z von X heißt größte untere Schranke von X, wenn gilt: ?8 Für jede untere Schranke n ∈ Z von X gilt n ≤ m. Da aus n ≤ m und m ≤ n folgt n = m (siehe Proposition A.4), kann es höchstens eine größte untere Schranke geben. Man nennt die größte untere Schranke von X (wenn sie existiert) auch das Infimum von X und bezeichnet sie mit inf(X). Das Vollständigkeitsaxiom fordert die Existenz einer größten unteren Schranke für jede nach unten beschränkte Menge. Axiom A.7 (Vollständigkeit) Jede nach unten beschränkte nichtleere Teilmenge von Z hat eine größte untere Schranke. Statt mit nach unten beschränkten Mengen und größten unteren Schranken kann man auch mit nach oben beschränkten Teilmengen und kleinsten oberen Schranken, die dann Suprema genannt werden, arbeiten. Damit formuliert man das Axiom: „Jede nach oben beschränkte nichtleere Teilmenge von Z hat eine kleinste obere Schranke.“ Die beiden Varianten sind äquivalent, weil man durch die Spiegelung x → −x am Nullpunkt aus oberen Schranken von M untere Schranken von −M erhält. ?9
176 9 Vollständige geordnete Körper  mit zugehörigen Man kann jetzt einen Satz zeigen, der besagt, dass zwei Mengen Z und Z Additionen und Multiplikationen sowie Ordnungen, die alle in diesem Abschnitt eingeführten Axiome erfüllen, bijektiv aufeinander abgebildet werden können, und zwar so, dass die Additionen, Multiplikationen und Ordnungen ineinander übergehen. Insbesondere sind Z  dann isomorphe angeordnete Körper. Man nennt jeden geordneten Körper, der das und Z Vollständigkeitsaxiom A.7 erfüllt, ein Modell für die reellen Zahlen oder einfach die reellen Zahlen. Wir bezeichnen solch einen Zahlbereich mit R. Als Anwendung der Vollständigkeit zeigen wir abschließend die Gültigkeit des archimedischen Axioms (Seite 61) in R und die Existenz der Wurzel aus 2. ?10 ?11 ?12 Proposition A.8 (Archimedisches Axiom) In einem vollständigen geordneten Körper K gilt das archimedische Axiom, das heißt, zu x, y > 0 gibt es ein n ∈ N := {1, 1 + 1, 1 + 1 + 1, . . .} mit nx > y. Beweis. Angenommen, es gilt nx ≤ y für alle n ∈ N. Dann wäre die Menge M := {nx ∈ K | n ∈ N} nach oben beschränkt, hätte also eine kleinste obere Schranke s. Damit könnte dann die Zahl s − x keine obere Schranke sein, das heißt es existiert ein n0 ∈ N mit s − x < n0 x ≤ s. Aber dann gilt für alle n0 ≤ n ∈ N ebenfalls s − x < nx ≤ s, weil n0 x ≤ nx und s eine obere Schranke von M ist. Die Verträglichkeit von Addition und Ordnung liefert dann s < nx + x = (n + 1)x ≤ s, also s < s. Dieser Widerspruch beweist die Behauptung. Beispiel A.9 (Wurzel aus 2) Es soll gezeigt werden, dass eine Lösung von x2 = 2 in R existiert. Dazu kann man die Menge M := {x ∈ R | 0 < x, x2 > 2} betrachten, die nach unten beschränkt ist und daher eine größte untere Schranke a ∈ R hat. Diese Zahl ist die gesuchte Wurzel aus 2, das heißt, sie erfüllt a2 = 2: Wegen der Trichotomie reicht es zu zeigen, dass weder a2 < 2 noch a2 > 2 gelten kann. Wir stellen als Erstes fest, dass a > 0 ist, weil für 0 ≤ y < 1 gilt y 2 < 1, das heißt, alle diese y sind untere Schranken von M . Wäre a2 > 2, dann hätte man für 2 −2 , a) > 0 ε := min( a 2a (a − ε)2 = a2 − 2εa + ε2 > a2 − 2aε ≥ 2, im Widerspruch zur Annahme, dass a eine untere Schranke von M ist. Damit wissen wir, 2−a2 , 1) > 0 dass a2 ≤ 2 gilt. Wäre jetzt a2 < 2, dann hätte man für 0 ≤ ε ≤ min( 2a+1 (a + ε)2 = a2 + 2εa + ε2 ≤ a2 + 2aε + ε ≤ 2, im Widerspruch zur Annahme, dass a die größte untere Schranke von M ist. Lesen des Textes mit Papier und Stift ?1 Stolperstein: a < b :⇔ b−a ∈P Frage: Ergibt das Sinn für negative Zahlen aus Z? Ach so: zum Beispiel a = −7, b = −3 b − a = −3(−7) = 4 > 0, das heißt a − b ∈ P
9.1 Texterarbeitung ?2 177 Stolperstein: < Frage: Ist < eine Menge? Ach so: < ist eine Relation, und Relationen sind Teilmengen des kartesischen Produkts. ?3 Stolperstein: Beweis von (i) Das muss ich mir genauer aufschreiben. Ach so: „⇒“ 0 < a: Wir betrachten also das geordnete Paar (0, a) ∈<. Nach Definition gilt a − 0 ∈ P, das heißt a ∈ P. ?4 Stolperstein: Beweis von (ii) Das muss ich mir genauer aufschreiben. Ach so: Axiom A.1, angewandt auf (a − b) ∈ Z ergibt: Es gilt genau eine der folgenden Beziehungen: (a − b) = 0 ⇔ a = b Def (a − b) ∈ P ⇐⇒ b < a Def −(a − b) ∈ P ⇔ (b − a) ∈ P ⇐⇒ a < b ?5 Stolperstein: a + c < b + c < b + d Frage: Wie kommt man auf b + c < b + d? Ach so: Laut Voraussetzung gilt: a<b c<d ⇓ (ii) ⇓ (i) a+c<b+c c+b <d+b Zusammen: a + c < b + c = c + b < d + b = b + d
178 ?6 9 Vollständige geordnete Körper Stolperstein: ac < bc < bd Das muss ich mir aufschreiben. Ach so: (iii) a < b, 0 < c =⇒ ac < bc (iii)  c < d, 0 < b =⇒ bc < bd ?7 ac < bc < bd Stolperstein: (i) der Fall b ≥ 0, a = 0 (ii) der Fall a < 0, b < 0 Ach so: (i) Wenn b ≥ 0 und a < 0, dann findet man −a > 0 und mit Proposition 2.10 (Kapitel 8) gilt |ab| = | − (ab)| = |(−a)b| = (−a)b = |a||b|. (ii) Wenn a < 0 und b < 0, dann findet man −a > 0 und −b > 0 und mit Prop. 2.10 (Kapitel 8) gilt |ab| = |(−a)(−b)| = (−a)(−b) = |a||b|. ?8 Stolperstein: Der Begriff „Infimum“. Ich muss mir ein Bild malen. Ach so: X m1 m2 n Z m1 , m2 sind untere Schranken. n ist das Infimum.
9.1 Texterarbeitung ?9 179 Stolperstein: Infima oder Suprema – die beiden Varianten sind äquivalent. Frage: Wie genau sehe ich das? Ach so: −M = {−z | z ∈ M} und a ≤ b ⇔ −b ≤ −a s∈Z ist obere Schranke von M} Also: z∈Z ist kleinste obere} Schranke von M ⇔ ⇔ ⇔ ?10 ⇔ ∀z ∈ M : z ≤ s ⇔ ∀z ∈ M : −s ≤ −z ⇔ ∀y ∈ −M : −s ≤ y  −s∈Z ist untere ⇔ Schranke von −M  s∈Z ist obere Schranke von M ∀x∈Z: x ist obere Schranke von M ⇒s≤x  −s∈Z ist untere Schranke von −M ∀x∈Z: −x ist obere Schranke von −M ⇒−x≤s s∈Z ist größte untere Schranke von M Stolperstein: archimedisches Axiom Ich muss ein Zahlenbeispiel betrachten. Ach so: Zu x = 7 ∈ R und y = 857, 8 ∈ R finden wir ein n ∈ N mit nx > 7. Zum Beispiel können wir n = 1000 nehmen, denn 857, 8 < 7000. ?11 Stolperstein: Beweisprinzip Frage: Welches Beweisprinzip wird hier benutzt? Ach so: A : nx > y ¬A : nx ≤ y B : (falsche Aussage) s < s. Es wird logisch korrekt (¬A) ⇒ B gefolgert, also ist A wahr. Also: Beweis durch Widerspruch
180 ?12 9 Vollständige geordnete Körper Stolperstein: ε-Beweis Frage: Was wird hier gemacht? Ach so: (weitergelesen) Erläuterungen zum Text, Bemerkung 9.2 Erläuterungen zum Text Axiomatische Charakterisierungen sind für Anfänger schwer zu greifen. Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass hier eine Liste von Eigenschaften aufgezählt wird, die das zu charakterisierende Objekt hat und die es in dem Sinne vollständig beschreiben, dass nur solche Eigenschaften des Objekts betrachtet werden, die aus den axiomatisch festgelegten Eigenschaften abgeleitet werden. Bildlich gesprochen heißt das zum Beispiel für die reellen Zahlen, dass es keine Rolle spielt, ob man die reellen Zahlen alle rot anmalt oder blau, solange man nichts an der Addition, der Multiplikation und der Ordnung ändert. Eine formalere Beschreibung der Eindeutigkeit axiomatischer Beschreibungen erhält man mit dem Konzept einer strukturerhaltenden Abbildung. Bemerkung 9.1 (Strukturerhaltende Abbildungen)  +  , · , P) geordnete Körper sind, dann nennt man Wenn (K, +, ·, P ) und (K,  strukturerhaltend oder homomorph, wenn eine Abbildung ϕ : K → K (i) ∀a, b ∈ K : (ii) ∀a, b ∈ K : (iii) ϕ(P ) ⊆ P.  ϕ(b), ϕ(a + b) = ϕ(a) + ϕ(a · b) = ϕ(a) · ϕ(b), Die Eigenschaften (i) und (iii) liefern, dass für a < b in K gilt ϕ(b) − ϕ(a) = ϕ(b − a) ∈ ϕ(P ) ⊆ P, das heißt, es gilt ∀a, b ∈ K :  ϕ(b), a < b ⇒ ϕ(a) <  ist. Wenn ϕ bijektiv ist  die aus P gebildete Ordnungsrelation auf K wobei < und auch die zugehörige Umkehrfunktion strukturerhaltend ist, nennt man ϕ einen Isomorphismus. Im vorliegenden Fall spricht man dann von einem Isomorphismus geordneter Körper, aber man kann nach demselben Prinzip auch Isomorphismen von Körpern, Ringen, Gruppen und anderen Strukturen definieren. Mit dem Begriff der Isomorphie lässt sich die Eindeutigkeit der durch axiomatische Charakterisierungen beschriebenen Objekte präzise fassen: Man erreicht immer nur Eindeutigkeit bis auf Isomorphie. Im Falle der reellen Zahlen heißt das: Zu zwei Modellen der reellen Zahlen gibt es immer einen Isomorphismus
9.1 Texterarbeitung 181 geordneter Körper zwischen diesen beiden Modellen. Insbesondere lassen sich alle Aussagen über reelle Zahlen, die sich nur auf die Addition, die Multiplikation und die Ordnung beziehen, mithilfe eines Isomorphismus von dem einen Modell auf das andere übertragen. In dem Beispieltext ist kein Beweis für die Eindeutigkeit der axiomatischen Charakterisierung gegeben. Man findet so einen Beweis in [E92], §2.5. Bei der Besprechung von Beispielen für die Bestimmung von Suprema und Infima taucht regelmäßig die Frage auf, wie man denn solche ε, wie bei der Diskussion der Wurzel aus 2 in Beispiel A.9 (Beispieltext, S. 176) findet. Die Antwort, dass es dafür keine allgemeinen Vorschriften gibt, finden die Studierenden verständlicherweise nicht befriedigend. Auch der Hinweis, dass man zunächst mit einem beliebigen ε arbeitet und im Verlauf des Arguments erst feststellt, welche Eigenschaften man von ε fordern muss, ist ohne entsprechende Beispiele schwer verdaulich. Bemerkung 9.2 (Ergänzung zu Beispiel A.9, S. 176) Man möchte zeigen, dass das Infimum a > 0 der nach unten beschränkten Menge M := {x ∈ R | 0 < x, 2 < x2 } eine Wurzel aus 2 ist. Um zum Beispiel die Aussage a2 > 2 zum Widerspruch zu führen, zeigt man, dass unter dieser Annahme a gar keine untere Schranke von M ist. Dazu sucht man ein positives ε, das man von a abzieht und dabei ein Element von M erhält. Man braucht also 0 < a − ε und 2 < (a − ε)2 = a2 − 2aε + ε2 . Weil ε2 auf jeden Fall positiv ist, reicht es, ein ε > 0 so zu finden, dass ε < a und 2 ≤ a2 − 2aε gilt. Man kann die erste Bedingung auch zu ε ≤ a abschwächen, weil die zweite Bedingung für ε = a nicht erfüllt sein kann. Formuliert man jetzt die zweite Bedingung erst zu  2 −2  2 −2 um, so erkennt man, dass ε = min a 2a ,a 2aε ≤ a2 −2 und dann zu ε ≤ a 2a die gesuchten Eigenschaften hat. Um dagegen die Aussage a2 < 2 zum Widerspruch zu führen, sucht man sich ein ε > 0, für das auch a+ε eine untere Schranke von M ist. Dann kann nämlich a nicht die größte untere Schranke von M gewesen sein. Für alle Elemente x von M gilt ∀y ∈ R : x ≤ y ⇒ y ∈ M, weil aus 0 < x ≤ y und 2 < x2 die Ungleichungen 0 < y und 2 < x2 ≤ y 2 folgen. Also reicht es zu zeigen, dass (a + ε)2 ≤ 2 und somit a + ε nicht in M ist. Für die in Beispiel A.9 (Beispieltext, S. 176) verwendete Ungleichungskette (a + ε)2 = a2 + 2εa + ε2 ≤ a2 + 2aε + ε ≤ 2
182 9 Vollständige geordnete Körper brauchen wir ε2 ≤ ε und a2 + (2a + 1)ε ≤ 2, das heißt ε ≤ 1 und ε ≤   2 Das erklärt die Wahl von ε als min 2−a 2a+1 , 1 . 2−a2 2a+1 . Das Beispiel der Wurzel aus 2 illustriert den Umstand, dass die Vollständigkeit der reellen Zahlen dazu dient Lücken zu schließen, die die rationalen Zahlen auf dem „Zahlenstrahl“ lassen. Für jede irrationale Zahl r ∈ R \ Q kann man + die Zerlegung von Q in die Mengen Q− r := {x ∈ Q | x < r} und Qr := {x ∈ ± Q | r < x} betrachten. Als Teilmengen von R haben Qr ein Supremum bzw. ein Infimum, nämlich r, in Q dagegen existieren keine Suprema oder Infima für diese Mengen. Um dies zum Beispiel für Q+ r einzusehen, reicht es, eine Folge q1 > q2 > q3 > . . . rationaler Zahlen in Q+ zu finden, für die gilt: r ∀ε > 0 ∃n ∈ N : qn < r + ε. In der Sprache der Analysis heißt das, man findet eine monoton fallende Folge in Q+ r , die gegen r konvergiert. Umgekehrt kann man aus der Existenz von hinreichend vielen Grenzwerten die Vollständigkeit ableiten (siehe Kapitel 15). 9.2 Übung und Selbstkontrolle Spezielle Schnittstellenübungen Übung 9.3 (Die ≥-Relation auf geordneten Körpern) Aus der Schule kennen Sie die Größer-gleich-Relation ≥ auf N, Z, Q, R. Wir wollen ein Äquivalent dazu für einen geordneten Körper definieren: Sei (K, +, ·) ein geordneter Körper mit den positiven Zahlen P ⊆ K. (i) Für x, y ∈ K definieren wir die Relation ≥ durch x ≥ y ⇔ x − y ∈ P ∪ {0}. Zeigen Sie, dass ≥ eine partielle Ordnung ist (Definition siehe Übung 8.3). (ii) Spezialisieren Sie die Definition für den geordneten Körper R. Übung 9.4 (Rechenregeln in geordneten Ringen) Sei (R, +, ·, P ) ein geordneter kommutativer Ring (siehe Beispiel 9.49). Zeigen Sie, dass für a, b, c, d ∈ R gilt: (i) a≤b ⇒ a+c≤b+c (ii) (a ≤ b, c ≤ d) ⇒ a + c ≤ b + d
9.2 Übung und Selbstkontrolle 183 (iii) (a ≤ b, 0 ≤ c) ⇒ ac ≤ bc (iv) (a ≤ b, c ≤ d, 0 ≤ b, 0 ≤ c) ⇒ ac ≤ bd Übung 9.5 (Rechenregeln in geordneten Körpern) Wir wollen einige Eigenschaften geordneter Körper beweisen, die intuitiv einleuchtend und aus der Schule für die reellen Zahlen bekannt sind, jedoch eines echten Beweises bedürfen. Sei dazu (K, +, ·, P ) ein geordneter Körper. Zeigen Sie: (i) ∀ a, b ∈ P : a · b−1 ∈ P (ii) ∀ 0 = a ∈ K : aa ∈ P (iii) 1 ∈ P (iv) ∀ a ∈ K : −a = (−1) · a Übung 9.6 (Rechenregeln in geordneten Körpern) Sei (K, +, ·, P ) ein geordneter Körper. Zeigen Sie, dass für alle x, y ∈ K gilt: x∈y+P ⇒ x3 ∈ y 3 + P. Dabei ist y + P := {z ∈ K | z − y ∈ P }. Übung 9.7 (Rechenregeln in geordneten Körpern) Sei (K, +, ·, P ) ein beliebiger geordneter Körper und I = {x ∈ K | 0 < x < 1}. (i) Zeigen Sie, dass für x ∈ I gilt: x3 ∈ I. (ii) Skizzieren Sie den Graphen der Funktion f : I → I, x → x3 für K = R. (iii) Für K = Q zeigen oder widerlegen Sie die Aussage: f : I → I, x → x3 ist bijektiv. Übung 9.8 (Rechnen mit Beträgen) Sei (K, +, ·, P ) ein geordneter Körper. Zeigen Sie die folgenden Rechengesetze für die Arbeit mit Beträgen und Ungleichungen. Dabei seien a, b ∈ K. (i) |a| = | − a| (ii) −b ≤ a ≤ b ⇔ |a| ≤ b (iii) |a| − | b| ≤ |a + b| ≤ |a| + |b| (iv) |ab| = |a| |b|
184 9 Vollständige geordnete Körper Übung 9.9 (Rechnen mit Beträgen) Sei (K, +, ·, P ) ein geordneter Körper. Zeigen Sie, dass für alle a, b ∈ K gilt: (i) −|a| ≤ a ≤ |a| (ii) −b < a < b ⇔ |a| < b (iii) |a| − |b| ≤ |a − b| ≤ |a| + |b|  a  |a|   falls b = 0 (iv)   = b |b| Vertiefende Übungen Erinnerung: Wir erinnern an Proposition 2.7 (Beispieltext, S. 140). Demnach können wir in einem Körper (K, +, ·) für a, b ∈ K und a ∈ K× eine Differenz b − a := b + (−a) definieren, wobei −a das additive inverse Element von a ist. Außerdem können wir einen Quotienten b : a := b := b · (a )−1 a definieren, wobei a−1 das multiplikative inverse Element von a ist. Übung 9.10 (Positive Zahlen) Zur Definition eines geordneten Körpers gehört immer die Angabe der positiven Zahlen als Teilmenge des Körpers. Geben Sie für Q und R jeweils die Menge der positiven Zahlen an. Sie brauchen Ihre Antwort nicht zu beweisen. Übung 9.11 (Beispiel für einen geordneten Körper) Zeigen Sie, dass der Körper (K, +, ·) aus Übung 8.8 zusammen mit der Menge P := {(a, b) ∈ K | a > 0 und b > 0} ∪{(a, b) ∈ K | a > 0 und b ≤ 0 und 2b2 < a2 } ∪{(a, b) ∈ K | a ≤ 0 und b > 0 und 2b2 > a2 } einen geordneten Körper bildet. Übung 9.12 (Arithmetisches Mittel) Die folgende Eigenschaft geordneter Körper wird Ihnen intuitiv klar sein, jedoch muss auch sie bewiesen werden. Sei (Z, +, ·, P ) ein geordneter Körper. Für a, b ∈ Z mit a < b definieren wir das arithmetische Mittel a+b 2 . (Dabei ist 2 := 1 + 1 (∗)). (i) Damit (∗) sinnvoll ist, müssen Sie zunächst zeigen, dass 1 + 1 = 0 gilt.
9.2 Übung und Selbstkontrolle (ii) Zeigen Sie: a+b 2 (iii) Zeigen Sie: a < 185 ∈ Z. a+b 2 < b. Übung 9.13 (Ordnungen auf Restklassenkörpern?) Sei p eine Primzahl. Sie haben in Übung 8.6 bereits bewiesen, dass dann (Z/pZ, +p , ·p ) ein Körper ist. Zeigen Sie nun, dass man keine Teilmenge P ⊂ Z/pZ finden kann, für die der Körper (Z/pZ, +p , ·p ) zu einem geordneten Körper (Z/pZ, +p , ·p , P ) wird. Übung 9.14 (Ordnungen auf endlichen Körpern?) Sei (K, +, ·) ein endlicher Körper, das heißt |K| < ∞. Dies bedeutet zum Beispiel wegen der Abgeschlossenheit von K unter der Addition, dass es n, m ∈ N, n = m gibt, sodass für x ∈ K gilt: x + ... + x = x + ... + x.       n−mal m−mal Zeigen Sie, dass man einen solchen Körper nie anordnen kann. Übung 9.15 (Ganze Zahlen in geordneten Körpern)  ,·, P) ein geordneter Körper und  Sei (K, + 0,  1 ∈ K die Null und die Eins in K. Wir definieren eine Abbildung ϕ : Z → K durch ⎧  ⎪  ... +  1+ 1 für n > 0, ⎪ ⎪    ⎪ ⎪ ⎪ n-mal ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎨  0 für n = 0, ϕ(n) := ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪   .. + ⎪  1) für n < 0. ⎪ ⎪−(1 + .  ⎩ (−n)-mal Zeigen Sie: (i) ϕ ist injektiv (ii) ∀ n, m ∈ Z :  ϕ(m) ϕ(n + m) = ϕ(n) + (iii) ∀ n, m ∈ Z : ϕ(nm) = ϕ(n) · ϕ(m)    ϕ(m) n ≤ m ⇒ ϕ(n) ≤ (iv) ∀ n, m ∈ Z :
186 9 Vollständige geordnete Körper Übung 9.16 (Rationale Zahlen in geordneten Körpern)  ,·, P) ein geordneter Körper. Zeigen Sie, dass man durch Sei (K, + ∀ a ∈ Z, 0 = b ∈ Z : Φ a b := ϕ(a) · ϕ(b)−1 , wobei ϕ : Z → K die Abbildung aus Übung 9.15 ist und ϕ(b)−1 das multiplikative Inverse von ϕ(b) in K, eine Abbildung Φ : Q → K definieren kann, die folgende Eigenschaften hat: (i) Φ ist injektiv, (ii) ∀ n, m ∈ Q :  Φ(m), Φ(n + m) = Φ(n) + (iii) ∀ n, m ∈ Q : Φ(nm) = Φ(n) · Φ(m),    Φ(m) . n ≤ m ⇒ Φ(n) ≤ (iv) ∀ n, m ∈ Q : Übung 9.17 (Erweiterung geordneter Körper) Sei (Z, +, ·, P ) ein geordneter Körper. Zeigen Sie, dass die Menge C := Z × Z mit der Addition (x1 , y1 ) +C (x2 , y2 ) := (x1 + x2 , y1 + y2 ) und der Multiplikation (x1 , y1 ) ·C (x2 , y2 ) := (x1 x2 − y1 y2 , x1 y2 + x2 y1 ) ein Körper ist. Welches Element ist die Null in C, welches die Eins in C? Was ist das additive Inverse zu (x, y) ∈ C? Was ist das multiplikative Inverse zu (x, y) ∈ C? Übung 9.18 (Vergleich von Beispielen für Körper) Sei p eine Primzahl. Sie kennen (Q, +, ·), (R, +, ·) und (Z/pZ, +p , ·p ) als Beispiele für Körper. Beschreiben Sie kurz (maximal vier Sätze) wesentliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Übung 9.19 (Infimum) Sei (Z, +, ·, P ) ein geordneter Körper und X ⊆ Z. (i) m ∈ Z heißt eine untere Schranke von X, wenn ∀x ∈ X : m ≤ x. Wenn X eine untere Schranke hat, heißt X nach unten beschränkt. (ii) Eine untere Schranke m von X heißt größte untere Schranke (Infimum), wenn (Inf) ∀n ∈ {untere Schranken von X} : n ≤ m.
9.2 Übung und Selbstkontrolle 187 Zeigen Sie, dass : X höchstens ein Infimum in Z hat (das man mit inf(X) bezeichnet). Übung 9.20 (Infimum) Zeigen Sie, dass ein geordneter Körper (Z, +, ·, P ) genau dann vollständig ist, wenn jede nichtleere nach unten beschränkte Teilmenge von Z ein Infimum hat. Übung 9.21 (Maximum und Minimum) Sei (Z, +, ·, P ) ein geordneter Körper. Zeigen Sie, dass für x, y ∈ Z gilt: (i) max{x, y} = 12 (x + y + |x − y|) (ii) min{x, y} = 21 (x + y − |x − y|) Übung 9.22 (Maximum und Minimum) Sei (Z, +, ·, P ) ein geordneter Körper. Sei X ⊂ Z. Wir definieren das Maximum von X durch: m = max(X) ist das Maximum von X, wenn gilt: (a) m ∈ X (b) ∀ x ∈ X : x ≤ m Bearbeiten Sie nun die folgenden Aufgaben: (i) Formulieren Sie analog eine Definition für das Minimum einer Menge. (ii) Zeigen Sie, dass das Maximum/Minimum einer Menge eindeutig ist. (iii) Hat jede Menge ein Maximum/Minimum? Begründen Sie Ihre Antwort. (iv) Sei M ⊂ Z eine Menge mit einem Maximum und einem Minimum. Zeigen Sie, dass max(X) = sup(X) und min(X) = inf(X). Übung 9.23 (Maximum und Supremum) Sei (Z, +, ·, P ) ein geordneter Körper. (i) Zeigen Sie, dass eine Menge X ⊂ Z genau dann ein Maximum besitzt, wenn Sie ein Supremum hat und dieses in der Menge liegt. (ii) Sei Zmax die Menge aller Teilmengen von Z, die ein Maximum besitzen. Überprüfen Sie die Abbildung m : Zmax → Z, X → max(X) auf Injektivität, Surjektivität und Bijektivität.
188 9 Vollständige geordnete Körper Übung 9.24 (Supremum und Infimum) Überprüfen Sie, welche der folgenden Mengen nach oben und/oder unten beschränkt sind, und geben Sie (wenn existent) Supremum und Infimum an: (i) A = {(−1)n | n ∈ N ⊂ R} (ii) B = {x ∈ R | x < 42} (iii) C = {x ∈ Q | −23 ≤ x < 0}   n  (iv) D = 1 − (−1)  n ∈ N ⊂ R n Hinweis: Bei Beweisen im Dunstkreis von Schranken, Suprema und Infima führt oft ein Widerspruchsargument zum Ziel. Manchmal kann Ihnen auch Übung 9.12 helfen. Übung 9.25 (Supremum und Infimum) Überprüfen Sie, welche der folgenden Mengen nach oben und/oder unten beschränkt sind, und geben Sie (wenn existent) Supremum und Infimum an:   (i) A = (−1)2n | n ∈ N ⊂ R (ii) B = {x ∈ Q | x ≥ −17} (iii) C = {x ∈ R | − 23 ≤ x < 0} (iv) D = {y ∈ R | ∀n ∈ N : 2n > y} Übung 9.26 (Supremum und Infimum)   Untersuchen Sie die Menge x ∈ R | 3x2 < 27 auf Supremum und Infimum. Übung 9.27 (Supremum und Infimum) Sei M := {x ∈ R | 3x − 15 > 0 und x < 7}. Untersuchen Sie M auf Supremum und Infimum. Begründen Sie Ihre Ergebnisse. Übung 9.28 (Supremum und Infimum) Sei (Z, +, ·, P ) ein geordneter Körper. Zeigen Sie, dass jede Teilmenge X ⊆ Z höchstens ein Supremum und höchstens ein Infimum besitzt. Übung 9.29 (Supremum und Infimum) Überprüfen Sie die folgende Teilmenge M des geordneten Körpers (Q, +, ·, Q>0 ) auf Beschränktheit, Supremum und Infimum:   M := x ∈ Q≥0 | x2 > 2 . Hinweis: Gehen Sie wie in Beispiel A.9 (Beispieltext, S. 176) vor.
9.2 Übung und Selbstkontrolle 189 Übung 9.30 (Supremum und Infimum) Sei (Z, +, ·, P ) ein geordneter Körper und X ⊂ Z. Wir definieren −X := {−x | x ∈ X}. Zeigen Sie: (i) X ist genau dann nach oben beschränkt, wenn −X nach unten beschränkt ist. (ii) X hat genau dann ein Supremum, wenn −X ein Infimum hat, und es gilt inf(−X) = − sup X. Übung 9.31 (Supremum und Infimum) Seien a, b ∈ R. Wir definieren das offene Intervall ]a, b[ ⊂ R durch ]a, b[ := {x ∈ R | a < x < b}. Überprüfen Sie ]a, b[ auf Beschränktheit, Supremum und Infimum. Übung 9.32 (Supremum und Infimum) Entscheiden Sie, ob die folgenden Teilmengen des geordneten Körpers (Q, +, ·, Q+ ) Suprema oder Infima haben (die Antworten sind zu begründen): (i) {x ∈ Q | x2 > 2} (ii) {x ∈ Q+ | x2 > 2} (iii) {x ∈ Q | x2 < 1} Übung 9.33 (Supremum und Infimum) Entscheiden Sie, ob die folgenden Teilmengen des geordneten Körpers (Q, +, ·, Q+ ) Suprema oder Infima haben (die Antworten sind zu begründen): (i) {x ∈ Q | x3 > 3} (ii) {x ∈ Q+ | x3 > 3} (iii) {x ∈ Q | x3 < 1} Übung 9.34 (Infimum) Überprüfen Sie, ob die folgende Menge ein Infimum hat, und geben Sie es gegebenenfalls an:  n   ∈ Q  m, n ∈ N, [2n]m = [0]m . M= m
190 9 Vollständige geordnete Körper Übung 9.35 (Supremum) Sei (Z, +, ·P ) ein vollständiger geordneter Körper und A, B ⊆ P nichtleere und nach oben beschränkte Mengen. Wir definieren C := {xy | x ∈ A, y ∈ B}. Zeigen Sie: (i) C ist nach oben beschränkt. (ii) sup C = sup A · sup B Übung 9.36 (Supremum) Sei (Z, +, ·, P ) ein vollständiger geordneter Körper und A, B ⊆ Z nichtleere und nach oben beschränkte Mengen. Wir definieren C := {x + y | x ∈ A, y ∈ B}. Zeigen Sie: (i) C ist nach oben beschränkt. (ii) sup C = sup A + sup B Übung 9.37 (Supremum) Für x ∈ R sei Mx := {y ∈ R | ∀ n ∈ N : nx > y}. (i) Bestimmen Sie alle x ∈ R, für die Mx ein Supremum hat. (ii) Berechnen Sie sup Mx für alle x ∈ R, die ein Supremum haben. Übung 9.38 (Supremum) Für x ∈ R sei Mx := {y ∈ R | ∃ n ∈ N : nx > y}. (i) Bestimmen Sie alle x ∈ R, für die Mx ein Supremum hat. (ii) Berechnen Sie sup Mx für alle x ∈ R, die ein Supremum haben. Kontrollfragen Die Lösungen zu den folgenden Fragen finden Sie auf S. 381. Frage 9.39 (Multiple Choice) Sei K ein geordneter Körper und A ⊆ K. Welche Aussagen sind korrekt? 2 Wenn A beschränkt ist, so existiert sup A.
9.2 Übung und Selbstkontrolle 191 2 Wenn A ein Maximum hat, so hat A auch ein Supremum. 2 Wenn K vollständig ist, so hat A ein Supremum. 2 Wenn A ein Supremum hat, so gilt für alle B ⊆ A, dass B nach oben beschränkt ist. Frage 9.40 (Multiple Choice) Sei (K, +, ·, P ) ein geordneter Körper. Welche der folgenden Aussagen sind korrekt? 2 2 2 2 Für Für Für Für x ∈ K gilt x ∈ P ⇔ x−1 ∈ P . a, b ∈ P gilt a − b ∈ P . a ∈ P, b ∈ / P gilt a − b ∈ P . a, b ∈ K gilt ab = 0 ⇔ a, b ∈ / P. Frage 9.41 (Single Choice) Sei (K, +, ·, P ) ein geordneter Körper. Dann gibt es genau ein x ∈ K mit (−x) ∈ /P und x ∈ / P . Ist diese Aussage korrekt? 2 ja 2 nein Frage 9.42 (Single Choice) Seien a, b ∈ R, mit |a| ≤ b. Welche der folgenden Aussagen ist korrekt? 2 2 2 2 a ≥ b ≥ −a b ≥ a ≥ −b −a ≥ b ≥ a −b ≥ a ≥ b Frage 9.43 (Single Choice) Seien a, b ∈ R, b ≤ 0 mit |a| ≤ b. Dann muss ba = 0 gelten. Ist diese Aussage korrekt? 2 ja 2 nein Frage 9.44 (Multiple Choice) Sei (K, +, ·, P ) ein vollständiger, geordneter Körper. Welche der folgenden Aussagen sind korrekt? 2 Für alle x, y < 0 gibt es n ∈ N mit nx < y.
192 9 Vollständige geordnete Körper 2 Für alle x, y < 0 gibt es n ∈ N mit nx > y. 2 Für alle x, y > 0 gibt es n ∈ N mit nx < y. 2 Für alle x, y > 0 gibt es n ∈ N mit nx > y. Frage 9.45 (Multiple Choice) Sei (K, +, ·, P ) ein vollständiger, geordneter Körper. Welche der folgenden Aussagen sind korrekt? √ 2 1 + 1 ∈ K. 2 K beschreibt den Körper der reellen Zahlen. 2 Für K = Q gilt das archimedische Axiom.    2 Für jedes n ∈ N hat die Menge x ∈ K  x n 1 k=1 n >  1 ein Infimum. k=1 9.3 Weitere Beispiele Beispiel 9.46 (Ordnungen auf Z2 ) Auf der abelschen Gruppe Z2 mit der komponentenweisen Addition sei die Relation  durch  a1 ≤ b1 und a2 ≤ b2 für a1 < 0 (a1 , a2 )  (b1 , b2 ) :⇔ a1 ≤ b1 und a2 = b2 für a1 ≥ 0 definiert. Wir zeigen, dass  eine partielle Ordnung ist (siehe Übung 8.3). Die Relation  ist offensichtlich reflexiv. Um die Transitivität von  nachzuweisen, nehmen wir an, dass (a1 , a2 )  (b1 , b2 )  (c1 , c2 ). Dann gilt a1 ≤ b1 ≤ c1 und a2 ≤ b2 ≤ c2 , also folgt für a1 < 0 automatisch (a1 , a2 )  (c1 , c2 ). Wenn a1 ≥ 0, dann wissen wir, dass a2 = b2 und 0 ≤ a1 ≤ b1 gilt. Mit (b1 , b2 ) ≺ (c1 , c2 ) folgt also, dass b2 = c2 gelten muss. Zusammen ergibt sich a1 ≤ c1 und a2 = c2 , also wieder (a1 , a2 )  (c1 , c2 ). Damit ist die Transitivität gezeigt. Um auch die Antisymmetrie zu zeigen, nehmen wir an, dass (a1 , a2 )  (b1 , b2 )  (a1 , a2 ). Dann gilt a1 ≤ b1 ≤ a1 und a2 ≤ b2 ≤ a2 , also folgt mit der Antisymmetrie von ≤ auf Z, dass a1 = b1 und a2 = b2 . Zusammen ergibt sich (a1 , a2 ) = (b1 , b2 ). Wenn (0, 0)  (a1 , a2 ), (b1 , b2 ), dann gilt 0 ≤ a1 , b1 und 0 = a2 = b2 . Es folgt 0 ≤ a1 + b1 und 0 = a2 + b2 , was wiederum auf (0, 0)  (a1 + b1 , a2 + b2 ) = (a1 , a2 ) + (b1 , b2 ) führt. Allerdings ist (Z2 , +, ) keine geordnete Gruppe (siehe Übung 8.5): Zwar gilt (−1, 0)  (0, 1), aber wir haben (−1, 0) + (1, 0) = (0, 0)  (0, 2) = (0, 1) + (0, 1).
9.3 Weitere Beispiele 193 Beispiel 9.47 (Lexikografische Ordnung) Eine partiell geordnete Menge (M, ) heißt total geordnet, wenn für jedes Paar x, y von Elementen in M eine der Relationen x ≺ y, x = y, y ≺ x gilt, wobei die Relation ≺ durch x ≺ y :⇔ x  y und x = y definiert ist. Sei jetzt (A, ≤) eine total geordnete Menge, die wir Alphabet nennen, zum Beispiel a, b, c, . . . , z mit der bekannten Reihenfolge als Ordnung (das heißt a ≤ b ≤ c ≤ . . . ≤ z). Als Menge M betrachten wir die Menge aller endlichen Wörter, die man aus dem Alphabet A bilden kann:  M n. M := n∈N Dabei ist M n dann die Menge aller Wörter mit n Buchstaben, die wir mit a1 a2 . . . an statt wie üblich mit (a1 , a2 , . . . , an ) bezeichnen. Auf M definieren wir induktiv eine Ordnung  durch ⎧ ⎪ ⎪falls a1 = b1 und a1 ≤ b1 ⎨ a1 a2 . . . an  b1 b2 . . . bk :⇔ oder ⎪ ⎪ ⎩oder a1 = b1 und a2 . . . an  b2 . . . bk a1 = b1 und n = 1. Diese Ordnung ist genau die Vorgehensweise in einem Lexikon, wo man die Wörter nach ihren Anfangsbuchstaben sortiert, daher heißt  die (bezüglich A) lexikographische Ordnung: Es gilt a1 a2 . . . an  b1 b2 . . . bk genau dann, wenn es ein m ∈ N0 mit aj = bj für j ≤ m und am+1 < bm+1 gibt. Hier ist wieder a < b genau dann, wenn a ≤ b und a = b. Behauptung: Die lexikografische Ordnung ist eine totale Ordnung. Die Reflexivität von  ist fast offensichtlich, da man nach und nach die Anfangsbuchstaben wegstreicht (zweite Option in der Definition) und zum Schluss bei der dritten Option landet. Für die Transitivität nehmen wir an, dass a1 . . . an  b1 . . . bk  c1 . . . c gilt. Wenn nicht alle drei Wörter gleich sind, dann gibt es ein m ∈ N0 mit aj = bj = cj für j ≤ m sowie am+1 < bm+1 oder bm+1 < cm+1 . Auf jeden Fall gilt dann aber am+1 < cm+1 , das heißt a1 . . . an  c1 . . . c . Die Antisymmetrie sieht man ganz ähnlich: Wenn a1 . . . an  b1 . . . bk  a1 . . . an und a1 . . . an = b1 . . . bk
194 9 Vollständige geordnete Körper gilt, dann gibt es ein m ∈ N0 mit aj = bj für j ≤ m sowie am+1 < bm+1 oder bm+1 < am+1 . Das steht dann aber im Widerspruch zu b1 . . . bk  a1 . . . an bzw. a1 . . . an  b1 . . . bk . Damit haben wir gezeigt, dass  eine partielle Ordnung ist. Das eben gegebene Argument zeigt aber auch, dass die Ordnung total ist: Nehmen wir an, dass a1 . . . an = b1 . . . bk gilt. Dann gibt es ein m ∈ N0 mit aj = bj für j ≤ m sowie am+1 < bm+1 oder bm+1 < am+1 . Damit folgt dann a1 . . . an  b1 . . . bk bzw. b1 . . . bk  a1 . . . an . Beispiel 9.48 (Kausale Ordnung) Ein zentrales Prinzip der Relativitätstheorie besagt, dass sich Wirkungen (und Informationen) nicht schneller ausbreiten können als das Licht. Kausale Zusammenhänge kann es im Universum (Raum-Zeit-Kontinuum) also nur zwischen Punkten geben, die auf einer Reiseroute liegen, die man mit höchstens Lichtgeschwindigkeit durchführen kann. In der vereinfachten Variante der speziellen Relativitätstheorie (nur elektrodynamische Vorgänge, keine Gravitation) wird das RaumZeit-Kontinuum durch den Vektorraum R4 modelliert (der dann Minkowski-Raum heißt). Wenn c die Lichtgeschwindigkeit ist, dann sind die Punkte, die man vom Punkt 0 ∈ R4 aus mit höchstens Lichtgeschwindigkeit erreichen kann, durch C := {(x, y, z, t) ∈ R4 | t ≥ 0, x2 + y 2 + z 2 ≤ c2 t2 } beschrieben. Man nennt C den Lichtkegel. Der Lichtkegel definiert auf dem Minkowski-Raum eine partielle Ordnung , die man die kausale Ordnung nennt: pq :⇔ q − p ∈ C. Wegen (0, 0, 0, 0) ∈ C ist die Reflexivität klar. Die Transitivität folgt aus der Inklusion C + C ⊆ C: pqr ⇒ q − p, r − q ∈ C ⇒ r − p ∈ C + C ⊆ C. Um C + C ⊆ C zu zeigen, betrachten Sie (x, y, z, t), (x , y  , z  , t ) ∈ C. Dann gilt t + t ≥ 0 und (x + x )2 + (y + y  )2 + (z + z  )2 = x2 + y 2 + z 2 + (x )2 + (y  )2 + (z  )2 + 2(xx + yy  + zz  ) ≤ c2 (t + t )2 + 2(xx + yy  + zz  − c2 tt ). Es genügt also zu zeigen, dass ∀(x, y, z, t), (x , y  , z  , t ) ∈ C : xx + yy  + zz  ≤ c2 tt . Das ist aber eine Konsequenz von   (xx + yy  + zz  )2 ≤ (x2 + y 2 + z 2 ) (x )2 + (y  )2 + (z  )2 ,
9.3 Weitere Beispiele 195 einem Spezialfall der Cauchy-Schwarz-Ungleichung, die man in der linearen Algebra zeigt. Der Spezialfall lässt sich einfach durch quadratische Ergänzung nachweisen (Übung). Beispiel 9.49 (Geordnete Ringe) Die Definition eines geordneten Körpers lässt sich unverändert auf kommutative Ringe mit Eins übertragen: Ein kommutativer Ring mit Eins (z, +, ·, 1), zusammen mit einer Teilmenge P ⊆ Z, heißt geordneter Ring, wenn: (i) Für jedes a ∈ Z gilt genau einer der folgenden Beziehungen: a = 0, a ∈ P, −a ∈ P (Trichotomie). (ii) Für a, b ∈ P gilt a + b ∈ P und ab ∈ P . Man nennt P die Menge der positiven Elemente und −P := {−a ∈ Z | a ∈ P } die Menge der negativen Elemente in Z. Das einfachste Beispiel eines geordneten Ringes ist der Ring (Z, +, ·) der ganzen Zahlen mit den natürlichen Zahlen N als Menge der positiven Elemente. Natürlich ist auch jeder geordnete Körper ein geordneter Ring. Für jeden geordneten Ring (Z, +, ·, P ) definiert man zwei Relationen: ∀a, b ∈ Z : a < b :⇔ b − a ∈ P und a ≤ b :⇔ b − a ∈ P ∪ {0}. Derselbe Beweis wie in Proposition A.4 (Beispieltext, S. 173) zeigt, dass die Relation < transitiv ist, und für a, b ∈ Z genau eine der Relationen a = b, a < b, b<a gilt. Auch die Aussagen von Proposition A.5 und Satz A.6 (Beispieltext, S. 174) übertragen sich, mit Ausnahme von (vii), die schon in der Formulierung die Existenz von multiplikativen Inversen verlangt, mit denselben Beweisen. Eine leichte Modifikation der Argumente liefert, dass die Relation ≤ eine partielle Ordnung (siehe Übung 8.3) ist: Die Reflexivität ist klar, weil a − a = 0 ∈ P ∪ {0}, und die Transitivität folgt aus der Transitivität von < sowie den Implikationen a = b, b = c ⇒ a = c ⇒ a ≤ c, a < b, b = c ⇒ a < c ⇒ a ≤ c, a = b, b < c ⇒ a < c ⇒ a ≤ c, die für alle a, b, c ∈ Z gelten.
196 9 Vollständige geordnete Körper In einem geordneten Ring ist die Eins immer ein positives Element: Wegen 1 = 0 muss entweder 1 ∈ P oder −1 ∈ P gelten. In letzterem Fall hat man aber 1 = −(−1) = (−1)(−1) ∈ P , im Widerspruch zur Trichotomie. Die Positivität der Eins zeigt insbesondere, dass keiner der Restklassenringe modulo m mit m ∈ N ein geordneter Ring sein kann: In diesen Ringen ist die m-fache Summe von 1 gleich 0, und das widerspricht der Eigenschaft P + P ⊆ P . Geordnete Ringe haben eine Besonderheit: Sie sind nullteilerfrei, das heißt, es gilt ∀a, b ∈ Z \ {0} : ab = 0. (9.1) Für a, b ∈ P ist das klar, weil ab ∈ P und 0 ∈ P gilt. Wegen (−a)b = −ab = a(−b) und (−a)(−b) = −a(−b) = −(−ab) = ab gilt (9.1) auch, wenn a oder b oder beide in −P liegen. Beispiel 9.50 (Polynomfunktionen) Sei (K, +, ·, PK ) ein geordneter Körper und R die Menge der Funktionen f : K → K, die durch f (x) := an xn + an−1 xn−1 + . . . + a2 x2 + a1 x + a0 mit n ∈ N0 = N ∪ {0} und an , . . . a0 ∈ K gegeben sind. Man nennt die an , . . . a0 ∈ K die Koeffizienten von f . Durch punktweise Addition und Multiplikation lässt sich R zu einem kommutativen Ring mit Eins machen: Für f, g ∈ R definiert man die Funktionen f + g ∈ R und f · g ∈ R durch ∀x ∈ K : (f + g)(x) := f (x) + g(x) und (f · g)(x) := f (x) · g(x). Wenn f (x) = an xn + . . . + a0 und g(x) = bm xm + . . . + b0 , dann gilt ∀x ∈ K : (f + g)(x) = c x + . . . + c0 , wobei  = max{n, m} und ⎧ ⎪ ⎪ ⎨aj + bj cj = aj ⎪ ⎪ ⎩b j für 0 ≤ j ≤ min{n, m}, für m = min{n, m} < j, (9.2) für n = min{n, m} < j. Für die Multiplikation erhält man durch Ausmultiplizieren ∀x ∈ K : (f · g)(x) = d x + . . . + d0 , wobei  = n + m und dj =  i+k=j ai bk . (9.3)
9.3 Weitere Beispiele 197 Zum Beispiel ergibt sich für K = Q und die Funktionen f (x) = x2 + 2x − 1, g(x) = x3 − x + 2: (f + g)(x) = x3 + x2 + x + 1 und (f · g)(x) = x5 + 2x4 − 2x3 + 5x − 2. Die Rechengesetze Assoziativität und Kommutativität (für Addition und Multiplikation) sowie Distributivität gelten, weil sie für jedes x ∈ K für die Funktionswerte in x gelten. Die Eins in R ist die konstante Funktion 1, die man erhält, wenn man a0 = 1 setzt und alle anderen Koeffizienten gleich null. Die Null in R ist die konstante Funktion 0. Man kann (R, +, ·) zu einem geordneten Ring machen. Dazu setzt man P := {f ∈ R | ∃n ∈ N0 ∀x ∈ K : f (x) = an xn + . . . + a0 , wobei an ∈ PK }. Das heißt, der höchste von Null verschiedene Koeffizient an ∈ K von f ∈ R entscheidet, ob f positiv oder negativ ist. Ist an positiv, dann ist auch f positiv; ist an negativ, ist f negativ. Damit ist klar, dass R die disjunkte Vereinigung von P , {0} und −P ist. Die Abgeschlossenheit von P unter der Addition und der Multiplikation in R folgt aus den Gleichungen (9.2) und (9.3), weil PK abgeschlossen unter Addition und Multiplikation in K ist. Beachte, dass die Funktionen x und 1 in R positiv sind. Es gilt aber für jedes n ∈ N, dass die n-fache Summe n · 1 von 1, das heißt die konstante Funktion n, echt kleiner ist als x. Damit gilt das Analogon des archimedischen Axioms für (R, +, ·, P ) nicht. Wegen der Nullteilerfreiheit von R (siehe Beispiel 9.49) kann man R in einen Körper Q von Brüchen einbetten, so wie man Z in Q einbettet. Dieser Quotientenkörper kann in natürlicher Weise geordnet werden. Als Ergebnis erhält man einen geordneten Körper, der das archimedische Axiom nicht erfüllt. Insbesondere kann Q dann auch nicht vollständig sein. Wir kommen auf die Konstruktion zurück, wenn wir die Konstruktion von Q aus Z behandelt haben. Beispiel 9.51 (Komplexe Zahlen) Sei (K, +, ·, P ) ein geordneter Körper. Analog zu Beispiel 8.18 der Gauß’schen Zahlen definieren wir auf der Menge K[i] := K × K aller geordneten Paare ganzer Zahlen eine Addition + : K[i] × K[i] → K[i] und eine Multiplikation · : K[i] × K[i] → K[i] durch (a, b) + (a , b ) := (a + a , b + b ) und (a, b) · (a , b ) := (aa − bb , ab + ba ) für (a, b), (a , b ) ∈ K[i]. Dann ist (K[i], +, ·) ein kommutativer Ring mit Eins. Der Nachweis dafür ist wörtlich so zu führen wie in Beispiel 8.18. Die Eins ist auch hier durch das Tupel (1, 0) gegeben.
198 9 Vollständige geordnete Körper Ebenfalls in kompletter Analogie zum Falle der Gauß’schen Zahlen sieht man, dass die Abbildung j : K → K[i], a → (a, 0) injektiv und mit Addition und Multiplikation verträglich ist: j(a + a ) = (a + a , 0) = (a, 0) + (a , 0) = j(a) + j(a ), j(aa ) = (aa , 0) = (a, 0) · (a , 0) = j(a) · j(a ). Also kann man auch hier K als Teilmenge von K[i] betrachten, indem man a ∈ K mit seinem Bild j(a) = (a, 0) in K[i] unter j identifiziert. Weiter definiert man i := (0, 1) ∈ K[i]. Dann gilt i2 = −1, und für (a, b) ∈ K[i] findet man   (a, b) = (a, 0) + (0, b) = (a, 0) + (0, 1) · (b, 0) = j(a) + i · j(b) = a + ib. Bis hierher hat man die Ordnung auf K noch nicht benutzt, das heißt, man kann jeden Körper als Teilmenge eines solchermaßen konstruierten kommutativen Ringes mit Eins betrachten. Wenn K ein geordneter Körper ist, gilt aber noch mehr: In diesem Fall ist K[i] selbst ein Körper. Um das einzusehen, reicht es aus, zu jedem 0 = a + ib ∈ K[i] ein multiplikatives Inverses zu konstruieren. Wegen (a + ib)(a − ib) = a2 − i2 b2 = a2 + b2 genügt es, ein multiplikatives Inverses für a2 +b2 zu finden. Weil aber K ein Körper ist, muss man dazu nur nachweisen, dass a2 + b2 = 0 ist. Wegen a2 = (−a)2 gilt für a = 0 auf jeden Fall a2 ∈ P , weil entweder a oder −a in P liegt. Analoges gilt für b. Wenn a und b von Null verschieden sind, dann gilt also a2 + b2 ∈ P + P ⊆ P . Ist a = 0 = b, so ist a2 + b2 = a2 ∈ P , und für a = 0 = b gilt a2 + b2 = b2 ∈ P . Weil a + ib nur von Null verschieden sein kann, wenn a oder b von Null verschieden ist, folgt die Behauptung, dass (K[i], +, ·) ein Körper ist. Der Körper (K[i], +, ·) kann nicht angeordnet werden: Hätte man einen positiven Bereich P [i] ⊆ K[i], so könnte wegen i2 = (−1)2 = −1 weder i noch −i zu P [i] gehören, denn −1 ist, wie wir in Beispiel 9.49 gesehen haben, auf jeden Fall ein negatives Element, das heißt in −P [i]. Wenn man die obige Konstruktion für K = R durchführt, erhält man die komplexen Zahlen C. Insbesondere haben wir also nachgewiesen, dass es in den komplexen Zahlen keine Teilmenge PC gibt, für die (C, +, ·, PC ) ein geordneter Körper ist.
10 Natürliche Zahlen Übersicht 10.1 10.2 Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Dieses Kapitel ist der Einstieg in die tatsächliche Konstruktion der reellen Zahlen. In der Einleitung zu Kapitel 9 haben wir angekündigt, dass der Startpunkt für diese Konstruktion die natürlichen Zahlen sein werden. Dabei haben wir auf Leopold Kronecker verwiesen, der die natürlichen Zahlen als „gottgegeben“ bezeichnet. Vom Standpunkt der modernen Mathematik aus ist dieser Startpunkt aber nicht zwingend. Man könnte unser Vorhaben mit einem Hausbau vergleichen und sich dabei fragen: Was ist unsere erste Aufgabe? Die Herstellung der Ziegelsteine oder der Aufbau der Mauern aus den Ziegelsteinen? Oder aber vielleicht das Ausheben der Baugrube und das Gießen des Fundaments? In dieser Analogie spielen die natürlichen Zahlen die Rolle der Ziegelsteine. Will man auch die selbst herstellen, braucht man zusätzliche Technologie, wie sie die axiomatische Mengenlehre bereitstellt. Das Ausheben der Baugrube und das Gießen des Fundaments entsprechen dann der Unterlegung der axiomatischen Mengenlehre durch formale Logik. Sowohl die axiomatische Mengenlehre als auch die formale Logik sind im Gegensatz zur naiven Mengenlehre, die wir in Kapitel 1 und 3 besprochen haben, begrifflich aufwendige Theorien, die sich für einen Einstieg in die Mathematik nicht gut eignen. Daher verlassen wir uns darauf, dass andere die Fundamente und Ziegel bereitgestellt haben, und konzentrieren uns darauf, wie man die Wände des Hauses aus Ziegeln aufbaut. So wie man die Abmessungen und Eigenschaften seiner Ziegel kennen muss, wenn man daraus Wände aufbauen will, so müssen wir die Eigenschaften der natürlichen Zahlen beschreiben können, wenn wir sie als Grundlage unserer Konstruktion der reellen Zahlen einsetzen wollen. Dabei ist die Methode der Einführung der reellen Zahlen aus Kapitel 9 verwendbar. Wir beschreiben einen Satz von Axiomen, der die natürlichen Zahlen im Wesentlichen charakterisiert, ähnlich wie die Axiome eines vollständigen geordneten Körpers die reellen Zahlen im Wesentlichen J. Hilgert, M. Hoffmann, A. Panse, Einführung in mathematisches Denken und Arbeiten, DOI 10.1007/978-3-662-45512-8_10, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
200 10 Natürliche Zahlen charakterisieren. Unser Startpunkt ist dann die Existenz einer Menge, die diese Axiome erfüllt. Jede solche Menge werden wir ein Modell der natürlichen Zahlen nennen. Man wählt einfach ein Modell aus, nennt es die Menge der natürlichen Zahlen und benutzt diese Menge für alle weiteren Konstruktionen. Auch hier kann man zeigen, dass so ein Modell im Wesentlichen eindeutig bestimmt ist. Dies ist aber für den weiteren Verlauf unseres Weges zunächst nicht relevant. Erst wenn man sich überzeugen will, dass man durch die Wahl eines anderen Modells der natürlichen Zahlen keine andere Mathematik bekommt, erlangt die Eindeutigkeit des Modells Bedeutung. In diesem Kapitel geben wir die axiomatische Beschreibung der natürlichen Zahlen an und leiten einige Konsequenzen aus den Axiomen ab. In den nachfolgenden Kapiteln bauen wir den Zahlbegriff dann sukzessive aus. Erst konstruieren wir die ganzen, anschließend die rationalen und schließlich die reellen Zahlen. In unserer Hausbauanalogie spielen die reellen Zahlen dann eine Rolle vergleichbar mit Wänden, und die Vorgehensweise in Kapitel 9 entspricht dem Fertighausbau. Lernziele 1. Axiome a) Sie können ein Axiomensystem, das ein Modell der natürlichen Zahlen erfüllen muss, angeben. (BT1) b) Sie können an Beispielen erklären, dass keines der Axiome weggelassen werden kann, wenn man die natürlichen Zahlen charakterisieren möchte. (BT2) c) Sie können erklären, warum in jedem Modell der natürlichen Zahlen das Prinzip der vollständigen Induktion gilt. (BT2) d) Sie können auch zusammengesetzte mengentheoretische Aussagen mit Quantoren in mathematisch korrekter Notation formulieren. (BT2) 2. Beweistechniken a) Sie können einfache Induktionsbeweise selbst formulieren. (BT2) 10.1 Texterarbeitung In diesem Kapitel soll ein Text gelesen werden, in dem eines der möglichen Axiomensysteme für die natürlichen Zahlen besprochen wird. Insbesondere soll erklärt werden, wie das Prinzip der vollständigen Induktion aus diesem Axiomensystem folgt.
10.1 Texterarbeitung 201 Literatur: [E92], [HH12], [KvP13], [MM93] Beispieltext: [HH12], S. 231–235 Beispieltext aus [HH12] In diesem Abschnitt charakterisieren wir die natürlichen Zahlen durch ein Axiomensystem und zeigen, wie man Addition und Multiplikation sowie die wichtigsten Rechenregeln aus diesen Axiomen ableitet. Die Axiome Sei jetzt N eine nichtleere Menge und < eine Relation auf N . Zunächst haben wir für diese Relation noch nicht die Interpretation „kleiner“ definiert. An dieser Stelle könnte N auch eine Schulklasse (mit den Schülern als Elementen) sein und die Relation x < y bedeuten: x schreibt bei y ab. Da diese Axiomatik aber letztendlich die natürlichen Zahlen charakterisieren soll, verwenden wir hier schon eine vertraute Notation. ?1 Wir nehmen zunächst nur an, dass N und < die folgenden drei Axiome erfüllen. Später wird noch ein viertes Axiom dazukommen. Axiom A.10 (Asymmetrie) Wenn x, y ∈ N und x < y, dann gilt nicht y < x. Axiom A.11 (Minimalprinzip) Jede nichtleere Teilmenge X ⊆ N hat ein kleinstes Element, das heißt, es gibt ein x ∈ X, sodass für alle y ∈ X gilt: x < y oder x = y. Wir sagen, eine Teilmenge X ⊆ N ist beschränkt, wenn es ein m ∈ N gibt, sodass für alle x ∈ X gilt: x < m oder x = m. Axiom A.12 (Maximalprinzip) Jede nichtleere beschränkte Teilmenge X ⊆ N hat ein größtes Element, das heißt, es gibt ein x ∈ X, sodass für alle y ∈ X gilt: y < x oder y = x. ?2 Um sich die Schreibarbeit zu vereinfachen und später bei komplizierteren Aussagen den Überblick zu behalten, führt man einige abkürzende Schreibweisen ein: Statt „für alle“ (oder „zu jedem“) schreibt man „∀“. Statt „gibt es“ (oder „existiert“) schreibt man „∃“. Statt „x < y oder x = y“ schreibt man „x ≤ y“ und betrachtet die Menge {(x, y) ∈ N × N | x ≤ y} als eine neue Relation „kleiner gleich“. Statt „dann gilt die folgende Aussage“ schreibt man einfach einen Doppelpunkt. ?3 Mit diesen Konventionen lesen sich Minimal- und Maximalprinzip wie folgt: Minimalprinzip: ?4 ∀X ⊆ N, X = ∅ : ∃x ∈ X mit (∀y ∈ X : x ≤ y). Maximalprinzip: ∀X ⊆ N, X = ∅, X beschränkt : ∃x ∈ X mit (∀y ∈ X : y ≤ x). Die folgende erste Schlussfolgerung aus den Axiomen A.10 und A.11 wird immer wieder nutzbringend eingesetzt werden. Satz A.13 (Trichotomie) Für x, y ∈ N gilt genau eine der folgenden Beziehungen: x < y, x = y, y < x.
202 ?5 ?6 !1 10 Natürliche Zahlen Beweis. Wenn x = y, setzt man X := {x, y}. Nach dem Minimalprinzip gibt es ein kleinstes Element in X. Wenn x ein kleinstes Element ist, dann gilt x ≤ y, also x < y, weil wir x = y ausgeschlossen haben. Wenn y das kleinste Element von X ist, gilt analog y < x. Wegen der Asymmetrie kann nur eine der beiden Beziehungen x < y und y < x gelten. Wenn x = y, dann folgt aus x < y automatisch y < x, weil man x und y austauschen kann. Wegen Axiom A.10 ist das aber nicht möglich, also kann x < y nicht gelten. Analog schließt man y < x aus. ?7 Das Argument im Beweis von Satz A.13 zeigt auch, dass jede nichtleere Teilmenge von N ein eindeutig bestimmtes kleinstes Element hat. Ganz analog sieht man außerdem, dass jede nichtleere beschränkte Teilmenge von N ein eindeutig bestimmtes größtes Element hat. Wir führen noch einige weitere abkürzende Schreibweisen ein: Statt „existiert genau ein“ schreibt man „∃!“. Statt „folgt“ oder „impliziert“ schreibt man „⇒“. Statt „dann und nur dann“, das heißt „⇐ und ⇒“ schreibt man „⇔“. Mit der Trichotomie (Satz A.13) lassen sich Minimalprinzip und Maximalprinzip wie folgt verschärfen: ∀X ⊆ N, X = ∅ : ∃!x ∈ X mit (∀y ∈ X : x ≤ y). ∀X ⊆ N, X = ∅, X beschränkt : ∃! x ∈ X mit (∀y ∈ X : y ≤ x). (Min) (Max) Das kleinste Element von N heißt Eins und wird mit 1 bezeichnet. Proposition A.14 (Transitivität) Sei x, y, z ∈ N . Dann gilt ( x < y und y < z ) ?8 ?9 ⇒ x < z. Beweis. Sei X = {x, y, z}. Wegen x < y und y < z ist nach Satz A.13 weder y noch z das kleinste Element von X. Also muss x das kleinste Element von X sein, dessen Existenz durch Axiom A.11 garantiert wird, und daher folgt x ≤ z. Wäre x = z, so hätte man nach Voraussetzung x < y und y < x, was nach Axiom A.10 nicht möglich ist. Also folgt x < z. Bemerkung A.15 Die leere Menge ∅ erfüllt die Axiome A.10, A.11 und A.12. Um das einzusehen, überlegt man sich, dass es unmöglich ist, die Voraussetzungen der jeweiligen Implikation zu erfüllen (das „wenn“ im „wenn, dann“ tritt nicht auf); also ist die Implikation automatisch richtig (Seite 103). Beispiel A.16 Sei M = {a, b, c} eine beliebige Menge mit drei Elementen. Wir definieren eine Relation < auf M durch < := {(a, b), (b, c), (a, c)}. Dann erfüllt M mit < die Axiome A.10, A.11 und A.12. Unser Ziel ist es, die natürlichen Zahlen unserer Erfahrung durch ein Axiomensystem zu beschreiben. Bemerkung A.15 zeigt, dass wir gut daran getan haben, N als nichtleere Menge vorauszusetzen. Beispiel A.16 zeigt, dass die Axiome A.10, A.11 und A.12 noch nicht alle der gewohnten Eigenschaften der natürlichen Zahlen liefern. Insbesondere garantieren sie nicht, dass es zu jeder natürlichen Zahl eine noch größere gibt. Dies müssen wir in einem zusätzlichen Axiom fordern!
10.1 Texterarbeitung 203 Axiom A.17 (Unbeschränktheit) N ist nicht beschränkt. Wenn x ∈ N , dann liefert Axiom A.17, dass die Menge {y ∈ N | x < y} nicht leer ist, denn sonst hätte man wegen Satz A.13 „∀z ∈ N : z ≤ x“, das heißt, N wäre beschränkt. Man bezeichnet das kleinste Element von {y ∈ N | x < y} mit x + 1, was hier nur ein (komplizierter) Name ist. Man wählt ihn, weil die (noch nicht definierte) Addition auf N später gerade so gemacht wird, dass min({y ∈ N | x < y}) die Summe von x und 1 ist! ?10 Mit A.17 lässt sich die vollständige Induktion beweisen, die in Abschnitt 1.6 ausführlich diskutiert wurde. Satz A.18 (Vollständige Induktion) Sei N = ∅ eine Menge, die die Axiome A.10, A.11, A.12 und A.17 erfüllt, sowie X ⊆ N eine Teilmenge mit folgenden Eigenschaften: (a) 1 ∈ X. (b) Wenn x ∈ X, dann gilt auch x + 1 ∈ X. Dann ist X = N . Beweis. Sei Y ⊆ N das Komplement N \ X := {y ∈ N | y ∈ X} von X in N . Wir müssen zeigen, dass Y leer ist. Wenn Y = ∅, dann hat Y ein kleinstes Element y ∈ Y . Sei ?11 ?12 Z := {x ∈ X | x < y}. Dann ist 1 ∈ Z, weil 1 ≤ y und y = 1 ∈ X. Da Z (durch y) beschränkt ist, hat Z nach Axiom A.12 ein größtes Element z ∈ Z. Wegen Z ⊆ X und (b) haben wir z + 1 ∈ X. Da aber z < z + 1, kann z + 1 nicht in Z sein, das heißt, es muss wegen Satz A.13 die Ungleichung y ≤ z + 1 gelten. Die Gleichheit y = z + 1 ist nicht möglich, weil y ∈ X, aber z + 1 ∈ X gilt. Andererseits steht z < y und y < z + 1 im Widerspruch dazu, dass z + 1 das kleinste Element von {x ∈ N | z < x} ist. Also kann die Menge Y keine Elemente enthalten haben. Wir nennen jede nichtleere Menge, die die Axiome A.10, A.11, A.12 und A.17 erfüllt, ein Modell für die natürlichen Zahlen. Hat man zwei solche Mengen N und N  , so findet man mit Induktion eine bijektive Abbildung ϕ : N → N  mit ϕ(min N ) = min N  und (∀x ∈ N : ϕ(x + 1) = ϕ(x) + 1). Das führt dazu, dass sich die resultierenden Modelle der natürlichen Zahlen auch in Bezug auf die algebraischen Operationen Addition und Multiplikation nicht wesentlich unterscheiden. Wir nehmen die Existenz von Modellen für die natürlichen Zahlen an, wählen uns eines aus, das wir mit N bezeichnen und die Menge der natürlichen Zahlen nennen. ?13
204 10 Natürliche Zahlen Lesen des Textes mit Papier und Stift ?1 Stolperstein: N könnte Schulklasse sein, und x < y bedeutet „x schreibt bei y ab.“ Frage: Die natürlichen Zahlen sind doch kleine Schulklasse und < bedeutet „ist kleiner als“ . . . . Was soll das? Ach so: (nochmals die Einleitung in diesem Kapitel gelesen) Wir geben Axiome für die Menge N vor, und wenn die Menge (von der wir noch gar nicht wissen, wie sie aussieht) die Axiome erfüllt, dann nennen wir sie die natürlichen Zahlen. ?2 Stolperstein: X ⊆ N hat ein größtes Element. Frage: Ich habe ja schon die natürlichen Zahlen im Hinterkopf . . . das Minimalprinzip sehe ich ein: Die natürlichen Zahlen sind ja positiv und somit von unten beschränkt. Aber das Maximalprinzip . . . Von oben beschränkt sind die natürlichen Zahlen schließlich nicht? Ach so: (nochmals gründlich gelesen) Das Maximalprinzip sagt: wenn ∅ = X ⊆ N nach oben beschränkt ist, dann . . . ?3 Stolperstein: ≤:= {(x, y) ∈ N × N | y ≤ y} Ach ja: Relationen sind Teilmengen des kartesischen Produkts. ?4 Stolperstein: ∀X ⊂ N, X = ∅ : ∃x ∈ X mit (∀y ∈ X : x ≤ y) Frage: Müsste es nicht heißen: ∃y ∈ X mit (∀x ∈ X : x ≤ y)? Ach so: Nein: alle Elemente y ∈ X sollen ja größer als das kleinste Element x sein. ?5 Stolperstein: Beweisprinzip Frage: Ist x = y also Annahme für einen Widerspruchsbeweis zu lesen? Ach so: Nein: Es wird eine Fallunterscheidung gemacht: • 1. Fall: x = y • 2. Fall: x = y
10.1 Texterarbeitung ?6 205 Stolperstein: X := {x, y} Frage: Wo kommt die Menge her? Ach so: Um Minimal- oder Maximalprinzip anwenden zu können, benötigen wir eine Teilmenge von N. Wir wissen: x, y ∈ N. Fassen wir diese in einer Menge X = {x, y} zusammen, so erhalten wir eine Teilmenge X ⊆ N und können die Axiome verwenden. ?7 Stolperstein: Im Beweis von Satz A.13 steht, dass jede nichtleere Teilmenge von N ein eindeutig bestimmtes kleinstes Element hat. Frage: Wo finde ich das? Ach so: (Beweis nochmals aufmerksam gelesen) . . . !1 ?8 Stolperstein: X := {1, 2, 3} Frage: Woher kommt X? Ach so: Wie bei ?6 benötigen wir eine Teilmenge X ⊆ N, die nun praktischerweise drei Elemente x, y, z hat. ?9 Stolperstein: Voraussetzungen sind nicht erfüllt, aber dennoch erfüllt ∅ die Axiome. Frage: Wie geht das? Ach so: (Kapitel 5 gelesen) Aus falschen Voraussetzungen kann man Beliebiges folgern. ?10 Stolperstein: Y := {y ∈ N | x < y} Ich muss mir eine Skizze machen. Ach so: x x+1 • • • • Y • • ···N
206 ?11 10 Natürliche Zahlen Stolperstein: Beweisstruktur? Frage: Wieso betrachten wir Y := N \ X = {y ∈ N | y ∈ / X}. Was soll damit gezeigt werden? Ach so: Wir sollen zeigen, dass X = N gelten muss, wenn X ⊆ N vorausgesetzt wird. Das heißt, wenn wir zeigen können, dass N \ X = ∅, sind wir fertig. Aber genau das steht ja auch im Text! ?12 Stolperstein: Mengendurcheinander und Beweisstruktur Ich muss mir eine Skizze machen. Ach so: Z • • • z Ann: Diese Menge Y existiert • • • • ···N y Das Problem ist: Wo soll dann z + 1 ∈ N zu finden sein? Aha: Darüber konstruieren wir den Widerspruch . . . weiterlesen . . . ?13 Stolperstein: Man findet mit Induktion eine bijektive Abbildung . . . Frage: Ist sehe nicht, wie man die Abbildung findet. Wie geht das? Ach und: Ich habe noch eine Frage: Wo in den Axiomen finde ich einen Grund dafür, dass zum Beispiel Q+ oder R+ keine Modelle für die natürlichen Zahlen sind? Erläuterungen zum Text Es gibt unterschiedliche axiomatische Zugänge zu den natürlichen Zahlen. Der im Beispieltext gewählte Zugang stellt die Ordnung auf der Menge an den Anfang und leitet in Form des Elements x + 1 zu x den Nachfolger her. Andere Zugänge stellen die eindeutige Existenz eines Nachfolgers an den Anfang und leiten daraus die Ordnung erst ab. Unabhängig vom gewählten Modell unterscheiden sich die Betrachtungen zu Ordnung und Beschränktheit von denjenigen im Falle der reellen Zahlen dadurch, dass für die natürlichen Zahlen Beschränktheit einer Teilmenge dasselbe ist wie Beschränktheit nach oben. Die Beschränktheit nach unten ist für jede beliebige Teilmenge gegeben, weil N ein minimales Element hat, das automatisch eine untere Schranke auch für die Teilmenge ist.
10.1 Texterarbeitung 207 Bemerkung A.15 (Beispieltext, S. 202) zeigt, dass man die leere Menge besonders sorgfältig betrachten muss, um sicherzustellen, dass ∅ nicht auch als Modell der natürlichen Zahlen durchgeht. In der Tat ist das Unbeschränktheitsaxiom A.17 (Beispieltext, S. 203) hier so formuliert, dass es für die leere Menge erfüllt ist. Wenn man nämlich die Beschränktheit einer Teilmenge von N über die Existenz eines Elements von N mit bestimmten Eigenschaften definiert, dann ist ∅ als Teilmenge von ∅ nicht beschränkt. Daher fordert man für ein Modell N der natürlichen Zahlen explizit, dass N = ∅ gilt. Im Text wird nicht erklärt, wie genau man unterschiedliche Modelle der natürlichen Zahlen miteinander identifizieren kann. Es wird nur gesagt, dass man die entsprechenden Mengen so bijektiv aufeinander abbilden kann, dass sowohl Minimum- als auch Nachfolgerbildung mit der Abbildung kompatibel sind (siehe Stolperstein ?13 ). Wir konstruieren in Bemerkung 10.1 die gesuchte Abbildung zwischen zwei Modellen (N, <) und (N  , < ) und verweisen für den Nachweis der Verträglichkeit von Minima und Nachfolgern unter dieser Abbildung auf Übung 10.8. Bemerkung 10.1 (Modelle natürlicher Zahlen) Seien (N, <) und (N  , < ) Modelle der natürlichen Zahlen. Wir konstruieren eine Abbildung ϕ : N → N  als eine Relation, das heißt als eine Teilmenge von N × N  . Dazu gehen wir in zwei Schritten vor: 1. Wir konstruieren mit Induktion zu jedem n ∈ N eine Teilmenge ∅ = Xn ⊆ N  mit der Eigenschaft ∀ x ∈ Xn : x + 1 ∈ X  . (∗) Für n = 1 = min N setzen wir Xn := N  . Diese Menge hat nach dem Unbeschränktheitsaxiom (Axiom A.17; Beispieltext, S. 203) die geforderten Eigenschaften. Sei jetzt n ∈ N . Angenommen wir haben die Menge ∅ = Xn mit der Zusatzeigenschaft (∗) konstruiert. Dann setzen wir    := Xn \ {min(Xn )} , Xn+1 wobei min(X  ) für X  ⊆ N  das Minimum von X  bezeichnet. Wir müs die oben beschriebenen Eigenschaften hat. Sei dazu sen zeigen, dass Xn+1   n := min(Xn ). Dann enthält Xn nach der Zusatzeigenschaft (∗) alle Elemente x von N  , die größer als n sind (und solche gibt es nach dem Unbeschränktheitsaxiom). Weil kein x ∈ Xn mit n < x das Minimum von Xn sein kann,    enthalten. Damit Xn+1 = ∅ und wenn x ∈ Xn+1 , ist jedes solche x in Xn+1      dann ist auch x + 1 ∈ Xn+1 , weil n < x < x + 1 und daher (Transitivität; siehe Proposition A.14 im Beispieltext, S. 202) n < x + 1. Also erfüllt auch  Xn+1 die Zusatzeigenschaft (∗).
208 10 Natürliche Zahlen Sei X ⊆ N die Menge aller n ∈ N , für die man Xn konstruiert hat. Mit vollständiger Induktion (siehe Satz A.18 im Beispieltext, S. 203) sieht man, dass X = N gilt. 2. Sei ϕ := {(n, n ) ∈ N × N  | n = min(Xn )}. Dann ist ϕ eine Relation. Weil für jedes n ∈ N die Menge Xn ⊆ N  nicht leer ist, hat sie nach dem Minimalprinzip ein Minimum und dieses Minimum ist nach dem Beweis von Satz A.13 (Beispieltext, S. 201) auch eindeutig bestimmt. Also gibt es zu jedem n ∈ N genau ein n ∈ N  mit (n, n ) ∈ ϕ. Damit ist ϕ eine Abbildung. 10.2 Übung und Selbstkontrolle Spezielle Schnittstellenübungen Übung 10.2 (Natürliche Zahlen in geordneten Körpern) In den aus der Schule bekannten geordneten Körpern Q und R finden wir immer die natürlichen Zahlen als Teilmenge wieder. Dies wollen wir nun allgemein beweisen. Sei (Z, +, ·P ) ein angeordneter Körper. Zeigen Sie, dass Z eine Teilmenge N enthält, die zusammen mit der Einschränkung von < auf N ein Modell für die natürlichen Zahlen ist. Vertiefende Übungen Übung 10.3 (Maximum- und Minimumprinzip) Zeigen Sie, dass es kein (N, <) geben kann, das (AS), (MinP), (U) und (MaxP ) ∀ ∅ = X ⊂ N ∃m ∈ X : (∀x ∈ X : x < m oder x = m) erfüllt. Übung 10.4 (Maximum und Minimum) Sei (N, <) ein Modell für die natürlichen Zahlen. Wir betrachten die folgenden Aussagen A und B: A: ∅ = X ⊆ N und (∃s1 , s2 ∈ N : ∀ x ∈ X : s1 < x < s2 ) und min(X) = max(X) B: ∃ e ∈ N : X = {e} (i) Versprachlichen Sie die Aussagen A zu B in vollständigen deutschen Sätzen. (ii) Zeigen Sie A ⇒ B.
10.2 Übung und Selbstkontrolle 209 Übung 10.5 (Unverzichtbarkeit des Unbeschränktheitsaxioms) Betrachten Sie eine beliebige Menge N = {a, b, c} mit drei Elementen und darauf die Relation < := {(a, b), (b, c), (a, c)}. Zeigen Sie, dass (N, <) die drei folgenden Eigenschaften hat: (AS) ∀ x, y ∈ N : x < y ⇒ ¬(y < x) (MinP) ∀ ∅ = X ⊆ N ∃ m ∈ X : (∀ x ∈ X : m < x oder m = x) (MaxP) ∀ ∅ = X ⊆ N beschränkt ∃ m ∈ X : (∀ x ∈ X : x < m oder x = m) Dabei bedeutet X „beschränkt“, dass ∃s ∈ N : (∀x ∈ X : x < s oder x = s). Übung 10.6 (Minimum) Sei (N, <) ein Modell für die natürlichen Zahlen. Zeigen Sie, dass die Abbildung ν : N → N, x → min {y ∈ N | x < y} injektiv, aber nicht surjektiv ist. Bestimmen Sie das Bild von ν. Übung 10.7 (Unendlichkeit der natürlichen Zahlen) Sei (N, <) ein Modell für die natürlichen Zahlen. Man gebe zwei Abbildungen f1 , f2 : N → N an, von denen die eine injektiv, aber nicht surjektiv ist, die andere dagegen surjektiv, aber nicht injektiv. Übung 10.8 (Modelle natürlicher Zahlen) Seien (N, <) und (N  , < ) Modelle natürlicher Zahlen und ϕ : N → N  die in Bemerkung 10.1 konstruierte Abbildung. Zeigen Sie die folgenden Aussagen. (i) Die Funktion ϕ ist bijektiv. (ii) ∀ X ⊆ N : ϕ(min X) = min ϕ(X) (iii) ∀ x ∈ N : ϕ(x + 1) = ϕ(x) + 1 ∈ N  Kontrollfragen Die Lösungen zu den folgenden Fragen finden Sie auf S. 381. Frage 10.9 (Multiple Choice) Sei N ein Modell für die natürlichen Zahlen. Welche der folgenden Aussagen sind wahr? 2 ∀M ⊂ N mit M = ∅, M = N : ∃m ∈ M mit (∀a ∈ M : a ≤ m) 2 (n, m ∈ N ∧ n < m) ⇒ ¬(m < n) 2 ∀M ⊂ N, M = ∅ : ∃m ∈ M mit (∀a ∈ M : m ≤ a)
210 10 Natürliche Zahlen Frage 10.10 (Single Choice) Sei N ein Modell für die natürlichen Zahlen. Aus der Trichotomie kann man folgern, dass für x, y ∈ N genau eine der folgenden Beziehungen gilt: x ≤ y, y ≤ x. 2 stimmt 2 stimmt nicht Frage 10.11 (Single Choice) Für ein Modell der natürlichen Zahlen werden die Axiome Asymmetrie, Minimalprinzip und Maximalprinzip vorausgesetzt, und daraus wird dann die Unbeschränktheit gefolgert. 2 stimmt 2 stimmt nicht Frage 10.12 (Single Choice) Sei N ein Modell für die natürlichen Zahlen. Dann gilt für jedes x ∈ N schon {y ∈ N | x < y} = ∅. 2 stimmt 2 stimmt nicht Frage 10.13 (Multiple Choice) Sei N ein Modell für die natürlichen Zahlen. Welche der folgenden Aussagen sind wahr? 2 {1} ∪ {y ∈ N | ∃x ∈ N : y = x + 1} = N 2 Sei x ∈ N. Das Prinzip der vollständigen Induktion lässt sich so abwandeln, dass man für eine Menge M ⊂ N zeigen kann: M = N ∩ {y ∈ N | x ≤ y}. 2 Nur auf bestimmten Modellen der natürlichen Zahlen (zum Beispiel dem aus der Schule bekannten) funktioniert die vollständige Induktion.
11 Addition und Multiplikation auf den natürlichen Zahlen Übersicht 11.1 11.2 Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 In Kapitel 10 haben wir die natürlichen Zahlen auf eine sehr formale Art und Weise eingeführt. Doch wir haben mit ihnen nicht mehr gemacht als gezählt. In diesem Kapitel gehen wir den Schritt vom Zählen zum Rechnen. Damit wird deutlich, dass die abstrakten Modelle der natürlichen Zahlen tatsächlich auch dem entsprechen, was wir in der Schule gelernt haben. Wir beschreiben zunächst, wie man vom Zählen zur Addition gelangt. Man betrachtet das Weiterzählen x  x + 1, das heißt den Übergang von einer Zahl x zu ihrem Nachfolger x + 1 als Addition von 1 zu x. Will man größere Zahlen addieren, muss man mehrere solcher Übergänge machen. Drei Übergänge liefern die Addition von Drei. Es geht also darum, diese Übergänge zu zählen. Da es unendlich viele natürliche Zahlen gibt, kann man nicht alle diese Additionen x  x + 1, x  x + 2, x  x + 2, . . . nacheinander hinschreiben. Es bietet sich an, sie wie die Additionen in abelschen Gruppen in Kapitel 7 alle zusammen als die Abbildung N × N → N zu beschreiben, in der man jedem Paar (x, y) von natürlichen Zahlen das Ergebnis x + y der Addition von y zu x zuordnet. Damit lassen sich dann die aus der Schule bekannten Rechenregeln nicht nur gut formulieren, wie wir schon in Kapitel 7 gesehen haben, sondern mithilfe vollständiger Induktion auch beweisen. Die eben skizzierte Methode zur Beschreibung der Addition als iteriertes Weiterzählen können wir abwandeln, um von der Addition auf den natürlichen Zahlen zur Multiplikation natürlicher Zahlen zu gelangen: Mit Eins zu multiplizieren, bedeutet, einfach gar nichts zu verändern. Eine Zahl x mit Zwei zu multiplizieren bedeutet sie zu verdoppeln, das heißt x zu x zu addieren: 2 · x = x + x. Dreimal x erhält man dann, indem man ein weiteres x dazuaddiert. Die Multiplikation ist also ein iteriertes Addieren immer derselben Zahl: n·x = x+x+. . .+x, wobei man J. Hilgert, M. Hoffmann, A. Panse, Einführung in mathematisches Denken und Arbeiten, DOI 10.1007/978-3-662-45512-8_11, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
212 11 Addition und Multiplikation auf den natürlichen Zahlen n Summanden hat. Analog zur Addition beschreibt man dann die Multiplikation auf N als die Abbildung N × N → N, in der man jedem Paar (x, n) von natürlichen Zahlen das Ergebnis n · x der Multiplikation von x mit n zuordnet. Und analog zur Addition lassen sich auch für die Multiplikation mithilfe dieser Abbildung die aus der Schule bekannten Rechenregeln gut formulieren und mithilfe vollständiger Induktion beweisen. In Kapitel 6 haben wir anhand einiger Beispiele aus der elementaren Zahlentheorie illustriert, dass die vollständige Induktion ein zentrales Beweiswerkzeug für durchnummerierte mathematische Aussagen ist, wenn man die natürlichen Zahlen samt ihrer beiden Standardrechenarten Addition und Multiplikation schon kennt. In diesem Kapitel wird klar: Sie ist in der in Kapitel 10 vorgestellten Form auch das entscheidende Werkzeug bei der Einführung dieser Rechenarten und der Untersuchung ihrer Gesetzmäßigkeiten. Lernziele 1. Rechenoperationen a) Sie können erklären, wie man aus den Axiomen mithilfe des Prinzips der vollständigen Induktion die Addition auf den natürlichen Zahlen gewinnt. (BT1) b) Sie können die Herleitung von Assoziativiät, die Kommutativität und die Kürzungseigenschaft der Addition auf den natürlichen Zahlen mithilfe vollständiger Induktion erklären. (BT2) c) Sie können erklären, wie man aus der Addition mithilfe des Prinzips der vollständigen Induktion die Multiplikation auf den natürlichen Zahlen gewinnt. (BT1) d) Sie können die Herleitung von Assoziativiät, die Kommutativität und die Kürzungseigenschaft der Multiplikation auf den natürlichen Zahlen mithilfe vollständiger Induktion erklären. (BT2) e) Sie können die Herleitung der Distributivität von Addition und Multiplikation auf den natürlichen Zahlen erklären. (BT2) f) Sie können für zwei Modelle der natürlichen Zahlen und eine Bijektion zwischen den Mengen, die die Ordnungen ineinander überführt, ableiten, dass diese Bijektion die Additionen und Multiplikationen ineinander überführt. (BT5) 2. Gleichungen a) Sie können erklären, warum jede Gleichung der Form a + x = b für natürliche Zahlen a < b eine Lösung in den natürlichen Zahlen hat. (BT4)
11.1 Texterarbeitung 213 b) Sie können erklären, warum keine Gleichung der Form b + x = a für natürliche Zahlen a < b eine Lösung in den natürlichen Zahlen hat. (BT2) 11.1 Texterarbeitung Für dieses Kapitel soll ein Text gelesen werden, in dem aus der im vorangegangenen Kapitel benutzten Axiomatik die Addition und die Multiplikation auf den natürlichen Zahlen abgeleitet werden. Literatur: [HH12], [KvP13], [MM93] Beispieltext: [HH12], S. 235–239 Beispieltext aus [HH12] Addition auf N Mit der Einführung der Zahl x + 1 ∈ N zu einer Zahl x ∈ N ist der Anfang für eine Addition gemacht. Wir definieren eine Abbildung a1 : N → N (man denke: „addiere 1“) durch a1 (x) := y“) x + 1. Wenn für y ∈ N die Abbildung ay : N → N (man denke: „addiere   gegeben ist, dann definiert man eine Abbildung ay+1 : N → N durch ay+1 (x) := a1 ay (x) . Wir schreiben ?1 x + y := ay (x). Durch Anwendung von Induktion (Satz A.18) auf die Menge {y ∈ N | ay ist definiert} sieht man, dass ay für alle y ∈ N definiert ist. Damit können wir eine neue Abbildung a : N×N → N durch a(x, y) := x + y definieren. Diese Abbildung ist die Addition auf N. Proposition A.19 Wenn x, y ∈ N, dann gilt x < x + y. Beweis. Sei x ∈ N und Y := {y ∈ N | x < x + y}. Dann gilt 1 ∈ Y nach der Definition von x + 1. Wenn y ∈ Y , dann haben wir   x < x + y < (x + y) + 1 = a1 ay (x) = ay+1 (x) = x + (y + 1). Wegen der Transitivität (Proposition A.14) folgt x < x + (y + 1), also y + 1 ∈ Y . Mit Induktion ergibt sich folgt also Y = N, das heißt die Behauptung. Wir können jetzt die entscheidenden Rechenregeln für die Addition in N beweisen: Satz A.20 Sei x, y, z ∈ N. Dann gilt: (i) x + (y + z) = (x + y) + z (Assoziativität). (ii) x + y = y + x (Kommutativität). (iii) x + z = y + z ⇒ x = y (Kürzungseigenschaft). ?2 ?3 ?4
214 ?5 Beweis. (i) ?6 11 Addition und Multiplikation auf den natürlichen Zahlen Sei X := {z ∈ N | ∀x, y ∈ N : x + (y + z) = (x + y) + z}. Nach Definition der Addition gilt x + (y + 1) = (x + y) + 1, also 1 ∈ X. Wenn z ∈ X, rechnet man x + (y + (z + 1)) = x + ((y + z) + 1) = (x + (y + z)) + 1 = ((x + y) + z) + 1 = (x + y) + (z + 1) und hat z + 1 ∈ X. Mit Induktion folgt also X = N. (ii) Wir zeigen zunächst ∀y ∈ N : 1 + y = y + 1. ?7 (∗) Dazu betrachten wir die Menge Y := {y ∈ N | 1 + y = y + 1} und halten fest, dass 1 ∈ Y . Wenn y ∈ Y , rechnet man mit (i) 1 + (y + 1) = (1 + y) + 1 = (y + 1) + 1, also y + 1 ∈ Y , sodass mit Induktion Y = N folgt. Jetzt setzt man X = {x ∈ N | ∀y ∈ N : x + y = y + x} und stellt fest, dass nach (∗) 1 ∈ X gilt. Wenn x ∈ X, rechnet man (x + 1) + y (i) = (∗) = (i) = x∈X = (i) = x + (1 + y) x + (y + 1) (x + y) + 1 (y + x) + 1 y + (x + 1) und findet x + 1 ∈ X. Mit Induktion folgt wieder X = N, also (ii). (iii) Betrachte die Menge X := {z ∈ N | ∀x, y ∈ N : x + z = y + z ⇒ x = y}. Man zeigt zunächst, dass 1 ∈ X gilt. Dazu nehmen wir x + 1 = y + 1 an und zeigen, dass weder x < y noch y < x gelten kann. Wenn nämlich x < y gilt, finden wir x < y < y + 1 = x + 1, was im Widerspruch zu x + 1 = min{z ∈ N | x < z} steht. Die Ungleichung y < x schließt man genauso aus, indem man die Rollen von x und y in obigem Argument vertauscht. Jetzt folgt mit Satz A.13 die Gleichheit x = y. Wenn für z ∈ X die Gleichung x + (z + 1) = y + (z + 1) gilt, rechnen wir (i) (ii) (x + 1) + z = x + (1 + z) = x + (z + 1) = y + (z + 1) (i),(ii) = (y + 1) + z und finden x + 1 = y + 1. Weil aber auch 1 ∈ X ist, folgt weiter x = y und schließlich z + 1 ∈ X. Also haben wir mit Induktion X = N und (iii). Proposition A.21 Wenn für a, b ∈ N die Relation a < b gilt, dann gibt es genau ein x ∈ N mit a + x = b, das heißt, die Gleichung a + x = b ist für gegebene a < b in N und gesuchtes x ∈ N eindeutig lösbar.
11.1 Texterarbeitung 215 Beweis. Existenz einer Lösung: Betrachte die Menge X := {u ∈ N | a + u ≤ b}. Da aus a < b folgt a + 1 ≤ b, sehen wir, dass 1 ∈ X. Wenn u ∈ X, rechnen wir A.19 u < u+a A.20(ii) = a + u ≤ b, was mit der Transitivität (siehe Proposition A.14) u < b liefert. Insbesondere ist X beschränkt und hat daher (siehe Axiom A.12) ein eindeutig bestimmtes größtes Element x := max(X). Wir zeigen a + x = b, indem wir a + x < b und b < a + x ausschließen (siehe Satz A.13): b < a + x steht im Widerspruch zu x ∈ X. Aus a + x < b folgt a + (x + 1) = (a + x) + 1 ≤ b (siehe Satz A.20), was im Widerspruch zu x = max(X) steht. Damit ist die Existenzaussage gezeigt. Um die Eindeutigkeit zu zeigen, nehmen wir an, dass a + x1 = b = a + x2 . Dann folgt aber x1 = x2 aus Proposition A.20(iii). Multiplikation auf N Die Multiplikation auf N ist eine iterierte Addition. Wir gehen bei ihrer Definition analog vor wie bei der Einführung der Addition, die eine iterierte Addition der Eins ist. Wir definieren eine Abbildung m1 : N → N (man denke „multipliziere mit 1“) durch m1 (x) := x. Wenn für y ∈ N die Abbildung my : N → N (man denke „multipliziere mit y“) gegeben ist, dann definiert man eine Abbildung my+1 : N → N durch my+1 (x) := my (x) + x. Wir schreiben xy := x · y := my (x). Mit Induktion sieht man, dass my für alle y ∈ N definiert ist. Damit können wir eine neue Abbildung m : N × N → N durch m(x, y) := x · y definieren. Diese Abbildung ist die Multiplikation auf N. Satz A.22 Sei x, y, z ∈ N. Dann gilt (Punkt vor Strich): (i) (ii) (iii) (iv) (x + y)z = xz + yz (Distributivität), xy = yx (Kommutativität), x(yz) = (xy)z (Assoziativität), xz = yz ⇒ x = y (Kürzungseigenschaft), Beweis. (i) Betrachte X := {z ∈ N | (∀x, y ∈ N) (x + y)z = xz + yz}. Dann gilt wegen a · 1 = a für alle a ∈ N, dass 1 ∈ X. Wenn z ∈ X, rechnet man (x + y)(z + 1) Def = z∈X = A.20 = Def = (x + y)z + (x + y) (xz + yz) + (x + y) (xz + x) + (yz + y) x(z + 1) + y(z + 1) und erhält z + 1 ∈ X. Mit Induktion (Satz A.18) folgt jetzt X = N und (i). (ii) Wir zeigen zunächst ∀y ∈ N : 1 · y = y · 1. (∗) Dazu betrachten wir die Menge Y := {y ∈ N | 1 · y = y · 1} und halten fest, dass 1 ∈ Y . Für y ∈ Y rechnet man Def y∈Y 1 · (y + 1) = 1 · y + 1 = y · 1 + 1 = y + 1 = (y + 1) · 1 ?8
216 11 Addition und Multiplikation auf den natürlichen Zahlen und findet y + 1 ∈ Y , sodass mit Induktion Y = N folgt. Jetzt setzt man X := {x ∈ N | (∀y ∈ N) xy = yx} und stellt fest, dass nach (∗) gilt 1 ∈ X. Wenn x ∈ X, rechnet man y(x + 1) Def = x∈X = (∗) = (i) = yx + y xy + y xy + 1 · y (x + 1)y und findet x + 1 ∈ X. Mit Induktion folgt wieder X = N, also (ii). (iii) Sei X := {z ∈ N | ∀x, y ∈ N : x(yz) = (xy)z}. Es folgt unmittelbar, dass 1 ∈ X. Wenn z ∈ X, rechnet man (xy)(z + 1) Def = z∈X = (ii) = (i) = (ii) = Def = (xy)z + xy x(yz) + xy (yz)x + yx (yz + y)x x(yz + y) x(y(z + 1)) und hat z + 1 ∈ X. Mit Induktion folgt also X = N und (iii). (iv) Sei xz = yz. Wir zeigen x = y, indem wir x < y und y < x ausschließen: Wenn x < y, dann existiert nach Proposition A.21 ein u ∈ N mit x + u = y, und man kann rechnen (i) xz + uz = (x + u)z = yz = xz, sodass nach Proposition A.19 xz < xz folgt. Dies steht aber in Widerspruch zu Satz A.13. Also kann x < y nicht gelten. Durch Vertauschen der Rollen von x und y in obigem Argument schließt man auch y < x aus und zeigt so x = y. Das erste Axiomensystem für die natürlichen Zahlen geht auf Giuseppe Peano (1858–1932) zurück. Man findet es zum Beispiel in [Ha72, Kap. 12]. Es benutzt keine Ordnung, beinhaltet aber schon das Element x + 1, das der Nachfolger von x genannt wird. Den hier gewählten Zugang findet man z.B. in [MM93]. Lesen des Textes mit Papier und Stift ?1 Stolperstein: Ich muss ein Beispiel hinschreiben. Ach so: 3 +5 = a1 (3) ay+1 (3) = a1 ay (3) = ay (3) + 1 Also:   a2 (3) = a1 a1 (3) = a1 (3) + 1 = (3 + 1) + 1 a5 (3) = a4 (3) + 1 = . . . = ((((3 + 1) + 1) + 1) + 1) + 1 etc.
11.1 Texterarbeitung ?2 217 Stolperstein: die Menge Y und die Beweisstruktur Frage: Wieso betrachten wir die Menge Y , und was wird hier überhaupt gemacht? Ach so: Wir wollen vollständige Induktion (Satz A.18) anwenden. ?3 Stolperstein: 1 ∈ Y . Frage: Wieso gilt 1 ∈ Y ? Ach so: Wir wissen: x + 1 := min{y ∈ N | x < y}. Also: x < x + 1 ?4 ⇒ 1∈Y Stolperstein: Wieso ist y ∈ Y ? Ach so: Das ist die Induktionsannahme. Wir wollen zeigen: y ∈ Y ⇒ y + 1 ∈ Y . ?5 Stolperstein: Beweisprinzip Frage: Welches Prinzip benutzen wir hier? Ach so: Vollständige Induktion ?6 Stolperstein: Das muss ich aufschreiben. ?7 Stolperstein: 1 ∈ Y   Ach so: x + (y + 1) = ay+1 (x) = a1 ay (x) = ay (1) + 1 = (x + y) + 1 Frage: Wieso ist 1 ∈ Y ? Ach so: Weil 1 + 1 = 1 + 1 ?8 Stolperstein: Existenz der Lösung Frage: Wie sieht die Beweisstruktur aus? Ach so: Wir geben im Grunde die Lösung an, indem wir die Menge X bilden, sicherstellen, dass X = ∅, und zeigen, dass max(X) eine Lösung der Gleichung ist.
218 11 Addition und Multiplikation auf den natürlichen Zahlen Erläuterungen zum Text Die Einführung der Addition und der Multiplikation auf N zeigt, dass das Prinzip der vollständigen Induktion nicht nur dazu dienen kann, Aussagen über N zu beweisen, sondern auch dazu, Definitionen zu beschreiben, wenn es sich um eine durch N parametrisierte Familie von Definitionen handelt. Ansonsten ist der Text voller Beispiele dafür, dass sich viele Aussagen über die natürlichen Zahlen in der Tat sehr bequem mithilfe vollständiger Induktion beweisen lassen. Konkret konzentriert sich der Text dabei auf die aus der Schule bekannten Rechengesetze der natürlichen Zahlen, die hier somit direkt aus den Axiomen hergeleitet werden. Proposition A.21 (Beispieltext, S. 214) liefert implizit eine Möglichkeit, unter bestimmten Bedingungen natürliche Zahlen zu subtrahieren. In einer abelschen Gruppen ist, wie wir wissen, das Ergebnis z der Subtraktion x − y genau die eindeutige Lösung z der Gleichung y + z = x. Auf den natürlichen Zahlen existiert diese Lösung zumindest für x > y. Dies entspricht unserer Intuition in dem Sinne, dass man die Rechenaufgabe 5 − 2 = 3 im Gegensatz zu 2 − 5 =? ohne Probleme nur mit Kenntnissen über die natürlichen Zahlen lösen kann. Ähnlich wie für die in Bemerkung 9.1 beschriebene Existenz bijektiver strukturerhaltender Abbildungen zwischen Modellen der reellen Zahlen lässt sich auch zwischen Modellen der natürlichen Zahlen immer eine bijektive strukturerhaltende Abbildung finden. Im Falle der natürlichen Zahlen ist sie sogar leicht zu beschreiben, wie am Ende des Beispieltextes von Kapitel 10 (S. 203) gezeigt wird. Da Addition und Multiplikation auf N allein aus dem Konzept des Nachfolgers x + 1 von x, das heißt aus der Ordnung auf N, abgeleitet werden, ergibt sich für zwei Modelle (N, <) und (N  , < ) der natürlichen Zahlen und die zugehörige ordnungserhaltende Bijektion ϕ : N → N  , dass ϕ strukturerhaltend auch in Bezug auf Addition und Multiplikation ist (siehe Übung 10.8): (i) ∀ a, b ∈ N : (ii) ∀ a, b ∈ N : (iii) ∀ a, b ∈ N : 11.2 a < b ⇔ ϕ(a) < ϕ(b) ϕ(a + b) = ϕ(a) + ϕ(b) ϕ(a · b) = ϕ(a) · ϕ(b) Übung und Selbstkontrolle Spezielle Schnittstellenübungen Übung 11.1 (Null) Historisch gesehen gibt es einige Diskussionen darüber, ob die Null zu den natürlichen Zahlen gehört oder nicht. Auch in der Schule wird dies oftmals diskutiert.
11.2 Übung und Selbstkontrolle 219 Zeigen Sie, dass die im Beispieltext vorgeführte axiomatische Einführung der Addition auf Modellen von natürlichen Zahlen die Existenz eines neutralen Elements – also einer Null – ausschließt. Übung 11.2 (Addition, Multiplikation und Ordnung) Zeigen Sie die folgenden aus der Schule bekannten Rechengesetze für natürliche Zahlen: (i) ∀x, y, z ∈ N : x+z <y+z ⇒x<y (ii) ∀x ∈ N, y ∈ N \ {1} : (iii) ∀x, y, z ∈ N : xy > x x < y ⇒ xz < yz Übung 11.3 (Eigenschaften der Addition) Sei (N, <) ein Modell für die natürlichen Zahlen mit der bekannten Addition. Wir betrachten die Relation ∼ definiert durch x ∼ y :⇔ ∃z ∈ N : z + z = x + y, ∀x, y ∈ N. Beweisen oder widerlegen Sie: (i) ∼ ist eine Äquivalenzrelation. (ii) ∼ ist eine partielle Ordnung. Übung 11.4 (Potenzen) Wir wollen eine weitere Rechenoperation auf Modellen der natürlichen Zahlen einführen, die Sie bereits aus der Schule kennen. Die Multiplikation ist eine iterierte Addition. Analog können wir auch iteriert multiplizieren und definieren somit Potenzen. Für y ∈ N definieren wir Abbildungen πy : N → N induktiv durch π1 : N → N, x → x, πy+1 : N → N, x → πy (x) · x. Wir definieren dann eine Potenz wie folgt: ∀x, y ∈ N : (i) xy := πy (x). Schreiben Sie alle Teilschritte für die Berechnung der Potenz 23 unter Verwendung der obigen Definition auf.
220 11 Addition und Multiplikation auf den natürlichen Zahlen (ii) Beweisen Sie die folgenden Potenzgesetze, die Sie bereits aus der Schule kennen. Es seien x, y, z ∈ N. (a) (b) (c) (d) xy xz = xy+z xz y z = (xy)z (xy )z = xyz xz = y z ⇒ x = y (iii) Wir betrachten nun das Potenzieren als Verknüpfung auf N im Sinne von p : N × N → N, (x, y) → xy . Zeigen oder widerlegen Sie die folgenden Aussagen: (a) Die Abbildung p ist kommutativ. (b) Die Abbildung p ist assoziativ. Übung 11.5 (Potenzen) Zeigen Sie die folgenden Potenzgesetze für x, y, z ∈ N (siehe Übung 11.4): (i) (x + y)z ≥ xz + y z (ii) z x = z y , z > 1 ⇒ x=y Übung 11.6 (Potenzen) Beweisen oder widerlegen Sie die folgende Aussage: ∃ a, b ∈ N : a2 = 6b2 . Übung 11.7 (Addition von Zahlenpaaren) Auf N × N sei eine Äquivalenzrelation ∼ durch ∀(a, b), (c, d) ∈ N × N : (a, b) ∼ (c, d) :⇔ ad = bc definiert. Die Äquivalenzklasse von (a, b) ∈ N × N sei mit [(a, b)] bezeichnet, und K bezeichne die Menge aller Äquivalenzklassen bezüglich ∼. (i) Zeigen oder widerlegen Sie: α : K × K → K,   [(a, b)], [(c, d)] → [(a + c, b + d)] ist eine wohldefinierte Abbildung. (ii) Zeigen Sie: Für alle n ∈ N ist die Anzahl Mn der Elemente in Mn := {[(a, b)] | a, b ∈ N; a + b ≤ n + 1} mindestens 2n − 1.
11.2 Übung und Selbstkontrolle 221 Übung 11.8 (Addition von Zahlenpaaren) Auf N × N sei eine Äquivalenzrelation ∼ durch ∀(a, b), (c, d) ∈ N × N : (a, b) ∼ (c, d) :⇔ ad = bc definiert. Die Äquivalenzklasse von (a, b) ∈ N × N sei mit [(a, b)] bezeichnet, und K bezeichne die Menge aller Äquivalenzklassen bezüglich ∼. (i) Zeigen oder widerlegen Sie: α : K × K → K,   [(a, b)], [(c, d)] → [(ab + cd, bd)] ist eine wohldefinierte Abbildung. (ii) Zeigen Sie: Jede Äquivalenzklasse [(a, b)] ∈ K enthält genau ein Element (a0 , b0 ) ∈ N × N mit a0 + b0 = min{a + b | (a , b ) ∈ [(a, b)]}. Übung 11.9 (Folgen natürlicher Zahlen) Sei (N, <) ein Modell für die natürlichen Zahlen und (Z, +, ·, P ) ein vollständiger geordneter Körper. Eine Folge in Z ist eine Funktion a : N → Z. Normalerweise schreibt man an statt a(n) für n ∈ N . Betrachten Sie die Relation ∼ auf der Menge M aller Folgen in Z, die durch a∼b :⇔ ∀k ∈ N, ∃k  ∈ N : k  < m, n ∈ N ⇒ −1 < k · (an − bm ) < 1 definiert ist. Dabei ist k · z = z + . . . + z mit genauso vielen Summanden wie in der Gleichheit k = 1 + . . . + 1 ∈ N . Überprüfen Sie die Relation ∼ auf Reflexivität, Symmetrie, Antisymmetrie und Transitivität. Übung 11.10 (Folgen natürlicher Zahlen) Sei M wie in Übung 11.9. Für a ∈ M setzt man [a] := {b ∈ M | a ∼ b}. Beweisen oder widerlegen Sie die Aussage ∃a ∈ M : [a] = ∅.
222 11 Addition und Multiplikation auf den natürlichen Zahlen Kontrollfragen Die Lösungen zu den folgenden Fragen finden Sie auf S. 381. Frage 11.11 (Single Choice) Welche der folgenden Vorgehensweisen zur Berechnung von n+3, n ∈ N entspricht der Definition der Addition auf den natürlichen Zahlen? 2 n + 3 = a3 (n) = a1 (a1 (a1 (n))) 2 n+3=n+3·1 2 n + 3 = n + a1 (n) + a1 (n) + a1 (n) Frage 11.12 (Single Choice) aa3 (2) (a1 (a1 (a1 (1)))) = . . . 2 2 2 2 5 8 9 10 Frage 11.13 (Multiple Choice) Seien x, y ∈ N mit x < y. Welche der folgenden Aussagen sind korrekt? 2 2 2 2 y <x+y x<x+y ∃!z ∈ N : x + z = y ∃!z ∈ N : y + z = x Frage 11.14 (Multiple Choice) Welche der folgenden Aussagen sind korrekt? 2 2 2 2 m3 (2) = a2 (a2 (2)) m2 (3) = a2 (a2 (a2 (1))) ma2 (y) (x) = ax (my+1 (x)) ma2 (y) (x) = ax (may (1) (x)) Frage 11.15 (Multiple Choice) Welche der Eigenschaften aus Kapitel 7 und 8 erfüllt (N, +) mit der in diesem Kapitel definierten Addition: x + y = ay (x)? 2 Es handelt sich um eine abelsche Halbgruppe.
11.2 Übung und Selbstkontrolle 223 2 Es handelt sich um eine abelsche Gruppe. 2 Das Lösbarkeitsaxiom ist erfüllt. 2 Es existiert ein neutrales Element bezüglich der Addition. Frage 11.16 (Multiple Choice) Welche der Eigenschaften aus Kapitel 7 und 8 erfüllt (N, ·) mit der in diesem Kapitel definierten Multiplikation: xy = my (x)? 2 2 2 2 Es handelt sich um eine abelsche Halbgruppe. Es handelt sich um eine abelsche Gruppe. Das Lösbarkeitsaxiom ist erfüllt. Es existiert ein neutrales Element bezüglich der Multiplikation.
12 Von den natürlichen zu den ganzen Zahlen Übersicht 12.1 12.2 Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Historisch und begrifflich ist es ein weiter Weg von den natürlichen Zahlen zu den ganzen Zahlen. Schon die Erweiterung der natürlichen Zahlen um die Null wurde nur in zwei Kulturen unabhängig voneinander vollzogen: bei den Babyloniern und bei den Mayas. In heutiger Zeit wird man schon als kleines Kind mit dem Konzept einer negativen Zahl vertraut gemacht, sodass es schwerfällt, die historische Leistung dabei zu würdigen. Mit den in den früheren Kapiteln entwickelten Begriffen von Mengen und Äquivalenzrelationen ist es tatsächlich auch nicht sehr kompliziert, die ganzen Zahlen ausgehend von den natürlichen Zahlen samt Addition und Multiplikation zu konstruieren sowie die gängigen Rechenregeln zu beweisen. Dabei werden wir das bereits wohlbekannte Konzept von Äquivalenzklassen verwenden. Hierzu stellen wir ganze Zahlen als Differenz von natürlichen Zahlen dar. Lernziele 1. Konstruktion a) Sie können darstellen, wie man die ganzen Zahlen als Menge von Äquivalenzklassen von Paaren natürlicher Zahlen gewinnt. (BT2) b) Sie können erklären, wieso die natürlichen Zahlen als Teilmenge der ganzen Zahlen betrachtet werden können. (BT2) c) Sie können auch für kompliziertere Beispiele von Relationen herausfinden, ob es sich um Ordnungs- oder Äquivalenzrelationen handelt. (BT3) J. Hilgert, M. Hoffmann, A. Panse, Einführung in mathematisches Denken und Arbeiten, DOI 10.1007/978-3-662-45512-8_12, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
226 2. 12 Von den natürlichen zu den ganzen Zahlen Rechenoperationen a) Sie können erklären, wie man Ordnung, Addition und Multiplikation von den natürlichen auf die ganzen Zahlen erweitert. (BT2) b) Sie können erklären, wie man die Differenz von zwei ganzen Zahlen bildet. (BT2) c) Sie können die bekannten Rechengesetze für die ganzen Zahlen aus den Axiomen für die natürlichen Zahlen ableiten. (BT2) d) Sie können erklären, wieso es sich bei den ganzen Zahlen um einen kommutativen Ring mit Eins handelt. (BT2) e) Sie können das Prinzip von der Division mit Rest für ganze Zahlen aus den Axiomen für die natürlichen Zahlen ableiten. (BT2) f) Sie können erklären, warum jede Gleichung der Form a + x = b für ganze Zahlen a, b eine Lösung in den ganzen Zahlen hat. (BT2) g) Sie können die Frage nach der Wohldefiniertheit von Ordnung, Addition und Multiplikation auf den ganzen Zahlen mit den Rechenregeln von Addition und Multiplikation auf den natürlichen Zahlen in Beziehung setzen. (BT5) 12.1 Texterarbeitung Für dieses Kapitel soll ein Text gelesen werden, in dem die Konstruktion der ganzen Zahlen als Äquivalenzklassen von Paaren natürlicher Zahlen beschrieben wird. Weiter sollen Addition und Multiplikation sowie der Nachweis, dass es sich bei den ganzen Zahlen mit diesen Verknüpfungen um einen kommutativen Ring mit Eins handelt, besprochen sein. Auch die Ordnung auf den ganzen Zahlen sollte thematisiert sein. Literatur: [HH12], [KvP13], [MM93] Beispieltext: [HH12], S. 240–243 Beispieltext aus [HH12] Intuitiver Hintergrund für die Konstruktion der ganzen Zahlen aus den natürlichen Zahlen ist folgende Überlegung: Jede ganze Zahl ist die Differenz zweier natürlicher Zahlen. Allerdings kann man eine ganze Zahl auf verschiedene Weisen als Differenz natürlicher Zahlen schreiben. Zum Beispiel ist −3 = 5 − 8 = 7 − 10. Wir stellen uns eine ganze Zahl als ein Paar von natürlichen Zahlen vor und wollen solche Paare, die dieselbe Differenz liefern, als „gleich“ betrachten. Wir definieren dementsprechend eine Relation ∼ auf N × N durch (a, b) ∼ (c, d) :⇔ a + d = c + b. Der folgende Satz benutzt die Begriffe und Notationen aus Beispiel 1.10.
12.1 Texterarbeitung 227 Satz A.23 (i) Die Relation ∼ auf N × N ist eine Äquivalenzrelation. (ii) Sei Z := {[(a, b)] | (a, b) ∈ N × N}. Dann ist j : N → Z, a → [(a + 1, 1)] eine injektive Abbildung. Beweis. (i) Die Symmetrie der Relation ∼ folgt aus (a, b) ∼ (c, d) ⇔ a+d=c+b ⇔ c+b=a+d ⇔ (c, d) ∼ (a, b). Die Transitivität ist eine Konsequenz von (a, b) ∼ (c, d) (c, d) ∼ (e, f ) a+d=c+b c+f =e+d ⇔ ⇒ a+d+f =c+b+f =c+f +b=e+d+b A.20(iii) ⇒ a+f =e+b ⇒ (a, b) ∼ (e, f ), und die Reflexivität sieht man aus (a, b) ∼ (a, b) ⇔ a + b = a + b. (ii) Wenn [(a+1, 1)] = [(b+1, 1)], dann gilt (a+1, 1) ∼ (b+1, 1), also (a+1)+1 = (b+1)+1. Wieder mit der Kürzungseigenschaft folgt daraus a = b, und das zeigt die Injektivität von j : N → Z. ?1 Wir nennen Z die Menge der ganzen Zahlen und schreiben a − b statt [(a, b)]. Dabei ist a − b ist an dieser Stelle vorerst nur ein Name, denn wir haben noch keine Subtraktion auf den ganzen Zahlen. Anordnung von Z Das nächste Ziel ist, auf Z eine Ordnungsrelation <Z auf Z einzuführen. Wir setzen ?2 <Z := {(a − b, c − d) ∈ Z × Z | a + d < c + b}. An dieser Stelle treffen wir auf ein Problem, das immer dann auftaucht, wenn wir eine Eigenschaft einer Äquivalenzklasse durch eine Eigenschaft eines Repräsentanten beschreiben wollen: Erhalten wir dieselbe Eigenschaft, wenn wir einen anderen Repräsentanten wählen? In unserem Beispiel müssen wir feststellen, ob aus (a, b) ∼ (a , b ) und (c, d) ∼ (c , d ) folgt a+d<c+b ⇔ a  + d  < c  + b . Wenn dem so ist, dann sagen wir, <Z ist wohldefiniert. Da (a, b) ∼ (a , b ) und (c, d) ∼ (c , d ) die Gleichungen a + b = b + a und c + d = d + c und somit (a + d) + (b + c ) = (a + d ) + (b + c) liefern, sieht man in unserem Fall sofort, dass <Z tatsächlich wohldefiniert ist: a + d < c + b ⇒ (a + d ) + (b + c) = (a + d) + (b + c ) < (b + c ) + (b + c) ⇒ a + d < c + b , und die Umkehrung geht analog. ?3
228 12 Von den natürlichen zu den ganzen Zahlen Addition und Multiplikation auf Z Für die Addition auf Z setzen wir (a − b) +Z (c − d) := (a + c) − (b + d) ?4 und für die Multiplikation (a − b) ·Z (c − d) := [(ac + bd, bc + ad)]. Sowohl +Z als auch ·Z sind wohldefinierte Abbildungen Z × Z → Z. Um das einzusehen, verifiziert man, dass für (a, b), (c, d), (a , b ), (c , d ) ∈ N × N gilt: (a, b) ∼ (a , b ) (c, d) ∼ (c , d ) ⇒ (a + c, b + d) ∼ (a + c , b + d ) (ac + bd, bc + ad) ∼ (a c + b d , b c + a d ). Wir wollen uns die natürlichen Zahlen über die injektive Abbildung j : N → Z als Teilmenge von Z vorstellen. Das ist natürlich nur dann angebracht, wenn Ordnung, Addition und Multiplikation in N durch die Identifizierung von a ∈ N mit j(a) ∈ Z nicht durcheinandergebracht werden. Die folgende Bemerkung zeigt, dass dem so ist. Bemerkung A.24 Für die Abbildung j : N → Z und a, b ∈ N gilt: a < b ⇔ j(a) <Z j(b). Dies zeigt insbesondere, dass j(N) zusammen mit <Z auf j(N) wieder ein Modell der natürlichen Zahlen ist. (ii) j(a + b) = j(a) +Z j(b). (iii) j(a · b) = j(a) ·Z j(b). (i) Um dies einzusehen, beachte j(a) = [(a + n, n)] und analog j(b) = [(b + n, n)] sowie j(a + b) = [(c + n, n)] mit c = a + b für alle n ∈ N. Dann gilt j(a + b) = [(a + b + 1, 1)] = [(a + b + 1 + 1, 1 + 1)] = [(a + 1, 1)] +Z [(b + 1, 1)] = j(a) +Z j(b). ?5 Der Beweis von (iii) geht ganz analog. Jetzt, wo wir wissen, dass Ordnung, Addition und Multiplikation von Z jeweils „Erweiterungen“ der entsprechenden Relationen für N sind, lassen wir den Index Z weg und schreiben auch für Elemente von Z einfach x < y, x + y und x · y = xy. ?6 Zwei Elemente in Z spielen eine besondere Rolle: die Null 0 := [(1, 1)] und die Eins j(1) = (1+ 1) − 1, die wir auch wieder mit 1 bezeichnen. Damit lässt sich jetzt problemlos nachrechnen, dass (Z, +, ·, 1) ein kommutativer Ring mit Eins ist (siehe Beispiel 2.9). Insbesondere können wir die Differenz x − y von zwei ganzen Zahlen x und y bilden, und es gilt für Z mit Addition und Multiplikation die Proposition 2.10. Bemerkung A.25 Es folgt direkt aus der Definition der Ordnung <, dass für jedes z ∈ Z eine der Beziehungen z = 0, z > 0, z<0 gelten muss. Wenn z = a − b > 0, dann heißt dies a > b, und es gibt wegen Proposition A.21 ein x ∈ N mit b + x = a. Weil aber b + z = a, zeigt Proposition 2.7, dass z = x ∈ N. Umgekehrt gilt für z ∈ N, dass z > 0. Damit erhält man {z = a − b ∈ Z | z > 0} = N.
12.1 Texterarbeitung 229 Division mit Rest Wir können jetzt einen vollständigen Beweis für Lemma 1.12 liefern (unter Verwendung der dort gebrauchten Notation): Wenn 0 < a < b, setzen wir r := a und q := 0. Damit gilt dann a = q · b + r. Für a ≥ b ist die Menge {m ∈ N | m · b ≤ a} nicht leer und beschränkt (durch a). Nach dem Maximalprinzip A.12 können wir q := max{m ∈ N | m · b ≤ a} und r := a − q · b setzen. Dann gilt r ≥ 0 und (q + 1) · b > a. Die Rechnung r = a − q · b = a − (q + 1) · b + b < a − a + b = b zeigt r < b, und das beweist die Behauptung. Das eben angegebene Argument beweist auch die folgende Variante von Lemma 1.12. Lemma A.26 (Division mit Rest) Seien a, b ∈ Z, b > 0. Dann existieren q, r ∈ Z mit a = q · b + r und 0 ≤ r < b. Lesen des Textes mit Papier und Stift ?1 Stolperstein: Beweisstruktur Frage: Was passiert hier? Ach so: „j ist injektiv“ bedeutet: [(a + 1, 1)] = j(a) = j(b) = [(b + 1, 1)] Damit weiter im Text . . . ?2 ⇒ a=b Stolperstein: <Z = {(a − b, c − d) ∈ Z × Z | a + d < c + b} Das muss ich mir genauer ansehen. Ach so: Elemente aus Z haben momentan die Form a − b mit a, b ∈ N. Also betrachten wir zwei Elemente z1 = a − b und z2 = c − d in Z. Dann gilt z1 <Z z3 , wenn a + d < c + b. Das ist so gemacht, damit wir a+d < c+b ⇔ a−b<c−d erhalten. ?3 Stolperstein: Eigenschaften eines Repräsentanten Frage: Was muss überhaupt gezeigt werden? Ach so: Bei den Restklassen zum Beispiel mussten wir auch überlegen, ob Addition und Multiplikation wohldefiniert sind. Hier ist es ähnlich. ?7 ?8 ?9
230 ?4 12 Von den natürlichen zu den ganzen Zahlen Stolperstein: +Z , ·Z Frage: Warum steht auf der rechten Seite jeweils der Index Z an + und ·, aber auf der linken Seite nicht? − b) +Z (c − + c) − (b + d) ∈ Z Ach so: (a  d) := (a       ∈Z ∈Z ∈N ∈N Wir machen deutlich, auf welchen Mengen wir operieren wollen: einmal auf Z mit +Z (das wollen wir definieren), einmal auf N mit + (das haben wir schon). ?5 Stolperstein: Beweis von (iii) Das muss ich hinschreiben. Ach so: j(a) ·Z j(b) = = = = ?6 [(a + 1, 1)] ·Z [(b + 1, 1)] [((a + 1) · (b + 1) + 1, b + 1 + a + 1)] [(a · b + a + b + 1 + 1, a + b + 1 + 1)] [(a · b + 1, 1)] = j(a · b) Stolperstein: Proposition 2.10 Frage: Was sagt diese Proposition? Ach so: (nachschlagen) „Punkt-vor-Strich“ ?7 Stolperstein: Lemma 1.12 Frage: Was sagt dieses Lemma? Ach so: (nachschlagen) Seien a, b ∈ N. Dann existieren q, r ∈ N0 = N ∪ {0} mit a = q · b + r und 0 ≤ r < b. ?8 Stolperstein: Ich muss ein Beispiel hinschreiben. Ach so: 0 < a < b, z.B. a = 8, b = 13 Gesucht: q, r ∈ N0 mit 8 = q · 13 + r  q = 0, r = 13
12.1 Texterarbeitung ?9 231 Stolperstein: {m ∈ N | m · b ≤ a} Frage: Warum betrachten wir diese Menge? Ach so: Wir wollen zunächst q mit a = q · b + r finden, und die Idee ist q so groß wie möglich zu wählen.  Maximum von {m ∈ N | m · b ≤ a} Erläuterungen zum Text Die erste Hürde, die der Leser im vorliegenden Text zu überwinden hat, ist ein Grundverständnis dafür, dass das Konzept einer beliebigen ganzen Zahl keineswegs intuitiv klar ist, sobald man die natürlichen Zahlen zur Verfügung hat. Nur wenige Kulturen haben eigenständig den Schritt von den natürlichen Zählzahlen hin zur Null vollzogen; negative Zahlen waren in der Antike unbekannt und sind erst seit der Renaissance allgemein verbreitet. Die Beschreibung als Äquivalenzklassen von Paaren natürlicher Zahlen lässt sich am leichtesten über eine Art Buchführung von Guthaben und Schulden motivieren. Die erste natürliche Zahl beschreibt das Guthaben, die zweite die Schulden. Für eine kaufmännisch sinnvolle Beschreibung würde man hier sicher gerne mit den natürlichen Zahlen und der Null starten, um auch den Fall erfassen zu können, in dem kein Guthaben oder keine Schulden vorhanden sind. Da zu Beginn des Textes noch keine Null vorhanden ist, muss man hier den Fall betrachten, dass immer sowohl Gutachten als auch Schulden vorliegen. Es ist intuitiv klar, dass das Gesamtvermögen nur von der Differenz von Guthaben und Schulden abhängt. Mit einem Guthaben von 8 000 e und Schulden von 10 000 e steht man genauso gut oder schlecht da wie mit einem Guthaben von 3 000 e und Schulden von 5 000 e. Da man Differenzen aber noch nicht formal definiert hat, muss man für zwei Guthaben-Schulden-Paare (G, S) und (G , S  ) die Gleichwertigkeit anders ermitteln. Zur Verfügung hat man dabei die Addition, die auf N schon vorausgesetzt wird. Um herauszufinden, ob die Differenz von G und S gleich der Differenz von G und S  ist, addiert man S  zu G und S zu G und überprüft, ob die Summen übereinstimmen. So gelangt man zur Definition der Äquivalenzrelation ∼ auf N × N : Die Paare (G, S) und (G , S  ) sind äquivalent, wenn G + S  = G + S. Damit besteht eine Äquivalenzklasse genau aus den Guthaben-Schulden-Paaren, die vermögenstechnisch gleichwertig sind. Es leuchtet dann ein, die Äquivalenzklasse von (G, S) die Differenz von G und S zu nennen und mit G − S zu bezeichnen. Die nächste Hürde, die der Text enthält, ist die Einsicht darin, dass man die natürlichen Zahlen als Teilmenge der ganzen Zahlen auffassen kann. Da-
232 12 Von den natürlichen zu den ganzen Zahlen zu konstruiert man die injektive Abbildung j : N → Z, die jedem n ∈ N die Äquivalenzklasse [(n + 1, 1)] = (n + 1) − 1 zuordnet. Wieder wäre das etwas einfacher, wenn man die Null schon hätte, denn dann würde man als Abbildung n → [(n, 0)] = n − 0 wählen. Da die Abbildung j injektiv ist, gibt es zu jedem Element z aus dem Bild von j genau ein n ∈ N mit j(n) = z. Man identifiziert dann z mit n, das heißt, man betrachtet jedes Element des Bildes von j als eine natürliche Zahl. Damit sind die natürlichen Zahlen eine Teilmenge der ganzen Zahlen. Um mit den ganzen Zahlen auch rechnen zu können, muss man auf den ganzen Zahlen ebenfalls die Rechenoperationen Addition (+Z ) und Multiplikation (·Z ) einführen. Will man außerdem ganze Zahlen vergleichen können, so braucht man auch eine Ordnungsrelation <Z auf Z. Die Operationen sind Abbildungen Z × Z → Z, die man über Repräsentanten, das heißt Elemente von Äquivalenzklassen, beschreibt. Damit so eine Beschreibung sinnvoll ist, muss man sicherstellen, dass das Bild der Abbildung nicht von der Wahl der Repräsentanten abhängt. Das ist die Frage nach der Wohldefiniertheit der Abbildung. Die Ordnung auf Z wird zwar nicht als Abbildung gegeben, aber als Teilmenge von Z × Z, deren definierende Eigenschaft ebenfalls über Eigenschaften von Paaren von Repräsentanten gegeben wird. Also taucht auch hier ein Wohldefiniertheitsproblem auf, weil man verifizieren muss, dass es nicht von der Wahl der Repräsentanten abhängt, ob die Eigenschaft erfüllt ist. Man findet in der Literatur auch allgemeiner gefasste Interpretationen des Wortes „wohldefiniert“. Zum Beispiel wird oft gefragt, ob eine durch eine Vorschrift x → f (x) gegebene Abbildung X → Y wohldefiniert ist. Damit ist gemeint, dass man Folgendes verifizieren muss: Man kann die Vorschrift x → f (x) auf jedes x ∈ X anwenden und erhält dabei ein eindeutig bestimmtes Element von Y . Die Vorschrift K \{0} → K, x → x−1 für einen Körper K liefert eine wohldefinierte Abbildung, nicht dagegen K → K, x → x−1 oder R\{0} → Z, x → x−1 . Wenn man eingesehen hat, wie man auf Z Addition und Multiplikation sowie eine Ordnung einführt, ergibt sich ein weiteres Problem aus der Tatsache, dass man die natürlichen Zahlen als Teilmenge der ganzen Zahlen auffasst. Wenn man nämlich zwei natürliche Zahlen n und m hat, kann man sie mit der auf N definierten Additionen zu n + m ∈ N verknüpfen oder aber mithilfe von j als Elemente von Z auffassen und dann mit der auf Z definierten Addition zu j(n) +Z j(m) ∈ Z verknüpfen. Wenn sich das Ergebnis n + m der ersten Verknüpfung, betrachtet als ganze Zahl j(n + m), vom Ergebnis der zweiten Verknüpfung unterscheidet, muss man beim Rechnen immer aufpassen, ob man n und m als natürliche oder als ganze Zahlen betrachten will. Wenn dem so wäre, wäre es nicht praktisch, N als Teilmenge von Z zu betrachten, sondern eine ständige Quelle von Rechenfehlern. Zum Glück stellt sich aber heraus, dass die
12.2 Übung und Selbstkontrolle 233 Ergebnisse sich nicht unterscheiden. Gleiches gilt für die Multiplikation und die Ordnung. Daher kann man den Index Z in +Z , ·Z und <Z weglassen, ohne Verwechslungen zu riskieren. Im Ergebnis erhält man also Addition, Multiplikation und Ordnung auf Z, die, wenn eingeschränkt auf Elemente der Teilmenge N von Z, die vorher bekannte Addition, Multiplikation und Ordnung auf N liefern. 12.2 Übung und Selbstkontrolle Spezielle Schnittstellenübungen Übung 12.1 (Negative ganze Zahlen) Wir definieren wie in der Schule Z+ := N als die positiven ganzen Zahlen und Z− := Z \ ({0} ∪ N) als die negativen ganzen Zahlen. (i) Zeigen Sie: Z− = {n ∈ Z | ∃m ∈ N : m ist additives inverses Element von n}. (ii) Zeigen Sie, dass Z = Z+ ∪ {0} ∪ Z− gilt, und diese Vereinigung disjunkt ist. Übung 12.2 (Rechengesetze für ganze Zahlen) Wir sind nun in der Lage, die algebraischen Eigenschaften von Z formal nachzuweisen. Dazu brauchen wir uns jetzt nicht mehr auf Schulwissen zu beziehen, sondern können allein mit dem sauber definierten Stoff aus den Beispieltexten arbeiten. Zeigen Sie, dass (Z, +, ·) ein kommutativer Ring mit Eins ist, in dem das Element [(1, 1)] die Null und [(1 + 1, 1)] die Eins ist. Übung 12.3 (Rechengesetze für ganze Zahlen) (i) Zeigen Sie die Kürzungseigenschaft ∀x, y ∈ Z, ∀z ∈ Z \ {0} : xz = yz ⇒ x = y. (ii) In der Schule wird oft benutzt, dass das Produkt zweier Zahlen nicht 0 sein kann, wenn nicht mindestens eine der beiden Zahlen 0 ist. Dies können Sie nun unter Verwendung von (i) beweisen. Zeigen Sie also: ∀x, y ∈ Z \ {0} : xy ∈ Z \ {0}.
234 12 Von den natürlichen zu den ganzen Zahlen Vertiefende Übungen Übung 12.4 (Multiplikation ganzer Zahlen) Unsere Konstruktion der ganzen Zahlen ist dann sinnvoll, wenn sich die Operationen auf diesen mit den entsprechenden Operationen auf den natürlichen Zahlen vertragen. In Bemerkung A.24 (Beispieltext, S. 228) finden Sie bereits den Beweis für die Verträglichkeit der Addition. Gehen Sie analog vor und zeigen Sie, dass für die Abbildung j : N → Z und a, b ∈ N gilt: j(a · b) = j(a) ·Z j(b). Übung 12.5 (Ordnung und Addition) Zeigen Sie, dass für alle x, y, z ∈ Z gilt x<y ⇔ x + z < y + z. Übung 12.6 (Trichotomie) Zeigen Sie, dass für (Z, <) die Trichotomie gilt, das heißt für x, y ∈ Z genau eine der drei Relationen: x < y, y < x, x = y. Übung 12.7 (Kürzungseigenschaft) Zeigen Sie, dass die durch (a, b) ∼ (c, d) :⇔ ad = cb definierte Relation auf Z × (Z \ {0}) eine Äquivalenzrelation ist. Hinweis: Für die Transitivität kann man Übung 12.3 verwenden. Übung 12.8 (Kürzungseigenschaft) Sei Q die Menge der Äquivalenzklassen bezüglich der Relation ∼ aus Übung 12.7. Zeigen Sie, dass die Abbildung j : Z → Q, a → [(a, 1)], wobei [(a, b)] die Äquivalenzklasse von (a, b) bezeichnet, injektiv ist.
12.2 Übung und Selbstkontrolle 235 Kontrollfragen Die Lösungen zu den folgenden Fragen finden Sie auf S. 381. Frage 12.9 (Multiple Choice) Bei welchen der folgenden Ausdrücke handelt es sich um dieselbe ganze Zahl wie [(3, 5)] ∈ Z? 2 2 2 2 2 2 [(a, b)] ∈ Z mit a + b = 3 + 5 [(0, −2)] 101 − 103 [(a, b)] ∈ Z mit a + 3 = 5 + b [(5, 3)] [(a, b)] ∈ Z mit a + 5 = 3 + b Frage 12.10 (Single Choice) Ist die folgende Aussage korrekt? Es ist problematisch, bei der in diesem Kapitel vorgestellten Methode, die natürlichen Zahlen in die ganzen Zahlen einzubetten, da a ∈ N, sowohl durch die ganze Zahl [(a + b, b)] als auch durch die ganze Zahl [(a + c, c)] (mit b, c ∈ N, b = c) dargestellt werden kann. 2 ja 2 nein Frage 12.11 (Single Choice) Die Mengen N, j(N) und {[(a, b)] ∈ Z | b < a} sind Beispiele für Modelle von natürlichen Zahlen. 2 stimmt 2 stimmt nicht Frage 12.12 (Single Choice) Seien [(a, b)], [(c, d)] ∈ Z. Ist die folgende Aussage korrekt? Es gibt [(e, f )] ∈ Z und 0 ≤ [(g, h)] < [(c, d)] ∈ Z mit [(a, b)] = [(c, d)] · [(e, f )] + [(g, h)]. 2 ja 2 nein
236 12 Von den natürlichen zu den ganzen Zahlen Frage 12.13 (Single Choice) Für alle [(x, y)] ∈ Z gilt [(x, y)] > 0 ⇔ [(y, x)] < 0. 2 stimmt 2 stimmt nicht Frage 12.14 (Multiple Choice) Welche der folgenden Aussagen sind korrekt? 2 2 2 2 2 2 (Z, +) ist eine abelsche Halbgruppe. (Z, +) ist eine abelsche Gruppe. (Z, ·) ist eine abelsche Halbgruppe. (Z, ·) ist eine abelsche Gruppe. In Z gibt es ein multiplikatives neutrales Element. In Z hat jedes Element ein multiplikatives Inverses.
13 Von den ganzen zu den rationalen Zahlen Übersicht 13.1 13.2 Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 Von den ganzen zu den rationalen Zahlen überzugehen, heißt nichts anderes, als Bruchrechnung einzuführen. Ähnlich wie im Falle der ganzen Zahlen erhält man die rationalen Zahlen als Äquivalenzklassen von Paaren von (dieses Mal ganzen) Zahlen. In diesem Fall ist das Konzept auch leicht zu motivieren, denn jeder weiß, dass man eine Bruchzahl unterschiedlich darstellen kann, zum Beispiel indem man den Bruch erweitert oder kürzt. Die beiden Zahlen, die zusammen das die Zahl definierende Zahlenpaar bilden, sind einfach Zähler und Nenner. Man kann Brüche addieren und multiplizieren, und natürlich ist uns bewusst, dass das Addieren von Brüchen gewisse Tücken hat und man eben nicht „Zähler plus Zähler und Nenner plus Nenner“ rechnen kann. Die systematische Untersuchung der Addition von Brüchen als Addition von Äquivalenzklassen ermöglicht eine genaue Analyse dieser Tücken und erklärt, warum sie nicht vermeidbar sind. Lernziele 1. Konstruktion a) Sie können darstellen, wie man die rationalen Zahlen als Menge von Äquivalenzklassen von Paaren ganzer Zahlen gewinnt. (BT2) b) Sie können erklären, wieso die ganzen Zahlen als Teilmenge der rationalen Zahlen betrachtet werden können. (BT2) c) Sie können die Parallelen zwischen der Konstruktion der rationalen Zahlen aus den ganzen Zahlen und der Konstruktion der ganzen Zahlen aus den natürlichen Zahlen herausarbeiten. (BT4) J. Hilgert, M. Hoffmann, A. Panse, Einführung in mathematisches Denken und Arbeiten, DOI 10.1007/978-3-662-45512-8_13, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
238 13 Von den ganzen zu den rationalen Zahlen 2. Rechenoperationen a) Sie können erklären, wie man Ordnung, Addition und Multiplikation von den ganzen auf die rationalen Zahlen erweitert. (BT2) b) Sie können erklären, wie man rationale Zahlen, das heißt Brüche, addiert und wieso in diesem Kontext ein Wohldefiniertheitsproblem auftaucht. (BT2) c) Sie können die bekannten Rechengesetze für die rationalen Zahlen aus den Rechenregeln für die ganzen Zahlen ableiten. (BT2) d) Sie können erklären, wieso es sich bei den rationalen Zahlen um einen angeordneten Körper handelt. (BT2) e) Sie können erklären, warum jede Gleichung der Form ax = b für rationale Zahlen a, b mit a = 0 eine Lösung in den rationalen Zahlen hat. (BT2) f) Sie können auch für kompliziertere Beispiele von Äquivalenzrelationen verifizieren, ob eine über Repräsentanten definierte Abbildung auf Mengen von Äquivalenzklassen wohldefiniert ist. (BT3) 13.1 Texterarbeitung Für dieses Kapitel soll ein Text gelesen werden, in dem die Konstruktion der rationalen Zahlen als Äquivalenzklassen von Paaren ganzer Zahlen beschrieben wird. Weiter sollen Addition und Multiplikation sowie die Ordnung auf den rationalen Zahlen ebenso wie der Nachweis, dass es sich bei den ganzen Zahlen mit diesen Verknüpfungen um einen geordneten Körper handelt, besprochen sein. Literatur: [HH12], [KvP13], [MM93] Beispieltext: [HH12], S. 243–246 Beispieltext aus [HH12] Die ganzen Zahlen haben bezüglich der Multiplikation das gleiche Manko wie die natürlichen Zahlen bezüglich der Addition: Man kann Gleichungen in der Regel nicht lösen. Um dies beheben zu können, müsste man durch (von Null verschiedene) ganze Zahlen teilen können, und das erreicht man am leichtesten, indem man Brüche einführt. Auf diese Weise landet man bei den rationalen Zahlen, wobei man sich daran erinnern sollte, dass verschiedene Brüche dieselbe rationale Zahl liefern können, zum Beispiel 13 = 26 . Die Situation ist also sehr ähnlich der Situation, die man bei der Konstruktion der ganzen Zahlen aus den natürlichen Zahlen vorfindet, und wir behandeln sie mit den gleichen Methoden. Sei Z× := Z \ {0} = {a ∈ Z | a = 0}. Wir definieren eine Relation auf Z × Z× durch (a, b) ∼ (c, d) ⇔ ad = cb. Das folgende Lemma brauchen wir, um zu zeigen, dass die Relation transitiv ist.
13.1 Texterarbeitung 239 Lemma A.27 Seien x, y ∈ Z und z ∈ Z× . Dann gilt die Kürzungseigenschaft xz = yz ⇒ x = y. Insbesondere ist xy = 0, wenn x = 0 und y = 0 gilt, das heißt Z ist nullteilerfrei. Beweis. Wir zeigen x = y, indem wir x < y und x > y ausschließen (siehe Bemerkung A.25). Wegen der Symmetrie in x und y reicht es, x < y auszuschließen. Wir nehmen also an, dass x < y. Wenn z > 0, dann gilt z, y−x ∈ N, also auch (y−x)z ∈ N, im Widerspruch zu (y −x)z = 0. Wenn z < 0, dann gilt y −x, −z ∈ N, also auch (y −x)(−z) ∈ N, im Widerspruch zu (y − x)(−z) = −(y − x)z = −0 = 0. ?1 Satz A.28 (i) Die Relation ∼ auf Z × Z× ist eine Äquivalenzrelation. (ii) Sei Q := {[(a, b)] | (a, b) ∈ Z × Z× }. Dann ist j : Z → Q, a → [(a, 1)] eine injektive Abbildung. Beweis. Dieser Beweis ist sehr ähnlich zu dem von Satz A.23. (i) Die Symmetrie der Relation ∼ folgt aus (a, b) ∼ (c, d) ⇔ ad = cb ⇔ cb = ad ⇔ (c, d) ∼ (a, b). Die Transitivität ist eine Konsequenz von (a, b) ∼ (c, d) (c, d) ∼ (e, f ) ad = cb cf = ed ⇒ ⇒ af d = adf = cbf = cf b = edb = ebd A.27 ⇒ af = eb ⇒ (a, b) ∼ (e, f ), und die Reflexivität sieht man aus (a, b) ∼ (a, b) ⇔ ab = ab. (ii) Wenn [(a, 1)] = [(b, 1)], dann gilt (a, 1) ∼ (b, 1), also a · 1 = b · 1. Wieder mit der Kürzungseigenschaft folgt daraus a = b, und das zeigt die Injektivität von j : Z → Q. ?2 Wir nennen Q die Menge der rationalen Zahlen und schreiben a statt [(a, b)]. b Addition und Multiplikation auf Q Für die Addition auf Q setzen wir c a ad + bc +Q := b d bd und für die Multiplikation a c ac ·Q := . b d bd ?3
240 ?4 13 Von den ganzen zu den rationalen Zahlen Selbstverständlich taucht auch hier wieder das Problem der Wohldefiniertheit auf; wir überlassen es aber dem Leser die Wohldefiniertheit der beiden Verknüpfungen zu verifizieren. Wir wollen uns die ganzen Zahlen über die injektive Abbildung j : Z → Q als Teilmenge von Q vorstellen. Das ist natürlich wieder nur dann angebracht, wenn Addition und Multiplikation in Z durch die Identifizierung von a ∈ Z mit j(a) = a1 ∈ Q nicht durcheinandergebracht werden (über die Ordnung sprechen wir später). Proposition A.29 Für die Abbildung j : Z → Q und a, b ∈ Z gilt: (i) j(a + b) = j(a) +Q j(b). (ii) j(a · b) = j(a) ·Q j(b). ?5 Der Beweis besteht in einer einfachen Rechnung, die wir dem Leser als Übung überlassen. Addition und Multiplikation von Q sind also jeweils „Erweiterungen“ der entsprechenden Relationen für Z. Wir lassen den Index Q weg und schreiben auch für Elemente in Q einfach x + y und x · y = xy. Man verifiziert dann leicht, dass (Q, +, ·) ein Körper ist. Anordnung von Q An dieser Stelle können wir die Ordnung auf Q einführen. Als Erstes definieren wir die Menge der positiven rationalen Zahlen durch  a  ∈ Q  ab > 0 Q+ := b und stellen fest, dass Q+ wohldefiniert ist und die folgenden Regeln gelten: Bemerkung A.30 Wir können an dieser Stelle sehen, dass (Q, +, ·, Q+ ) ein geordneter Körper (Seite 173) ist. ?6 (i) Seien a, a ∈ Z und b, b ∈ Z× . Man zeigt, dass aus ab > 0 ?7 a b = a b folgt a b > 0. (ii) Für jedes a ∈ Q gilt genau eine der folgenden Beziehungen: a = 0, ?8 ⇔   a ∈ Q+ , −a ∈ Q+ . (iii) Für alle a, b ∈ Q+ gilt a + b ∈ Q+ und ab ∈ Q+ . Wir definieren eine Relation <Q auf Q durch a <Q b ?9 :⇔ b − a ∈ Q+ . Die Einschränkung von <Q auf Z liefert die alte Ordnung auf Z, das heißt, für a, b ∈ Z gilt a<b ⇔ j(a) <Q j(b). Damit können wir auch in der Bezeichnung <Q den Index Q weglassen. Lesen des Textes mit Papier und Stift ?1 Stolperstein: . . . im Widerspruch zu (y − x)z = 0 Frage: Woher kommt die Gleichung (y − x)z = 0? Ach so: Voraussetzung ist xz = yz, und das ist äquivalent zu 0 = yz − xz und 0 = (y − x)z.
13.1 Texterarbeitung ?2 241 Stolperstein: Ansatz [(a, 1)] = [(b, 1)] Frage: Warum wird dieser Ansatz gemacht? Ach so: j ist injektiv, wenn gilt: [(a, 1)] = j(a) = j(b) = [(b, 1)] ?3 ⇒ a = b. Stolperstein: +Q , ·Q Frage: Warum steht an + und · der Index Q? Ach so: Er macht deutlich, dass wir Elemente aus Q addieren; bei der Addition auf Z (rechte Seite der jeweiligen Gleichungen) steht kein Index. ?4 Stolperstein: Wohldefiniertheit Das muss ich nachrechnen. Ach so: Wir wählen je zwei Elemente, die in derselben Äquivalenzklasse sind: (a, b), (a , b ) mit (a, b) ∼ (a , b ), d.h. ab  = ba  (c, d), (c , d  ) mit (c, d) ∼ (c , d  ), d.h. cd  = dc  Nun müssen wir zeigen, dass die Ergebnisse der Addition bzw. Multiplikation auch in derselben Äquivalenzklasse landen, das heißt () (a, b) +Q (c, d) ∼ (a  , b ) +Q (c , d  ) () (a, b) ·Q (c, d) ∼ (a  , b ) ·Q (c  , d ) Beispiel: 1 2 + 1 3 = 2 4 + 3 9 (a, b) +Q (c, d) = (ac + bc, bd); (a , b ) +Q (c  , d ) = (a  c  + b c  , b d  )  () gilt, falls (ac + bc)(b d  ) = (a c  + b c  )(bd) (ac + bc)(b d  ) = adb  d  + bcb d  = ab  dd  + cd  bb  = a  bdd  + c dbb  = a  d  bd + b  c bd = (a  c  + b  c )(bd) (a, b) ·Q (c, d) = (ac, bd); (a , b ) +Q (c , d  ) = (a  c  , b d  )  () gilt, falls (ac)(b d  ) = (a  c )(bd) (ac)(b d  ) = ab cd  = a  bc d = a  bc d = (a c  )(bd)
242 ?5 13 Von den ganzen zu den rationalen Zahlen Stolperstein: Beweis von Proposition A.29 Das muss ich aufschreiben. Ach so: a b a·1+1·b a+b + = = 1 1 1·1 1 = j(a + b) a b ab j(a) ·Q j(b) = · = = j(ab) 1 1 1 j(a) ·Q j(b) = ?6 Stolperstein: Beweis von Proposition A.30(i) Das muss ich aufschreiben. Also: Für „⇒“ ist zu zeigen: a b = a , ab b >0 ⇒ a b  > 0 Wir verwenden „Beweis durch Widerspruch“ und zeigen, dass a  b  < 0 und a b  = 0 jeweils zu falschen Aussagen führen (wegen Trichotomie bleibt dann nur a  b  > 0). ab>0 a  b  < 0 ⇒ −(a  b ) > 0 ⇒ (ab)(−(a b  )) > 0  = ab  ⇒ (ab)(−(a b )) = −(aba  b ) = −(ab ab  ) = −(ab  )2 ≤ 0  Widerspruch! a b b  =0 b=0 a  b  = 0 ⇒ a  = 0 ⇒ ab  = a  b = 0 ⇒ a = 0 ⇒ ab = 0  Widerspruch! ?7 Stolperstein: Beweis von Proposition A.30(ii) Das muss ich aufschreiben. Also: Wir betrachten a = p q ∈ Q mit p ∈ Z, q ∈ Z× . Laut Definition gilt: a ∈ Q+ ⇔ pq > 0 −a ∈ Q+ ⇔ −(pq) > 0 a = 0 ⇔ pq = 0 ⇔ p = 0 Wegen der Trichotomie auf Z gilt genau eine der drei Varianten.
13.1 Texterarbeitung ?8 243 Stolperstein: Beweis von Proposition A.30(iii) Das muss ich aufschreiben. Also: Zu zeigen ist: (1) a, b ∈ Q+ ⇒ a + b ∈ Q+ (2) a, b ∈ Q+ ⇒ ab ∈ Q+ Zu (1): a = qp , b = st in Q+ ⇒ pq, st ∈ N a + b = qp + st = pt+qs qt (pt + qs)(qt) = pqt2 + stq2 ∈ N ⇒ a + q ∈ Q+ Zu (2): ab = qp · st = ps qt (ps)(qt) = pqst ∈ N ⇒ ab ∈ Q+ ?9 Stolperstein: ∀ a, b ∈ Z : a < b ⇔ j(a) <Q j(b) Frage: Warum gilt das? Ach so: Für a, b ∈ Z wissen wir: a − b ⇔ b − a > 0. (1) Zeige: a < b ⇒ j(a) <Q j(b) j(b) − j(a) = b1 − a1 = b−a ; (b − a) · 1 = b − a > 0 ⇒ j(b) − j(a) ∈ Q+ 1 (2) Zeige: a < b ⇐ j(a) <Q j(b) j(a) <Q j(b) bedeutet (b − a) · 1 > 0, also folgt b − a > 0. Erläuterungen zum Text Der Text zeigt starke Parallelen zum Beispieltext in Kapitel 12. Das ist kein Zufall, denn auch die Vorgehensweisen sind parallel. Die ganzen Zahlen wurden als Äquivalenzklassen von Paaren natürlicher Zahlen eingeführt, wobei zwei Paare äquivalent sind, wenn die aus den Komponenten gebildeten Differenzen gleich sind. Die rationalen Zahlen führt man als Äquivalenzklassen von Paaren ganzer Zahlen ein, wobei zwei Paare äquivalent sind, wenn die aus den Komponenten gebildeten Quotienten gleich sind. Analog zum Fall der ganzen Zahlen, wo man keine Differenzen zur Verfügung hatte und daher in den Paaren kreuzweise addieren musste, um die Äquivalenz von Paaren sauber zu definieren, hat man bei der Einführung der rationalen Zahlen noch keine Quotienten zur Verfügung und muss in den Paaren kreuzweise multiplizieren, um die Äquivalenz von Paaren zu definieren. Auch das weitere Vorgehen und die dabei auftretenden Schwierigkeiten sind parallel: Man findet eine Injektion von Z in die rationalen Zahlen Q und identifiziert Z mit seinem Bild, betrachtet also Z als Teilmenge von Q. Dann definiert man Addition, Multiplikation und Ordnung auf Q so, dass sie die schon bekannte Ad-
244 13 Von den ganzen zu den rationalen Zahlen dition, Multiplikation und Ordnung auf Z ergeben, wenn man sie für Elemente aus Z betrachtet. Die Definitionen selbst sind wieder über Repräsentanten von Äquivalenzklassen beschrieben, man hat also jeweils einen Wohldefiniertheitsnachweis zu erbringen. 13.2 Übung und Selbstkontrolle Spezielle Schnittstellenübungen Übung 13.1 (Multiplikation von Brüchen) Wir wollen uns mit der Multiplikation auf den rationalen Zahlen beschäftigen. Diese ist definiert durch c ac a ·Q := , b d bd a c , ∈ Q. b d Zeigen Sie die Wohldefiniertheit dieser Multiplikation, sowie die Abgeschlossenheit von Q unter ihr. Übung 13.2 (Addition von Brüchen) Wir wollen uns mit der Addition auf den rationalen Zahlen beschäftigen. Diese ist definiert durch c a ad + bc a c +Q := , , ∈ Q. b d bd b d Zeigen Sie die Wohldefiniertheit dieser Addition, sowie die Abgeschlossenheit von Q unter ihr. Übung 13.3 (Addition von Brüchen) Oft benutzen Schüler in der Schule eine Addition +fail definiert durch a+c c a +fail := , b d b+d a c , ∈ Q. b d Zeigen Sie, dass diese Addition nicht sinnvoll, also nicht wohldefiniert ist. Vertiefende Übungen Übung 13.4 (Verträglichkeit der Rechenoperation auf Z und Q) Um zu sehen, dass Q eine Erweiterung von Z ist, müssen wir die Verträglichkeit der unterschiedlichen Rechenoperationen zeigen. Beweisen Sie dafür Proposition A.29 (Beispieltext, S. 240).
13.2 Übung und Selbstkontrolle 245 Übung 13.5 (Verträglichkeit der Ordnungen auf Z und Q) Auf Q ist die Relation <Q durch ∀x, y ∈ Q : x <Q y :⇔ y − x ∈ Q+ definiert. Zeigen Sie, dass für die Abbildung j : Z → Q, a → ∀a, b ∈ Z : a 1 gilt: a < b ⇔ j(a) <Q j(b). Übung 13.6 (Q als Körper) Zeigen Sie, dass (Q, +, ·) ein Körper ist. Übung 13.7 (Q als geordneter Körper) Beweisen Sie (i) bis (iii) von Bemerkung A.30 aus dem Beispieltext (s. 240): (i) ∀ x, y ∈ Q+ : (ii) ∀ x, y ∈ Q+ : x + y ∈ Q+ xy ∈ Q+ (iii) Q ist die disjunkte Vereinigung von Q+ , −Q+ und {0} Kontrollfragen Die Lösungen zu den folgenden Fragen finden Sie auf S. 381. Frage 13.8 (Multiple Choice) Bei welchen der folgenden Ausdrücken handelt es sich um dieselbe rationale Zahl wie (3, 5) ∈ Q? 2 2 2 2 2 2 [(a, b)] ∈ Q mit ab = 3 · 5 [(−3, 5)] 6 10 [(a, b)] ∈ Q mit 3a = 5b [(5, 3)] [(a, b)] ∈ Q mit 5a = 3b Frage 13.9 (Single Choice) Ist die folgende Aussage korrekt? Der Umstand, dass die ganzen Zahlen in die rationalen Zahlen eingebettet werden können, stellt für die in diesem Kapitel vorgestellte Methode kein Problem dar, da a ∈ Z, sowohl durch die rationale Zahl [(ab, b)] als auch durch die rationale Zahl [(ac, c)] dargestellt werden kann (b, c ∈ Z, b = c).
246 13 Von den ganzen zu den rationalen Zahlen 2 ja 2 nein Frage 13.10 (Single Choice) Die Mengen j(Z) und {[(a, b)] ∈ Q | ab > 0} sind Beispiele für Modelle von ganzen Zahlen. 2 stimmt 2 stimmt nicht Frage 13.11 (Multiple Choice) Seien [(a, b)], [(c, d)] ∈ Z. Ist die folgende Aussage korrekt? Wenn ab > 0 und cd > 0, dann ist a b + c d > 0. 2 ja 2 nein Frage 13.12 (Single Choice) Für alle [(x, y)] ∈ Q gilt [(x, y)] > 0 ⇔ [(y, x)] < 0. 2 stimmt 2 stimmt nicht Frage 13.13 (Multiple Choice) Welche der folgenden Aussagen sind korrekt? 2 2 2 2 2 (Q, +) ist eine abelsche Gruppe. (Q, ·) ist eine abelsche Halbgruppe. (Q, ·) ist eine abelsche Gruppe. (Q, +, ·) ist ein vollständiger Körper. (Q, +, ·) ist ein Körper, der anordbar ist.
14 Von den rationalen zu den reellen Zahlen Übersicht 14.1 14.2 Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 Erinnern wir uns daran, was auf unserem letzten Stück Weg geschehen ist: Ausgehend von der Menge der natürlichen Zahlen, deren Elemente wir addieren und multiplizieren können und dabei als Ergebnis jeweils wieder eine natürliche Zahl bekommen, stellten wir fest, dass Subtraktion und Division gewisse Schwierigkeiten bereiten. Bilden wir nämlich Differenz und Quotient zweier natürlicher Zahlen, so erhalten wir nicht unbedingt wieder eine natürliche Zahl. Dementsprechend erweiterten wir unseren Zahlbereich erst von den natürlichen zu den ganzen Zahlen (damit war das Problem mit der Subtraktion gelöst) und dann von den ganzen zu den rationalen Zahlen (was das Problem mit der Division löst). Mit den rationalen Zahlen steht uns jetzt eine Menge zur Verfügung, auf der wir alle vier aus der Schule sehr vertrauten Grundrechenarten problemlos praktizieren können: Addition, Multiplikation, Subtraktion und Division. Auf den ersten Blick könnte man glauben, dass damit die Entwicklung des Zahlbegriffs für alle Zwecke des Rechnens abgeschlossen sein sollte. Aber schon die alten Griechen, die weder die Null noch negative Zahlen kannten, haben bemerkt, dass es nicht möglich ist, das Verhältnis der Längen einer Seite und einer Diagonalen eines Quadrats als Bruch zweier ganzer Zahlen zu schreiben. Da nach dem Satz von Pythagoras das Quadrat der Länge der Diagonalen gleich zweimal dem Quadrat der Länge der Seiten ist, ist diese Aussage gleichbedeutend damit, dass es keine rationale Zahl gibt, deren Quadrat 2 ist. Die Griechen konnten dieses Problem nicht durch Erweiterung ihres Zahlbegriffs lösen und folgerten, dass Geometrie und Arithmetik als getrennte Bereiche zu betrachten sind. Zwar hat man schon seit Descartes und Fermat im 17. Jahrhundert die beiden Gebiete in Form der analytischen Geometrie wieder zusammengeführt, aber erst Ende des 19. Jahrhunderts, als man nach der Entdeckung der nichteuklidischen Geometrie anfing, die Grundlagen der J. Hilgert, M. Hoffmann, A. Panse, Einführung in mathematisches Denken und Arbeiten, DOI 10.1007/978-3-662-45512-8_14, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
248 14 Von den rationalen zu den reellen Zahlen Mathematik neu infrage zu stellen, ist man den Schritt gegangen, das Diagonalenproblem durch Erweiterung des Zahlbegriffs zu lösen. Das war die Geburtsstunde der reellen Zahlen. Wir präsentieren hier nicht die historisch erste Konstruktion der reellen Zahlen über die sogenannten Dedekind’schen Schnitte, sondern wählen eine Konstruktion, die einerseits immer noch gewisse Parallelen zu den in den vorherigen Kapiteln vorgestellten Zahlbereichserweiterungen aufweist und andererseits in modifizierter Form in diversen Bereichen der Mathematik eine wichtige Rolle spielt: die Beschreibung als Äquivalenzklassen von Folgen rationaler Zahlen. Lernziele 1. Aussagenlogik, Mengenoperationen und Folgen a) Sie können logische Operationen auch für komplexere Aussagen, die mehrere logische Quantoren enthalten, durchführen. (BT3) b) Sie können mengentheoretische Operationen auch für komplex aufgebaute Mengen durchführen. (BT3) c) Sie können anhand von Beispielen erklären, wieso das Weglassen der Reflexivität in der Definition des Begriffs einer Äquivalenzrelation dazu führt, dass es leere Äquivalenzklassen geben kann und die zugrunde liegende Menge nicht mehr von den Äquivalenzklassen überdeckt wird. (BT2) d) Sie kennen den Begriff einer Folge und können erklären, wieso Folgen eine spezielle Form von Abbildungen sind. (BT2) 2. Konstruktion der reellen Zahlen a) Sie können erklären, was eine Cauchy-Folge von rationalen Zahlen ist. (BT2) b) Sie können darstellen, wie man die reellen Zahlen als Menge von Äquivalenzklassen von Folgen rationaler Zahlen gewinnt. (BT2) c) Sie können erklären, wieso die rationalen Zahlen als Teilmenge der reellen Zahlen betrachtet werden können. (BT2) d) Sie können erklären, wie man in der Konstruktion der reellen Zahlen eine schwache Äquivalenzrelation (nur symmetrisch und transitiv, aber nicht reflexiv) auf den Folgen rationaler Zahlen einsetzt. (BT2) 3. Addition und Multiplikation von reellen Zahlen a) Sie können erklären, wie man zwei Folgen von rationalen Zahlen addiert. (BT2) b) Sie können erklären, wie man zwei Folgen von rationalen Zahlen multipliziert. (BT2) c) Sie können erklären, welches Wohldefiniertheitsproblem bei der Definition der Addition von Äquivalenzklassen von Folgen auftritt. (BT2)
14.1 Texterarbeitung 249 d) Sie können anhand eines Textes den Beweis für die Wohldefiniertheit der Addition von reellen Zahlen (definiert als Äquivalenzklassen von Folgen) erklären. (BT2) e) Sie können erklären, welches Wohldefiniertheitsproblem bei der Definition der Multiplikation von Äquivalenzklassen von Folgen auftritt. (BT2) f) Sie können anhand eines Textes den Beweis für die Wohldefiniertheit der Multiplikation von reellen Zahlen (definiert als Äquivalenzklassen von Folgen) erklären. (BT2) e) Sie können anhand eines Textes erklären, wie man zeigt, dass die reellen Zahlen zusammen mit ihrer Addition und Multiplikation einen Körper bilden. (BT2) 4. Die Ordnungsrelation auf den reellen Zahlen a) Sie können erklären, wie man die positiven reellen Zahlen definiert. (BT2) b) Sie können anhand eines Textes erklären, wieso der Körper der reellen Zahlen zusammen mit den positiven reellen Zahlen zu einem geordneten Körper wird. (BT2) c) Sie können die Erkenntnisse über die Ordnungsrelation und die Betragsrechnung für geordnete Körper aus Kapitel 9 auf die reellen Zahlen anwenden. (BT2) 14.1 Texterarbeitung Für dieses Kapitel soll ein Text gelesen werden, in dem die reellen Zahlen als Äquivalenzklassen von Folgen rationaler Zahlen konstruiert werden. Weiter sollen Addition, Multiplikation und Ordnung ebenso behandelt sein wie der Nachweis dafür, dass die reellen Zahlen damit zu einem geordneten Körper werden. Literatur: [HH12], [KvP13], [MM93] Beispieltext: [HH12], S. 246–249 Beispieltext aus [HH12] Während die Methoden der Konstruktion von Z aus N und von Q aus Z „algebraisch“ waren, erfordert die Konstruktion der reellen Zahlen aus Q genuin analytische Methoden, das heißt Grenzprozesse. Die intuitive Vorstellung hinter unserer Konstruktion ist, dass man größte untere Schranken für nach unten beschränkte Mengen in Q „annäherungsweise“ durch Folgen von unteren Schranken bekommen kann, dabei aber verschiedene Folgen denselben „Grenzwert“ haben können und daher als gleich betrachtet werden sollten. Eine Folge a von Elementen in einer Menge M ist eine Abbildung N → M, n → a(n).
250 14 Von den rationalen zu den reellen Zahlen Im Einklang mit der traditionellen Notation schreibt man auch an statt a(n) und (an )n∈N ?1 statt a : N → M. Als Nächstes definieren wir eine Relation ∼ auf der Menge FQ der Folgen von Elementen in Q. Wir sagen (an )n∈N ∼ (bn )n∈N , wenn gilt: ∀ε ∈ Q, ε > 0 ∃K ∈ N : (∀n, m ∈ N, n > K, m > K : −ε < am − bn < ε). In Worten: Zu jeder positiven rationalen Zahl ε existiert eine natürliche Zahl K, sodass für alle natürlichen Zahlen, die größer sind als K, die Ungleichung −ε < am − bn < ε gilt. x 6 p × p × p p pp × p × × p ×× ×p × p × p ×p ××p p ××p ε × × p ×p -N p× p K × ?2 p Die so definierte Relation ∼ ist keine Äquivalenzrelation, weil sie nicht reflexiv ist. Dies motiviert die folgende Definition. Definition A.31 Eine schwache Äquivalenzrelation auf einer Menge M ist eine Relation, die symmetrisch und transitiv ist. Wir übertragen die Begriffe „Äquivalenz“ und „Repräsentant“ aus Beispiel 1.10 auf schwache Äquivalenzrelationen: Wenn ∼ eine schwache Äquivalenzrelation auf M ist und a ∼ b gilt, dann heißen die Elemente a und b äquivalent. Die Menge [a] := {b ∈ M | a ∼ b} aller zu a ∈ M äquivalenten Elemente heißt die Äquivalenzklasse von a ∈ M , und jedes Element b ∈ [a] heißt ein Repräsentant von [a]. ?3 Äquivalenzklassen können leer sein. Wenn a ∼ a (das heißt wenn a ∼ a nicht gilt), dann kann wegen a ∼ b ⇒ (a ∼ b und b ∼ a) ⇒ a ∼ a auch für kein anderes b ∈ M die Relation b ∼ a gelten. Also haben wir [a] = ∅ ⇔ a ∼ a. Dies zeigt, dass eine schwache Äquivalenzrelation genau dann eine Äquivalenzrelation ist, wenn alle Äquivalenzklassen nichtleer sind. Proposition A.32 Sei ∼ eine schwache Äquivalenzrelation auf M und a, b ∈ M . (i) a ∼ b ⇒ [a] = [b]. (ii) a ∼  b ⇒ [a] ∩ [b] = ∅. Beweis. (i) Wenn c ∈ [a], dann gilt c ∼ a, und wegen der Transitivität hat man c ∼ b, also c ∈ [b]. Somit gilt [a] ⊆ [b], und die umgekehrte Inklusion [b] ⊆ [a] folgt analog durch Vertauschen der Rollen von a und b. Damit sind [a] und [b] gleich. (ii) Wenn c ∈ [a] ∩ [b] wäre, dann hätte man a ∼ c und b ∼ c, was wegen der Transitivität a ∼ b zur Folge hätte.
14.1 Texterarbeitung 251 Satz A.33 (i) Die Relation ∼ ist eine schwache Äquivalenzrelation. (ii) Sei R := {[a] | a ∈ FQ , [a] = ∅}. Dann ist j : Q → R, a → [(an )n∈N ] mit an = a für alle n ∈ N eine injektive Abbildung. Beweis. (i) Die Symmetrie der Relation ∼ folgt aus der Äquivalenz −ε < am − bn < ε ⇔ −ε < bn − am < ε. Um die Transitivität zu zeigen, nehmen wir an, dass (an )n∈N ∼ (bn )n∈N und (bn )n∈N ∼ (cn )n∈N gilt. Zu ε > 0 finden wir natürliche Zahlen K1 und K2 mit ε ε ∀n, m ∈ N, n > K1 , m > K1 : − < am − bn < 2 2 und ε ε ∀n, k ∈ N, n > K2 , k > K2 : − < bn − ck < . 2 2 Wähle eine natürliche Zahl K > K1 , K2 . Dann erhält man durch Addition der beiden obigen Ungleichungen ∀m, k ∈ N, m > K, k > K : −ε < am − ck < ε. Damit ist (an )n∈N ∼ (cn )n∈N gezeigt. (ii) Als Erstes stellen wir fest, dass j wohldefiniert ist, weil aus an = a folgt an − am = 0 und somit (an )n∈N ∼ (an )n∈N , das heißt [(an )n∈N ] = ∅, also [(an )n∈N ] ∈ R. Wenn [(an )n∈N ] = [(bn )n∈N ] mit an = a und bn = b für alle n ∈ N und a, b ∈ Q, dann gilt für jedes ε > 0, dass −ε < a − b < ε. Schreibe c := a − b und falls c = 0, wähle ε := |c| . Dann gilt 2 − ?4 |c| |c| <c< , 2 2 , dann 2|c| < |c| und schließlich |c| < 0 zur Folge was nach Satz A.6 zunächst |c| < |c| 2 hat. Das ist aber nicht möglich, also muss c = 0 gelten. Dies zeigt die Injektivität von j : Q → R. Wir nennen R die Menge der reellen Zahlen. Wir hatten zu Beginn des Abschnitts darauf hingewiesen, dass die Relation ∼ auf FQ keine Äquivalenzrelation ist. Um das einzusehen, betrachtet man zum Beispiel die Folge (an )n∈N mit an = n, für die (an )n∈N ∼ (an )n∈N gilt. Definition A.34 Wir nennen eine Folge a rationaler Zahlen eine Fundamental- oder Cauchy-Folge, wenn [a] = ∅. Addition und Multiplikation auf R Für die Addition auf R setzen wir [(an )n∈N ] +R [(bn )n∈N ] := [(cn )n∈N ], wobei für jedes n ∈ N gilt cn = an + bn . Wir schreiben einfach (an + bn )n∈N für diese Folge und für die Multplikation [(an )n∈N ] ·R [(bn )n∈N ] := [(cn )n∈N ], wobei für jedes n ∈ N gilt cn = an · bn . Für diese Folge schreiben wir (an bn )n∈N . Selbstverständlich taucht auch hier wieder das Problem der Wohldefiniertheit auf. !1
252 14 Von den rationalen zu den reellen Zahlen Lemma A.35 +R und ·R sind wohldefinierte Funktionen R × R → R. ?5 Beweis. Wir halten zunächst fest, dass [(an )n∈N ], [(bn )n∈N ] ∈ R insbesondere (an )n∈N ∼ (an )n∈N und (bn )n∈N ∼ (bn )n∈N impliziert. Wenn (an )n∈N ∼ (an )n∈N und (bn )n∈N ∼ (bn )n∈N gilt, dann finden wir zu ε > 0 natürliche Zahlen K1 und K2 mit ∀n, m ∈ N, n > K1 , m > K1 : − ε ε < am − an < 2 2 und ε ε < bm − bn < . 2 2 Wähle eine natürliche Zahl K > K1 , K2 . Dann erhält man durch Addition der beiden obigen Ungleichungen ∀m, n ∈ N, m > K2 , n > K2 : − ∀m, n ∈ N, m > K, n > K : −ε < (am + bm ) − (an + bn ) < ε. Damit ist (cn )n∈N ∼ (cn )n∈N gezeigt, wobei cn := an + bn ist. Dies zeigt insbesondere (cn )n∈N ∼ (cn )n∈N , also [(cn )n∈N ] = ∅ und [(cn )n∈N ] ∈ R. Dann folgt aber auch die Wohldefiniertheit von +R . Um die Wohldefiniertheit von ·R zu zeigen, stellt man zunächst fest, dass es wegen (an )n∈N ∼ (an )n∈N ein K ∈ N mit −1 < an − aK < 1 für alle n > K gibt. Damit findet man ein s ∈ N mit −s < an < s für alle n ∈ N. Ähnliches gilt für (bn )n∈N , (an )n∈N und (bn )n∈N , also können wir gleich annehmen, dass gilt ∀n ∈ N : −s < an , an , bn bn < s. Zu ε > 0 finden wir natürliche Zahlen K1 und K2 mit ε ε ∀n, m ∈ N, n > K1 , m > K1 : − < am − an < 3s 3s ?6 und ∀m, n ∈ N, m > K2 , n > K2 : − ε ε < bm − bn < . 3s 3s Wir schreiben an bn − am bm = (an − an )bn + an (bn − bm ) + bm (an − am ). !2 Wähle eine natürliche Zahl K > K1 , K2 . Dann gilt für n, m > K |an bn − am bm | ≤ |an − an |s + s|bn − bm | + s|an − am | < 3s ε = ε. 3s Wegen Satz A.6 zeigt dies wie im Falle der Addition die Wohldefiniertheit. Wir wollen uns die rationalen Zahlen über die injektive Abbildung j : Q → R als Teilmenge von R vorstellen. Dazu muss man wieder nachweisen, dass Addition und Multiplikation in Q durch die Identifizierung von a ∈ Q mit j(a) ∈ R nicht durcheinandergebracht werden. Bemerkung A.36 Für die Abbildung j : Q → R und a, b ∈ Q gilt: (i) j(a + b) = j(a) +R j(b). (ii) j(a · b) = j(a) ·R j(b). ?8 Beide Eigenschaften folgen unmittelbar aus den Definitionen. Mit dem Wissen, dass Addition und Multiplikation von R jeweils „Erweiterungen“ der entsprechenden Relationen für Q sind, lassen wir den Index R weg und schreiben auch für Elemente in R einfach x + y und x · y = xy. Außerdem schreiben wir 1 für j(1) und 0 für j(0). Jetzt kann man verifizieren, dass R ein Körper ist.
14.1 Texterarbeitung 253 Satz A.37 Sei x, y, z ∈ R. Dann gilt: (i) (ii) (iii) (iv) (v) (vi) (vii) (viii) (ix) x + (y + z) = (x + y) + z (Assoziativität). x + y = y + x (Kommutativität). Aus x + z = y + z folgt x = y (Kürzungseigenschaft). x + 0 = x (Null). xy = yx (Kommutativität). x(yz) = (xy)z (Assoziativität). Aus xz = yz folgt x = y (Kürzungseigenschaft) falls z = 0. x · 1 = x (Eins). (x + y)z = xz + yz (Distributivität). Beweis. Stellvertretend für die Punkte (i), (ii), (v), (vi), (ix) zeigen wir (ii): Sei x = [(xn )n∈N ] und y = [(yn )n∈N ]. Es gilt dann x + y = [(xn + yn )n∈N ] und y + x = [(yn + xn )n∈N ], also folgt x + y = y + x sofort aus der Kommutativität von Q. Als Nächstes zeigen wir (iii): Sei x = [(xn )n∈N ], y = [(yn )n∈N ] und z = [(zn )n∈N ]. Wenn x + z = y + z, dann gilt (xn + zn )n∈N ∼ (yn + zn )n∈N . Also gibt es zu ε > 0 ein K ∈ N mit ∀n, m > K : |(xn − ym ) + (zn − zm )| < ε. Ebenso kann man annehmen ∀n, m > K : |zn − zm | < ε. ?9 Zusammen liefert dies (siehe Satz A.6) ∀n, m > K : |xn − ym | ≤ |(xn − ym ) + (zn − zm )| + |zm − zn | < 2ε, das heißt (xn )n∈N ∼ (yn )n∈N und somit also x = y. (iv) ist offensichtlich. Um die Kürzungseigenschaft (vii) zu sehen, betrachten wir wieder x = [(xn )n∈N ], y = [(yn )n∈N ] und z = [(zn )n∈N ]. Die Aussage z = 0 bedeutet, dass (zn )n∈N nicht äquivalent zur konstanten Nullfolge ist. Daher gibt es ein c ∈ Q+ und beliebig große n ∈ N mit |zn | > c (d. h., zu jedem m ∈ N gibt es ein km > m mit |zkm | > c). Wenn jetzt xz = yz, dann gilt ?10 (xn zn )n∈N ∼ (yn zn )n∈N , das heißt |xn zn −ym zm | < ε für vorgegebenes ε und große n, m. Wir können weiter annehmen, dass auch |xm − xn | < ε für große n, m gilt. Für gegebenes ε > 0 finden wir daher eine K ∈ N so, dass für alle n, m ∈ N mit n, m ≥ K gilt |xn − ym | ≤ |xn − xkm | + |xkm − ykm | + |ykm − ym |    1  +ε ≤ ε + |xkm zkm − ykm zkm | ·  zkm  ≤ 2ε + ε , c ?11 ?12 ?13 also (xn )n∈N ∼ (yn )n∈N und x = y. Da auch (viii) offensichtlich ist, ist damit der Satz bewiesen. Anordnung von R Um die Ordnung auf R einzuführen, definieren wir zunächst die Menge der positiven reellen Zahlen durch R + := {[(an )n∈N ] | (∃ε ∈ Q, ε > 0, ∃K ∈ N) mit (∀n ∈ N, n > K) an > ε}. ?14
254 14 Von den rationalen zu den reellen Zahlen In Worten: Es existieren eine positive rationale Zahl ε und eine natürliche Zahl K, sodass für alle natürlichen Zahlen n, die größer sind als K, gilt an > ε. Wir nennen die Elemente von R+ die positiven reellen Zahlen. Wie im Falle der rationalen Zahlen stellt man fest, dass R+ wohldefiniert ist, und findet die folgenden Verträglichkeitseigenschaften: Satz A.38 (i) R+ ist wohldefiniert. (ii) (∀a ∈ R) gilt genau eine der folgenden Beziehungen a = 0, a ∈ R+ , −a ∈ R+ . (iii) (∀a, b ∈ R+ ) gilt a + b ∈ R+ und ab ∈ R+ . Beweis. ?15 ?16 Wenn [(an )n∈N ] = [(an )n∈N ] und die definierende Eigenschaft von R+ für (an )n∈N gilt, dann finden wir K1 ∈ N mit |an − an | < 2ε für alle n > K1 . Für n > K, K1 gilt ε ε an = an + (an − an ) ≥ an − |an − an | > ε − = . 2 2 Damit sieht man, dass für (an )n∈N die Bedingung ε ∃K ∈ N : (∀n ∈ N, n > K) an > 2 gilt, was die Wohldefiniertheit von R+ beweist. (ii) Wenn a = [(an )n∈N ] = 0, dann gibt es zu ε > 0 ein K ∈ N mit |an | < ε für alle n > K. Damit sieht man, dass sich die drei Beziehungen (i) a ∈ R+ , a = 0, −a ∈ R+ gegenseitig ausschließen. ?17 Sei jetzt a = [(an )n∈N ] ∈ R. Wegen [(an )n∈N ] = ∅ gilt (an )n∈N ∼ (an )n∈N , das heißt, zu jedem ε > 0 gibt es ein K ∈ N mit |an − am | < 2ε für alle n, m > K. Wenn a ∈ R+ , dann gibt es ein n > K mit an < 2ε . Dann folgt aber ε ε am = (am − an ) + an < + = ε 2 2 für alle m > K. Analog folgt aus −a ∈ R+ die Existenz eines K  ∈ N mit −am < ε für alle m > K  . Zusammen erhält man, dass a, −a ∈ R+ impliziert (an )n∈N ∼ 0, also [a] = 0. (iii) a = [(an )n∈N ] ∈ R+ und b = [(bn )n∈N ] ∈ R+ , dann gibt es ein ε > 0 und ein K ∈ N mit an , bn > ε für alle n > K. Damit gilt aber an + bn > 2ε und an bn > ε · ε für alle n > K. Wegen ε · ε > 0 liefert dies a + b ∈ R+ und ab ∈ R+ . Mit Satz A.38 können wir den Betrag |a| einer reellen Zahl durch |a| := ⎧ ⎨ a falls a ∈ R+ , 0 falls a = 0, ⎩−a falls − a ∈ R+ definieren. Wie im Falle der rationalen Zahlen definieren wir eine Relation <R auf R durch a <R b :⇔ b − a ∈ R+ . An dieser Stelle können wir sehen, dass die Einschränkung von <R auf Q die alte Ordnung auf Q liefert: Für a, b ∈ Q gilt a<b ?18 ⇔ j(a) <R j(b). Dies ist unmittelbar klar, weil j(b)−j(a) = j(b−a) die Äquivalenzklasse der konstanten Folge b − a ist, also in R+ genau dann, wenn b > a. Damit können wir auch in der Bezeichnung <R den Index R weglassen.
14.1 Texterarbeitung 255 Lesen des Textes mit Papier und Stift ?1 Stolperstein: ∀ ε ∈ Q, ε > 0, ∃ K ∈ N : (∀ n, m ∈ N, n > K, m > K : −ε < am − bn < ε) Frage: Was bedeutet das? Was hat das mit der Skizze zu tun? Ach so: Langsam aufschlüsseln: Im Text steht: Zu jedem ε existiert ein K, das heißt, ich gebe ein ε vor und finde ein passendes K. Was heißt passend? K muss die angegebenen Bedingungen erfüllen: • K ∈ N und für alle n, m ∈ N, die größer als K sind, muss zusätzlich die Differenz am − bn zwischen −ε und ε liegen. • Die vertikale Linie in der Skizze markiert die Position von K (rechts davon hat man Bedingungen). • Die horizontalen Linien markieren ein Band der Breite ε, in dem alle am (Kreuze) und alle bn (Punkte) liegen müssen: |am − bn | < ε. • Die Bedingungen sagen nicht, in welcher Höhe das Band liegt! ?2 Stolperstein: ∼ ist nicht reflexiv. Frage: Warum? Ach so: (weiterlesen . . . !1 ) Das Beispiel (an)n∈N = (n)n∈N kommt auch in Übung 14.3 vor. ?3 Stolperstein: a ∼ b ⇒ (a ∼ b und b ∼ a) ⇒ a ∼ a Frage: Was passiert hier? Ach so: Wir folgern logisch korrekt etwas Falsches (a ∼ a gilt ja für das gewählte a nicht). Also ist a ∼ b falsch (egal wie ich b wähle), das heißt, es gibt kein b ∈ M mit a ∼ b. Damit ist [a] = {b ∈ M | a ∼ b}.
256 ?4 14 Von den rationalen zu den reellen Zahlen Stolperstein: Wohldefiniertheit von j Frage: In den ersten zwei Zeilen wird die Wohldefiniertheit von j gezeigt. „Wohldefiniertheit“ kenne ich als „repräsentantenunabhängig“. Das scheint hier aber nicht gemeint zu sein. Was ist hier los? Ach so: (nachgefragt) Wir müssen sicherstellen, dass es die Objekte, über die wir sprechen, überhaupt gibt (Äquivalenzklassen können leer sein). Das wird hier gemacht (siehe auch die „Erläuterungen zum Text“ in Kapitel 12.). ?5 Stolperstein: Beweisstruktur Frage: Was wird hier gezeigt? Ach so: Wir betrachten je zwei äquivalente Folgen: (an )n∈N ∼ (an )n∈N und (bn )n∈N ∼ (bn )n∈N . Die Addition liefert: (an )n∈N + (bn )n∈N = (cn)n∈N , (an )n∈N + (bn )n∈N = (cn )n∈N , c n = an + bn , cn = an + bn , und wir müssen zeigen, dass (cn)n∈N ∼ (cn )n∈N . Für die Multiplikation geht man analog vor. ?6 Stolperstein: ε 3s Frage: Woher kommt das? Ach so: Weiterlesen . . . !2 ?7      bm = (an −an )bn +an (bn −bm ) +bm (an −am ) Stolperstein: an bn −am Das muss ich nachrechnen. Ach so:    (an − an )bn + an (bn − bm ) + bm (an − am )        = an bn − an bn + an bn − an bm + bm an − bm am     = an bn − bm am = an bn − am bm
14.1 Texterarbeitung ?8 257 Stolperstein: Beweis von Bemerkung A.36 Das muss ich hinschreiben. Ach so: j(a) +R j(b) = [(an )n∈N +R (bn )n∈N ] = [(an + bn )n∈N ] = j(a + b) j(a) ·R j(b) = [(an )n∈N ·R (bn)n∈N ] = [(an · bn )n∈N ] = j(a · b) ?9 Stolperstein: |xn − yn | ≤ |(xn − ym ) − (zn − zm )| + |zm − zn | Frage: Wieso ist das richtig? Ach so: xn − ym = xn − ym + zn − zn + zm − zm = ((xn − ym ) + (zn − z − zm )) + (zm  − zn)    B A |A + B| ≤ |A| + |B| (Dreiecksungleichung) ?10 Stolperstein: Ich muss ein Beispiel hinschreiben. Ach so: (zn )n∈N ∼ (0)n∈N zum Beispiel zn = Wegen ?11 n n+1 < n+1 n+2 n , n+1 das heißt 21 , 32 , 33 , . . . gilt c = 1 3 < zn für alle n. Stolperstein: |xn − ym | ≤ |xn − xkm | + |xkm − ykm | + |ykm − ym | Frage: Wieso gilt das? Ach so: Nullen addieren wie in ?9 ?12 Stolperstein: |xn − xkm | + |xkm − ykm | + |ykm − ym | ≤ ε + |xkm zkm − ykm zkm | · |zk1 | + ε m Frage: Wieso gilt das? Ach so: |xn − xkm | < ε, |ykm − ym | < ε |z | |xkm − ykm | = |xkm − ykm | · |zkkm | = |(xkm − ykm )zkm | · m 1 |zkm |
258 ?13 14 Von den rationalen zu den reellen Zahlen Stolperstein: 2ε + ε c Frage: |xn − ym | soll doch < ε sein, nicht < 2ε + εc . Stimmt hier etwas nicht? Ach so: Das ist wie in ?6 und !2 : Wähle zu ε > 0 ein ε  > 0 mit  2ε  + εc < ε und führe den Beweis für ε  > 0 durch. Am Ende steht  dann |xn − ym | ≤ 2ε  + εc < ε. ?14 Stolperstein: . . . ε . . . Frage: Hier steht ∃ ε und an > ε. Was hat das mit den ε aus der Äquivalenzrelation zu tun? Ach so: Ich lese das unabhängig von der Definition der Äquivalenzrelation und ersetze ε durch c ∈ Q+. Dann steht da: Wir finden ein k ∈ N, sodass ∀ n ∈ N, n > k : an > c. Also: Ab einem bestimmten n ∈ N (nämlich jenseits von k) sind alle Folgenglieder an größer als die vorgegebene Zahl c. Damit ist (an )n∈N dann positiv. ?15 Stolperstein: Beweisstruktur Frage: Was zeigen wir hier? Ach so: Wir betrachten zwei Elemente (an )n∈N und (an )n∈N aus der gleichen Äquivalenzklasse, das heißt [(an )n∈N ] = [(an )n∈N ], und gehen davon aus, dass das (an)n∈N die Positivitätsbedingung erfüllt. Zu zeigen ist dann, dass auch (an )n∈N die Positivitätsbedingung erfüllt. ?16 Stolperstein: Beweisstruktur Frage: Was zeigen wir hier? Ach so: Wir machen eine Fallunterscheidung: 1. Fall: a = 0  wir folgern a ∈ R+ und −a ∈ R+ . 2. Fall: a ∈ R+ und −a ∈ R+  wir folgern a = 0. Damit ist gezeigt, dass a = 0 ⇔ ¬(a ∈ R+ ) ∧ ¬(−a ∈ R+ ) ⇔ ¬(a ∈ R+ ∨ −a ∈ R+ ). Insbesondere ist jedes von 0 verschiedene a positiv oder negativ.
14.1 Texterarbeitung ?17 259 Stolperstein: −am < ε Das muss ich mir aufschreiben Ach so: Wenn −a ∈ R+ , dann gibt es ein n > k mit −an < 2ε . Aber dann folgt: −am = (−am + an ) − an = (an − am ) + (−an ) < ε     < ε2 ?18 < ε2 Stolperstein: j Frage: Wie ist j definiert? Ach so: (nachgesehen) j : Q → R, a → [(an )n∈N ] mit an = n für alle n Damit gilt: j(b) − j(a) = [(bn )n∈N ] − [(an )n∈N ] = [(b)n∈N] − [(a)n∈N ] = [(b − a)n∈N ] = j(b − a). Erläuterungen zum Text Die Hauptschwierigkeit der Konstruktion der reellen Zahlen liegt in der Verquickung von zwei sehr unterschiedlichen Ideenzirkeln. Man hat einerseits die der Algebra zuzurechnende Idee der Konstruktion eines neuen Zahlbereichs als Menge von Äquivalenzklassen eines schon bekannten Zahlbereichs, die bei der Konstruktion der ganzen und rationalen Zahlen schon erfolgreich eingesetzt wurde. Grob gesprochen ist hier der schon bekannte Zahlbereich der Bereich von Folgen rationaler Zahlen (siehe Beispiel 7.27). Man kann aber nicht alle Folgen nehmen, sondern muss Einschränkungen machen, die sich aus der Idee des Grenzwertes ergeben, der der Analysis zuzurechnen ist. Es sollen nämlich nur Folgen betrachtet werden, die sich an einen festen Wert „annähern“. Es ist schon keine Kleinigkeit, die Annäherung von Folgenwerten an ein bekanntes Objekt begrifflich sauber zu fassen. Hier will man sich aber sogar an ein unbekanntes Objekt annähern. Um diese Problematik näher zu erläutern, betrachten wir eine Folge (an )n∈N rationaler Zahlen und stellen uns die Frage, was es bedeuten soll, wenn diese Folge sich dem Wert 0 ∈ Q „annähert“. Die in heutigen Büchern zur Analysis verwendete Beschreibung geht auf Karl Weierstraß (1815–1897) zurück und basiert auf einer dynamischen Vorstellung: Man betrachtet die Indizes n als Zeitpunkte und die Zahl an als den Wert der Folge zur Zeit n. Annäherung an
260 14 Von den rationalen zu den reellen Zahlen Null heißt dann, dass zu jeder noch so kleinen positiven (rationalen) Zahl ε ein Zeitpunkt K ∈ N existiert, von dem an alle Folgenwerte einen Abstand von 0 haben, der kleiner als ε ist. In Formelsprache ausgedrückt heißt das ∀ε ∈ Q, ε > 0 ∃K ∈ N : (∀n ∈ N, n > K : −ε < an < ε). Beim Vergleich dieser Bedingung mit der Definition der Relation ∼ zu Beginn des Beispieltextes erkennt man sofort die Verwandtschaft. Man kann die Annäherungsidee sofort auf beliebige rationale Zahlen b ∈ Q statt der Null übertragen und sieht dann, dass eine Folge, die sich einem Wert b ∈ Q annähert, äquivalent zur konstanten Folge mit Wert b ist. Das ist im Wesentlichen die Aussage von Satz A.33 (Beispieltext, S. 251). Die Definition der Relation ∼ spiegelt die Vorstellung wider, dass die Werte der beiden Folgen im Laufe der Zeit immer näher beieinander liegen, man aber nicht sagen kann, bei welcher Zahl diese Anhäufung von Werten passiert. Insbesondere bedeutet die Relation (an )n∈N ∼ (an )n∈N , mit der man die Cauchy-Folgen aussondert, dass die Werte einer Cauchy-Folge im Laufe der Zeit immer näher beieinander liegen, man aber nicht sagen kann, bei welcher Zahl diese Anhäufung von Werten passiert. Die Schlüsselidee für die Konstruktion der reellen Zahlen ist, dass man in den Äquivalenzklassen von Cauchy-Folgen bezüglich ∼ gerade diejenigen CauchyFolgen zusammenfasst, für die die Anhäufung der Werte an demselben „Ort“ passiert. Dieser „Ort“ ist dann die reelle Zahl, die durch die Cauchy-Folge beschrieben wird. Rein formal spiegelt sich die analytische Natur der Definition von ∼ in den Quantoren wieder, aus denen man abliest, dass hier eine unendliche Anzahl von Bedingungen zu erfüllen ist. Sobald man sich an das Vorkommen dieser Quantoren gewöhnt hat, erkennt man, wie ähnlich der Konstruktionsprozess der reellen Zahlen als Äquivalenzklassen von rationalen Folgen (mit der Zusatzeigenschaft, dass die Folgen die Cauchy-Eigenschaft haben) dem Konstruktionsprozess der rationalen Zahlen als Äquivalenzklassen von Paaren ganzer Zahlen (mit der Zusatzeigenschaft, dass die zweite Zahl nicht Null sein darf) und der Konstruktion der ganzen Zahlen als Äquivalenzklassen von Paaren natürliche Zahlen (ohne weitere Einschränkungen) ist. Die Konstruktion der Addition auf den Äquivalenzklassen rationaler Cauchy-Folgen ähnelt der Konstruktion der Addition von Äquivalenzklassen von Paaren natürlicher Zahlen. Die Konstruktion der Struktur der Multiplikation auf den Äquivalenzklassen rationaler Cauchy-Folgen ist in gewisser Weise sogar viel einfacher als bei den ganzen oder rationalen Zahlen, weil sie völlig analog zur Konstruktion der Addition verläuft. Die Struktur der Nachweise für die algebraischen Eigenschaften der Operationen entspricht ebenfalls den schon behandelten Fällen. Nur die technischen Details sind bisweilen etwas schwieriger, weil das aussagenlogische Hantieren mit Ausdrücken,
14.2 Übung und Selbstkontrolle 261 die mehrere Quantoren enthalten, technisch anspruchsvoller ist als die analogen Operationen für Aussagen ohne Quantoren. 14.2 Übung und Selbstkontrolle Vertiefende Übungen Übung 14.1 (Schwache Äquivalenz von rationalen Folgen) Zeigen Sie, dass (an )n∈N ∼ ((−1)n an )n∈N genau dann gilt, wenn [(an )n∈N ] = 0. Übung 14.2 (Schwache Äquivalenz von rationalen Folgen) Zeigen Sie, dass gilt: (i) ( n1 )n∈N ∼ ( n2n+1 )n∈N 4n−3 (ii) ( 2n+1 n )n∈N ∼ ( 2n+1 )n∈N Übung 14.3 (Schwache Äquivalenz von rationalen Folgen) Zeigen Sie, dass [(n)n∈N ] = ∅ gilt. Übung 14.4 (Schwache Äquivalenz von rationalen Folgen) Zeigen Sie, dass es beschränkte (das heißt es gibt M > 0 mit ∀n ∈ N : |an | < M ) Folgen (an )n∈N mit [(an )n∈N ] = ∅ gibt. Übung 14.5 (Cauchy-Folgen) Seien a1 , a2 , . . . und b rationale Zahlen mit ∀n ∈ N : an ≥ an+1 ≥ b. (i) Zeigen Sie, dass die Folge (an )n∈N eine reelle Zahl definiert. (ii) Zeigen Sie, dass für jedes m ∈ N gilt: am ≥ [(an )n∈N ] ≥ b. Übung 14.6 (Ordnung auf R) Beweisen oder widerlegen Sie: Sei (an )n∈N eine Folge rationaler Zahlen, die eine reelle Zahl a definiert. Dann folgt aus an > 0 für alle n ∈ N, dass a > 0.
262 14 Von den rationalen zu den reellen Zahlen Übung 14.7 (Ordnung auf R) Seien (an )n∈N und (bn )n∈N Folge rationaler Zahlen, die reelle Zahlen a und b definieren. Zeigen Sie, dass a ≤ b gilt, falls es ein N ∈ N gibt mit ∀N < n ∈ N : an ≤ bn . Übung 14.8 (Betrag auf R) Sei (an )n∈N eine Cauchy-Folge in Q und a = [(an )n∈N ] die dadurch definierte reelle Zahl. Zeigen Sie, dass (|an |)n∈N eine Cauchy-Folge ist, die |a| = [(|an |)n∈N ] erfüllt. Kontrollfragen Die Lösungen zu den folgenden Fragen finden Sie auf S. 381. Frage 14.9 (Multiple Choice) Welche der folgenden Aussagen sind korrekt? 2 "[(n)n∈N ] #∈ R 1 2 n n∈N = [(0)n∈N ] $ % 2 [(−n)n∈N ] = ((−1)n )n∈N 2 (an )n∈N = (2, 2, 2, 2, 2, 2, 2, 2, 2, . . .) ∈ R Frage 14.10 (Multiple Choice) Sei ∼ eine schwache Äquivalenzrelation auf einer Menge M . Welche der folgenden Aussagen sind korrekt? 2 Wenn ∼ keine Äquivalenzrelation (also nicht reflexiv) ist, gilt ∃ m ∈ M : m ∼ m. 2 Wenn es ein m ∈ M mit m ∼ m gibt, so ist ∼ reflexiv. 2 Wenn es ein m ∈ M mit m ∼ m gibt, so ist [m] = ∅. 2 Wenn es keine leeren Äquivalenzklassen bezüglich ∼ gibt, so ist ∼ eine (echte) Äquivalenzrelation. Frage 14.11 (Single Choice) Eine rationale Zahl q kann nur durch die Äquivalenzklasse [(q, q, q, q, q, q, q, q, . . .)] ∈ R als reelle Zahl, im Sinne der Konstruktion aus diesem Kapitel, dargestellt werden. 2 stimmt 2 stimmt nicht
14.2 Übung und Selbstkontrolle 263 Frage 14.12 (Multiple Choice) Wir betrachten eine Folge (an )n∈N ∈ FQ . Für welche der folgenden Definitionen von an für ein beliebiges n ∈ N ist dies eine Cauchy-Folge? 2 2 2 2 2 an an an an an = n2 = n12 = 42 = (− n12 )n = (− 12 )n Frage 14.13 (Multiple Choice) Wir betrachten eine Cauchy-Folge a = (an )n∈N ∈ FQ . Welche der folgenden Aussagen sind korrekt? 2 2 2 2 Wenn Wenn Wenn Wenn für alle n ∈ N gilt an > 0, so ist [a] ∈ R+ . [a] ∈ R+ ist, sind alle Folgenglieder in Q+ . für n ∈ N gilt an = n1 , dann ist a ∈ Q+ , weil immer n1 > 0 gilt. es für alle n ∈ N mit n > 42 gilt, dass an > 2 ist, dann ist [a] ∈ R+ . Frage " 14.14 (Single #Choice) " #  10 Gilt −1 + 1+ + 1 + n1 n∈N ∈ R+ ? 1 n 2 ja 2 nein n∈N
15 Die Vollständigkeit der reellen Zahlen Übersicht 15.1 15.2 Texterarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 Übung und Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 In Kapitel 14 wurde ein geordneter Körper konstruiert, der die rationalen Zahlen enthält und unser Kandidat für ein Modell der reellen Zahlen ist. Um das Programm abzuschließen, muss man nur noch nachweisen, dass dieser geordnete Körper vollständig im Sinne von Kapitel 9 ist. Anschaulich entspricht das der leicht zu verstehenden Aussage, dass es keine Löcher im Zahlenstrahl gibt. Um einen sauberen Beweis der Vollständigkeit zu geben, muss man allerdings auf praktisch alle Techniken zurückgreifen, die wir in diesem Buch besprochen haben. In dieser Hinsicht ist die Vollständigkeit der reellen Zahlen ein Kulminationspunkt dieses Buches. Für die Analysis, insbesondere die Differenzial- und Integralrechnung, ist dies der Startpunkt. Lernziele 1. Vollständigkeit der reellen Zahlen a) Sie können anhand eines Textes den Beweis für die Vollständigkeit der reellen Zahlen erklären. (BT2) b) Sie können erklären, wieso die Vollständigkeit der reellen Zahlen zeigt, dass in den reellen Zahlen das archimedische Axiom gilt. (BT2) c) Sie können erklären, warum man die Konstruktionen in Kapitel 11 bis 14 gemacht hat. (BT2) J. Hilgert, M. Hoffmann, A. Panse, Einführung in mathematisches Denken und Arbeiten, DOI 10.1007/978-3-662-45512-8_15, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
266 15 Die Vollständigkeit der reellen Zahlen 15.1 Texterarbeitung Für dieses Kapitel soll ein Text gelesen werden, in dem der Nachweis dafür geführt wird, dass der in Kapitel 14 konstruierte geordnete Körper vollständig ist. Literatur: [E92], [HH12], [KvP13], [MM93] Beispieltext: [HH12], S. 254–256 Beispieltext aus [HH12] Die Vollständigkeit von R ?1 Unser nächstes Ziel ist es, die Vollständigkeit von R zu zeigen. Eine präzise Definition dafür, was wir unter Vollständigkeit eines Zahlbereichs verstehen wollen, haben wir auf Seite 175 gegeben. Wir beginnen mit zwei Lemmata. Lemma A.39 (i) Zu jeder reellen Zahl a > 0 gibt es ein ε ∈ Q mit 0 < ε < a. (ii) Zu jeder reellen Zahl a gibt es ein k ∈ N mit |a| < k. Beweis. ?2 ?3 (i) Wenn a = [(an )n∈N ], dann gibt es eine rationale Zahl ε > 0 und ein no ∈ N mit an > 2ε für n > no . Dann gilt aber an − ε > ε für alle n > no , also a − ε > 0 und daher a > ε. (ii) Im Beweis von Lemma A.35 wurde gezeigt, dass es ein k ∈ N mit ∀n ∈ N : 1 − k < an < k − 1, also ∀n ∈ N : k ± an > 1 gibt. Aber das impliziert k > ±a, woraus wiederum k > |a| folgt. Lemma A.40 Sei b ∈ Q und (an )n∈N eine Folge in Q mit an ≤ an+1 ≤ b ?4 für alle n ∈ N, dann gilt a := [(an )n∈N ] = ∅ und am ≤ a ≤ b in R für alle m ∈ N. b 6 - ?5 Beweis. Wenn (an )n∈N ∼ (an )n∈N , dann finden wir ein ε > 0 und zu jedem k ∈ N natürliche Zahlen pk , qk mit pk−1 < qk < pk und apk − aqk ≥ ε. Damit rechnet man apk − aq1 = (apk − aqk ) + (aqk − apk−1 ) + (apk−1 − aqk−1 ) + . . . + (ap1 − aq1 ) ≥ (apk − aqk ) + (apk−1 − aqk−1 ) + . . . + (ap1 − aq1 ) ≥ kε
15.1 Texterarbeitung 267 im Widerspruch (Lemma A.39) zur Beschränktheit der an . Damit ist gezeigt, dass [(an )n∈N ] = ∅, also a ∈ R. Um die Ungleichung an ≤ a ≤ b zu zeigen, beachte zunächst, dass an und b durch die konstanten Folgen (ck )k∈N und (dk )k∈N mit ck = an und dk = b definiert sind und an = ck ≤ ak ≤ dk = b für k > n gilt. Dies schließt die Beziehungen an > a und a > b aus, also folgt die Ungleichung aus Satz A.38. ?6 Satz A.41 Jede nichtleere nach unten beschränkte Teilmenge von R hat eine größte untere Schranke. Beweis. Sei M ⊆ R nach unten beschränkt. Wähle eine natürliche Zahl q1 ∈ N und betrachte die Menge    p  S1 := p ∈ Z  ∀x ∈ M : ≤x . q1 Da mit M auch die Menge q1 ·M := {q1 x | x ∈ M } nach unten beschränkt ist, ist nach Lemma A.39(ii) die Menge S1 nach oben beschränkt, hat also ein größtes Element p1 . Induktiv definieren wir qn+1 := 2qn  und Sn+1 := p∈Z    ∀x ∈ M : p qn+1  ≤x . Wie zuvor stellt man fest, dass Sn+1 ein größtes Element pn+1 hat. Da aus Ungleichung 2pn qn+1 ≤ x folgt, erhalten wir pn+1 ≥ 2pn und pn+1 qn+1 ≥ Folge ( pqn )n∈N nach Lemma A.40 ein Element a ∈ R, für das gilt pn qn pn qn ≤ x die . Dann definiert die ?8 ?9 ?10 ?11 ?12 n ∀x ∈ M : ?7 a ≤ x. Wir behaupten, dass dieses a die größte untere Schranke von M ist. Dazu nehmen wir an, dass es ein b ∈ R mit ∀x ∈ M : a < b ≤ x gibt. Nach Lemma A.39 gibt es ein rationales ε > 0 mit ε < b − a, das heißt a + ε < b. Wegen 2n > n + 1 für alle n ∈ N \ {1} (Induktion) ist die Menge {qn ∈ N | n ∈ N} nicht beschränkt. p Also gibt es ein n ∈ N mit qn > 1ε . Sei no das kleinste solche n. Wegen qno ≤ a gilt no pno + 1 pno 1 pno = + < + ε ≤ a + ε < b. qno qno qno qno p +1 eine untere Schranke für M im Widerspruch zur Definition von pno . Aber dann ist nqo no Also war a schon die größte untere Schranke von M . ?13
268 15 Die Vollständigkeit der reellen Zahlen Lesen des Textes mit Papier und Stift ?1 Stolperstein: Definition der Vollständigkeit Das muss ich mir nocheinmal ansehen. Ach so: Z ist vollständig, wenn jede nach unten beschränkte nichtleere Teilmenge von Z eine größte untere Schranke hat. Zum Beispiel ist Q nicht vollständig, weil {a ∈ Q+ | a2 > 2} keine größte untere Schranke hat. ?2 Stolperstein: ∃ ε ∈ Q+ und n0 ∈ N mit ∀ n > n0 : an > 2ε Frage: Warum? Ach so: (Definition von R+ nachgeschaut) Das folgt direkt aus dieser Definition. ?3 Stolperstein: Aus dem Beweis von Lemma A.35: ∃k ∈ N ∀n ∈ N : 1 − k < an < k − 1 Das muss ich nachsehen. Ach so: Es wurde gezeigt: Man findet ein s ∈ N mit: ∀n ∈ N : −s < an < s. Ersetze s durch k − 1. ?4 Stolperstein: an ≤ an+1 ≤ b ⇒ am ≤ a ≤ b Frage: Was steht da überhaupt? Ach so: an ≤ an+1 ≤  b ,   ∈Q ∈Q ∈Q das heißt die Folgenglieder wachsen, aber nicht über b hinaus. Gezeigt werden soll, dass die Folge (an )n∈N dann eine Cauchy-Folge ist. Darüber hinaus wird behauptet, dass für die durch (an )n∈N definierte Zahl a = [(an)n∈N ] gilt: an ≤ a ≤ b für jedes n, wobei man die rationalen Zahlen an und b als reelle Zahlen lesen muss und ≤ die Ordnung auf R ist.
15.1 Texterarbeitung ?5 269 Stolperstein: Beweisstruktur Frage: Was zeigen wir hier? Ach so: Zwei Teile: (1) [(an)n∈N ] = ∅ (2) am ≤ a ≤ b ?6 Stolperstein: Satz A.38 Frage: Was sagt dieser Satz aus? Ach so: Trichotomie ?7 Stolperstein: Beweis von Satz A.41 Das muss ich mir an einem Beispiel verdeutlichen. Ach so: zum Beispiel M = {r ∈ R | 1 < r}, q1 = 5 p ≤ x} 5 {. . . , −2, −1, 0, 1, 2, 3, 4, 5} ⇒ {r ∈ R | 5 < r}, q2 = 2q1 = 10 p {p ∈ Z | ∀ x ∈ M : ≤ x} 10 {. . . , −2, −1, 0, 1, 2, . . . , 10} ⇒ ⇒ S1 = {p ∈ Z | ∀ x ∈ M : = q1 · M = ⇒ S2 = = .. . Immer gilt: pn qn √ 2 < r < 3}, q1 = 8 p ≤ x} 8 {. . . , −2, −1, 0, 1, 2, . . . , 11} ⇒ p1 = 11, q2 = 16 p ≤ x} {p ∈ Z | ∀ x ∈ M : 16 {. . . , −2, −1, 0, 1, 2, . . . , 22} ⇒ p2 = 22, q3 = 32 p {p ∈ Z | ∀ x ∈ M : ≤ x} 32 {. . . , −2, −1, 0, 1, 2, . . . , 45} ⇒ p3 = 45, q4 = 64 p ≤ x} {p ∈ Z | ∀ x ∈ M : 64 {. . . , −2, −1, 0, 1, 2, . . . , 90} ⇒ p4 = 90, ⇒ S1 = {p ∈ Z | ∀ x ∈ M : ⇒ S2 = = ⇒ S3 = = ⇒ S4 = = .. .  11 45 90 , , 8 32 64 = p2 = 10 = 1. zum Beispiel M = {r ∈ R | = p1 = 5 45 ,... 32
270 ?8 15 Die Vollständigkeit der reellen Zahlen pn qn Stolperstein: ≤x Frage: Warum gilt das? Ach so: pn = max{p ∈ Z | ∀ x ∈ M : ?9 2pn qn+1 Stolperstein: p qn ≤ x} nach Definition ≤x Frage: Warum gilt das? Ach so: ?10 pn qn ≤ x und qn+1 = 2qn Stolperstein: pn+1 ≥ 2pn Frage: Warum gilt das? pn ≤x Ach so: ∀ x ∈ M : q2n+ 1 ⇒ 2pn ∈ Sn+1 = {p ∈ Z | ∀ x ∈ M : ⇒ 2pn ≤ pn+1 = max Sn+1 ?11 pn+1 qn+1 Stolperstein: ≥ p qn+1 ≤ x} pn qn Frage: Warum gilt das? Ach so: ?12 pn+1 qn+1 ≥ 2pn qn+1 = 2pn 2qn = pn qn Stolperstein: „nach Lemma A.40“ Frage: Wieso können wir dieses Lemma anwenden? Ach so: Wir haben eine Folge ( pqnn )n∈N konstruiert, die die Voraussetzungen von Lemma A.40 erfüllt, nämlich pn qn ?13 ≤ pn+1 qn+1 ≤ x. pn +1 Stolperstein: qn0 ist eine untere Schranke für M ist ein Wider0 spruch zur Definition von pn0 . Frage: Warum ist das so? Ach so: ∀ x ∈ M : pn0 +1 qn0 ≤ x, das heißt pn0 + 1 ∈ Sn0 Aber pn0 < pn0 + 1 steht dann im Widerspruch zu pn0 = max Sn0 .
15.1 Texterarbeitung 271 Erläuterungen zum Text Der Schlüssel für den Beweis der Vollständigkeit der reellen Zahlen ist die Beobachtung aus Lemma A.40 (Beispieltext, S. 266), dass beschränkte monoton steigende Folgen Cauchy-Folgen sind. Der Beweis von Satz A.41 (Beispieltext, S. 267) basiert dann auf der Idee sukzessive die Bruchzahlen mit Nenner 2n zu betrachten und zu einer nach unten beschränkten Teilmenge M ⊆ R jeweils die größte solche Zahl zu wählen, die kleiner ist als alle Elemente von M . Die so gebildete Cauchy-Folge liefert dann das Infimum von M als reelle Zahl. Der im Beispieltext gegebene Beweis benutzt neben den Konstruktionen der Kapitel 11 bis 14 und den Begriffen aus Kapitel 7 bis 9 auch Induktion (Kapitel 6 und 10) sowie einen Widerspruchsbeweis (Kapitel 5). Bemerkung 15.1 (Irrationale Zahlen) Die reellen Zahlen, die nicht rational sind, das heißt die Elemente von R \ Q, heißen irrationale Zahlen. Nach Satz 1.20 (Beispieltext zu Kapitel 6, S. 122) und √ Beispiel A.9 (Beispieltext zu Kapitel 9, S. 176) wissen wir, dass die Zahl 2 existiert und irrational ist. Mithilfe des archimedischen Axioms (Proposition A.8, Beispieltext zu Kapitel 9, S. 176) folgern wir daraus, dass zwischen zwei reellen Zahlen immer eine rationale und eine irrationale Zahl liegt. Man sagt dann auch, dass Q und R \ Q dicht in R liegen. Wir gehen in drei Schritten vor: 1. Zwischen je zwei rationalen Zahlen liegen beliebig viele irrationale Zahlen. √ Es seien a, b ∈ Q, a < b. Nun ist 2 > 1 (wegen 12 < 2), also gilt für jedes √ k ∈ N die Ungleichung 0 < b − a < k 2(b − a), somit a<a+ Wäre ck ∈ Q, so wäre auch √ 2= b−a √ =: ck < b. k 2 b−a k(ck −a) ∈ Q, was widersprüchlich ist. 2. Zwischen je zwei reellen Zahlen liegen zwei rationale Zahlen. 1 Es seien r, s ∈ R mit r > s. Dann ist r − s > 0 und ebenso r−s > 0. Nach dem archimedischen Axiom ist N unbeschränkt in R, das heißt, es existiert ein n ∈ N mit 1 . n> r−s Setze m := 2n. Dann ist m> 2 , r−s also rm > sm + 2. Nun gilt sm! ≤ sm ≤ sm! + 1,
272 15 Die Vollständigkeit der reellen Zahlen wobei x! die größte ganze Zahl ist, die kleiner oder gleich x ist. Folglich gilt sm < sm! + 1 < sm! + 2 ≤ sm + 2 < rm, also s< sm! + 1 sm! + 2 < < r. m m Die beiden (verschiedenen) Zahlen sm+1 und m rational und liegen zwischen r und s. sm+2 m sind nach Konstruktion 3. Zwischen zwei reellen Zahlen liegt immer eine irrationale Zahl. Man konstruiert zu den reellen Zahlen zunächst wie in Schritt 2 zwei rationale Zahlen, die dazwischenliegen, und dann wie in Schritt 1 eine irrationale Zahl, die zwischen den rationalen liegt. 15.2 Übung und Selbstkontrolle Vertiefende Übungen Übung 15.2 (Cauchy-Folgen) Zeigen Sie, dass eine Folge (an )n∈N in Q genau dann eine Cauchy-Folge ist, wenn (CF) ∀ 0 < ε ∈ R ∃ K ∈ N : (∀ m, n > K : |am − an | < ε). Es ist daher unzweideutig, eine Folge (an )n∈N in R eine Cauchy-Folge zu nennen, wenn sie die Bedingung (CF) erfüllt. Hinweis: Überlegen Sie sich zunächst, was der Unterschied zwischen (CF) und der Definition einer Cauchy-Folge aus dem Beispieltext ist. Übung 15.3 (Grenzwerte von Folgen) Sei (an )n∈N eine Folge in R. Eine Zahl a ∈ R heißt Grenzwert von (an )n∈N , wenn (GW) ∀ 0 < ε ∈ R ∃ K ∈ N : (∀ n > K : |an − a| < ε). Zeigen Sie: (i) Die Folge (an )n∈N hat höchstens einen Grenzwert. (ii) Wenn (an )n∈N einen Grenzwert hat, ist es eine Cauchy-Folge. Übung 15.4 (Grenzwerte von Folgen) Sei (an )n∈N eine Cauchy-Folge in R. Zeigen Sie:
15.2 Übung und Selbstkontrolle 273 (i) Die Folge (an )n∈N ist beschränkt, das heißt, es gibt ein M ∈ R mit ∀n ∈ N : |an | ≤ M. (ii) Die durch sm := sup{an | n ≥ m} definierte Folge (sm )m∈N ist monoton fallend, das heißt, sie erfüllt ∀n, m ∈ N, n ≤ m : sn ≥ sm . (iii) Die Menge {sn ∈ R | n ∈ N} ist beschränkt, und ihr Infimum ist ein Grenzwert von (an )n∈N . Zusammen mit Übung 15.3 ergibt sich: Jede reelle Cauchy-Folge hat einen eindeutig bestimmten Grenzwert. Übung 15.5 (Grenzwerte von Folgen) Sei (an )n∈N eine Cauchy-Folge in Q und a = [(an )n∈N ] ∈ R. Zeigen Sie, dass a der eindeutig bestimmte Grenzwert von (an )n∈N ist. Übung 15.6 (Wurzel aus 2) Wir betrachten die Folge a1 = 1, a2 = a21 + 2 3 a2 + 2 17 a2 + 2 577 , a4 = 3 , ... = , a3 = 2 = = 2a1 2 2a2 12 2a3 508 Das heißt, (an )n∈N ist durch a1 = 1 und an+1 := Sie: (i) ∀ n ∈ N : an − an+1 = an 2 − 1 an = 1 2 2an (an a2n +2 2an = an 2 + a1n definiert. Zeigen − 2) ≥ 0 Anmerkung: Dies bedeutet, dass (an )n∈N eine monoton fallende Folge ist. (ii) Die Folge (an )n∈N ist eine Cauchy-Folge (und hat daher nach Übung 15.5 einen eindeutig bestimmten Grenzwert). (iii) Der Grenzwert a von (an )n∈N erfüllt a2 = 2. Kontrollfragen Die Lösungen zu den folgenden Fragen finden Sie auf S. 381. Frage 15.7 (Single Choice) Ist die folgende Aussage korrekt? Zwischen zwei reellen Zahlen liegt immer eine rationale Zahl. 2 ja
274 15 Die Vollständigkeit der reellen Zahlen 2 nein Frage 15.8 (Multiple Choice) Welche der folgenden Aussagen ist korrekt? 2 2 2 2 ∀ a ∈ R, a > 0 ∃ n ∈ N : a < n ∃a ∈ R ∀n ∈ N : n < a ∃ a, b ∈ R, a < b : (∀ c ∈ R, a < c < b : c ∈ R \ Q) ∀ q, p ∈ Q, q < p ∃ a ∈ Q : q < a < p Frage 15.9 (Single Choice) Ist die folgende Aussage korrekt? &' ( ) 1 5− ≤ 42 n n∈N 2 ja 2 nein Frage 15.10 (Single Choice) Ist die folgende Aussage korrekt? ∀M ⊂ R ∃s ∈ R : s = inf M 2 ja 2 nein Frage 15.11 (Multiple Choice) Welche der folgenden Aussagen ist korrekt? 2 Geht man von der Existenz einer Menge aus, die die Axiome Minimal-, Maximalprinzip, Asymmetrie und Unbeschränktheit erfüllt, so folgt hieraus schon die Existenz eines vollständigen geordneten Körpers. 2 Es gibt eine injektive Abbildung j : N → R, die die Ordnung erhält und j(m + n) = j(m) + j(n) beziehungsweise j(mn) = j(m)j(n) erfüllt. √ 2 In unserem Modell für R existiert für beliebige k ∈ N, q ∈ Q die Wurzel k q und lässt sich wie folgt definieren: √ k   q = inf x ∈ R | xk > q .
16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Übersicht 16.1 16.2 16.3 16.4 16.5 16.6 16.7 16.8 16.9 16.10 16.11 16.12 16.13 16.14 16.15 16.16 16.1 Erste Schritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teilbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mengen, Relationen, Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Größter gemeinsamer Teiler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aussagenlogik und Widerspruchsbeweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vollständige Induktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abelsche Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommutative Ringe und Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vollständig angeordnete Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Natürliche Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Addition und Multiplikation auf den natürlichen Zahlen . . . . . . . . . . . Von den natürlichen zu den ganzen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Von den ganzen zu den rationalen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Von den rationalen zu den reellen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Vollständigkeit der reellen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lösungen zu den Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 276 286 312 316 322 330 339 344 359 361 367 370 374 377 380 Erste Schritte Lösungsvorschlag für Übung 1.1 (Beschreibung von Mengen) (i) M1 = {−5, −4, −3, −2, −1, 0, 1, 2, 3, 4, 5}. M1 ist die Menge aller Zahlen, die betragsmäßig kleiner gleich 5 sind, also zwischen −5 und 5 (−5 und 5 eingeschlossen) liegen.   (ii) M2 = 11 , 12 , 13 , 14 , . . . . M2 ist die Menge aller Brüche mit Zähler 1, deren Nenner eine natürliche Zahl ist. J. Hilgert, M. Hoffmann, A. Panse, Einführung in mathematisches Denken und Arbeiten, DOI 10.1007/978-3-662-45512-8_16, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
276 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben (iii) M3 = {2, 4, 6, 8, 10, 12, . . .}. M3 beschreibt die Menge aller geraden Zahlen. Lösungsvorschlag für Übung 1.2 (Beschreibung von Mengen)   (i) M1 = n2 | n ∈ N . M1 ist die Menge aller Quadrate natürlicher Zahlen. (ii) M2 = {m ∈ N0 | es gibt eine Zahl n ∈ N0 mit 3 · n = m} = {3 · n | n ∈ N0 }, das heißt M2 ist die Menge aller durch 3 teilbaren Zahlen in N0 . Erinnerung: N0 bezeichnet die Menge der natürlichen Zahlen zusammen mit der 0. (iii) M3 = {10n | n ∈ Z}. M3 ist die Menge aller Zehnerpotenzen mit ganzzahligem Exponenten. Lösungsvorschlag für Übung 1.3 (Beschreibung von Mengen) M1 = {. . . , −11, −6, −1, 4, 9, 14, . . .}. M1 = {m ∈ Z | es gibt eine Zahl n ∈ Z mit 5 · n = m + 1} = {5 · n − 1 | n ∈ Z}.     (ii) M2 = k1 ∈ Q | k = 2n für ein n ∈ N = 21n ∈ Q | n ∈ N   1 = 12 , 14 , 18 , 16 ,... .    2 (iii) L = x ∈ R | x2 − 4 = 16 .  √ √  L = − 8, 0, 8 . (i) Lösungsvorschlag für Übung 1.4 (Quadratwurzel)   M = d ∈ R>0 | d2 = 2a2 , a ∈ N . Erinnerung: R>0 bezeichnet die Menge der echt positiven reellen Zahlen. 16.2 Teilbarkeit Lösungsvorschlag für Übung 2.4 (Restklassen und Uhrzeit) (i) Wir rechnen den Stundenzähler in normale Uhrzeiten um. Hierzu bestimmen wir die Reste bei Division durch 24.
16.2 Teilbarkeit (a) (b) (c) (d) Es Es Es Es gilt gilt gilt gilt 277 4713 ≡24 9. Somit muss es 09.00 Uhr sein. 837 ≡24 21. Somit muss es 21.00 Uhr sein. 262 ≡24 22. Somit muss es 22.00 Uhr sein. 52 ≡24 4. Somit muss es 04.00 Uhr sein. (ii) Gesucht sind alle Repräsentanten der Restklassen [0],[1],[2],[3],[4] modulo 24. Wir erstellen die folgende Tabelle: M0 = [0] ∩ N0 M1 = [1] ∩ N0 M2 = [2] ∩ N0 M3 = [3] ∩ N0 M4 = [4] ∩ N0 0 24 48 72 96 120 .. . 1 25 49 73 97 121 .. . 2 26 50 74 98 122 .. . 3 27 51 75 99 123 .. . 4 28 52 76 100 124 .. . (iii) Wir können die Mengen auf verschiedene Arten aufschreiben: Mt = {24 · n + t | n ∈ N0 } = {n ∈ N0 | n ≡24 t} = {n ∈ N0 | n ∈ [t]} = {n ∈ N0 | [n] = [t]} = {n ∈ N0 | n ≡ t mod 24} = [t] ∩ N0 . Lösungsvorschlag für Übung 2.5 (Gerade und ungerade Zahlen) (i) Sei even die Menge aller geraden und odd die Menge aller ungeraden Zahlen. Eine Möglichkeit, diese Mengen zu beschreiben, ist: even = {n ∈ Z | n ist gerade} und odd = {n ∈ Z | n ist ungerade}. (ii) Wir wissen, dass eine Zahl genau dann gerade ist, wenn sie durch 2 teilbar ist. Sie ist genau dann ungerade, wenn sie nicht durch 2 teilbar ist, was bedeutet, dass sie bei Division durch 2 den Rest 1 hinterlässt. Damit gelangen wir zu folgendem Zusammenhang: even = [0]2 und (iii) Seien a, b ∈ even, x, y ∈ odd und n ∈ Z. (a) a + b ∈ even odd = [1]2 .
278 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben (b) a + x ∈ odd (c) x · y ∈ odd (d) a · n ∈ even (iv) Wir beweisen die Aussagen aus (iii). Dazu benutzen wir das Ergebnis aus (ii) und beschreiben die Menge der geraden und ungeraden Zahlen durch Restklassen. Wir erinnern uns an die Vorschriften zur Addition und Multiplikation von Restklassen (siehe Beispieltext, S. 18, Beispiel 1.4) und führen folgende Beweise. Seien a, b, n, x, y wie oben definiert. (a) Es gilt [a]2 = [b]2 = [0]2 und somit a + b ∈ [a + b]2 = [a]2 + [b]2 = [0]2 + [0]2 = [0 + 0]2 = [0]2 = even. Also a + b ∈ even. (b) Es gilt [a]2 = [0]2 und [x]2 = [1]2 und somit a + x ∈ [a + x]2 = [a]2 + [x]2 = [0]2 + [1]2 = [0 + 1]2 = [1]2 = odd. Also a + x ∈ odd. (c) Es gilt [x]2 = [y]2 = [1]2 und somit x · y ∈ [x · y]2 = [x]2 · [y]2 = [1]2 · [1]2 = [1 · 1]2 = [1]2 = odd. Also x · y ∈ odd. (d) Wir wissen, dass immer n · 0 = 0 gilt. Wegen [a]2 = [0]2 erhalten wir a · n ∈ [a · n]2 = [a]2 · [n]2 = [0]2 · [n]2 = [0 · n]2 = [0]2 = even. Also a · n ∈ even. Lösungsvorschlag für Übung 2.6 (Teilbarkeitsregeln) (i) – Eine Zahl n ∈ Z ist durch 2 teilbar, wenn ihre letzte Ziffer durch 2 teilbar ist. – Eine Zahl n ∈ Z ist durch 3 teilbar, wenn ihre Quersumme durch 3 teilbar ist. – Eine Zahl n ∈ Z ist durch 4 teilbar, wenn diejenige Zahl, die aus den letzten zwei Ziffern von n gebildet wird, durch 4 teilbar ist. – Eine Zahl n ∈ Z ist durch 5 teilbar, wenn ihre letzte Ziffer durch 5 teilbar ist. An dieser Stelle sei auf die zusätzlichen Beispiele zu diesem Kapitel (ab S. 33) verwiesen. Dort befinden sich Herleitungen und genauere Erläuterungen zu diesen und noch weiteren Regeln.
16.2 Teilbarkeit 279 (ii) – Eine Zahl n ∈ Z ist durch 2 teilbar, wenn die gewichtete Quersumme, die dadurch entsteht, dass die Einer mit 1 und alle anderen Stellen mit 0 multipliziert werden, durch 2 teilbar ist. – Eine Zahl n ∈ Z ist durch 3 teilbar, wenn ihre Quersumme durch 3 teilbar ist. – Eine Zahl n ∈ Z ist durch 4 teilbar, wenn die gewichtete Quersumme, die dadurch entsteht, dass die Einer mit 1, die Zehner mit 10 und alle anderen Stellen mit 0 multipliziert werden, durch 4 teilbar ist. – Eine Zahl n ∈ Z ist durch 5 teilbar, wenn die gewichtete Quersumme, die dadurch entsteht, dass die Einer mit 1 und alle anderen Stellen mit 0 multipliziert werden, durch 5 teilbar ist. (iii) Wir nennen eine Teilbarkeitsregel, die auf dem Prinzip der gewichteten Quersumme beruht. Um die Teilbarkeit einer beliebigen Zahl durch 13 zu überprüfen multiplizieren wir die Einer mit 1 (1 = 0 · 13 + 1), Zehner mit 10 (10 = 0 · 13 + 10), Hunderter mit 9 (100 = 7 · 13 + 9), Tausender mit 12 (1 000 = 76 · 13 + 1), 10 000er mit 3 (10 000 = 769 · 13 + 3), 100 000er mit 4 (100 000 = 7 692 · 13 + 4), 1 000 000er mit 1 (1 000 000 = 76 923 · 13 + 1), 10 000 000er mit 10 (10 000 000 = 769 230 · 13 + 10), usw. und bilden die gewichtete Quersumme. Die Zahl ist genau dann durch 13 teilbar, wenn die gewichtete Quersumme durch 13 teilbar ist. Beweis: Wir überlegen uns die Reste der Zehnerpotenzen, die sich bei Division durch 13 ergeben: 1 ≡13 1 10 ≡13 10 100 ≡13 9 1 000 ≡13 12 10 000 ≡13 3 100 000 ≡13 4 1 000 000 ≡13 1 .. . Diese definieren bereits die gewichtete Quersummenregel. Dazu betrachte man im Beispieltext Beispiel 1.4 (S. 18) und Beispiel 1.5 (S. 21).
280 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben (iv) Wir zeigen, dass 59 527 durch 13 teilbar ist. Dazu bilden wir die gewichtete Quersumme nach obiger Regel und erhalten 5 · 3 + 9 · 12 + 5 · 9 + 2 · 10 + 7 · 1 = 195. Es gilt 195 = 5 · 39 = 5 · 3 · 13. Also ist die gewichtete Quersumme durch 13 teilbar und somit auch 59 527. Wir zeigen, dass 74 754 nicht durch 13 teilbar ist. Dazu bilden wir die gewichtete Quersumme nach obiger Regel und erhalten 7 · 3 + 4 · 12 + 7 · 9 + 5 · 10 + 4 · 1 = 186. Um zu überprüfen, ob 186 durch 13 teilbar ist, können wir zum Beispiel erneut die gewichtete Quersumme bilden: 1 · 9 + 8 · 10 + 6 · 1 = 95. 95 ist offensichtlich nicht durch 13 teilbar. Damit haben wir gezeigt, dass 186 und somit auch 74 754 nicht durch 13 teilbar sind. Lösungsvorschlag für Übung 2.7 (Teilbarkeitsregeln) (i) – Eine Zahl n ∈ Z ist durch 6 teilbar, wenn sie sowohl durch 2 als auch durch 3 teilbar ist. – Eine Zahl n ∈ Z ist durch 8 teilbar, wenn diejenige Zahl, die aus den letzten drei Ziffern besteht, durch 8 teilbar ist. – Eine Zahl n ∈ Z ist durch 9 teilbar, wenn ihre Quersumme durch 9 teilbar ist. – Eine Zahl n ∈ Z ist durch 10 teilbar, wenn ihre letzte Ziffer eine 0 ist. An dieser Stelle sei auf die zusätzlichen Beispiele zu diesem Kapitel (ab S. 33) verwiesen. Dort finden sich Herleitungen und genauere Erläuterungen zu diesen und noch weiteren Regeln. (ii) – Eine Zahl n ∈ Z ist durch 6 teilbar, wenn die gewichtete Quersumme, die dadurch entsteht, dass die Einer mit 1 und alle anderen Stellen mit 4 multipliziert werden, durch 6 teilbar ist. – Eine Zahl n ∈ Z ist durch 8 teilbar, wenn die gewichtete Quersumme, die dadurch entsteht, dass die Einer mit 1, die Zehner mit 2, die Hunderter mit 4 und alle anderen Stellen mit 0 multipliziert werden, durch 8 teilbar ist. – Eine Zahl n ∈ Z ist durch 9 teilbar, wenn ihre Quersumme durch 9 teilbar ist.
16.2 Teilbarkeit 281 – Eine Zahl n ∈ Z ist durch 10 teilbar, wenn die gewichtete Quersumme, die dadurch entsteht, dass die Einer mit 1 und alle anderen Stellen mit 0 multipliziert werden, durch 10 teilbar ist. (iii) Wir nennen eine Teilbarkeitsregel, die auf dem Prinzip der gewichteten Quersumme beruht. Um die Teilbarkeit einer beliebigen Zahl durch 17 zu überprüfen, multiplizieren wir die Einer mit 1 (1 = 0 · 17 + 1), Zehner mit 10 (10 = 0 · 17 + 10), Hunderter mit 15 (100 = 5 · 17 + 15), Tausender mit 14 (1 000 = 58 · 17 + 14), 10 000er mit 4 (10 000 = 588 · 17 + 4), 100 000er mit 6 (100 000 = 5 882 · 17 + 6), 1 000 000er mit 9 (1 000 000 = 58 823 · 17 + 9), 10 000 000er mit 5 (10 000 000 = 588 235 · 17 + 5), 100 000 000er mit 16 (100 000 000 = 5 882 352 · 17 + 16), 1 000 000 000er mit 7 (1 000 000 000 = 58 823 529 · 17 + 7), 10 000 000 000er mit 2 (10 000 000 000 = 588 235 294 · 17 + 2), 100 000 000 000er mit 3 (100 000 000 000 = 5 882 352 941 · 17 + 3), 1 000 000 000 000er mit 13 (1 000 000 000 000 = 58 823 529 411 · 17 + 13), 10 000 000 000 000er mit 11 (10 000 000 000 000 = 588 235 294 117 · 17 + 11), 100 000 000 000 000er mit 8 (100 000 000 000 000 = 5 882 352 941 176·17+8), 1 000 000 000 000 000er mit 12 (1 000 000 000 000 000 = 58 823 529 411 764 · 17 + 12), 10 000 000 000 000 000er mit 1 (10 000 000 000 000 000 = 588 235 294 117 647 · 17 + 1) usw. und bilden die gewichtete Quersumme. Die Zahl ist genau dann durch 17 teilbar, wenn die gewichtete Quersumme durch 17 teilbar ist.
282 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Beweis: Wir überlegen uns die Reste der Zehnerpotenzen, die sich bei Division durch 17 ergeben: 1 ≡17 1 10 ≡17 10 100 ≡17 15 1 000 ≡17 14 10 000 ≡17 4 100 000 ≡17 6 1 000 000 ≡17 9 10 000 000 ≡17 5 100 000 000 ≡17 16 1 000 000 000 ≡17 7 10 000 000 000 ≡17 2 100 000 000 000 ≡17 3 1 000 000 000 000 ≡17 13 10 000 000 000 000 ≡17 11 100 000 000 000 000 ≡17 8 1 000 000 000 000 000 ≡17 12 10 000 000 000 000 000 ≡17 1 .. . Diese definieren bereits die gewichtete Quersummenregel. (siehe Beispieltext, Beispiel 1.4 (S. 18) und Beispiel 1.5 (S. 21)). (iv) Wir zeigen, dass 59 527 nicht durch 17 teilbar ist. Dazu bilden wir die gewichtete Quersumme nach obiger Regel und erhalten 5 · 4 + 9 · 14 + 5 · 15 + 2 · 10 + 7 · 1 = 248. Um zu überprüfen, ob 248 durch 17 teilbar ist, können wir zum Beispiel erneut die gewichtete Quersumme 2 · 15 + 4 · 10 + 8 · 1 = 78 bilden. Offensichtlich 78 ist nicht durch 17 teilbar. Also haben wir gezeigt, dass 248 und somit auch 59 527 nicht durch 17 teilbar sind. Wir zeigen, dass 716 618 durch 17 teilbar ist. Dazu bilden wir die gewichtete Quersumme nach obiger Regel und erhalten 7 · 6 + 1 · 4 + 6 · 14 + 6 · 15 + 1 · 10 + 8 · 1 = 238.
16.2 Teilbarkeit 283 Um zu überprüfen, ob 238 durch 17 teilbar ist, können wir zum Beispiel erneut die gewichtete Quersumme 2 · 15 + 3 · 10 + 8 · 1 = 68 bilden. Es gilt gilt 68 = 4 · 17. Also sind nach der gewichteten Quersummenregel 238 und damit auch 716 618 durch 17 teilbar. Lösungsvorschlag für Übung 2.8 (Rechnen mit Restklassen modulo 4) (i) Eine Zahl n ∈ Z ist genau dann durch 4 mit Rest r ∈ N0 teilbar, wenn es ein k ∈ Z gibt, sodass gilt: n = k · 4 + r. gilt. (ii) - Beispiel 1: Es gilt [−1] = [3] und [0] = [4] und außerdem [−1] + [0] = [−1 + 0] = [−1] = [7] = [3 + 4] = [3] + [4]. - Beispiel 2: Es gilt [2] = [6] und [−2] = [10] und außerdem [2] + [−2] = [2 + (−2)] = [0] = [16] = [6 + 10] = [6] + [10]. (iii) Seien a1 , a2 , b1 , b2 ∈ Z mit [a1 ] = [a2 ] und [b1 ] = [b2 ]. Wir zeigen, dass dann [a1 + b1 ] = [a2 + b2 ] gilt. Wegen [a1 ] = [a2 ] und [b1 ] = [b2 ] gibt es Reste ra , rb ∈ N0 mit 0 ≤ ra < 4 und 0 ≤ rb < 4, sodass gilt: a1 ≡4 ra , a2 ≡4 ra , b1 ≡4 rb , b2 ≡4 rb . Es gibt also Zahlen k1 , k2 , k3 , k4 ∈ Z mit a1 = k1 · 4 + ra , a2 = k3 · 4 + ra , b1 = k2 · 4 + rb , b2 = k4 · 4 + rb . Dann gilt a1 + b1 = k1 · 4 + ra + k2 · 4 + rb = (k1 + k2 ) · 4 + (ra + rb ) und ferner a2 + b2 = k3 · 4 + ra + k4 · 4 + rb = (k3 + k4 ) · 4 + (ra + rb ). Wegen (k1 + k2 ), (k3 + k4 ) ∈ Z gelten dann (a1 + b1 ), (a2 + b2 ) ∈ [ra + rb ] und somit [a1 + b1 ] = [a2 + b2 ].
284 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Lösungsvorschlag für Übung 2.9 (Rechnen mit Restklassen modulo 4) Für die Lösung betrachte man Beispiel 2.24. Lösungsvorschlag für Übung 2.10 (Rechnen mit Restklassen) Man ersetze in Übung 2.8 die Stellen, an denen die 4 als Teiler eine Rolle spielt, durch m. Der Beweis der Multiplikation funktioniert analog zur Addition. Lösungsvorschlag für Übung 2.11 (Multiplikationstabellen) Die Multiplikationstabelle modulo 11: · [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [1] [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [2] [0] [2] [4] [6] [8] [10] [1] [3] [5] [7] [9] [3] [0] [3] [6] [9] [1] [4] [7] [10] [2] [5] [8] [4] [0] [4] [8] [1] [5] [9] [2] [6] [10] [3] [7] [5] [0] [5] [10] [4] [9] [3] [8] [2] [7] [6] [6] [0] [6] [1] [2] [8] [3] [9] [4] [10] [5] [7] [0] [7] [3] [10] [6] [2] [9] [5] [1] [8] [4] [8] [0] [8] [5] [2] [10] [7] [4] [1] [9] [6] [3] [9] [0] [9] [7] [5] [3] [1] [10] [8] [6] [4] [2] [10] [0] [10] [9] [8] [7] [6] [3] [2] [1] [7] [5] [4] [1] [0] Die Multiplikationstabelle modulo 12: · [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [0] [1] [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11] [2] [0] [2] [4] [6] [8] [10] [0] [2] [4] [6] [8] [10] [3] [0] [3] [6] [9] [0] [3] [6] [9] [0] [3] [6] [9] [4] [0] [4] [8] [0] [4] [8] [0] [4] [8] [0] [4] [8] [5] [0] [5] [10] [3] [8] [1] [6] [11] [4] [9] [2] [7] [6] [0] [6] [0] [6] [0] [6] [0] [6] [0] [6] [0] [6] [7] [0] [7] [2] [9] [4] [11] [6] [1] [8] [3] [10] [5] [8] [0] [8] [4] [0] [8] [4] [0] [8] [4] [0] [8] [4] [9] [0] [9] [6] [3] [0] [9] [6] [3] [0] [9] [6] [3] [10] [0] [10] [8] [6] [4] [2] [0] [10] [8] [6] [4] [2] [11] [0] [11] [10] [9] [8] [7] [6] [5] [4] [3] [2] [1] [0]
16.2 Teilbarkeit 285 Lösungsvorschlag für Übung 2.12 (Teilbarkeit durch 12) Wir wissen (für nähere Erläuterungen siehe Übung 3.9) 12 | (10n + n) ⇔ 4 | (10n + n) und 3 | (10n + n). Für n = 1 ist 10n + n = 11 nicht durch 12 teilbar. Für n > 1 ist 10n stets durch 4 teilbar, also gilt 4 | (10n + n) genau dann, wenn 4 | n. Die Restklasse von 10n + n modulo 3 für 1 < n < 100 ist gleich der Restklasse von n + 1 modulo 3, weil 10n für jedes n ≥ 1 bei Division durch 3 den Rest 1 ergibt. Also ist 10n + n genau dann durch 3 teilbar, wenn n + 1 durch 3 teilbar ist. Wir suchen also Zahlen , für die gilt 4 | n und 3 | (n + 1) und dementsprechend Paare (4k, 4k + 1) mit 4k ∈ {1, 2, 3, . . . , 99} und 3 | 4k + 1 und finden: (8, 9), (20, 21), (32, 33), (44, 45), (68, 69), (80, 81). Für 6 Zahlen aus der Menge {1, . . . , 99} gilt die Aussage. Lösungsvorschlag für Übung 2.13 (Teilbarkeitsregel für 11) Für a ∈ Z sei [a] ∈ Z/11Z die Restklasse von a modulo 11. Dann gilt [10] = [−1] und daher  $ j% [1] für j gerade, 10 = [−1] für j ungerade. Mit den Rechenregeln für die Addition und Multiplikation von Restklassen erhält man *N + *N + N N     $ j% $ % j j j aj 10 = [aj ] 10 = (−1) [aj ] = (−1) aj . j=0 j=0 j=0 j=0 Weil a ∈ Z genau dann durch 11 teilbar ist, wenn [a] = [0], folgt damit die Behauptung. Lösungsvorschlag für Übung 2.14 (Reste modulo 10) k Ist n = i=0 ai 10i mit k ∈ N0 , ai ∈ {0, . . . , 9}, i = 0, . . . , k eine natürliche Zahl, so erhalten wir die Endziffer a0 , indem wir den Repräsentanten in {0, . . . , 9} der Restklasse n mod 10 nehmen. Ferner stellen wir fest, dass die Endziffer eines Produkts zweier Zahlen nur von den Endziffern der Faktoren abhängig ist. Ist n ∈ N eine Zahl mit der Endziffer 9, also n ≡ 9 mod 10, so ist n2 ≡ 92 = 81 ≡ 1 mod 10, hat also die Endziffer 1. Multiplizieren wir erneut mit n, erhalten wir n3 ≡ 1 · 9 = 9 mod 10
286 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben und somit die Endziffer 9. Daraus können wir folgern, dass für k ∈ N0 immer gilt: n2k = (n2 )k ≡ 1k ≡ 1 mod 10, n2k+1 = n2 k · n ≡ 1 · 9 ≡ 9 mod 10. Also hat jede gerade Potenz einer Zahl, die auf 9 endet, die Endziffer 1 und jede ungerade Potenz die Endziffer 9. 999 ) 999( auf jeden Fall ungerade. Da sowohl 1 als auch 9 ungerade sind, ist 9999 Somit muss die gesuchte Endziffer 9 sein. Lösungsvorschlag für Übung 2.15 (Teilbarkeit) 1. Wir betrachten die Menge M = {1, 3, 4, 7, 8, 10, 11, 17}. Diese hat acht Elemente, und 17 − 10 = 7 ist durch 7 teilbar. 2. Wir wissen, dass Z/7Z genau sieben Restklassen hat. Jede Zahl in M kann einer dieser Restklassen zugeordnet werden. Da es aber acht Elemente in M gibt, muss es a, b ∈ M mit a = b und a ≡ b mod 7 geben. Dann ist aber schon a − b ≡ 0 mod 7 und a − b somit durch 7 teilbar. 16.3 Mengen, Relationen, Funktionen Lösungsvorschlag für Übung 3.7 (Dreieckskongruenz) (i) D1 = (E1 , l1 ) mit E1 = {a = (0 , 0), b = (2 , 0), c = (0 , 1,5)} und l1 (a, b) = 2 , l1 (b, c) = 2,5 , l1 (a, c) = 1,5. D2 = (E2 , l2 ) mit E2 = {a = (0 , 1,5) , b = (2, 0) , c = (2 , 1,5)} und l2 (a, b) = 2,5 , l2 (b, c) = 1,5 , l2 (a, c) = 2. D3 = (E3 , l3 ) mit E3 = {a = (0 , 0) , b = (2 , 0) , c = (1 , 1,5)} und l3 (a, b) = 2 , l3 (b, c) = l3 (a, c) ≈ 1,80. (ii) Wir betrachten die Abbildung f1,2 : E1 → E2 , ⎧ ⎪ ⎪ ⎨(0 , 0) → (2 , 1,5) (2 , 0) →  (0 , 1,5) ⎪ ⎪ ⎩(0 , 1,5) →  (2 , 0). f1,2 ist bijektiv, und es gilt offensichtlich l1 (e1 , e2 ) = l2 (f1,2 (e1 ), f1,2 (e2 )) für alle e1 , e2 ∈ E1 . Damit ist wegen des SSS-Satzes gezeigt, dass D1 kongruent zu D2 ist.
16.3 Mengen, Relationen, Funktionen 287 Es sind (2 , 0) , (0 , 1,5) ∈ E1 mit l1 ((2 , 0) , (0 , 1,5)) = 2,5. Da für alle e1 , e2 ∈ E3 gilt l3 (e1 , e2 ) = 2,5, kann es die im SSS-Satz geforderte Abbildung nicht geben. D1 ist also nicht kongruent zu D3 . (iii) Seien im Folgenden Da = (Ea , la ), Db = (Eb , lb ) und Dc = (Ec , lc ) ∈ D Dreiecke. Reflexivität: Wir betrachten die Identität idEa : Ea → Ea auf Ea . Diese Abbildung ist offensichtlich bijektiv, und für alle e1 , e2 ∈ Ea gilt la (idEa (e1 ), idEa (e2 )) = la (e1 , e2 ). Somit ist mit dem SSS-Satz gezeigt, dass Da kongruent zu sich selbst ist. Also ist die Relation reflexiv. Symmetrie: Sei Da kongruent zu Db . Dann gibt es eine bijektive Abbildung fab : Ea → Eb , sodass für alle e1 , e2 ∈ Ea gilt: la (e1 , e2 ) = lb (fab (e1 ), fab (e2 )). Da fab bijektiv ist, gibt es die ebenfalls bijektive Umkehrabbildung fba := −1 : Eb → Ea . Seien e1 = fab (e1 ), e2 = fab (e2 ) ∈ Eb mit e1 , e2 ∈ Ea . Dann fab gilt la (fba (e1 ), fba (e2 )) = la (e1 , e2 ) = lb (fab (e1 ), fab (e2 )) = lb (e1 , e2 ). Somit ist mit dem SSS-Satz gezeigt, dass Db auch kongruent zu Da ist, woraus die Symmetrie folgt. Transitivität: Seien Da kongruent zu Db und Db kongruent zu Dc . Dann gibt es bijektive Abbildungen fab : Ea → Eb , fbc : Eb → Ec , sodass für alle e1 , e2 ∈ Ea gilt: la (e1 , e2 ) = lb (fab (e1 ), fab (e2 )), und für alle e1 , e2 ∈ Eb gilt: lb (e1 , e2 ) = lc (fbc (e1 ), fbc (e2 )). Wir betrachten fac : Ea → Ec definiert durch e → fbc (fab (e)). Die Funktion ist als Verknüpfung bijektiver Funktionen ebenfalls bijektiv. Außerdem gilt für e1 , e2 ∈ Ea lc (fac (e1 ), fac (e2 )) = lc (fbc (fab (e1 )), fbc (fab (e2 ))) = lb (fab (e1 ), fab (e2 )) = la (e1 , e2 ). Damit ist mit dem SSS-Satz gezeigt, dass Da kongruent zu Dc ist, woraus die Transitivität folgt. Da Reflexivität, Symmetrie und Transitivität erfüllt sind, handelt es sich bei der Kongruenz von Dreiecken um eine Äquivalenzrelation. (iv) Wir betrachten die Dreiecke Da = (Ea , la ) und Db = (Eb , lb ) mit Ea = {a1 , a2 , a3 }, Eb = {b1 , b2 , b3 } und la (a1 , a2 ) = la (a2 , a3 ) = la (a2 , a3 ) = lb (b1 , b2 ) = lb (b2 , b3 ) = 2 und lb (b1 , b3 ) = 3. Jedem Paar e1 , e2 ∈ Ea kann ein Paar b1 , b2 ∈ Eb mit la (e1 , e2 ) = lb (b1 , b2 ) zugeordnet werden. Also ist Da „Peter-kongruent“ zu Db . Andersherum gibt es aber keine e1 , e2 ∈ Ea mit la (e1 , e2 ) = lb (b1 , b3 ). Somit ist Db nicht kongruent zu Da . Die „Peter-Kongruenz“ von Dreiecken ist also nicht symmetrisch und damit auch keine Äquivalenzrelation.
288 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Die Formulierung ist untauglich, da sie zwei offensichtlich nicht kongruente Dreiecke (obiges Gegenbeispiel zur Symmetrie) als „Peter-kongruent“ bezeichnen würde. Lösungsvorschlag für Übung 3.8 (Kleinergleich-Relation) Wir zeigen, dass die ≤-Relation auf den reellen Zahlen keine Äquivalenzrelation definiert. Seien dazu x, y, z ∈ R. (R) Es gilt x ≤ x. Also ist ≤ reflexiv. (S) Wir widerlegen die Symmetrie mithilfe eines Gegenbeispiels: Für 23, 42 ∈ R gilt offensichtlich 23 ≤ 42, aber nicht 42 ≤ 23. Also ist die Symmetrie im Allgemeinen nicht gültig. (T) Es gelte x ≤ y und y ≤ z. Aus der Schule wissen wir, dass wegen x ≤ y ≤ z auch schon x ≤ z gilt, woraus die Transitivität folgt. ≤ ist zwar transitiv und reflexiv, da die Relation aber nicht symmetrisch ist, kann es sich nicht um eine Äquivalenzrelation handeln. Lösungsvorschlag für Übung 3.9 (Teilbarkeit) Sei im Folgenden a ∈ Z. Um die Äquivalenz zu zeigen, müssen wir zwei Richtungen zeigen: ⇒ Sei a durch 12 teilbar. Dann gibt es k ∈ Z mit a = 12k = 3 · 4 · k. Es ist also sowohl a = 3 · (4k) als auch a = 4 · (3k). Wegen 4k, 3k ∈ Z ist somit a durch 3 und 4 teilbar. ⇐ Sei a durch 3 und durch 4 teilbar. Es gibt also k1 , k2 ∈ Z mit 3k1 = a und 4k2 = a = 2 · 2 · k2 (∗). Mit dem Fundamentalsatz der Arithmetik gibt es eindeutig bestimmte Primzahlen p1 , p2 , . . . , pr (für r ∈ N) mit p1 ·. . .·pr = a. Da 2 und 3 Primzahlen sind, können wir mit (∗) folgern: a = 2·2·3·p4 ·. . .·pr , wobei wir die Primzahlen gegebenenfalls umbenennen müssen, damit p1 = 2, p2 = 2, p3 = 3 gilt. Wegen p4 · . . . · pr ∈ Z ist dann a durch 2 · 2 · 3 = 12 teilbar. Aus ⇒ und ⇐ folgt die Äquivalenz. Lösungsvorschlag für Übung 3.10 (Mengenoperationen) (i) (a) M1 := {x ∈ Z | x ≤ 6} (b) M2 ist die Menge aller reellen Zahlen, die echt kleiner als 8 sind.
16.3 Mengen, Relationen, Funktionen (ii) 289 (a) Wir zeigen, dass M1 ⊆ M2 gilt. Dazu müssen wir zeigen, dass jedes Element aus M1 auch Element von M2 ist. Sei also x ∈ M1 . Nach Definition von M1 gelten dann x ∈ Z und x ≤ 6. Wegen Z ⊂ R gilt dann auch x ∈ R. Außerdem folgt aus x ≤ 6 wegen 6 < 8 insbesondere x < 8. Wegen der Definition von M2 gilt somit x ∈ M2 , und damit folgt M1 ⊆ M2 . (b) Wir zeigen, dass M2 ⊆ M1 gilt. Dazu stellen wir 7 ∈ M2 , aber 7 ∈ / M1 fest. Damit sind nicht alle Elemente von M2 auch Elemente von M1 . Also gilt die Behauptung. Wir wissen, dass M1 = M2 genau dann gilt, wenn M1 ⊆ M2 und M2 ⊆ M1 gilt. Wegen (b) ist dies aber nicht der Fall. Also sind die Mengen nicht gleich. (iii) Sepp hat recht. Mit seiner Methode zeigt Heribert nur A ⊆ B. Wie man in (ii) sehen kann, ist dies jedoch nicht hinreichend für Mengengleichheit. (iv) Wir zeigen, dass M1 ∩ M2 = M1 gilt. Wir wissen, dass nach Definition des Schnittes zweier Mengen M1 ∩ M2 = {x | x ∈ M1 und x ∈ M2 } gilt. Wegen (ii) gilt dann direkt M1 ∩ M2 = M1 . Wir zeigen, dass M1 ∪ M2 = M2 gilt. Wir wissen, dass nach Definition der Vereinigung zweier Mengen M1 ∪ M2 = {x | x ∈ M1 oder x ∈ M2 } gilt. M1 ∪ M2 = M2 ist dann eine direkte Schlussfolgerung aus (ii). (v) (a) Seien A, B Mengen. A und B nennt man disjunkt, wenn gilt: A ∩ B = ∅. (b) Wegen 0 ∈ M1 ∩ M2 gilt, ist M1 ∩ M2 = ∅. Damit können die Mengen auch nicht disjunkt sein. (c) Wir definieren zum Beispiel M3 := {42}. Wegen 42 > 8 > 6 gelten M3 ∩ M1 = ∅ und M3 ∩ M2 = ∅. (d) Wir definieren M4 = M1 . Offenbar ist dann M1 ∩ M4 = M1 ∩ M1 = M1 = ∅ und ebenfalls M2 ∩ M4 = M2 ∩ M1 = ∅ wegen (b). Lösungsvorschlag für Übung 3.11 (Mengenoperationen) (i) X × Y = {(0, 23), (0, 42), (1, 23), (1, 42), (2, 23), (2, 42)}. (ii) P(X) = {∅, {0}, {1}, {2}, {0, 1}, {0, 2}, {1, 2}, {1, 2, 3}}. (iii) P(Y ) = {∅, {23}, {42}, {23, 42}}.
290 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Lösungsvorschlag für Übung 3.12 (Mengenoperationen) Anmerkung: In dieser Aufgabe spielt es eine Rolle, welche Definition des Komplements von Mengen zugrunde gelegt wird. Arbeitet man streng nach der Definition im Buch, so sind die Aussdrücke in (b) und (c) nicht definiert, da keine Teilmengenbeziehung vorliegt. Beachtet man die Erläuterung auf S. 13, so ergibt sich die folgende Lösung: (i) Es gelten die beiden Aussagen N \ odd = even und N \ even = odd. (ii) (a) (N \ odd) \ even = even \ even = ∅ (b) even \ odd = even (c) odd \ N = ∅ Lösungsvorschlag für Übung 3.13 (Mengenoperationen) Anmerkung: In dieser Aufgabe spielt es eine Rolle, welche Definition des Komplements von Mengen zugrunde gelegt wird. Arbeitet man streng nach der Definition im Buch, so müssen B, C als Teilmengen von A betrachtet werden. Beachtet man die Erläuterung auf S. 13, so ergibt sich die folgende Lösung: (i) (In Reihenfolge: (A \ (B ∪ C)), (A \ B), (A \ C).) C A C B A C B A B (ii) Sei x ∈ A \ (B ∪ C). Dann ist x ∈ A und x ∈ / B ∪ C, also x ∈ A und x ∈ /B und x ∈ / C. Also ist x ∈ A und x ∈ / B und x ∈ A und x ∈ / C, woraus sofort x ∈ (A \ B) ∩ (A \ C) folgt. Damit ist die Inklusion A \ (B ∪ C) ⊆ (A \ B) ∩ (A \ C) gezeigt. Umgekehrt folgt aus x ∈ (A \ B) ∩ (A \ C), dass x ∈ A und x ∈ / B und x ∈ / C, also x ∈ A \ (B ∪ C). Dies beweist die Inklusion A \ (B ∪ C) ⊇ (A \ B) ∩ (A \ C) und damit die Mengengleichheit. Lösungsvorschlag für Übung 3.14 (Mengenoperationen) Es gelten die folgenden Vereinfachungen: (i) (ii) (iii) (iv) (v) Z \ {x ∈ Z | x = 0 oder x ∈ N} = {x ∈ Z | x < 0} R∪N=R {∅, 1} ∩ ∅ = ∅ ({1, {2}} ∪ {1, 2}) ∪ {{1, 2}} = {1, 2, {2}, {1, 2}} Z∩Z=Z
16.3 Mengen, Relationen, Funktionen (vi) (vii) (viii) (ix) (x) 291 P({{1, 2}, 3}) = {∅, {{1, 2}}, {3}, {{1, 2}, 3}} P({∅}) = {∅, {∅}} {∅} × {1, 2} = {(∅, 1), (∅, 2)} ∅ × {1, 2} = ∅ {{3, 4}, Katze, ∅} × {{3, 4}, Katze} = {({3, 4}, {3, 4}), ({3, 4}, Katze), (Katze, {3, 4}), (Katze, Katze), (∅, {3, 4}), (∅, Katze)} Lösungsvorschlag für Übung 3.15 (Teilmengen) (i) Wir zeigen, dass M2 ⊆ M1 , aber nicht die Gleichheit gilt. Sei x ∈ M2 . Nach Definition von M2 gibt es dann eine Zahl m ∈ Z mit 6m = x. Das bedeutet, mit m := 2m gilt 3m = x. Somit gibt es eine Zahl m ∈ Z mit 3m = x. Also ist nach Definition x ∈ M1 . Damit haben wir M2 ⊆ M1 gezeigt. Wir betrachten nun die Zahl 3 ∈ M1 . Da 3 nicht durch 6 teilbar ist, gilt 3 ∈ M2 , woraus M1 ⊆ M2 folgt. (ii) Wir zeigen, dass M3 = M4 gilt. Dies folgt sofort aus der Tatsache, dass die beiden Eigenschaften die Menge aller durch 2 teilbaren ganzen Zahlen beschreiben. (iii) Wir zeigen, dass weder M5 ⊆ M6 noch M6 ⊆ M5 gilt. Offenbar ist 12 ∈ M5 und 12 ∈ / M6 . Deswegen gilt M5 ⊆ M6 . Auf der anderen Seite gilt auch 6 ∈ M6 , aber 6 ∈ / M5 , woraus auch M6 ⊆ M5 folgt. (iv) Wir zeigen, dass M8 ⊆ M7 , aber nicht die Gleichheit gilt. Sei x ∈ M8 . Nach Definition ist dann x < 6 und x ∈ Z. Also muss x ≤ 5 gelten. Zusammen mit der Tatsache, dass Z ⊆ R gilt und wegen 5 ≤ 5,5 , folgt x ∈ M7 und somit M8 ⊆ M7 . / Z folgt 5,5 ∈ / M8 und somit Außerdem ist 5,5 ∈ M7 , aber wegen 5,5 ∈ M7 ⊆ M8 . Lösungsvorschlag für Übung 3.16 (Relationen) (i) R1 = {(CDU, schwarz), (SPD, rot), (Die Gruenen, gruen)} ⊆ P × F . FDP ist nicht Bestandteil der Relation, da ihr keine Farbe aus F zugeordnet wird. (ii) R2 = {(0, 4), (1, 3), (2, 2), (3, 1), (4, 0)} ⊆ M × M .
292 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Lösungsvorschlag für Übung 3.17 (Relationen) Seien x, y, z ∈ R. (i) (R) Wegen 3 < 3 für 3 ∈ R ist gezeigt, dass die Relation nicht reflexiv ist. (S) Wegen 3 < 4, aber 4 < 3, für 3, 4 ∈ R, ist gezeigt, dass die Relation nicht symmetrisch ist. (T) Es gelte x < y und y < z, also x < y < z. Daraus folgt x < z, also ist die Relation transitiv. Da (R) und (S) nicht erfüllt sind, kann es sich nicht um eine Äquivalenzrelation handeln. (ii) (R) Wegen 23·23 = 0, aber 23 ∈ R ist gezeigt, dass die Relation nicht reflexiv ist. (S) Wenn xy = 0 gilt, dann gilt aufgrund der Kommutativität der Multiplikation in R auch schon yx = 0. Damit ist die Symmetrie der Relation gezeigt. (T) Wegen 23 · 0 = 0 und 0 · 42 = 0, aber 23 · 42 = 0 mit 0, 23, 42 ∈ R, ist die Transitivität widerlegt. Da die Relation weder reflexiv noch transitiv ist, kann es sich nicht um eine Äquivalenzrelation handeln. (iii) (R) Es gilt x − x = 0 und 0 ∈ [−1, 1]. Also ist die Relation reflexiv. (S) Wenn x − y = q mit −1 ≤ q ≤ 1 gilt, dann gilt auch 1 ≥ −q ≥ −1, indem man die Ungleichung mit (−1) multipliziert. Wegen y − x = −(x − y) = −q ist damit die Symmetrie gezeigt. (T) Wir betrachten 0, 1, 2 ∈ R. Wir haben dann 0− 1 = −1 ∈ [−1, 1] und 1 − 2 = −1 ∈ [−1, 1]. Da aber gilt 0 − 2 = −2 ∈ / [−1, 1], ist die Transitivität widerlegt. Da die Relation nicht transitiv ist, kann es sich nicht um eine Äquivalenzrelation handeln. Lösungsvorschlag für Übung 3.18 (Relationen) Seien x, y, z ∈ R. (i) (R) Wegen x = x ist die Relation reflexiv. (S) Wegen x = y ⇔ x − y = 0 ⇔ −y = −x ⇔ y = x ist die Relation symmetrisch. (T) Es gelte x = y und y = z. Dann gilt x = y = z ⇒ x = z. Also ist die Relation transitiv. (ii) (R) Es gilt x ≤ x, wegen x = x. Also ist die Relation reflexiv.
16.3 Mengen, Relationen, Funktionen 293 (S) Für x < y gilt insbesondere x ≤ y, aber nicht y ≤ x. Also ist die Relation nicht symmetrisch. (T) Es gelte x ≤ y und y ≤ z. Das bedeutet x ≤ y ≤ z, also insbesondere x ≤ z. Also ist die Relation transitiv. (iii) (R) x − x = 0 ∈ Z, also ist die Relation reflexiv. (S) Es gelte x − y = a, a ∈ Z. Dann gilt y − x = −(x − y) = −a ∈ Z. Also ist die Relation symmetrisch. (T) Es gelte x − y = a, a ∈ Z und y − z = b, b ∈ Z. Dann haben wir x − y + y − z = x − z = a + b ∈ Z. Also ist die Relation transitiv. Lösungsvorschlag für Übung 3.19 (Modulo-Rechnung) (i) Wir zeigen die Eigenschaften (R), (S) und (T). Dazu seien x, y, z ∈ Z. (R) Es ist x = x + 0 · m mit 0 ∈ Z. Also haben wir x ≡m x. Damit ist die Reflexivität gezeigt. (S) Es gelte x ≡m y. Also gibt es eine ganze Zahl k mit x = km + y. Dann gilt aber mit k  := −k ∈ Z schon y = k  m + x, woraus y ≡m x und damit die Symmetrie folgt. (T) Es gelte x ≡m y und y ≡m z. Also gibt es ganze Zahlen k1 , k2 mit x = k1 m + y und y = k2 m + z. Dann haben wir aber sofort x = k1 m + k2 m + z = (k1 + k2 )m + z, sodass wegen k1 + k2 ∈ Z die Aussage x ≡m z und somit die Transitivität folgt. Da die Eigenschaften (R), (S) und (T) gelten, handelt es sich um eine Äquivalenzrelation. (ii) Wir betrachten die Äquivalenzklassen bezüglich ≡m . Dazu sei x ∈ Z. Die Äquivalenzklasse von x definiert sich dann durch [x]≡m = {y ∈ Z | y ≡m x}. Dies entspricht aber genau der Definition der Restklasse modulo m von x. Somit sind die Äquivalenzklassen identisch mit den Restklassen. Lösungsvorschlag für Übung 3.20 (Relationen) Wir definieren M := {1, 2, 3}. Die Relation R1 := {(1, 2), (2, 3)} ⊆ M × M erfüllt keine der drei Eigenschaften: Sie ist nicht reflexiv, weil zum Beispiel (1, 1) ∈ / R1 ist. Da (1, 2) ∈ R1 , müsste zur Symmetrie auch (2, 1) ∈ R1 sein, was nicht der Fall ist. Aus (1, 2), (2, 3) ∈ R1 würde bei Transitivität folgen (1, 3) ∈ R1 , was ebenfalls nicht der Fall ist.
294 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Lösungsvorschlag für Übung 3.21 (Relationen) Es sei M := {1, 2, 3}. 1. Die Relation Rr := {(1, 1), (2, 2), (3, 3), (1, 2), (2, 3)} ⊆ M × M ist nur reflexiv: Da für alle m ∈ M offenbar gilt (m, m) ∈ Rr , folgt die Reflexivität. Symmetrie und Transitivität gelten mit denselben Argumenten wie bei der Relation aus Übung 3.20 nicht. 2. Die Relation Rs := {(1, 2), (2, 1)} ⊆ M × M ist nur symmetrisch: Offensichtlich gilt für alle m, n ∈ M , dass wenn (m, n) ∈ Rs ist, gilt auch (n, m) ∈ Rs , was nach Definition Symmetrie bedeutet. Die Reflexivität widerlegt dasselbe Argument wie bei der Relation in der Lösung zu Übung 3.20. Wegen (1, 2), (2, 1) ∈ Rs müsste bei Transitivität auch (1, 1) ∈ Rs sein, was nicht der Fall ist. Also ist die Relation auch nicht transitiv. 3. Die Relation Rt := {(1, 2), (2, 3), (1, 3)} ⊆ M × M ist nur transitiv: Offenbar gilt für alle m, n, o ∈ M , dass aus (m, n), (n, o) ∈ Rt schon (m, o) ∈ Rt folgt. Damit ist die Transitivität gezeigt. Die Reflexivität und die Symmetrie können mit denselben Argumenten wie in der Lösung zur Übung 3.20 widerlegt werden. 4. Die Relation aus Aufgabe 3.17(iii) ist reflexiv und symmetrisch, aber nicht transitiv. 5. Die Relation aus Aufgabe 3.18(ii) ist reflexiv und transitiv, aber nicht symmetrisch. 6. Die Relation Rst := {(1, 1), (1, 2), (2, 1), (2, 2)} ⊆ M × M ist mit den Begründungen analog zu (2) und (3) nicht reflexiv, aber symmetrisch und transitiv. Lösungsvorschlag für Übung 3.22 (Äquivalenzrelationen) Da M die disjunkte Vereinigung der Mj mit j ∈ {1, . . . , 17} ist, gibt es zu jedem x ∈ M ein eindeutig bestimmtes j ∈ J mit x ∈ Mj . Also gilt x ∼ y genau dann, wenn x und y Elemente desselben Mj sind. Damit gelten die Eigenschaften (R), (S) und (T) aber offensichtlich. Lösungsvorschlag für Übung 3.23 (Äquivalenzrelationen) Sei durch (a, b) ∼ (c, d) :⇔ a + d = c + b eine Relation auf N × N gegeben. Wir zeigen, dass ∼ eine Äquivalenzrelation ist. Seien dazu (a, b), (c, d), (e, f ) ∈ N × N. (R) Wegen a + b = a + b gilt auch (a, b) ∼ (a, b). Damit ist (R) gezeigt. (S) Es gelte (a, b) ∼ (c, d). Das bedeutet a + d = c + b, also c + b = a + d und damit (c, d) ∼ (a, b). Damit ist (S) gezeigt. (T) Wir nehmen an, dass gilt: (a, b) ∼ (c, d) und (c, d) ∼ (e, f ). Das bedeutet a + d = c + b und c + f = e + d. Also gilt a + d + c + f = c + b + e + d, woraus erst a + f = e + b und dann (a, b) ∼ (e, f ) folgen. Also gilt auch (T).
16.3 Mengen, Relationen, Funktionen 295 Aus (R), (S) und (T) folgt nach Definition, dass ∼ eine Äquivalenzrelation ist. Lösungsvorschlag für Übung 3.24 (Äquivalenzrelationen) Sei durch (a, b) ∼ (c, d) :⇔ ad = cb eine Relation auf N × N gegeben. Wir zeigen, dass ∼ eine Äquivalenzrelation ist. Seien dazu (a, b), (c, d), (e, f ) ∈ N × N. (R) Wegen ab = ab, gilt (a, b) ∼ (a, b). Damit ist (R) gezeigt. (S) Es gelte (a, b) ∼ (c, d). Das bedeutet ad = cb, also cb = ad und damit (c, d) ∼ (a, b). Damit ist (S) gezeigt. (T) Wir nehmen an, dass gilt: (a, b) ∼ (c, d) und (c, d) ∼ (e, f ). Das bedeutet ad = cb und cf = ed. Also gilt adcf = cbed, woraus af = eb folgt und damit (a, b) ∼ (e, f ). Das heißt, es gilt auch (T). Aus (R), (S) und (T) folgt nach Definition, dass ∼ eine Äquivalenzrelation ist. Lösungsvorschlag für Übung 3.25 (Äquivalenzrelationen) (R) Wegen ab = ab gilt (a, b) ∼ (a, b). Damit ist (R) gezeigt. (S) Es gelte (a, b) ∼ (c, d). Das bedeutet ad = cb, also cb = ad, und das liefert (c, d) ∼ (a, b). Damit ist (S) gezeigt. (T) Wir nehmen an, dass gilt: (a, b) ∼ (c, d) und (c, d) ∼ (e, f ). Das bedeutet ad = cb und cf = ed. Also gilt adcf = cbed, und weil nach Voraussetzung d = 0 gilt, erhalten wir acf = cbe. Es können zwei Fälle auftreten: 1. c = 0. In diesem Fall finden wir af = be, also (a, b) ∼ (e, f ). 2. c = 0. In diesem Fall liefern ad = cb = 0 und ed = cf = 0 wegen d = 0, dass a = 0 = e gilt. Aber dann haben wir af = 0 = eb, also wieder (a, b) ∼ (e, f ). Damit gilt auch (T). Lösungsvorschlag für Übung 3.26 (Relationen) Seien im Folgenden a, b, c ∈ Z. Reflexivität: Wegen 0 · 2 = 0 = (a − a) gilt 2 | (a − a) und somit aRa. Symmetrie: Es gelte aRb ⇔ 2 | (a − b). Dann gibt es k ∈ Z mit 2k = a − b. Für −k ∈ Z ist dann b − a = −(a − b) = 2(−k). Somit gilt 2 | (b − a). Damit ist die Symmetrie gezeigt. Transitivität: Es gelte aRb und bRc. Dann gibt es k, l ∈ Z mit 2k = a − b und 2l = b − c. Dann gilt a − c = (a − b) + (b − c) = 2k + 2l = 2(k + l). Daraus folgt 2 | (a − c), also aRc. Damit ist gezeigt, dass es sich bei R um eine Äquivalenzrelation handelt.
296 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Lösungsvorschlag für Übung 3.27 (Relationen) Wir definieren f, g, h : R → R durch f (x) = x2 , g(x) = x und h(x) = −1 für x ∈ R. Dann gelten f (0) = g(0) = 0 und g(−1) = h(−1), also f Rg und gRh. Wegen f (x) = x2 = −1 = h(x) für alle x ∈ R gilt ¬(f Rh). Damit ist die Transitivität widerlegt. Es kann sich bei R also nicht um eine Äquivalenzrelation handeln. Lösungsvorschlag für Übung 3.28 (Relationen) Es handelt sich um eine Äquivalenzrelation. Dies folgt direkt daraus, dass = eine Äquivalenzrelation ist. Lösungsvorschlag für Übung 3.29 (Restklassen) Wir zeigen zunächst, dass die Restklassen disjunkt sind. Dazu zeigen wir allgemein, dass gilt: [a] ∩ [b] = ∅ , a, b ∈ {0, 1, 2} und a = b. Wir müssen also zeigen, dass es kein n ∈ Z mit n ∈ [a] und n ∈ [b] gibt. Sei n ∈ [a] ⊆ Z. Dann muss n − a durch 3 teilbar sein. Das bedeutet ∃q ∈ Z : n − a = 3q. Wäre nun auch n ∈ [b], dann würde gelten: ∃q  ∈ Z : n − b = 3q  . Zusammen hätten wir dann 3q  − b = 3q − a, also 3(q − q  ) = b − a. Wegen 0 ≤ a, b < 3 kann dies aber nur für a = b gelten. Damit ist [a] ∩ [b] = ∅ gezeigt, und es folgt die Disjunktheit der Restklassen. Wir zeigen nun noch, dass Z = [0] ∪ [1] ∪ [2] ist. Weil jedes [a] eine Teilmenge von Z ist, genügt es, die Inklusion Z ⊆ [0] ∪ [1] ∪ [2] zu zeigen. Sei dazu n ∈ Z. Division durch 3 mit Rest liefert uns q ∈ Z, r ∈ {0, 1, 2} mit n = 3q + r, also [n] = [r]. Lösungsvorschlag für Übung 3.30 (Restklassen) Diese Lösung funktioniert ganz analog zur Lösung von Übung 3.29. Lösungsvorschlag für Übung 3.31 (Äquivalenzklassen) Wir zeigen zuerst, dass M eine Teilmenge der Vereinigung aller Äquivalenzklassen ist. Dazu sei m ∈ M . Da wegen der Reflexivität m ∼ m gilt, ist m ∈ [m]∼ und damit auch in der Vereinigung aller Äquivalenzklassen. Daraus folgt die gewünschte Teilmengenbeziehung. Da jede Äquivalenzklasse eine Teilmenge von M ist, ist auch die Vereinigung aller Äquivalenzklassen eine Teilmenge von M . Zusammen hat man jetzt gezeigt, dass M die Vereinigung aller Äquivalenzklassen ist. Die Disjunktheit der Vereinigung folgt mit Proposition 3.3. Damit ist die Behauptung bewiesen.
16.3 Mengen, Relationen, Funktionen 297 Lösungsvorschlag für Übung 3.32 (Äquivalenzklassen) Wir zeigen, dass x ∼ y genau dann gilt, wenn [x]∼ = [y]∼ : 1. Es gelte x ∼ y. Dann gilt nach Definition y ∈ [x]∼ . Außerdem gilt aber auch y ∈ [y]∼ . Da nach Proposition 3.3 aber jedes Element zu genau einer Äquivalenzklasse gehört, folgt sofort [x]∼ = [y]∼ . 2. Es gelte [x]∼ = [y]∼ . Wir wissen, dass wegen (R) x ∈ [x]∼ gilt. Wegen der Gleichheit von Mengen muss dann auch x ∈ [y]∼ gelten, was nach Definition der Äquivalenzklasse schon y ∼ x und somit wegen der Symmetrie x ∼ y liefert. Lösungsvorschlag für Übung 3.33 (Partielle Ordnungen) (i) ≤ ist eine partielle Ordnung auf N: Wegen a ≤ a ist ≤ reflexiv, die Transitivität und die Antisymmetrie lassen sich an dieser Stelle nur als Schulwissen über die natürlichen Zahlen zitieren, da wir hier auch die Relation ≤ als aus der Schule bekannt voraussetzen. Eine Definition von ≤ und Beweise von Transitivität und Antisymmetrie finden sich im Beispieltext zu Kapitel 9 (Proposition A.4, S. 173). (ii) Die Teilbarkeit ist eine partielle Ordnung: (R) Wegen 1 · a = a gilt a | a, das heißt, die Relation ist reflexiv. (T) Wenn a | b und b | c gilt, dann gibt es n, m ∈ N mit na = b und mb = c. Aber dann gilt mna = mb = c und mn ∈ N, also a | c. Damit ist die Teilbarkeit transitiv. (A) Wenn a | b und b | a gilt, dann gibt es n, m ∈ N mit na = b und mb = a. Aber dann gilt mna = mb = a und mn ∈ N, also mn = 1. Das ist aber nur möglich, wenn m = n = 1, also a = b gilt. Somit ist die Teilbarkeit antisymmetrisch. (iii) < ist keine partielle Ordnung, weil sie nicht reflexiv ist. (iv) ⊆ ist eine partielle Ordnung: (R) Wegen A ⊆ A ist die Relation reflexiv. (T) Wenn A ⊆ B ⊆ C, dann ist jedes Element von A ein Element von B und als solches ein Element von C. Also ist jedes Element von A eine Element von C, das heißt A ⊆ C. Damit ist die Relation transitiv. (A) Wenn A ⊆ B ⊆ A, dann ist jedes Element von A ein Element von B und jedes Element von B ein Element von A. Das heißt, die Mengen A und B sind gleich. Also ist die Teilmengen-Relation antisymmetrisch.
298 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Lösungsvorschlag für Übung 3.34 (Partielle Ordnungen) (i)  ist eine partielle Ordnung. (R) Wegen (a, b)  (a, b) weil a ≤ a und b ≥ b, das heißt, die Relation ist reflexiv. (T) Wenn (a, b)  (c, d) und (c, d)  (e, f ) gilt, dann folgt, dass a ≤ c ≤ e und b ≥ d ≥ f . Aber dann gilt a ≤ e und b ≥ f , also (a, b)  (e, f ). Damit ist die Relation transitiv. (A) Wenn (a, b)  (c, d) und (c, d)  (a, b) gilt, dann folgt, dass a ≤ c ≤ a und b ≥ d ≥ b. Aber dann gilt, wegen der Antisymmetrie von ≤, dass a = c und b = d, das heißt (a, b) = (c, d). Also ist die Relation  antisymmetrisch. (ii) Die Teilbarkeit auf Z ist keine partielle Ordnung, weil sie nicht antisymmetrisch ist: Es gilt −1 | 1 und 1 | −1. (iii) Die Relation  ist keine partielle Ordnung, weil sie nicht antisymmetrisch ist: Es gilt −1  1 und 1  −1. (iv) Mit dem Argument aus dem Lösungsvorschlag zu Übung 3.33(iv) sieht man, dass die Inklusion auf den endlichen Teilmengen von Z eine partielle Ordnung ist. Lösungsvorschlag für Übung 3.35 (Relationen) Reflexivität: Für (a, b) ∈ M gilt (a, b)R(a, b), weil a = a. Also ist R reflexiv. Symmetrie: Für (a, b), (c, d) ∈ M mit (a, b)R(c, d) gilt a = c, und daraus folgt (c, d)R(a, b). Also ist R symmetrisch. Transitivität: Für (a, b), (c, d), (e, f ) ∈ M mit (a, b)R(c, d) und (c, d)R(e, f ) gilt a = c und c = e. Es folgt a = e und damit (a, b)R(e, f ). Also ist R transitiv.         Antisymmetrie: Es gilt 0, 21 R 0, − 12 und 0, − 12 R 0, 12 , aber nicht  1   0, 2 = 0, − 12 . Also ist R nicht antisymmetrisch. Zusammen sieht man, dass R eine Äquivalenzrelation ist, aber keine partielle Ordnung. Lösungsvorschlag für Übung 3.36 (Relationen) Reflexivität: Für (a, b) ∈ M gilt (a, b)R(a, b), weil b ≥ b. Also ist R reflexiv. Symmetrie: Es gilt (2, 1)R(1, 0), nicht aber (1, 0)R(2, 1). Also ist R nicht symmetrisch (und damit keine Äquivalenzrelation).
16.3 Mengen, Relationen, Funktionen 299 Transitivität: Für (a, b), (c, d), (e, f ) ∈ M mit (a, b)R(c, d) und (c, d)R(e, f ) gilt b ≥ d und d ≥ f . Es folgt b ≥ f und damit (a, b)R(e, f ). Also ist R transitiv. Antisymmetrie: Wenn für (a, b), (c, d) ∈ M gilt (a, b)R(c, d) und (c, d)R(a, b), dann folgt b ≥ d und d ≥ b, also b = d. Dann gilt aber auch a = 1+b2 = 1+d2 = c, das heißt (a, b) = (c, d). Also ist R antisymmetrisch. Zusammen sieht man, dass R eine partielle Ordnung ist. Lösungsvorschlag für Übung 3.37 (Relationen) (i) Die Relation ⊆ ist eine partielle Ordnung, wie man mit dem Argument aus dem Lösungsvorschlag zu Übung 3.33(iv) sieht. Wir betrachten A = {1, 2} und B = M = {1, 2, 3}. Offenbar gilt A ⊆ B, aber B ⊆ A. Damit ist die Symmetrie mit einem Gegenbeispiel widerlegt, und die Relation kann nicht für jede Wahl von M eine Äquivalenzrelation sein. Für M = ∅ gilt P(M ) = {∅}. Hier ist ⊆ eine Äquivalenzrelation. Das ist allerdings der einzige Fall, in dem das so ist. Sobald M ein Element x enthält, gibt es mit ∅ und {x} zwei Teilmengen, die echt ineinander enthalten sind. (ii) Seien a, b, c ∈ N. Wegen a · a = a2 folgt a ∼ a und somit die Reflexivität. Es gelte a ∼ b und b ∼ a. Dann folgt ab = a2 und ba = b2 . Wir haben also a2 = b2 , und da a, b ∈ N, folgt a = b und somit die Antisymmetrie. Es gelte a ∼ b. Wir haben also ab = ba = a2 , und es folgt a = b. Somit haben wir auch ba = b2 . Wir haben also b ∼ a und damit die Symmetrie. Es gelte a ∼ b und b ∼ c. Also ab = a2 und bc = b2 . Dann ist (bb)(ac) = abbc = a2 b2 = (bb)a2 und somit ac = a2 , woraus a ∼ c und damit die Transitivität folgt. ∼ ist also sowohl partielle Ordnung als auch Äquivalenzrelation. Anmerkung: Man kann sich auch einfach überlegen, dass für a, b ∈ N ab = a2 ⇔ a = b gilt und damit sehr einfach die Eigenschaften nachweisen. (iii) Seien A, B, C endliche Mengen. Wir betrachten die offensichtlich bijektive Identität idA : A → A, a → a, und somit gilt AA und damit die Reflexivität. Es gelte A  B und B  C. Es gibt also bijektive Funktionen f1 : A → B und f2 : B → C. Wir betrachten nun die Abbildung f : A → C, x → f2 (f1 (x)). Wegen f (A) = f2 (f1 (A)) = f2 (B) = C ist f surjektiv. Seien nun x, y ∈ A mit f (x) = f (y), also f2 (f1 (x)) = f2 (f1 (y)). Wegen der Injektivität von f2 folgt f1 (x) = f1 (y), und wegen der Injektivität von f1 erhalten wir x = y und somit die Injektivität von f . Also ist f bijektiv.
300 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Wir haben wegen der Bijektivität von f also AC und somit die Transitivität. Es gelte nun A  B. Wir haben also f : A → B bijektiv. Dann ist auch die Umkehrabbildung f −1 : B → A bijektiv, und es folgt B  A, womit die Symmetrie folgt.  ist also eine Äquivalenzrelation. Wir betrachten M = {1, 2} und N = {a, b} und die offensichtlich bijektive Abbildung f : M → N, 1 → a, 2 → b. Dann ist auch die Umkehrabbildung f −1 bijektiv. Es gilt also M  N und N  M , aber nicht M = N , was die Antisymmetrie widerlegt.  kann also keine partielle Ordnung sein. Lösungsvorschlag für Übung 3.38 (Abbildungen) (i) Eine Relation R ⊆ A × B heißt Abbildung oder Funktion, wenn es für jedes a ∈ A genau ein b ∈ B gibt mit (a, b) ∈ R. (ii) Eine Funktion f : A → B heißt injektiv, wenn es für jedes b ∈ B höchstens ein a ∈ A gibt mit f (a) = b. (iii) Eine Funktion f : A → B heißt surjektiv, wenn es für jedes b ∈ B mindestens ein a ∈ A gibt mit f (a) = b. (iv) Eine Funktion f : A → B heißt bijektiv, wenn sie injektiv und surjektiv ist. Lösungsvorschlag für Übung 3.39 (Abbildungen) Die folgenden Relationen und Funktionen sind Teilmengen von R × R. (i)(a) (i)(b) (ii)(a) (ii)(b) (ii)(c) (ii)(d)
16.3 Mengen, Relationen, Funktionen 301 Lösungsvorschlag für Übung 3.40 (Abbildungen) (i) Es handelt sich um eine Abbildung, da jedem Element von A genau ein Element von B zugeordnet wird. Diese ist nicht injektiv, da ein Element von B zwei Urbilder in A hat, und auch nicht surjektiv, da es ein Element in B ohne Urbild gibt. (ii) Es handelt sich nicht um eine Abbildung, da es ein Element in A gibt, dem zwei Elemente aus B zugeordnet werden. (iii) Wie bei (i) handelt es sich um eine Abbildung. Diese ist injektiv, da jedes Element aus B höchstens ein Urbild hat, und nicht surjektiv, da es ein Element aus B ohne Urbild gibt. (iv) Wie bei (a) handelt es sich um eine Abbildung. Diese ist nicht injektiv, da ein Element aus B zwei Urbilder hat, aber surjektiv, da jedes Element aus B mindestens ein Urbild in A hat. Lösungsvorschlag für Übung 3.41 (Eigenschaften von Abbildungen) Wir betrachten die Funktion f : R → R≥0 , f (x) = x2 . (i) Wir zeigen zuerst, dass f nicht injektiv ist. Dazu stellen wir fest, dass f (−2) = 4 und f (2) = 4 gilt. Somit gibt es zu 4 ∈ R≥0 mehr als ein x ∈ R mit f (x) = 4 (nämlich x = −2 oder x = 2). Wir zeigen nun, dass f surjektiv ist. Dazu sei x ∈ R≥0 . Wir betrachten die √ 2 √ Zahl y = x ∈ R. Offensichtlich gilt immer f (y) = y 2 = x = x. Also gibt es für jedes x ∈ R≥0 mindestens ein y ∈ R mit f (x) = y. Daraus folgt die Surjektivität. (ii) Wir ändern den Definitionsbereich und erhalten f1 : R≥0 → R≥0 , f1 (x) = x2 . Mit demselben Argument wie oben ist f1 surjektiv. Wir zeigen nun die Injektivität. Dazu seien x, y ∈ R≥0 mit f (x) = f (y). Das bedeutet x2 = y 2 , und weil x und y nicht negativ sein können, folgt sofort x = y. Somit gilt die Injektivität. (iii) Die Umkehrfunktion von f1 wird definiert durch f1−1 : R≥0 → R≥0 , f1−1 (x) = √ x. Lösungsvorschlag für Übung 3.42 (Eigenschaften von Abbildungen) Wir betrachten die Funktion f : R → R, f (x) = ex . (i) Siehe Übung 3.43(f).
302 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben (ii) Wir schränken den Bildbereich ein und erhalten eine Abbildung f1 (x) : R → R>0 , f1 (x) = ex . Diese ist immer noch injektiv. Für jedes b ∈ R>0 finden wir nun ein a ∈ R, definiert durch a := ln(b) mit f (a) = eln(b) = b, sodass die Surjektivität bewiesen ist. (iii) Die Umkehrabbildung ist definiert durch f1−1 : R>0 → R, f1−1 (x) = ln(x). Lösungsvorschlag für Übung 3.43 (Eigenschaften von Abbildungen) (i) (a) R1 ist keine Abbildung, weil es zu 1 ∈ {1, 2, 3} zwei Zahlen n ∈ N gibt mit (1, n) ∈ R1 , nämlich n = 2 oder n = 3. (b) R2 ist keine Abbildung, weil es zum Beispiel für 42 ∈ N kein n ∈ N gibt mit (42, n) ∈ R2 . (c) R3 ist eine Abbildung, weil es für jedes x ∈ {1, 2, 3} genau ein y ∈ {23, 42, 4711} gibt mit (x, y) ∈ R3 . (d) R4 ist eine Abbildung, weil es für jedes x ∈ R genau ein y ∈ R, nämlich y = x + 3, gibt mit (x, y) = (x, x + 3) ∈ R4 . (e) R5 ist eine Abbildung, weil es für jedes x ∈ R genau ein y ∈ R, nämlich y = sin(x), gibt mit (x, y) = (x, sin(x)) ∈ R5 . (f) R6 ist eine Abbildung, weil es für jedes x ∈ R genau ein y ∈ R, nämlich y = ex , gibt mit (x, y) = (x, ex ) ∈ R6 . (ii) (c) R3 ist offensichtlich injektiv, surjektiv und somit auch bijektiv. (d) Seien x, y ∈ R mit R4 (x) = R4 (y). Dann gilt x+3 = y+3, also x = y, und das liefert die Injektivität von R4 . Für a ∈ R gibt es mit b = a − 3 ∈ R eine Zahl mit R4 (b) = (a − 3) + 3 = a, woraus die Surjektivität folgt. Also ist R4 injektiv, surjektiv und somit auch bijektiv. (e) Offenbar gilt sin(0) = 0 = sin(2π) mit 0, 2π ∈ R. Somit kann R5 nicht injektiv sein. Auf der anderen Seite gibt es für 42 ∈ R kein x ∈ R mit sin(x) = 42, weil die Sinusfunktion nur Werte zwischen −1 und 1 annimmt, womit die Surjektivität ebenfalls ausgeschlossen ist. (f) Seien x, y ∈ R mit R6 (x) = R6 (y). Dann gilt ex = ey , woraus unter Anwendung des natürlichen Logarithmus direkt x = y und somit die Injektivität folgt. Da es jedoch kein z ∈ R mit R6 (z) = −23 gibt (die Exponentialfunktion hat nur positive Werte), kann R6 nicht surjektiv sein. (iii) (c) R3−1 = {(23, 1), (42, 2), (4711, 3)} ⊆ {23, 42, 4711} × {1, 2, 3} (d) R4−1 : R → R, R4−1 (x) = x − 3
16.3 Mengen, Relationen, Funktionen 303 Lösungsvorschlag für Übung 3.44 (Eigenschaften von Abbildungen) (i) (a) Seien x, y ∈ R mit f1 (x) = f1 (y). Dann gilt x3 = y 3 , was nach Ziehen der dritten Wurzel x = y bedeutet. Also ist f1 injektiv. Für die Surjektivität √ sei b ∈ R. Dann gilt mit a := 3 b ∈ R schon f1 (a) = b und damit die Surjektivität. Also ist f1 injektiv und surjektiv, also auch bijektiv. (b) Wegen 3 ∈ R und f2 (1) = f2 (−1) = 3 ist die Injektivität widerlegt. Da f2 keine negativen Werte annimmt, hat zum Beispiel −42 ∈ R kein Urbild, was die Surjektivität widerlegt. Somit kann f2 auch nicht bijektiv sein. (c) Seien x, y ∈ R mit f3 (x) = f3 (y). Dann gilt x + 10 = y + 10, woraus x = y und damit die Injektivität folgt. Für die Surjektivität sei b ∈ R. Dann gilt mit a := b − 10 ∈ R schon f3 (a) = b und damit die Surjektivität. Also ist f3 injektiv und surjektiv, also auch bijektiv. √ (ii) (a) f1−1 : R → R, f1−1 (x) = 3 x (c) f3−1 : R → R, f3−1 (x) = x − 10 Lösungsvorschlag für Übung 3.45 (Eigenschaften von Abbildungen) (i) (a) R1 ist eine Abbildung, weil jedem Element von {Einrad, Fahrrad, Auto, Trike} genau ein Element aus {1, 2, 3, 4} zugeordnet wurde. (b) R3 ist eine Abbildung, weil jedem Element von {a, b, c, d} genau ein Element aus {α, β, γ, δ} zugeordnet wurde. (c) R4 ist eine Abbildung, weil jedem Element von {+, −, /} genau ein Element aus {0, 1} zugeordnet wurde. (ii) (a) R1 ist injektiv, surjektiv und bijektiv, weil jedes Element aus {1, 2, 3, 4} genau ein Urbild in {Einrad, Fahrrad, Auto, Trike} hat. Die Umkehrfunktion ist definiert durch R1−1 = {(1, Einrad), (2, Fahrrad), (3, Trike), (4, Auto)} ⊆ {1, 2, 3, 4} × {Einrad, Fahrrad, Auto, Trike}. (c) R3 nicht injektiv, weil δ durch a und d zwei Urbilder hat. R3 ist auch nicht surjektiv, weil γ kein Urbild hat. (d) R4 kann nicht injektiv sein, weil · und / dasselbe Bild haben Da jedes Element aus {0, 1} aber mindestens ein Urbild hat, ist R4 surjektiv.
304 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Lösungsvorschlag für Übung 3.46 (Abbildungen) Da f surjektiv ist, muss es für jedes b ∈ B nach Definition mindestens ein a ∈ A geben mit f (a) = b. Hätte A weniger Elemente als B, gäbe es mindestens ein b ∈ B ohne Urbild, da nach Definition einer Abbildung jedem Element aus A nur ein Bild zugeordnet werden darf. Dies widerspricht aber der Surjektivität. Also muss A mindestens so viele Elemente haben wie B. Lösungsvorschlag für Übung 3.47 (Abbildungen) Hätte B weniger Elemente als A, so müsste es, damit jedes Element aus A ein Bild hat, a1 , a2 ∈ A und b ∈ B geben mit der Eigenschaft f (a1 ) = f (a2 ) = b. Dann kann f aber nicht mehr injektiv sein. Also muss B mindestens so viele Elemente haben wie A. Lösungsvorschlag für Übung 3.48 (Surjektivität und Injektivität) Wir betrachten die Abbildung f : M → P(M ), definiert durch f (x) = {x}. Es gilt f (x) ∈ P(M ) wegen {x} ⊂ M für x ∈ M . Seien x, y ∈ M mit f (x) = f (y). Es ist also {x} = {y} und somit x = y. Damit ist die Injektivität gezeigt. Wir wissen ∅ ∈ P(M ). Da für alle x ∈ M nach Definition der leeren Menge x ∈ /∅ gilt und immer x ∈ f (x) ist, kann ∅ kein Urbild haben. Damit ist die Surjektivität widerlegt. Lösungsvorschlag für Übung 3.49 (Urbilder von Abbildungen) (i) α−1 (0) := {(n, m) ∈ Z × Z | α(n, m) = 0} = {(n, m) ∈ Z × Z | n + m = 0} = {(n, m) ∈ Z × Z | m = −n} = {(n, −n) | n ∈ Z} (ii) α−1 ({0, 1}) := {(n, m) ∈ Z × Z | α(n, m) ∈ {0, 1}} = {(n, m) ∈ Z × Z | n + m = 1 oder n + m = 0} = {(n, m) ∈ Z × Z | m = 1 − n oder m = −n} = {(n, 1 − n) | n ∈ Z} ∪ {(n, −n) | n ∈ Z}
16.3 Mengen, Relationen, Funktionen 305 Lösungsvorschlag für Übung 3.50 (Urbilder von Abbildungen) (i) μ−1 (0) := {(n, m) ∈ Z × Z | μ(n, m) = 0} = {(n, m) ∈ Z × Z | nm = 0} = {(n, m) ∈ Z × Z | m = 0 oder n = 0)} (ii) μ−1 ({0, 1}) := {(n, m) ∈ Z × Z | μ(n, m) ∈ {0, 1}} = {(n, m) ∈ Z × Z | nm = 1 oder nm = 0} = {(n, m) ∈ Z × Z | m = 1 n oder m = 0 oder n = 0} = {(n, m) ∈ Z × Z | n = 0 oder m = 0 oder n = m = 1} Lösungsvorschlag für Übung 3.51 (Äquivalenzrelationen und Abbildungen) Wir setzen  [(z + 1, 1)]∼ für z ≥ 0, ϕ(z) := [(1, 1 − z)]∼ für z < 0. Wir zeigen zunächst, dass ϕ injektiv ist. Wenn ϕ(z) = ϕ(z  ) gilt, dann gibt es vier Fälle zu betrachten: 1. z, z  ≥ 0. Dann impliziert ϕ(z) = ϕ(z  ), dass (z + 1, 1) ∼ (z  + 1, 1) gilt, also z + 1 + 1 = z  + 1 + 1 und damit z = z  . 2. z ≥ 0 > z  . Dann impliziert ϕ(z) = ϕ(z  ), dass (z + 1, 1) ∼ (1, 1 − z  ) gilt, das heißt z + 1 + 1 − z  = 2, also z = z  . Dies steht im Widerspruch zu z > z  , also kann in diesem Fall ϕ(z) = ϕ(z  ) nicht gelten. 3. z  ≥ 0 > z. Man vertausche in obigem Argument die Rollen von z und z  . 4. z, z  < 0. Dann impliziert ϕ(z) = ϕ(z  ), dass (1, 1 − z) ∼ (1, 1 − z  ) gilt, also 1 + 1 − z = 1 + 1 − z  und damit z = z  . Damit ist die Injektivität von ϕ gezeigt. Um auch die Surjektivität zu zeigen, betrachten wir ein beliebiges (a, b) ∈ N × N. Die beiden folgenden Fälle können auftreten: 1. a ≥ b. Dann gilt 0 ≤ a − b ∈ Z und ϕ(a − b) = [(a − b + 1, 1)]∼ = [(a, b)]∼ . 2. a < b. Dann gilt 0 > a − b ∈ Z und ϕ(a − b) = [(1, 1 − a + b)]∼ = [(a, b)]∼ . In jedem Fall hat man [(a, b)]∼ ∈ ϕ(Z), das heißt, die Surjektivität von ϕ ist gezeigt.
306 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Lösungsvorschlag für Übung 3.52 (Äquivalenzrelationen und Abbildungen) Wir definieren eine Abbildung ψ : (Z × Z× )∼ → Q durch ψ([(p, q)]∼ ) := pq und zeigen, dass sie bijektiv ist. Dann setzen wir ϕ := ψ −1 (Umkehrabbildung). Als Erstes ist die Wohldefiniertheit von ψ zu zeigen: Wenn [(p, q)]∼ = [(p , q  )]∼ ,  das heißt (p, q) ∼ (p , q  ), dann gilt pq  = p q und somit pq = pq . Als Nächstes zeigen wir, dass ψ injektiv ist. Wenn ψ([(p, q)]∼ ) = ψ([(p , q  )]∼ )  gilt, dann gilt pq = pq und somit pq  = p q. Das bedeutet (p, q) ∼ (p , q  ), also [(p, q)]∼ = [(p , q  )]∼ . Zum Schluss zeigen wir, dass ψ surjektiv ist. Jede rationale Zahl r lässt sich als Bruch pq mit p ∈ Z und q ∈ N schreiben. Aber dann ist ψ[(p, q)]∼ = pq = r. Lösungsvorschlag für Übung 3.53 (Äquivalenzrelationen und Abbildungen) (i) Seien [x]2n , [y]2n ∈ Z/2nZ mit [x]2n = [y]2n . Nach Voraussetzung ist [x − y]2n = [0]2n . Dann gibt es k ∈ Z mit x − y = 2kn. Damit ist dann 2x − 2y = 2(x − y)=2 · 2kn = 4kn ∈ [4kn]n = [0]n . Also ist [2x]n = [2y]n , woraus die Wohldefiniertheit folgt. (ii) Es ist ϕ([0]2n ) = [0]n = ϕ([n]2n ), aber [0]2n = [n]2n . Also kann ϕ nicht injektiv sein. (iii) Sei n gerade. Wir zeigen, dass [1]n ∈ Z/nZ kein Urbild bezüglich ϕ hat. Für ein solches Urbild [x]2n ∈ Z/2nZ müsste gelten: [2x]n = [1]n . Es gäbe also k ∈ Z mit nk = 2x − 1. Dies kann nicht sein, da 2x − 1 ungerade ist. [1]n hat also kein Urbild unter ϕ. Also ist ϕ auch nicht surjektiv. (iv) Sei n ungerade, das heißt von der Form n = 2k +1 mit k ∈ Z. Sei [y]n ∈ Z/nZ. Dann gilt [1]n = [n]n − [2k]n = [0]n − [2k]n , aber das zeigt [−2ky]n = [y]n . Somit ist ϕ([−ky]2n ) = [y]n . Also hat jedes Element aus Z/nZ ein Urbild unter ϕ. In diesem Fall ist ϕ surjektiv. Lösungsvorschlag für Übung 3.54 (Gleichmächtigkeit von Mengen) (i) Es sind M1 = {1, 2, 3, 4, . . .} und M2 = {1, 4, 9, 16, . . .}. (ii) 1. Wir betrachten f : M1 → M2 , n → n2 .
16.3 Mengen, Relationen, Funktionen 307 2. Für n, m ∈ N = M1 mit n > m gilt n2 > m2 . Insbesondere gilt n2 = m2 , falls n = m. Damit ist die Injektivität gezeigt. Sei m ∈ M2 . Nach Definition von M2 gibt es dann ein n ∈ N = M1 mit n2 = m. Daraus folgt aber sofort f (n) = m. Somit hat jedes Element aus M2 ein Urbild, und damit ist f (M1 ) = M2 , was die Surjektivität zeigt. Also ist f bijektiv. Lösungsvorschlag für Übung 3.55 (Gleichmächtigkeit von Mengen) (i) Wegen [a] ∈ M2 können wir ohne Einschränkung annehmen, dass a ≡ 1 mod 2 gilt. Es gibt also k ∈ Z mit a = 2k + 1. Wegen b ∈ [a] gibt es außerdem l ∈ Z mit b = 8l + a. Zusammen erhalten wir dann b = 8l + a = 8l + 2k + 1 ≡ 0 + 0 + 1 ≡ 1 mod 2. (ii) M1 = {[0], [1], [2], [3]}, M2 = {[1], [3], [5], [7]} (iii) 1. Wir wählen die Abbildung f : M1 → M2 , [a] → [2a + 1]. Wegen [0] → [1], [1] → [3], [2] → [5], [3] → [7] liefert diese Abbildungsvorschrift tatsächlich eine Abbildung mit Werten in M2 . 2. Die Surjektivität, Injektivität und damit auch die Bijektivität sieht man direkt aus der Abbildungsvorschrift in (1). Lösungsvorschlag für Übung 3.56 (Abzählen endlicher Mengen) (i) Sei M eine Menge mit |M | = n, seien mi die Elemente von M mit i ∈ {1, . . . , n}. Dann gilt für alle Teilmengen A ⊆ M : ∀i ∈ {1, . . . , n} : entweder mi ∈ A oder mi ∈ /A Man könnte also einen Baum zeichnen, mit ∅ als Wurzelknoten auf der nullten Ebene. Für jedes i gibt es eine weitere Ebene. Dabei gilt: Jeder Knoten in einer Ebene i hat zwei Äste, nämlich mi+1 ∈ A und mi+1 ∈ / A. Bei dem Baum bildet so jeder Pfad vom Wurzelknoten bis zu den Blättern eine mögliche Teilmenge von M . Da wir für alle i die Fälle ∈ A und ∈ / A betrachtet haben und es keine dritte Möglichkeit gibt, ist der Baum vollständig. Wir haben also für jeden Elternknoten zwei Kindknoten, also auf der nullten Ebene einen Knoten, auf der ersten Ebene 2· 1 = 2 Knoten, auf der dritten Ebene 2·2·1 = 4 Knoten u.s.w. Auf der n-ten Ebene haben wir somit 2 · 2 · . . . · 2 · 2 = 2n = M n-mal
308 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Knoten. Da jeder Knoten auf der obersten Ebene eines Baumes für einen vollständigen Pfad steht, entspricht die Formel der Menge der Teilmengen. (ii) Sei M eine Menge mit |M | = n, sei A ⊆ Teilmenge von M mit |A| = k. Wir wollen nun zeigen, wie viele Möglichkeiten es gibt, A zu bilden. Das bedeutet, dass wir berechnen müssen, wie viele Möglichkeiten es gibt, n Elemente auf k freie Plätze zu verteilen. Dazu betrachten wir erst einmal, wie viele Möglichkeiten es gibt, n Elemente auf n Plätze zu verteilen. Es ist offensichtlich, dass es dafür n · (n − 1) · (n − 2) · . . . · 3 · 2 · 1 = n! Varianten gibt. Wenn wir nun wissen möchten, wie viele Varianten es für k ≤ n freie Plätze gibt, so dürfen wir nur bis n − k multiplizieren. Der Rest, also (n − k)! fällt weg – schließlich sind alle Plätze schon voll –, und wir erhalten für die Anzahl x der Möglichkeiten n! . x= (n − k)! x ist nun die gesuchte Anzahl, aber wir haben noch nicht berücksichtigt, dass die Reihenfolge der Elemente bei Mengen egal ist. Man kann eine Menge mit k Elementen auf k! verschiedene Art und Weise sortieren. Um diese Umsortierungen aus der Formel herauszurechnen, müssen wir also durch k! teilen und erhalten als Formel für die Anzahl der Teilmengen mit k Elementen, n! . (n − k)! · k! Man nennt diese Zahl einen Binomialkoeffizienten und bezeichnet sie mit  n k . (iii) Wenn unter 17 Ostereiern auf jeden Fall alle drei Farben vertreten sein sollen, dann können maximal 15 Eier dieselbe Farbe haben. Sei nun k ∈ {1, . . . , 15} eine Variable für die Eier, die eine der drei Farben haben. Für ein beliebiges, aber festes k gilt dann, dass es m, n ∈ {1, . . . , 17 − k − 1} Eier der anderen beiden Farben gibt, wobei immer gelten muss 17 = k + m + n. Dazu betrachten wir die Menge M := {(m, n) ∈ {1, . . . , 17−k −1}2 | m+n = 17 − k}. Dann ist |M | die Anzahl der Möglichkeiten, die anderen Eier zu färben, für ein festes k. Das bedeutet, dass |M | = 17 − k − 1 = 16 − k ist. Für jedes k gibt es also 16 − k Möglichkeiten, die anderen Eier zu färben. Wir haben dann für die Gesamtanzahl n der Möglichkeiten, die 17 Eier zu färben, die Summe n= 15  k=1 (16 − k) = 15  j=1 j = 120.
16.3 Mengen, Relationen, Funktionen 309 Lösungsvorschlag für Übung 3.57 (Abzählen endlicher Mengen) (i) Wir müssen berechnen, wie viele Möglichkeiten es gibt, n Elemente des Wertebereichs auf n Elemente des Definitionsbereichs zu verteilen. Man kann sich leicht überlegen, dass es n · (n − 1) · (n − 2) · . . . · 2 · 1 = n! Möglichkeiten gibt, da aufgrund der Bijektivität jedes Element aus dem Wertebereich nur einmal genommen werden darf. (ii) Bei dieser Aufgabe ist die Angabe der 49 nicht relevant. Es ist nur wichtig, in wie vielen Varianten man sechs Zahlen anordnen kann, und deswegen erhalten wir – mit denselben Argumenten wie oben –, dass es 6! = 720 Möglichkeiten gibt. Lösungsvorschlag für Übung 3.58 (Abzählen endlicher Mengen) Wir definieren uns die Mengen G, L, M, I als die Gesamtmenge, die Menge der Lehramtskandidaten, die Menge der Mathematiker und die Menge der Informatiker. Wir haben dann |G| = 40, |L| = 18, |M | = 16, |I| = 12, |L ∩ M | = 7, |L ∩ I| = 2, |M ∩ I| = 3, |M ∩ I ∩ L| = 2. Nun bilden wir die alternierende Summe, um die Kardinalität von G \ (L ∪ M ∪ I) zu bestimmen: 1. |L| + |M | + |I| = 18 + 16 + 12 = 36 Problem: Wir haben die Studenten mit zwei Fächern doppelt gezählt, also: 2. 36 − |L ∩ M | − |L ∩ I| − |M ∩ I| = 36 − 7 − 2 − 3 = 24 Problem: Wir haben die Studenten mit allen drei Fächern erst dreimal gezählt, aber dann auch wieder dreimal abgezogen, also: 3. 24 + |L ∩ M ∩ I| = 24 + 2 = 26 Schlussendlich erhalten wir |G \ (L ∪ M ∪ I)| = 40 − 26 = 14. Es gibt also 14 Studierende mit den gewünschten Eigenschaften.
310 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Lösungsvorschlag für Übung 3.59 (Abzählen endlicher Mengen): Wir benennen die einzelnen Mengen: Gruppe Bezeichner Mächtigkeit Schachspieler S 18 Rollenspieler R 23 Facebookuser F 21 Sporthasser H 17 Wenn wir diese Mächtigkeiten nun addieren, erhalten wir 79 Leute. Wir haben aber diejenigen Leute doppelt gezählt, die in zwei Gruppen sind: |S ∩ R| + |S ∩ F | + |S ∩ H| + |R ∩ F | + |R ∩ H| + |F ∩ H| = 9 + 7 + 6 + 12 + 9 + 12, also 55. Diese müssen also einmal wieder abzogen werden, und wir erhalten 79 − 55 = 24. Nun haben wir aber diejenigen, die in drei der Gruppen sind, dreimal gezählt und dann wieder dreimal abgezogen. Wir müssen diese also noch hinzuaddieren: |S ∩ R ∩ F | + |S ∩ R ∩ H| + |S ∩ F ∩ H| + |R ∩ F ∩ H| = 4 + 3 + 5 + 7 = 19. Damit kommen wir auf 24 + 19 = 43. Nun müssen wir noch die Studierenden, die in allen vier Gruppen sind, abziehen mit |S ∩ R ∩ F ∩ H| = 3, also 43 − 3 = 40. Die Gruppe besteht also aus 40 Studenten. Lösungsvorschlag für Übung 3.60 (Abzählen endlicher Mengen) - Es ist keine surjektive Abbildung möglich, weil die Wertemenge größer als die Definitionsmenge ist. - Weil es keine surjektiven Abbildungen gibt, kann es auch keine bijektiven geben. - Da die Veränderung der Reihenfolge die Abbildung ändert, gibt es 4 · 3 · 2 = 24 Möglichkeiten für injektive Abbildungen. Lösungsvorschlag für Übung 3.61 (Abzählen endlicher Mengen) - Es ist keine injektive Abbildung möglich, weil die Wertemenge kleiner als die Definitionsmenge ist und deswegen mindestens ein Wert mehrere Urbilder haben muss. - Weil es keine injektiven Abbildungen gibt, kann es auch keine bijektiven geben. - Da der Definitionsbereich vier Elemente enthält und wir nur drei Elemente in der Wertemenge haben, aber für Surjektivität jedes mindestens einmal getroffen werden muss, kommt jedes Element der Wertemenge mindestens einmal vor, und genau ein Element kommt doppelt vor.
16.3 Mengen, Relationen, Funktionen 311 Somit kann es nur drei Möglichkeiten geben, die Bildmenge zu bilden, nämlich aus den Ziffern (1,1,2,3), (1,2,2,3) oder (1,2,3,3) in verschiedener Reihenfolge. Jede dieser Möglichkeiten ist von der Form (a, a, b, c). Das bedeutet, dass es für c vier mögliche Plätze gibt, für b dann nur noch drei Möglichkeiten, und der Rest kann nur mit a besetzt werden. Somit erhalten wir 4 · 3 · 1 = 12 Möglichkeiten für eine solche Bildmenge. Wir haben also insgesamt 3 · 12 = 36 Möglichkeiten, eine surjektiven Abbildung zu erstellen. Lösungsvorschlag für Übung 3.62 (Abzählen endlicher Mengen) (i) Es gibt n Möglichkeiten eines Funktionswertes für jedes k aus dem Definitionsbereich. Es gibt insgesamt also nk verschiedene Abbildungen. (ii) Injektiv bedeutet, dass es zu jedem Element des Wertebereichs höchstens ein Urbild gibt. Wir müssen also eine Fallunterscheidung machen. Für n < k gibt es keine injektive Funktion, weil mindestens ein Element des Wertebereichs zwei Urbilder hat. Für n ≥ k gilt, dass wir aus n Elementen k auswählen müssen. Dabei ist die Reihenfolge relevant. Da jedes Element höchstens einn! mal verwendet werden darf, gibt es (n−k)! Möglichkeiten, die Abbildung zu bilden. (iii) Diese Aufgabe lässt sich genau auf eine injektive Funktion, wie in (ii), zu16 rückführen mit n = 50 und k = 10. Wir haben dann 50! 40! ≈ 3, 73 · 10 Möglichkeiten. (iv) Wenn wir 56 Karten auf acht Spieler verteilen wollen, so erhält jeder Spieler sieben Karten. Da die Reihenfolge der gezogenen Karten nicht von Relevanz   ist, hat jeder Spieler n ∈ {0, . . . 7} genau 56−7·n Möglichkeiten für sein Blatt 7 (siehe Übung 6.12 auf S. 131). Insgesamt gibt es also ' ( ' ( ' ( ' ( ' ( ( 7 '  56 49 42 14 7 56 − 7k · · · ... · · = 7 7 7 7 7 7 k=0 = 7  k=0 (56 − 7k)! [56 − 7(k + 1)]! · 7! Möglichkeiten. Dabei kürzt sich jedoch, wie man leicht sieht, der Nenner von jedem Faktor k mit dem Zähler des Faktors k + 1. Dabei bleibt jedes Mal im Nenner noch 7! übrig. Der einzige Zähler, der nicht weggekürzt wird, ist 56!. 56! 45 mögliche Verteilungen. Wir erhalten also als Ergebnis (7!) 8 ≈ 1,71 · 10
312 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Lösungsvorschlag für Übung 3.63 (Abzählen endlicher Mengen) (i) Der erste Sportler muss sieben Leuten die Hand geben, der nächste noch 8 7 sechs, usw. Wir erhalten also, dass es k=1 (8 − k) = j=1 j = 28 Handschläge gibt. (ii) Wir haben zehn Ziffern zur Verfügung. Da die erste Ziffer einer natürlichen Zahl definitionsgemäß nicht 0 ist, gibt es für die erste Ziffer neun Möglichkeiten. Da nun die für die erste Stelle verwendete Zahl nicht benutzt werden darf, haben wir für die nächste Stelle wieder neun Möglichkeiten. Man kommt also insgesamt auf 920 ≈ 1, 22 · 1019 Möglichkeiten. (iii) Bei jeder Runde halbiert sich die Anzahl der noch im Turnier liegenden Mannschaften. Wir brauchen also log2 (32) = 5 Runden. In jeder Runde gibt es halb so viele Partien, wie es Mannschaften gibt. Wir haben also 5  32 i=1 2i = 31 Partien. Alternativlösung: Man kann sich auch überlegen, dass bei jeder Partie eine Mannschaft ausfällt. Zu Beginn sind es 32 Mannschaften, und am Ende bleibt eine Mannschaft übrig. Es muss also 31 Partien geben. 16.4 Größter gemeinsamer Teiler Lösungsvorschlag für Übung 4.1 (Euklidischer Algorithmus) Seien a, b ∈ N mit b ≥ a. Wir betrachten ein Rechteck mit den Seitenlängen a und b. Wenn b = a gilt, dann ist das Rechteck ein Quadrat, und das Verfahren liefert korrekterweise a = b = ggT(a, b). Wenn b > a gilt, zieht man so oft a von b ab, bis eine Zahl herauskommt, die kleiner oder gleich a ist. Wenn man dazu k-mal a abgezogen hat, gilt b − k · a ≤ a < b − (k − 1) · a. Wenn b − k · a = a, dann gilt b = (k + 1) · a und ggT(a, b) = a, was das Verfahren korrekt als Ergebnis liefert, weil man nach diesen k Schritten das Quadrat der Seitenlänge a erhalten hat. Ist dagegen b − k · a < a, dann ist b = k · a + r1 gerade die Division von b durch a mit Rest r1 , der 0 ≤ r1 < a erfüllt. Das bedeutet, aus dem Rechteck mit den Seitenlängen b und a ist das Rechteck mit den Seitenlängen a und r1 geworden.
16.4 Größter gemeinsamer Teiler 313 Aus dem euklidischen Algorithmus weiß man, dass ggT(b, a) = ggT(a, r1 ) gilt. Fährt man mit dem Verfahren fort, so ist das genauso, als hätte man mit dem Rechteck mit den Seitenlängen a und r1 begonnen. Das Verfahren liefert also im nächsten Schritt entweder ein Quadrat mit Seitenlänge r1 = ggT(a, r1 ) oder aber ein Rechteck mit den Seitenlängen r1 und r2 , wobei a =  · r1 + r2 die Division mit Rest von a durch r1 ist. Jede dieser Mehrfachsubtraktionen entspricht also einem Schritt im euklidischen Algorithmus. Das Verfahren endet, wenn die längere Seite ein Vielfaches der kürzeren Seite ist. In diesem Fall ist die Länge der kürzeren Seite der ggT der beiden Seitenlängen. Lösungsvorschlag für Übung 4.2 (Euklidischer Algorithmus) Der euklidische Algorithmus läuft wie folgt ab: 10 625 = 5 · 1 989 + 680, 1 989 = 2 · 680 + 629, 680 = 1 · 629 + 51, 629 = 12 · 51 + 17, 51 = 3 · 17 + 0. Es ist also ggT(1989, 10625) = 17. Lösungsvorschlag für Übung 4.3 (Euklidischer Algorithmus) Teilt man die Gleichung 4 914m + 12 870n = 234 durch 18, so erhält man 273m + 715n = 13. Der euklidische Algorithmus liefert für das Zahlenpaar (715, 273) 715 = 2 · 273 + 169, 273 = 1 · 169 + 104, 169 = 1 · 104 + 65, 104 = 1 · 65 + 39, 65 = 1 · 39 + 26, 39 = 1 · 26 + 13, 26 = 2 · 13. Damit rechnet man rückwärts: 13 = 39 − 1 · 26 = 39 − (65 − 1 · 39) = 2 · 39 − 65 = 2 · (104 − 65) − 65 = 2 · 104 − 3 · 65 = 2 · 104 − 3 · (169 − 104) = 5 · 104 − 3 · 169 = 5 · (273 − 169) − 3 · 169 = 5 · 273 − 8 · 169 = 5 · 273 − 8 · (715 − 2 · 273) = 21 · 273 − 8 · 715 = 5 733 − 5 720.
314 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Somit ist (m, n) = (21, −8) die Lösung der Gleichung. Lösungsvorschlag für Übung 4.4 (Euklidischer Algorithmus) Teilt man die Gleichung 14 592m + 6 468n = 12 durch 12, so erhält man 1 216m + 539n = 1. Der Euklidische Algorithmus liefert für das Zahlenpaar (1 216, 539) 1 216 = 2 · 539 + 138, 539 = 3 · 138 + 125, 138 = 1 · 125 + 13, 125 = 9 · 13 + 8, 13 = 1 · 8 + 5, 8 = 1 · 5 + 3, 5 = 1 · 3 + 2, 3 = 1 · 2 + 1, 2 = 2 · 1. Damit rechnet man rückwärts: 1 = 3−1·2 = 3 − (5 − 3) = 2 · 3 − 5 = 2 · (8 − 5) − 5 = 2 · 8 − 3 · 5 = 2 · 8 − 3 · (13 − 8) = 5 · 8 − 3 · 13 = 5 · (125 − 9 · 13) − 3 · 13 = 5 · 125 − 48 · 13 = 5 · 125 − 48 · (138 − 125) = 53 · 125 − 48 · 138 = 53 · (539 − 3 · 138) − 48 · 138 = 53 · 539 − 207 · 138 = 53 · 539 − 207 · (1 216 − 2 · 539) = 467 · 539 − 207 · 1216 = 251 713 − 251 712. Somit ist (m, n) = (−207, 467) die Lösung der Gleichung. Lösungsvorschlag für Übung 4.5 (ggT) Der Beweis folgt direkt aus dem Beweis von Korollar 1.15 im Beispieltext (S. 87). Lösungsvorschlag für Übung 4.6 (ggT) Es gilt ggT(x, y) = min {ax + by ∈ N | a, b ∈ Z} = min {aqy + ar + by ∈ N | a, b ∈ Z} = min {(aq + b)y + ar ∈ N | a, b ∈ Z} = min {a y + b r ∈ N | a , b ∈ Z} = ggT(y, r).
16.4 Größter gemeinsamer Teiler 315 Lösungsvorschlag für Übung 4.7 (ggT) (i) Wir wählen a = 2 und b = 4. Dann ist ggT(2c + 4, 2) = ggT(2(c + 2), 2) = 2 | 4. (ii) Es gilt ggT(a + b, a) = min {k(a + b) + la ∈ N | k, l ∈ Z} = min {(k + l)a + kb ∈ N | k, l ∈ Z} = min {ma + kb ∈ N | k, m ∈ Z} = ggT(a, b). Nach Definition ist nun klar, dass ggT(a, b) | b. (iii) Sei c ∈ Z. Dann gilt analog zu (ii): ggT(ca + b, a) = min {k(ca + b) + la ∈ N | k, l ∈ Z} = min {(kc + l)a + kb ∈ N | k, l ∈ Z} = min {ma + kb ∈ N | k, m ∈ Z} = ggT(a, b). Nach Definition ist nun klar, dass ggT(a, b) | b. Lösungsvorschlag für Übung 4.8 (ggT) 1. Es ist 26 − (−3) · 16 = 74 > 16. Mit dem euklidischen Algorithmus für ggT(16, 74) erhalten wir dann 74 = 4 · 16 + 10, 16 = 1 · 10 + 6. Berechnen wir den ggT(16, 26) mit dem euklidischen Algorithmus, erhalten wir 26 = 1 · 16 + 10, 16 = 1 · 10 + 6. Da in beiden Fällen der euklidische Algorithmus auf dieselbe Zeile hinausläuft, also ab dann identisch verläuft, folgt, dass die größten gemeinsamen Teiler gleich sein müssen. 2. Unter Verwendung einer einfachen Abwandlung des Arguments (∗) in Übung 4.7 erhalten wir ggT(a, b − ka) = min {xa + y(b − ka) ∈ N | x, y ∈ Z} = min {(x − yk)a + yb ∈ N | x, y ∈ Z} = min {xa + yb ∈ N | x, y ∈ Z} = ggT(a, b).
316 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Lösungsvorschlag für Übung 4.9 (ggT) Es ist a + b = (a − b) + 2b. Nach Übung 4.6 ist dann ggT(a + b, a − b) = ggT(a − b, 2b) =: d. Da a, b teilerfremd sind, muss auch a − b zu b teilerfremd sein. Im Fall 2 | (a − b) ist d = 2, ansonsten d = 1. Somit folgt d ≤ 2. Lösungsvorschlag für Übung 4.10 (ggT) Sei d = ggT(m + 1, n + 1) mit m + 1 = ddm und n + 1 = ddn . Dann gilt mn−1 = (ddm −1)(ddn −1)−1 = d2 dm dn −ddn −ddm +1−1 = d(ddm dn −dn −dm ), und das beweist die Behauptung. Lösungsvorschlag für Übung 4.11 (ggT) (i) Wir wählen n = 2 und erhalten ggT(22 + 2 + 1, 2 + 1) = ggT(7, 3) = 1. (ii) Es ist () g(n) = ggT(n2 + n + 1, n + 1) = ggT(n(n + 1) + 1, n + 1) = ggT(n + 1, 1) = 1. Bei ( ) verwenden wir den Hinweis mit a = n + 1, b = 1. 16.5 Aussagenlogik und Widerspruchsbeweise Lösungsvorschlag für Übung 5.1 (Implikation) (i) Wenn B falsch und A wahr ist, dann ist B ⇒ A wahr, aber A ⇒ B falsch. Somit können die Aussagen nicht logisch äquivalent sein. (ii) (a) Wir setzen A = „D ist ein rechtwinkliges Dreieck“ und B = „Die Summe der Quadrate der Kathetenlängen von D ist gleich dem Quadrat der Hypotenusenlänge“. (b) Sei D ein Dreieck. Wenn man die drei Seiten von D so mit a, b, c ∈ R≥0 bezeichnen kann, dass a2 + b2 = c2 gilt, so hat D gegenüber von Seite c einen rechten Winkel. (iii) (a) Wir setzen A = „Sei f : R → R eine (stetig differenzierbare) Funktion mit einem Extrempunkt an der Stelle xE ∈ R“ und B = „Es gilt f  (xE ) = 0“. (b) Sei f : R → R eine (stetig, differenzierbare) Funktion. Wenn für einen Punkt xE ∈ R die Gleichung f  (xE ) = 0 erfüllt ist, so hat f an der Stelle xE einen Extrempunkt.
16.5 Aussagenlogik und Widerspruchsbeweise 317 (c) Die umgekehrte Implikation ist nicht wahr, denn es gilt zum Beispiel für f (x) = x3 mit x ∈ R, dass f  (0) = 0, aber f hat an dieser Stelle keinen Extrempunkt (Beweis durch Gegenbeispiel). Lösungsvorschlag für Übung 5.2 (Implikation) (i) Beweis durch Widerspruch. (ii) Im Verlauf des Beweises bekämen wir dann die Zeile 4q 2 = p2 = (2r)2 = 4r2 . Dies führt zu q 2 = r2 , woraus sich kein Widerspruch provozieren lässt. (iii) Der Beweis funktioniert auf analoge Art und Weise nur für a ∈ N, die die Form a = 2k mit k ungerade haben. Wir beweisen dies mithilfe einer Fallunterscheidung. Dabei gehen wir in dem Fall auf die wesentlichen Beweisschritte ein. a = 2k, k ungerade : Aus p2 = 2kq 2 folgert man, dass p gerade ist. Danach folgt aus kq 2 = 2r2 , dass q gerade sein muss, da kq 2 gerade und k ungerade ist. Somit kann in diesem Fall der gewünschte Widerspruch erzeugt werden. a = 2n k, n > 1, k ungerade : Wieder können wir zeigen, dass p gerade ist. Aus 2n−2 kq 2 = r2 lässt sich dann jedoch keine Aussage über die Parität von q machen. In diesem Fall ist die Beweisstrategie somit nicht tauglich. a ungerade : In diesem Fall können wir schon an der Stelle p2 = aq 2 keine weiteren Schlüsse über die Parität ziehen. Somit ist unsere Aussage von oben gezeigt. Anmerkung: Für die anderen Fälle funktioniert ein etwas abgewandeltes Beweisverfahren, dem eine subtilere Idee zugrunde liegt. Es beruht auf dem Fundamentalsatz der Zahlentheorie, der in Kapitel 6 behandelt wird.
318 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Lösungsvorschlag für Übung 5.3 (Aussagenlogik) Wir betrachten die folgende Wahrheitswertetafel: A B C B ∨ C A ∧ B A ∧ C A ∧ (B ∨ C) (A ∧ B) ∨ (A ∧ C) f f f f f f f f f f w w f f f f f w f w f f f f f w w w f f f f w f f f f f f f w f w w f w w w w w f w w f w w w w w w w w w w Da die letzten beiden Spalten identisch sind, folgt die logische Äquivalenz der Aussagen. Lösungsvorschlag für Übung 5.4 (Aussagenlogik) Wir betrachten die folgende Wahrheitswertetafel: A B C B ∧ C A ∨ B A ∨ C A ∨ (B ∧ C) (A ∨ B) ∧ (A ∨ C) f f f f f f f f f f w f f w f f f w f f w f f f f w w w w w w w w f f f w w w w w f w f w w w w w w f f w w w w w w w w w w w w Da die letzten beiden Spalten identisch sind, folgt die logische Äquivalenz der Aussagen. Lösungsvorschlag für Übung 5.5 (Negation von Aussagen) (i) Es gibt einen Schüler, der in einer Summe kürzt und nicht dumm ist. (ii) An allen Universitäten gibt es ein Semester und einen Studierenden in diesem Semester, der Spaß am Negieren von Aussagen hat.
16.5 Aussagenlogik und Widerspruchsbeweise 319 Lösungsvorschlag für Übung 5.6 (Widerspruchsbeweis) Sei x ∈ Z mit x2 gerade. Wir nehmen an, dass x ungerade ist. Dann wäre aber x ∈ [1]2 , und somit würde wegen der Rechenregeln für Restklassen auch x2 ∈ [1]2 · [1]2 = [1]2 gelten. Daraus würde dann im Widerspruch zu der Voraussetzung folgen, dass x2 ungerade ist. Also muss x gerade sein. Lösungsvorschlag für Übung 5.7 (Implikationen) (i) Seien A, B Aussagen. Wir zeigen die logische Äquivalenz mithilfe einer Wahrheitswertetafel: A B ¬A ¬B ¬B ⇒ ¬A A ⇒ B f f w w w w f w w f w w w f f w f f w w f f w w Offensichtlich sind die letzten beiden Spalten der Tabelle identisch. Damit ist die Aussage gezeigt. (ii) Sei x ∈ Z. Nach Übung 5.6 gilt, dass wenn x2 gerade ist, auch x gerade sein muss. Dies ist aber genau der Umkehrschluss der zu beweisenden Aussage, die somit bewiesen ist. Lösungsvorschlag für Übung 5.8 (Primzahlen) Seien p ∈ N eine Primzahl und m, n ∈ N. Es gelte p|mn. Also gibt es eine Zahl q ∈ Z mit pq = mn. Wenn p|m gilt, ist alles klar. Wir gehen also davon aus, dass m nicht durch p teilbar ist. Da p eine Primzahl ist, gilt dann schon ggT(p, m) = 1. Nach Korollar 1.15 aus dem Beispieltext (S. 87) gibt es dann x, y ∈ Z mit xp + ym = 1. Multiplizieren wir dies mit q, erhalten wir q = xpq + ymq = xmn + ymq = m(xn + yq). Also gilt m|q. Es gibt somit eine Zahl r ∈ Z mit r · m = q, und es gilt prm = pq = mn. Also haben wir (pr − n)m = 0, woraus wegen m ∈ N die Gleichung pr − n = 0 folgt. Aber damit haben wir pr = n und p|n . Lösungsvorschlag für Übung 5.9 (Widerspruchsbeweis) Da l keine Primzahl ist, gibt es a, b ∈ N, [a], [b] = [0] mit [a] · [b] = [l] = [0]. Wenn n ∈ N die Gleichung [a] · [n] = [1] erfüllt, dann gilt [b] = [b] · [1] = [n] · [a] · [b] = [n] · [0] = [0],
320 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben im Widerspruch zu [b] = [0]. Also kann es ein solches n nicht geben, und m := a hat die gewünschten Eigenschaften. Lösungsvorschlag für Übung 5.10 (Primzahlen) Wir setzen voraus, dass 0 ∈ / [m] gilt. Also sind p und m teilerfremd, und es gibt somit wegen Korollar 1.15 (Beispieltext, S. 87) ganze Zahlen x, y mit xp + ym = 1. Dann gilt aber auch [1] = [x] · [p] + [y] · [m] = [x] · [0] + [y] · [m] = [y] · [m], sodass die Klasse [y] unsere gesuchte Klasse [n] ist. Lösungsvorschlag für Übung 5.11 (Primzahlen)    Seien 1 < n ∈ N und m = min d ∈ N  1 < d | n . Angenommen m ist keine Primzahl. Dann gäbe es m ∈ N mit 1 < m < m und m | m und somit m | n. Es    würde also m ∈ d ∈ N  1 < d | n gelten, was wegen m < m einen Widerspruch liefert. Somit ist die Aussage gezeigt. Lösungsvorschlag für Übung 5.12 (Injektivität) (i) Wir definieren |M | = m und |N | = n. Wegen f : M → N injektiv, muss gelten m ≤ n ( ). Nur so kann jedes Element des Wertebereichs höchstens ein Urbild haben. Wäre nämlich m > n, dann hätte offensichtlich mindestens ein Element des Wertebereichs mehrere Urbilder. Wir wissen außerdem, dass g : M → N bijektiv ist. Es muss also zu jedem y ∈ N genau ein Urbild in M geben. Dies bedeutet schon m = n ( ). Wäre f nicht surjektiv, so gäbe es ein y ∈ N , das kein Urbild hat. Wegen m = n muss es dann aber auch ein y  ∈ N geben, das zwei Urbilder hat. Widerspruch, da f injektiv ist. Also muss f surjektiv sein. (ii) Wir betrachten die Abbildung idR : R → R, x → x. Es ist klar, dass idR bijektiv ist. Außerdem betrachten wir f : R → R, x → ex . Die Funktion f ist injektiv, aber nicht surjektiv, da negative Werte nicht angenommen werden. Lösungsvorschlag für Übung 5.13 (Surjektivität) (i) Wir definieren |M | = m und |N | = n. Wegen f : M → N surjektiv, muss gelten m ≥ n ( ). Nur so kann jedes Element des Wertebereichs mindestens ein Urbild haben. Wäre nämlich m < n, dann hätte offensichtlich mindestens ein Element des Wertebereichs kein Urbild. Wir wissen außerdem, dass g : M → N bijektiv ist. Es muss also zu jedem y ∈ N genau ein Urbild in M geben. Dies bedeutet schon m = n ( ). Wäre f nicht injektiv, so gäbe es ein y ∈ N , das mehrere Urbilder hat. Wegen m = n muss es dann aber auch ein y  ∈ N geben, das kein Urbild hat. Widerspruch, da f surjektiv ist. Also muss f injektiv sein.
16.5 Aussagenlogik und Widerspruchsbeweise 321 (ii) Betrachten wir die Abbildung idR : R → R, x → x. Es ist klar, dass idR bijektiv ist. Außerdem betrachten wir f : R → R, x → x3 + 2x2 . Die Funktion f ist surjektiv, aber nicht injektiv, da der Wert 1 zweimal (in 0 und in −1) angenommen wird. Lösungsvorschlag für Übung 5.14 (Primzahlen) Sei n ∈ Z nicht durch p teilbar. Da p eine Primzahl ist, sind n und p teilerfremd. Also können wir Korollar 1.15 aus dem Beispieltext (S. 87), anwenden und es gibt somit x, y ∈ Z mit xp + yn = 1, was äquivalent zu xp = 1 − yn ist. Für m := y ∈ Z ist 1 − mn, also auch mn − 1, durch p teilbar. Lösungsvorschlag für Übung 5.15 (Primzahlen) (i) Nach Übung 5.14 gibt es ein m ∈ Z mit p | (nm − 1), das heißt [n][m] = [nm] = [1]. Daher ist die durch [a] → [na] definierte Abbildung Z/pZ → Z/pZ invertierbar. Ihr Inverses ist durch [a] → [ma] gegeben. (ii) ν([n]k ) = ν([nk ]) = [nnk ] = [nk+1 ] = [n]k+1 ∈ A, das heißt μ(A) ⊆ A. Da μ injektiv ist, ist auch die Einschränkung ν|A : A → A injektiv. Es gibt nur endlich viele Restklassen modulo p. Also ist A endlich, und Übung 5.13 zeigt, dass μ|A : A → A dann auch surjektiv ist, das heißt μ(A) = A. (iii) Da A endlich ist, gibt es eine kleinste Zahl k0 ∈ N, für die [n]k0 in der Folge [1] = [n]0 , [n] = [n]1 , [n]2 , [n]3 . . . zum zweiten Mal auftaucht. Dann gibt es ein k  ∈ N0 mit k  < k0 und    [n]k = [n]k0 . Durch Multiplikation mit [m]k ergibt sich daraus [1] = [n]k0 −k , das heißt k  = 0. Damit ist die erste Behauptung gezeigt, und die zweite folgt, weil für k = qk0 + r mit q ∈ Z und r ∈ {0, . . . , k0 − 1} gilt, dass [n]k = [nk ] = [(nk0 )q nr ] = [(nk0 )q ] · [nr ] = [nk0 ]q · [n]r = [1]q · [n]r = [n]r . (iv) Das folgt sofort aus der letzten Rechnung in (iii). Lösungsvorschlag für Übung 5.16 (Schwache Äquivalenzrelationen) (i) Die Relation R := {(1, 1)} ⊆ {1, 2} × {1, 2} ist nach Konstruktion transitiv und symmetrisch, aber wegen (2, 2) ∈ / R nicht reflexiv. Also definiert R eine schwache Äquivalenzrelation. (ii) (a) Sei x ∈ M . Wenn [x] = ∅, dann gibt es nach Definition kein y ∈ M mit x ∼ y. Insbesondere gilt also auch x ∼ x und somit x ∈ / [x]. Damit ist [x] = ∅ ⇒ x ∼ x ⇒ x ∈ / [x] gezeigt. Es gelte nun x ∈ / [x]. Nach Definition ist dann x ∼ x. Wäre nun [x] = ∅, gäbe es y ∈ [x], also x ∼ y. Mit der Symmetrie würden dann auch y ∼ x und wegen der Transitivität x ∼ x gelten. Widerspruch. Also ist [x] = ∅. Damit ist die Aussage bewiesen.
322 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben (b) Seien x, y ∈ M mit x ∼ y. Dann gilt für alle z ∈ [x] nach Definition x ∼ z und mit der Symmetrie z ∼ x. Daraus folgt mit der Transitivität und wieder mit der Symmetrie y ∼ z, also z ∈ [y]. Also ist [x] ⊂ [y]. Analog zeigen wir [y] ⊂ [x], und somit folgt [x] = [y]. (c) Seien x, y ∈ M mit x ∼ y. Gäbe es z ∈ M mit z ∈ [x] ∩ [y], würden x ∼ z und y ∼ z gelten. Zusammen mit der Symmetrie und der Transitivität hätten wir dann x ∼ y, im Widerspruch zur Voraussetzung. Also ist [x] ∩ [y] = ∅. 16.6 Vollständige Induktion Hinweis: Bei Beweisen mit dem Prinzip der vollständigen Induktion sind verschiedene Formulierungen üblich. Es kann eine Menge X von allen Elementen, die die zu zeigende Eigenschaft erfüllen, definiert werden. Dann zeigt man, dass X = N ist. Eine zweite Möglichkeit ist, eine Aussage A(n) in Abhängigkeit von n zu definieren und zu zeigen, dass diese für alle n ∈ N korrekt ist. Die Formulierungen sind gleichwertig und werden im Folgenden auch beide verwendet. Lösungsvorschlag für Übung 6.1 (Talentprobe von Carl Friedrich Gauß) (i) Wir definieren die Menge  n ,  n2 + n  n∈N  k= .  2  X= k=1 Induktionsanfang: Wir wollen 1 ∈ X zeigen. Dies wird bereits durch die folgende Gleichung bewiesen: 1  k=1= k=1 12 + 1 . 2 Induktionsvorausetzung: Für ein n ∈ N gelte n ∈ X, das heißt n  k=1 k= n2 + n 2 (I.V.). Induktionsschritt: Wir wollen nun unter Verwendung der Induktionsvoraussetzung zeigen, dass auch n + 1 ∈ X gilt. Dazu rechnen wir n+1  k= k=1 n  I.V. k + (n + 1) = k=1 = (n + 1)2 + (n + 1) . 2 n2 + 3n + 2 n2 + n 2n + 2 + = 2 2 2
16.6 Vollständige Induktion 323 Also gilt unter der Bedingung, dass n ∈ X ist, auch n + 1 ∈ X. Nach dem Prinzip der vollständigen Induktion gilt dann X = N, sodass die zu beweisende Aussage für alle n ∈ N wahr ist. (ii) Für n ungerade kann man nahezu analog vorgehen. Auch hier summiert man 1 + (n − 1), 2 + (n − 2), . . . So erhält man auch hier n Summen mit Wert n + 1. Insgesamt haben wir also n(n + 1). Hierbei wurde jeder Summand doppelt gezählt. Da n(n + 1) = n2 + n ≡ n + n ≡ 2n ≡ 0 mod 2 gerade ist, können wir das Ergebnis am Ende durch 2 teilen. Lösungsvorschlag für Übung 6.2 (Dezimaldarstellung) (i) Wenn man einige Beispiele durchrechnet, kann man die folgende Vermutung aufstellen: Wenn man von einer zweistelligen, natürlichen Zahl ihre Quersumme subtrahiert, dann ist das Ergebnis durch 9 teilbar. Wir beweisen dies. Dazu sei x = 10·a+b ∈ N, a, b ∈ {0, . . . , 9} eine zweistellige Zahl. Dann gilt x − (a + b) = 10a + b − (a + b) = 10a − a = 9a. Also ist x durch 9 teilbar. (ii) Wenn man von einer natürlichen Zahl ihre Quersumme abzieht, dann ist das Ergebnis durch 9 teilbar. (iii) Wir beweisen die Aussage aus (ii). Sei n ∈ N eine k-stellige natürliche Zahl, dann gibt es a0 , . . . , ak ∈ {0, . . . , 9} mit n = k al 10l . l=0 Somit gilt n− k  l=0 al = k  l=0 al 10l − k  al = l=0 k  al (10l − 1). l=0 Jeder der Summanden in der letzten Summe ist durch 9 teilbar (siehe Übung 6.5), somit ist auch die Differenz von n und der Quersumme von n durch 9 teilbar. Lösungsvorschlag für Übung 6.3 (Vollständige Induktion) Siehe Beispiel 1.18. im Beispieltext (S. 121). Lösungsvorschlag für Übung 6.4 (Vollständige Induktion) Wir machen zunächst eine Vorüberlegung. Sei n ∈ N. Dann gilt offensichtlich (n + 1) ≥ 2, also (n + 1)2 ≥ 4 ( ). Für n ∈ N definieren wir die Aussage A(n) durch A(n) : 4n−1 ≤ (n!)2 .
324 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Induktionsanfang: Es gilt 4n−1 = 1 ≤ 1 = (1!)2 . Damit ist A(1) wahr. Induktionsvoraussetzung: Es gelte A(n) für ein n ∈ N. Induktionsschluss: Es gilt I.V. () 4(n+1)−1 = 4n = 4 · 4n−1 ≤ 4(n!)2 ≤ (n + 1)2 (n!)2 = ((n + 1)!)2 . Unter der Induktionsvoraussetzung ist also A(n + 1) wahr. Nach dem Prinzip der vollständigen Induktion ist A(n) somit für alle natürlichen Zahlen wahr. Lösungsvorschlag für Übung 6.5 (Vollständige Induktion) Wir definieren die Menge X = {n ∈ N | a − 1 teilt an − 1}. Induktionsanfang: Wir betrachten n = 1 ∈ N. Offensichtlich ist a1 − 1 = a − 1 durch a − 1 teilbar, sodass 1 ∈ X gilt. Induktionsvoraussetzung: teilbar. Für ein n gelte n ∈ X, es ist also an − 1 durch a − 1 Induktionsschritt: Wir verwenden nun die Induktionsvoraussetzung, um zu zeigen, dass an+1 − 1 durch a − 1 teilbar ist. Dazu überlegen wir uns, dass an+1 − 1 = an − 1 + an+1 − an = an − 1 + an (a − 1). Wegen der I.V. gibt es k ∈ N mit an − 1 = k(a − 1). Dann haben wir an+1 − 1 = (an + k)(a − 1), und somit ist an+1 durch a − 1 teilbar, und es folgt n + 1 ∈ X. Nach dem Prinzip der vollständigen Induktion gilt dann X = N, sodass die zu beweisende Aussage gezeigt ist. Lösungsvorschlag für Übung 6.6 (Vollständige Induktion) Wir definieren die Menge  n  ,  n(n + 1)(2n + 1)  2 j = . X= n∈N   6 j=1 Induktionsanfang: Wir wollen 1 ∈ X zeigen. Dies wird bereits durch die folgende Gleichung bewiesen: 1  j=1 j2 = 1 = 1(1 + 1)(2 · 1 + 1) . 6
16.6 Vollständige Induktion 325 Induktionsvoraussetzung: Für ein n ∈ N gelte n ∈ X, es gilt also n  j2 = j=1 n(n + 1)(2n + 1) 6 (I.V.). Induktionsschritt: Wir wollen nun unter Verwendung der Induktionsvoraussetzung zeigen, dass auch n + 1 ∈ X gilt. Dazu rechnen wir n+1  n  j2 = j=1 j 2 + (n + 1)2 k=1 n(n + 1)(2n + 1) 6n2 + 12n + 6 + 6 6 (n + 1)((n + 1) + 1)(2(n + 1) + 1) . = 6 I.V. = Also gilt unter der Bedingung, dass n ∈ X ist, auch n + 1 ∈ X. Nach dem Prinzip der vollständigen Induktion gilt dann X = N, sodass die zu beweisende Aussage für alle n ∈ N wahr ist. Lösungsvorschlag für Übung 6.7 (Vollständige Induktion) Für n ∈ N sei die Aussage A(n) definiert durch A(n) : n  (2k − 1) = n2 . k=1 Induktionsanfang: Für n = 1 ist 1  (2k − 1) = 2 − 1 = 1 = 12 . k=1 Damit ist A(1) bewiesen. Induktionsvoraussetzung: Es gelte A(n) für ein n ∈ N. Induktionsschritt: Wir zeigen, dass unter der Voraussetzung von A(n) auch die Aussage A(n + 1) wahr ist. Es gelte A(n). Dann gilt n+1  k=1 (2k − 1) = n  I.V. (2k − 1) + (2(n + 1) − 1) = n2 + 2n + 1 = (n + 1)2 . k=1 Damit ist A(n + 1) wahr. Mit dem Prinzip der vollständigen Induktion ist damit die Aussage bewiesen.
326 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Lösungsvorschlag für Übung 6.8 (Vollständige Induktion) Für k ∈ N definieren wir die A(k) als die zu zeigende Aussage. 1 12 +1 Induktionsanfang: Für k = 1 ist wahr. Induktionsvoraussetzung: = 1 2 = 1− 1 2 = 1− 1 1+1 . Damit ist A(1) Es gelte A(k) für ein k ∈ N. Induktionsschluss: Wir betrachten k + 1. Dann ist k+1  i=1  1 1 1 = + . i2 + i i2 + i (k + 1)(k + 2) k i=1 Wir wenden nun die Induktionsvoraussetzung an und erhalten 1− 1 k+2−1 1 1 + =1− =1− . k + 1 (k + 1)(k + 2) (k + 1)(k + 2) (k + 1) + 1 Also ist unter Annahme der Induktionsvoraussetzung auch A(n + 1) wahr. Mit dem Prinzip der vollständigen Induktion ist somit die Aussage gezeigt. Lösungsvorschlag für Übung 6.9 (Vollständige Induktion) Der Induktionsanfang ist klar, der Induktionsschritt kann einfach durchgerechnet werden. Lösungsvorschlag für Übung 6.10 (Vollständige Induktion) Wir zeigen, dass der Induktionsschritt n = 1 → n + 1 = 2 nicht funktioniert. Da jedes Pferd dieselbe Farbe hat, wie es selbst, gilt 1 ∈ X. Wir betrachten nun die zweielementige Menge {Schimmel, Rappe}. Offenbar haben Schimmel und Rappe nicht dieselbe Farbe, obwohl das Beweisverfahren aus der Aufgabe für diese Menge funktionieren würde. Also ist der Induktionsschritt im Allgemeinen nicht richtig. Lösungsvorschlag für Übung 6.11 (Vollständige Induktion) Wir wollen die Anzahl der Diagonalen in einem n-Eck bestimmen, wobei N  n ≥ 3 gelte. (i) Wir überlegen uns, dass es von jeder Ecke Diagonalen zu allen anderen Ecken, außer ihr selbst und ihren beiden Nachbarn, gibt. Also gehen von jeder Ecke n − 3 Diagonalen aus. Da, wenn wir alle Ecken so betrachten, jede Diagonale doppelt gezählt wird, müssen wir am Ende die Anzahl der Diagonalen noch halbieren und erhalten als Formel #Diag(n) = n2 − 3n n(n − 3) = . 2 2
16.6 Vollständige Induktion 327 (ii) Wir beweisen die Formel aus (i) mit vollständiger Induktion. Dazu definieren wir die Menge    n2 − 3n X := n ∈ N #Diag(n) = ,n ≥ 3 2 und zeigen, dass X = N \ {1, 2} ist. Induktionsanfang: Wir wollen 3 ∈ X zeigen. Dazu überlegen wir uns, dass ein Dreieck keine Diagonalen haben kann. Also gilt #Diag(3) = 0 = 32 − 3 · 3 , 2 woraus 3 ∈ X folgt. Induktionsvoraussetzung: Für ein n gelte n ∈ X, es gilt also #Diag(n) = n2 − 3n 2 (I.V.). Induktionsschritt: Wir wollen nun unter Verwendung der Induktionsvoraussetzung zeigen, dass auch n + 1 ∈ X ist. Dazu betrachten wir ein n + 1-Eck und nehmen eine Ecke weg. Auf das resultierende n-Eck wenden wir die I.V. an. Von den Diagonalen im n + 1-Eck sind dann die n − 2, die in der weggenommenen Ecke enden, ebenso wenig erfasst wie die Verbindung zwischen den beiden Nachbarn dieser Ecke (sie ist nämlich eine Seite des n-Ecks und keine Diagonale). Wir erhalten also n2 − 3n + 2n − 2 2 (n + 1)2 − 3(n + 1) n2 + 2n + 1 − 3n − 3 = . = 2 2 #Diag(n + 1) = #Diag(n) + (n − 2) + 1 = Also gilt n + 1 ∈ X. Nach dem Prinzip der vollständigen Induktion gilt dann X = N\{1, 2}, sodass die zu beweisende Aussage wahr ist. Lösungsvorschlag für Übung 6.12 (Binomialkoeffizienten) Man kann (i) mit vollständiger Induktion zeigen, aber auch direkt nachrechnen: ' ( ' ( n−1 n−1 (n − 1)! (n − 1)! + = + k−1 k (k − 1)!(n − k)! k!(n − 1 − k)! (n − 1)! (k + n − k) = k!(n − k)! ' ( n . = k
328 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben   n·(n−1)···(k+1) Für (ii) stellt man fest, dass nk = (n−k)·(n−k−1)···1 , und weil n prim ist, kann keiner der Faktoren im Nenner einen Teiler von n enthalten. Also muss n · (n −   1) · · · (k+1) durch (n−k)·(n−k−1) · · · 1 teilbar sein (weil nk nach Übung 3.56(ii)  n (n−1)···(k+1) eine natürliche Zahl ist). Damit ist k = n · (n−k)·(n−k−1)···1 durch n teilbar. Lösungsvorschlag für Übung 6.13 (Binomische Formel)   Für n = 1 ist die Formel klar, weil 10 = 11 = 1 gilt. Wenn die Formel für n ∈ N gilt, rechnen wir mit der Additionsformel aus Übung 6.12(i) (a + b)n+1 = n   n k ak bn−k (a + b) k=0 = n   n k ak+1 bn−k + k=0 n   n k ak+1 bn+1−k k=0 = an+1 + n   n k−1  ak bn−k+1 + k=1 = an+1 + n   n   n k ak+1 bn+1−k + bn+1 k=1 n+1 k  ak bn−k+1 + bn+1 k=1 = n+1  n+1 k ak bn−k+1 . k=0 Lösungsvorschlag für Übung 6.14 (Kleiner Fermat) Für k = 0 ist die Aussage klar, und es ist nichts zu zeigen. Wir zeigen zunächst, dass es reicht, wenn wir die Aussage für k ∈ N beweisen. Es gelte k p ≡ k mod p für ein k ∈ N. Dann ist für p ungerade (−k)p = −k p ≡ −k mod p. Für p = 2 ist (−k)2 ≡ k p ≡ k ≡ −k mod p. Damit ist klar, dass es reicht, die Aussage für k ∈ N zu zeigen. Wir verwenden das Prinzip der vollständigen Induktion. Wir definieren die Aussage A(k) für k ∈ N durch A(k) : kp ≡ k mod p. Induktionsanfang: Man sieht sofort 1p = 1 ≡ 1 mod p. Induktionsvoraussetzung: Es gelte A(k) für ein k ∈ N.
16.6 Vollständige Induktion 329 Induktionsschritt: Wir verwenden die binomische Formel (Übung 6.13) und die Teilbarkeitsaussage aus Übung 6.12(iii) und erhalten (k + 1)p = p  p i k p−i · 1i  i=0 p =k +1+ p−1  p i k p−i  i=1 ≡k +1 p I.V. ≡ k+1 mod p mod p. Somit ist die Aussage nach dem Prinzip der vollständigen Induktion gezeigt. Lösungsvorschlag für Übung 6.15 (Irrationalität von Quadratwurzeln) √ (i) Wir zeigen, dass 3 keine rationale Zahl ist, dass man also keine Zahlen n2 m, n ∈ N mit m 2 = 3 finden kann. Wir führen einen Beweis durch Widerspruch. Wir nehmen an, es gibt solche Zahlen m, n ∈ N. Wir wissen, dass wir dann jeweils eine eindeutige Darstellung durch Produkte von Primzahlen für m, n finden können. Diese seien gegeben durch m = p1 · . . . · pr , n = q1 · . . . · qs . Dann müsste gelten: 3m2 = 3 · p21 · . . . · p2r = q12 · . . . · qs2 = n2 . Da alle Primfaktoren von n quadriert werden, kommt jeder Primfaktor in einer geraden Anzahl (oder gar nicht vor). Also kommt in 3m2 eine ungerade Anzahl von 3en vor, in n2 aber eine gerade Anzahl. Dies steht im Widerspruch zur Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung. Widerspruch. Also kann es solche Zahlen m, n nicht geben, und die Irrationalität ist bewiesen. (ii) Da 4 = 2 · 2 ist, würde bei analoger Beweisführung 2 · 2 · m2 = n2 gelten. Dies würde aber eine gerade Anzahl von Zweien auf beiden Seiten bedeuten, woraus sich kein Widerspruch provozieren lässt. Lösungsvorschlag für Übung 6.16 (Irrationalität von Quadratwurzeln) √ (i) Wir zeigen, dass a ∈ N genau dann gilt, wenn a = b2 mit b ∈ N. √ √ Sei zunächst a := b2 mit b ∈ N. Dann ist a = b2 = b ∈ N. Damit ist die eine Richtung gezeigt. √ Wir nehmen nun an, dass a ∈ N gilt, für a ∈ N. Dann gibt es nach Definition der Wurzel ein b ∈ N mit b2 = a.
330 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben (ii) Wenn a eine Primzahl ist, dann funktioniert der Beweis analog zu Übung 6.15(i). Wenn a keine Primzahl ist, dann gibt es Primzahlen a1 , . . . , ar , r ∈ N mit a = a1 · . . . · ar . Dann können wir schreiben: √ a= √ a1 · . . . · ar = √ √ a1 · . . . · ar . Dies ist wegen des ersten Teiles des Beweises ein Produkt von irrationalen √ Zahlen. Mit Obigem ist dann a ∈ N, wenn jede Primzahl eine gerade Anzahl oft vorkommt. 2 √ Wir nehmen nun an, dass a ∈ Q gilt. Dann gibt es p, q ∈ N mit pq2 = a. Es gilt also p2 = q 2 · a. Dann kommen alle Primfaktoren aus p2 eine gerade Anzahl oft vor. Wir wissen ferner, dass alle Primfaktoren aus q 2 ebenfalls eine gerade Anzahl oft vorkommen. Damit dann auch jeder Primfaktor in q 2 a eine gerade Anzahl oft vorkommt, muss jeder Primfaktor in a eine gerade Anzahl oft vorkommen. Mit Obigem ist a dann sogar eine natürliche Zahl. (iii) Wir zerlegen a in Primfaktoren und schreiben a = pn1 1 · · · pnk k . Das heißt, für j = 1, . . . , k ist nj die Anzahl von Primfaktoren, die gleich pj sind. Wir können jedes nj in der Form nj = 2rj + sj mit rj ∈ N0 und sj ∈ {0, 1} schreiben. Dann gilt . / k k k k    /  sj √ rj 2 sj rj 0 a= (pj ) · pj und a= pj pj . j=1 j=1 j=1 j=1 k s Wenn die Zahl c = j=1 pj j von 1 verschieden ist, dann hat sie keine rationale Wurzel, weil jeder Primfaktor von c nur einmal vorkommt. Damit sieht man, dass a eine Zerlegung der geforderten Art genau dann hat, wenn a keine Quadratzahl ist. 16.7 Abelsche Gruppen Lösungsvorschlag für Übung 7.1 (Addition von Brüchen) Wir zeigen zunächst, dass + auf Q abgeschlossen ist. Dazu seien ab , dc ∈ Q. Es gilt also a, c ∈ Z und b, d ∈ N. Dann ist auch ad + bc ∈ Z und bd ∈ N. Also gilt ad+bc ∈ Q. Damit ist die Abgeschlossenheit bewiesen. bd Im Folgenden seien (K) Es gilt a b + c d a c e b , d, f = ad+bc bd ∈ Q. = cb+da db = c d + ab . Damit ist (K) gezeigt.
16.7 Abelsche Gruppen 331 (A) Es gilt a + b ' c e + d f ( a(df ) + b(cf + de) a cf + de + = b df b(df ) (ad + bc)f + (bd)e adf + bcf + bde = = bdf (bd)f ad + bc e c e a = + = + + . bd f b d f = Damit ist (A) gezeigt. (L) Wegen cb − da ∈ Z und db ∈ N gilt für cb−da db ∈ Q, dass a cb − da a(db) + b(cb − da) adb + bcb − bda bcb c + = = = = . b db b(db) bdb bdb d Damit ist (L) gezeigt. Da (K), (A) und (L) erfüllt sind, handelt es sich bei (Q, +) um eine abelsche Gruppe. Lösungsvorschlag für Übung 7.2 (Addition von Vektoren) (i) ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ 1 2 1 2 1 2 a1 b1 a1 + b1 ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ a1 b1 a1 + b1 + = bzw. a+b = ⎜ +⎜ =⎜ a+b = a2 ⎟ b2 ⎟ a2 + b2 ⎟ ⎝ ⎠ ⎝ ⎠ ⎝ ⎠ a2 b2 a2 + b2 a3 b3 a3 + b3 (ii) 2 2 2 +:R ×R →R , + : R3 × R3 → R3 , 11 2 1 22 1 2 1 2 1 2 a1 b1 a1 b1 a1 + b1 , → + = a2 b2 a2 b2 a2 + b2 ⎛⎛ ⎞ ⎛ ⎞⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ a1 b1 a1 b1 a1 + b1 ⎜⎜ ⎟ ⎜ ⎟⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜⎜a2 ⎟ , ⎜b2 ⎟⎟ → ⎜a2 ⎟ + ⎜b2 ⎟ = ⎜a2 + b2 ⎟ ⎝⎝ ⎠ ⎝ ⎠⎠ ⎝ ⎠ ⎝ ⎠ ⎝ ⎠ a3 b3 a3 b3 a3 + b3 (iii) Die Abgeschlossenheit von R2 und R3 unter der Addition folgt direkt aus der Abgeschlossenheit von R unter der Addition. 1 2 1 2 1 2 a1 b1 b1 (iv) Wir zeigen (K), (A) und (L). Dazu seien , , ∈ R2 . a2 b2 b2
332 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben (K) Wegen der Kommutativität von (R, +) gilt 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 a1 b1 a1 + b1 b1 + a1 b1 a1 + = = = + . a2 b2 a2 + b2 b2 + a2 b2 a2 Damit ist (K) gezeigt. (A) Wegen der Assoziativität von (R, +) gilt 1 2 11 2 1 22 1 2 1 2 a1 b1 c1 a1 + (b1 + c1 ) (a1 + b1 ) + c1 + + = = a2 b2 c2 (a2 + b2 ) + c2 a2 + (b2 + c2 ) 11 2 1 22 1 2 a1 b1 c1 = + + . a2 b2 c2 (L) Wir betrachten 1 2 b1 − a1 1 2 a1 a2 b2 − a1 + ∈ R2 . Dann gilt 1 2 b1 − a1 b2 − a2 = 1 2 a1 + (b1 − a1 ) a2 + (b2 − a2 ) = 1 2 b1 b2 . Damit ist (L) gezeigt. 1 2 1 2 0 x 2 (N) Wir betrachten ∈ R . Dann gilt für alle ∈ R2 wegen (K) 0 y 1 2 0 0 Also ist (I) Für 1 2 0 1 2 x y + 1 2 x y = 1 2 x y + 1 2 0 = 0 1 2 x y . das neutrale Element. 0 ∈ R2 betrachten wir 1 2 x y 1 2 −x + −y ∈ R2 . Dann gilt 1 2 −x −y = 1 2 0 . 0 Damit ist die Existenz eines inversen Elements gezeigt. Lösungsvorschlag für Übung 7.3 (Multiplikation auf Z) Seien a, b, c ∈ Z. Wir wissen, dass a · b = b · a und a · (b · c) = (a · b) · c gilt. Damit sind (K) und (A) gezeigt. Wir betrachten die Gleichung 2 · x = 1, was für x ∈ Z nicht möglich ist. Damit hat die Gleichung keine Lösung, das heißt, (L) ist nicht erfüllt.
16.7 Abelsche Gruppen 333 Lösungsvorschlag für Übung 7.4 (Addition auf N) Es handelt sich nicht um eine abelsche Gruppe, da zum Beispiel die Gleichung 5 + x = 1 keine Lösung in den natürlichen Zahlen hat. Lösungsvorschlag für Übung 7.5 (Multiplikation auf N) Es handelt sich nicht um eine abelsche Gruppe, da zum Beispiel die Gleichung 5x = 1 keine Lösung in den natürlichen Zahlen hat. Lösungsvorschlag für Übung 7.6 (Eindeutigkeit im Lösbarkeitsaxiom) Seien a, b ∈ G. Nach dem Lösbarkeitaxiom gibt es x ∈ G mit a ∗ x = b. Damit ist die Existenz gezeigt. Wir zeigen nun die Eindeutigkeit. Seien x1 , x2 ∈ G zwei Lösungen mit a ∗ x1 = b = a ∗ x2 . Sei n ∈ G das neutrale Element. Wieder wegen des Lösbarkeitsaxioms gibt es z ∈ G mit z ∗ a = n. Nun rechnen wir mit den bekannten Rechenregeln für abelsche Gruppen und erhalten x1 = n ∗ x1 = z ∗ a ∗ x1 = z ∗ b = z ∗ a ∗ x2 = n ∗ x2 = x2 . Also ist die Lösung eindeutig. Lösungsvorschlag für Übung 7.7 (Gruppenaxiome) (N) ∃0 ∈ G : (∀x ∈ G : x + 0 = 0 + x = x) (I) Sei 0 das neutrale Element von G. Dann gilt ∀x ∈ G : ∃ − x ∈ G : x + (−x) = (−x) + x = 0. (iii) Wir wissen aus dem Beispieltext: Wenn (L) gilt, folgen auch (N) und (I). Wir zeigen also die umgekehrte Implikation. Es gelte (N) und (I). Sei 0 ∈ G das neutrale Element, und für x ∈ G sei −x ∈ G das Inverse von x. Für a, b ∈ G betrachten wir das Element b + (−a) ∈ G. Dann gilt mit (K),(A),(I) und (N) a + (b + (−a)) = a + ((−a) + b) = (a + (−a)) + b = 0 + b = b. Damit ist die (L) gezeigt. Lösungsvorschlag für Übung 7.8 (Addition von Restklassen) (i) Wir definieren die bekannte Addition auf den Restklassen: +m : Z/mZ × Z/mZ → Z/mZ, ([a], [b]) → [a] +m [b] := [a + b]. Wenn a, b ∈ Z, dann ist offensichtlich auch a + b ∈ Z und somit [a] +m [b] = [a + b] ∈ Z/mZ, woraus die Abgeschlossenheit folgt.
334 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben (ii) Wir zeigen die Eigenschaften (K), (A) und (L). Dazu seien [a], [b], [c] ∈ Z/mZ. (K) Es gilt [a] +m [b] = [a + b] = [b + a] = [b] +m [a]. Damit ist (K) gezeigt. (A) Es gilt [a] +m ([b] +m [c]) = [a] +m [b + c] = [a + (b + c)] = [(a + b) + c] = [a + b] +m [c] = ([a] +m [b]) +m [c]. Damit ist (A) gezeigt. (L) Wegen b − a ∈ Z ist auch [b − a] ∈ Z/mZ. Dann gilt [a] +m [b − a] = [a + (b − a)] = [a + b − a] = [b]. Damit ist (L) gezeigt. Da (K), (A) und (L) erfüllt sind, handelt es sich bei (Z/mZ, +m ) um eine abelsche Gruppe. Lösungsvorschlag für Übung 7.9 (Multiplikation von Restklassen) (i) Wir definieren die bekannte Multiplikation auf den Restklassen: ·m : Z/mZ × Z/mZ → Z/mZ, ([a], [b]) → [a] ·m [b] := [a · b]. Wenn a, b ∈ Z, dann ist offensichtlich auch a · b ∈ Z und somit [a] ·m [b] = [a · b] ∈ Z/mZ, woraus die Abgeschlossenheit folgt. (ii) Der Einfachheit halber definieren wir (Z/mZ)× := (Z/mZ) \ [0]m . Wir zeigen zunächst, dass (K) und (A) für jedes m ∈ Z gilt. Dazu sei m ∈ Z. Ferner seien [a], [b], [c] ∈ (Z/mZ)× . (K) Wegen der Kommutativität von (Z, ·) gilt [a] ·m [b] = [a · b] = [b · a] = [b] ·m [a]. Damit ist (K) gezeigt. (A) Wegen der Assoziativität von (Z, ·) gilt [a]·m ([b]·m [c]) = [a]·m [b·c] = [a·(b·c)] = [(a·b)·c] = [a·b]·m [c] = ([a]·m [b])·m [c]. Damit ist (A) gezeigt. Ferner gilt für alle [x] ∈ (Z/mZ)× und [1] ∈ (Z/mZ)× [x] ·m [1] = [1] ·m [x] = [1 · x] = [x]. Damit ist auch (N) erfüllt. Als Nächstes betrachten wir die Frage nach der Existenz inverser Elemente. Wenn m eine Primzahl ist, zeigt Übung 5.10 dessen Existenz. Wenn m keine Primzahl ist, widerlegt Übung 5.9 die Eigenschaft (I). Da nach Übung 7.7 (N) und (I) äquivalent zu (L) ist, ist ((Z/mZ)× , ·m ) eine abelsche Gruppe, wenn m eine Primzahl ist, und eine abelsche Halbgruppe (aber keine Gruppe), wenn m keine Primzahl ist.
16.7 Abelsche Gruppen 335 Lösungsvorschlag für Übung 7.10 (Rotationen eines Vielecks) (i) Seien w1 , w2 ∈ R. Wir betrachten w1 ⊕ w2 . Wenn w1 + w2 < 2π, dann ist w1 ⊕ w2 ∈ R. Wir betrachten den Fall w1 + w2 ≥ 2π. Dann gilt 0 ≤ w1 + w2 − 2π < 2π + 2π − 2π = 2π. Also ist auch w1 ⊕ w2 ∈ R. Somit ist die Abgeschlossenheit gezeigt. (ii) Die folgenden Beweise bringen eine hohe Anzahl an Fallunterscheidungen mit sich. Dies kommt daher, dass wir für jede Addition w1 ⊕ w2 , die wir durchführen wollen, immer die beiden Fälle kleiner und größer gleich 2π betrachten müssen. Dies würde beim Beweis von (A) zum Beispiel zu folgender Tabelle führen. Wir wollen für w1 , w2 , w3 ∈ R die Eigenschaft (A) nachweisen. w1 + w2 (w1 ⊕ w2 ) + w3 w2 + w3 w1 + (w2 ⊕ w3 ) Beweis. w1 ⊕ (w2 ⊕ w3 ) = w1 ⊕ (w2 + w3 ) = w1 + (w2 + w3 ) < 2π < 2π < 2π < 2π = (w1 + w2 ) + w3 = (w1 + w2 ) ⊕ w3 < 2π < 2π < 2π ≥ 2π < 2π < 2π ≥ 2π < 2π < 2π < 2π ≥ 2π ≥ 2π = (w1 ⊕ w2 ) ⊕ w3 .. . .. . .. . Man kann wohl an dieser Stelle absehen, wohin diese Betrachtungen führen würden. Wir stellen eine alternative Lösung vor, die nicht nur viel kürzer ist, sondern auch den Vorteil hat, dass sie Analogien zwischen Rotationen und Restklassen aufdeckt. Jedes r ∈ R ist von der Form w + 2πk mit w ∈ [0, 2π[ := {x ∈ R | 0 ≤ x < 2π} und k ∈ Z. Die Zahlen w und k sind dabei eindeutig bestimmt. Für r, r ∈ R setzen wir r ∼ r , wenn r − r ∈ 2πZ = {2πn | n ∈ Z}. Dann ist ∼ eine Äquivalenzrelation, und wir können R = [0, 2π[ mit der Menge R/∼ der Äquivalenzklassen bezüglich ∼ identifizieren. Damit wird die Addition ⊕ durch [r] ⊕ [r ] = [r + r ] gegeben, wobei [r] die Äquivalenzklasse von r ist. Jetzt folgen die Rechenregeln für ⊕ genauso aus den Regenregeln für +, wie die Rechenregeln für die Restklassenaddition aus den Rechenregeln für die Addition auf Z folgen. Das neutrale Element in R ist [0], und das inverse Element zu [r] ist [−r].
336 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Lösungsvorschlag für Übung 7.11 (Multiplikative Inverse von Restklassen) (i) Sei [a] ∈ (Z/pZ)× . Dann sind p und a teilerfremd. In Übung 5.10 haben wir gezeigt, dass es x, y ∈ Z mit xp+ya = 1 gibt und [y] das multiplikative Inverse zu [a] ist. Wir berechnen y mithilfe des erweiterten euklidischen Algorithmus, wie in Aufgabe 4.3 (ii) Wir berechnen zunächst das Inverse von [5]. Dazu verwenden wir zunächst den euklidischen Algorithmus: 17 = 3 · 5 + 2, 5 = 2 · 2 + 1, 2 = 2 · 1 + 0. Nun rechnen wir rückwärts: 1=5−2·2 = 5 − 2(17 − 3 · 5) = 5 − 2 · 17 + 6 · 5 = 7 · 5 − 2 · 17. Damit wählen wir [5]−1 = [7]. Die Probe 5 · 7 = 35 = 2 · 17 + 1 ≡ 1 mod 17 bestätigt dies. Wir berechnen nun das multiplikative Inverse von [11]. Wieder führen wir zunächst den euklidischen Algorithmus durch: 17 = 1 · 11 + 6, 11 = 1 · 6 + 5, 6 = 1 · 5 + 1, 5 = 5 · 1 + 0. Nun rechnen wir rückwärts: 1=6−5 = 6 − (11 − 6) = 2 · 6 − 11 = 2(17 − 11) − 11 = 2 · 17 − 3 · 11. Damit wählen wir [11]−1 = [−3]. Die Probe 11 · (−3) = −33 = −2 · 17 + 1 ≡ 1 mod 17 bestätigt dies.
16.7 Abelsche Gruppen 337 Lösungsvorschlag für Übung 7.12 (Einheitengruppen) (i) Es gilt [a] ∈ (Z/mZ)∗ , genau dann, wenn ggT(a, m) = 1, a und m also teilerfremd sind. Übung 4.8 liefert sofort, dass dann alle Repräsentanten von [a] teilerfremd zu m sind. Dass bei Teilerfremdheit das Inverse existiert, folgt direkt aus Übung 5.10. Sind a und m nicht teilerfremd, so gibt es k, b, n ∈ Z \ {0} mit a = kb und m = kn. Gäbe es ein multiplikatives Inverses [a]−1 , dann würde gelten [a][a]−1 = [k][b][a]−1 = [1] ⇔ [n] = [k][b][a]−1 [n] = [m][b][a]−1 = [0], was absurd ist. Damit kann es in diesem Fall kein Inverses geben. (ii) Wir wissen, dass Z/mZ mit der Restklassenmultiplikation eine abelsche Halbgruppe ist. Somit gelten Assoziativ- und Kommutativgesetz auch für (Z/mZ)∗ ⊂ Z/mZ zusammen mit der Multiplikation. Da ggT(1, m) = 1, ist 1 ∈ (Z/mZ)∗ , und nach Definition hat jedes Element ein Inverses. Somit ist auch das Lösbarkeitsaxiom erfüllt. Wir müssen noch zeigen, dass (Z/mZ)∗ unter der Multiplikation abgeschlossen ist. Dazu seien a, b ∈ (Z/mZ)∗ . Es gilt (ab)(a−1 b−1 ) = 1. Somit ist (ab)−1 = a−1 b−1 . Damit ist die Abgeschlossenheit gezeigt. Es handelt sich also um eine abelsche Gruppe. (iii) Da 0 kein Inverses bezüglich der Multiplikation hat, fehlt das neutrale Element der Addition. Somit kann es sich nicht um eine abelsche Gruppe handeln. (iv) Wegen ggT(12, 36), ggT(14, 26) = 1 sind [12], [14] ∈ / (Z/36Z)∗ , da sie nach (i) kein multiplikatives Inverses haben können. Wir berechnen das multiplikative Inverse von [13]. Dazu rechnen wir zunächst den euklidischen Algorithmus durch: 36 = 2 · 13 + 10, 13 = 1 · 10 + 3, 10 = 3 · 3 + 1, 3 = 3 · 1 + 0. Nun rechnen wir rückwärts: 1 = 10 − 3 · 3 = 10 − 3(13 − 10) = 4 · 10 − 3 · 13 = 4(36 − 2 · 13) − 3 · 13 = 4 · 36 − 11 · 13.
338 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Damit gilt [13]−1 = [−11]. Die Probe −11 · 13 = −143 = −4 · 36 + 1 ≡ 1 mod 36 bestätigt dies. Lösungsvorschlag für Übung 7.13 (Gruppenaxiome) Da im Endeffekt nur noch das Lösbarkeitsaxiom aus (N) und (I) gefolgert werden muss, betrachten wir die Lösung von Übung 7.7(iii). Lösungsvorschlag für Übung 7.14 (Addition von Restklassen) (i) Es handelt sich um die Relation aus Übung 3.19. (ii) Es handelt sich um die Restklassenaddition aus Übung 2.10. (iii) Siehe Übung 7.8. Lösungsvorschlag für Übung 7.15 (Multiplikation von Restklassen) (i) Es handelt sich um die Restklassenmultiplikation aus Übung 2.10. (ii) Siehe Übung 7.9. (iii) Einfach nachrechnen mithilfe des Distributivgesetzes in Z. Lösungsvorschlag für Übung 7.16 (Multiplikation von Restklassen) Siehe Übung 5.10. Lösungsvorschlag für Übung 7.17 (Addition und Multiplikation von Restklassen) (i) Siehe Übung 7.8. (ii) Siehe Übung 7.9. Lösungsvorschlag für Übung 7.18 (Multiplikation von Restklassen) Nach Übung 7.9 gilt für p prim, dass (Z/pZ)∗ = (Z/pZ)× . Also folgt die Behauptung aus Übung 7.12.
16.8 Kommutative Ringe und Körper 16.8 339 Kommutative Ringe und Körper Lösungsvorschlag für Übung 8.1 (Multiplikation von Brüchen) (i) Wir definieren die aus der Schule bekannte Multiplikation a c , b d · : Q × Q → Q, Da a · c ∈ Z und b · d ∈ N ist a·c b·d → a c a·c · = . b d b·d ∈ Q, woraus die Abgeschlossenheit folgt. (ii) Wir wissen, dass (Q, +) eine abelsche Gruppe ist. Seien ab , dc , fe ∈ Q. Wegen ca c a der Kommutativität von · auf Z und N gilt dann ab · dc = ac bd = db = d · b . Wegen der Assoziativität von · auf Z und N gilt zusätzlich noch ab · dc · fe = a c e a(ce) (ac)e a ce ac e b · df = b(df ) = (bd)f = bd · f = b · d · f . Nun betrachten wir noch cb × ∈ Q := Q \ {0}, wobei b das Vorzeichen von a übernimmt (zum Beispiel ad −1 −2 a cb acb würde 2 zu 1 werden). Dann ist b · ad = bad = dc wegen der aus der Schule bekannten Kürzungseigenschaft. Außerdem haben wir noch ' ( a c e a(cf + de) acf + ade a cf + de · + · = = = b d f b df b(df ) bdf acf ade ac ae a c a e = + = + = · + · , bdf bdf bd bf b d b f sodass auch die Distributivität folgt. Für x q y, v ∈ Q× ist x y · q v x y = xq yv ∈ Q× , da xq, yv = 0 sind. x Da zusätzlich für alle ∈ Q mit 11 ∈ Q gilt xy · 11 = 11 · xy = 1·x 1·y = y , folgt, dass × (Q, +, ·) ein kommutativer Ring mit Eins ist und, dass (Q , ·) eine abelsche Gruppe ist. Insgesamt ist somit (Q, +, ·) ein Körper. Lösungsvorschlag für Übung 8.2 (Absolutbetrag) (i) Wir betrachten die folgende Abbildung:
340 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben (ii) |x − 3| − 5 = 0 ⇔  x−3−5=0⇔x=8 −(x − 3) − 5 = 0 ⇔ x = −2 , x ≥ 3, , x < 3. (iii) Da für 2, 4 ∈ Q gilt |2 − 3| − 5 = −4 = |4 − 3| − 5, kann f nicht injektiv sein. Damit ist die Bijektivität schon ausgeschlossen. Wir überprüfen noch die Surjektivität. Dazu sei y ∈ Q≥−5 . Wir setzen x := y + 8 ∈ Q. Dann gilt x − 3 ≥ 0 und f (x) = |x − 3| − 5 = y + 8 − 3 − 5 = y. Also gibt es für jedes y ∈ Q≥−5 ein x ∈ Q mit f (x) = y. Damit ist die Surjektivität gezeigt. Lösungsvorschlag für Übung 8.3 (Partielle Ordnung) (i) Seien a, b, c ∈ Z. Wegen a ≤ a folgt (R). Wenn a ≤ b und b ≤ c gilt, folgt a ≤ c, das heißt, (T) gilt. Wenn x ≤ y und y ≤ x ist, wissen wir aus der Schule, dass x = y sein muss, also (A) gilt. Somit ist gezeigt, dass ≤ auf Z eine partielle Ordnung definiert. (ii) Da 2 < 2 mit 2 ∈ N gilt, ist (R) widerlegt, und somit kann < keine partielle Ordnung auf N sein. (iii) Seien a, b, c ∈ N. Wegen a · 1 = a folgt a|a, und damit ist (R) bewiesen. Wenn a|b und b|c gilt, existieren also k, l ∈ N mit a · k = b und b · l = c. Insgesamt gilt dann a · k · l = b · l = c mit k · l ∈ N, also haben wir a|c und (T) ist bewiesen. Gilt nun a|b und b|a, dann gibt es k, l ∈ N mit ak = b und bl = a, also b = ak = blk. Damit folgt erst lk = 1 und dann l = k = 1. Also gilt a = 1 · b = b und somit a = b. Damit ist auch (A) gezeigt. Somit ist gezeigt, dass | auf N eine partielle Ordnung definiert. (iv) Wegen 2 · (−1) = −2 und (−2) · (−1) = 2 gilt 2|(−2) und −2|2, aber 2 = −2. Also gilt (A) nicht und | kann auf Z keine partielle Ordnung sein. (v) Wir betrachten die Relation  = {(1, 1)} ⊆ {1} × {1}. Diese erfüllt offensichtlich die Eigenschaften (R),(S),(A) und (T), sodass  gleichzeitig eine partielle Ordnung und eine Äquivalenzrelation ist. Lösungsvorschlag für Übung 8.4 (Partielle Ordnung) Für alle m ∈ M gilt m  m, damit ist (R) gezeigt. Seien a, b, c ∈ M mit a  b  c. Für alle Belegungen von a, b, c ist dann (a, c) ∈ , woraus (T) folgt.
16.8 Kommutative Ringe und Körper 341 Wenn nun a  b und b  a gilt, muss nach Definition der Relation schon a = b sein. Damit haben wir auch (A) bewiesen und gezeigt, dass es sich tatsächlich um eine partielle Ordnung handelt. Lösungsvorschlag für Übung 8.5 (Geordnete abelsche Gruppen) (i) Wir betrachten die abelsche Gruppe (Z, +), mit 0 ∈ Z als Nullelement. Wir wissen aus Übung 8.3, dass ≤ eine partielle Ordnung auf Z ist. Seien dann noch a, b, c ∈ Z mit a ≤ b. Dann wissen wir – wieder aus der Schule –, dass a + c ≤ b + c ist. Damit haben wir gezeigt, dass (Z, +, ≤) eine geordnete abelsche Gruppe ist. (ii) Wir wissen wieder, dass (Z, +, |) keine geordnete abelsche Gruppe sein kann, da wir wissen, dass | keine partielle Ordnung auf Z ist (wegen Übung 8.3(iv)). Lösungsvorschlag für Übung 8.6 (Restklassenringe) (i), (ii) Sei 1 < m ∈ N. Wir wissen aus Kapitel 7, dass dann (Z/mZ, +m ) eine abelsche Gruppe und (Z/mZ, ·m ) eine abelsche Halbgruppe mit Einselement [1] ist (Übung 7.8 und 7.9). Es bleibt also nur das Distributivgesetz nachzuweisen, um zu zeigen, dass (Z/mZ, +m , ·m ) ein kommutativer Ring mit Eins ist. Dazu rechnen wir mit für [x], [y], [z] ∈ Z/mZ: [x] ·m ([y] +m [z]) = [x] ·m [y + z] = [x(y + z)] = [xy + xz] = [xy] +m [xz] = ([x] ·m [y]) +m ([x] ·m [z]), sodass auch die Distributivität folgt. Nach Übung 7.9 ist (Z/mZ)× = (Z/mZ) \ {[0]} genau dann bezüglich ·m eine Gruppe, wenn m prim ist. Also ist (Z/mZ, +m , ·m ) genau dann ein Körper, wenn m prim ist. (iii) Wir zeigen, dass wir (Z/mZ, +m ) nicht anordnen können. Dazu nehmen wir an, dass ≤m eine partielle Ordnung auf Z/mZ wäre, sodass (Z/mZ, +m , ≤m ) eine geordnete abelsche Gruppe ist. Seien c = [x] ∈ Z/mZ mit c = [0] und [0] ≤m c. Dann gilt c +m . . . +m c = [x + . . . + x] = [mx] = [0].    m−mal Mit der Verträglichkeit ergibt sich c ≤m c + . . . + c ≤m [0] ≤m c,    m−mal woraus mit Transitivität und Antisymmetrie c = [0] folgt. Dieser Widerspruch zeigt, dass (Z/mZ, +m ) nicht angeordnet werden kann.
342 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Lösungsvorschlag für Übung 8.7 (Restklassenringe) Die Addition +C liefert auf Z/pZ × Z/pZ nach Beispiel 7.25 eine abelsche Gruppenstruktur, deren Null das Element (0, 0) ist. Allgemeiner zeigen die Rechnungen aus Beispiel 8.18, durchgeführt in (Z/pZ ×  Z/pZ, +C , ·C , sogar, dass dies ein kommutativer Ring mit Eins (1, 0) ist. Es geht   also nur darum festzustellen, ob (Z/pZ×Z/pZ)\{(0, 0)}, ·C eine abelsche Gruppe ist oder nicht. Dazu stellen wir zunächst fest, dass wenn (x, y) ∈ Z/pZ × Z/pZ von Null verschieden ist, auch (x, −y) von Null verschieden ist. Wir nehmen an, (Z/pZ × Z/pZ, +C , ·C ) ist ein Körper. Dann ist (x, y) ·C (x, −y) = (x2 +y 2 , 0) von Null verschieden, sofern (x, y) = (0, 0) gilt. Es muss also x2 +y 2 = 0 gelten. Umgekehrt, wenn für (x, y) = (0, 0) immer x2 + y 2 = 0 gilt, dann rechnen wir     (x, y) ·C (x, −y) ·C (x2 + y 2 )−1 , 0 = (x2 + y 2 , 0) ·C (x2 + y 2 )−1 , 0 = (1, 0), das heißt, (x, y) ist invertierbar.  Damit haben wir gezeigt, dass (Z/pZ × Z/pZ, +C , ·C genau dann ein Körper ist, wenn ∀(x, y) ∈ (Z/pZ × Z/pZ) \ {(0, 0)} : x2 + y 2 = 0. Wir können annehmen, dass x = 0 (sonst tauschen wir die Rollen von x und y).  2 Dann ist x2 + y 2 = 0 äquivalent zu −1 = xy . Umgekehrt, wenn −1 ∈ Z/pZ ein Quadrat ist, das heißt, es gibt ein z ∈ Z/pZ mit z 2 = −1, dann gilt für  (x, y) = (1, z), dass x2 + y 2 = 0. Somit ist (Z/pZ × Z/pZ, +C , ·C genau dann ein Körper, wenn −1 ∈ Z/pZ kein Quadrat ist. Für p = 2 ist [−1] = [1] ein Quadrat, für p = 3 ist [−1] = [2] kein Quadrat. Es  kommt also auf die Primzahl an, ob (Z/pZ × Z/pZ, +C , ·C ein Körper ist. Die Quadrate in Z/11Z sind [1], [4], [9], [5], [3], in Z/13Z gilt [5]2 = [25] = [12] = [−1]. Somit handelt es sich für p = 11 um einen Körper und für p = 13 nicht. Lösungsvorschlag für Übung 8.8 (Komplexe Addition und Multiplikation) Beispiel 7.25 zeigt, dass (Z, +) eine abelsche Gruppe ist. Weiter ist (Z, ·) eine kommutative Halbgruppe: (a, b) · (a , b ) = (aa + 2bb , ab + ba ) = (a a + 2b b, a b + b a) = (a , b ) · (a, b) (hier verwendet man, dass Multiplikation und Addition auf Q kommutativ sind),
16.8 Kommutative Ringe und Körper   (a, b) · (a , b ) · (a , b ) = (aa + 2bb , ab + a b) · (a , b ) = = =    343 (aa + 2bb )a + 2(ab + ba )b , (aa + 2bb )b + (ab + ba )a  aa a + 2bb a + 2ab b + 2ba b , aa b + 2bb b + ab a + ba a  a(a a + 2b b ) + 2b(b a + a b ), a(a b + b a ) + b(a a + 2b b )  = (a, b) · (a a + 2b b , b a + a b )  = (a, b) · (a , b ) · (a , b )  (hier verwendet man neben der Kommutativität von Multiplikation und Addition auf Q auch die Assoziativität dieser beiden Verknüpfungen). Das Distributivitätsgesetz für Z folgt aus den schon verwendeten Eigenschaften und dem Distributivitätsgesetz für (Z, +·) aus der folgenden Rechnung:   (a, b) · (a , b ) + (a , b ) = (a, b) · (a + a , b + b )   = a(a + a ) + 2b(b + b ), a(b + b ) + b(a + a ) = (aa + aa + 2bb + 2bb , ab + ab + ba + ba ) = (aa + 2bb , ab + ba ) + (aa + 2bb , ab + ba )     = (a, b) · (a , b ) + (a, b) · (a , b ) = (a, b) · (a , b ) + (a, b) · (a , b ) (Punkt vor Strich). Es bleibt zu zeigen, dass der kommutative Ring (Z, +, ·) eine Eins hat. Mit der Rechnung (1, 0) · (a, b) = (1 · a + 2 · 0 · b, 1 · b + 0 · a) = (a, b) sieht man, dass (1, 0) die (eindeutig bestimmte) Eins ist (siehe Beispieltext, Proposition 2.10(v), S. 155). Wir beachten, dass a2 − 2b2 nur dann 0 sein kann, wenn a und b null sind (an√ dernfalls wäre 2 rational!). Sei also (a, b) = (0, 0). Dann gilt  a   a2 −2b2  b (a, b) · a2 −2b = a2 −2b2 , − aab−ba = (1, 0). 2 , − a2 −2b2 2 −2b2 Damit haben wir ein Inverses zu (a, b) gefunden. Lösungsvorschlag für Übung 8.9 (Restklassenringe) (i) Es gibt kein multiplikatives Inverses zu [15] in Z51 . Begründung: Wäre [15] · [a] = [1], so hätte man [17] = [17]·[1] = [17]·[15]·[a] = [17]·[3]·[5]·[a] = [51]·[5]·[a] = [0]·[5]·[a] = [0]. Dieser Widerspruch zeigt die Behauptung.
344 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben (ii) Wenn für a, b ∈ Z die Bedingungen [a] · [b] = [0] und [b] = [0] erfüllt sind, dann gilt 51 | ab und 51 | b. Also gilt 3 | ab und 17 | ab, aber nicht 3 | b und 17 | b. Da 3 und 17 prim sind, gilt 3 | a oder 17 | a. Wenn 3 | a, dann gilt 51 | 17a, das heißt [a] · [17] = [0]. Analog folgt aus 17 | a, dass [a] · [3] = [0]. Zusammen sieht man, dass es zur Restklasse [a] von a ∈ {0, 1, 2, . . . , 50} genau dann ein [b] = [0] mit [a] · [b] = [0] gibt, wenn a durch 3 oder 17 teilbar ist, das heißt in der Menge {0, 3, 6, 9, 12, 15, 17, 18, 21, 24, 27, 30, 33, 34, 36, 39, 42, 45, 48}. Lösungsvorschlag für Übung 8.10 (Restklassenringe) [a] hat genau dann ein multiplikatives Inverses, wenn es ein b ∈ Z mit [a] · [b] = [1] gibt, das heißt, wenn es b, c ∈ Z mit ab + 36c = 1 gibt. Aber das ist gleichwertig dazu, dass ggT(a, 36) = 1 ist. Die Primteiler von 36 sind 2 und 3, also sind die Restklassen [a] mit zu 36 teilerfremdem a: 1, 5, 7, 11, 13, 17, 19, 23, 25, 29, 31, 35. Also ist die Antwort 12. 16.9 Vollständig angeordnete Körper Lösungsvorschlag für Übung 9.3 (Die ≥-Relation auf geordneten Körpern) (i) Seien x, y, z ∈ K. (R) Es gilt x − x = 0 ∈ P ∪ {0}, also x ≥ x, und es ist (R) gezeigt. (A) Es gelte x ≥ y und y ≥ x. Wenn x − y ∈ {0}, dann gilt x = y, und es ist nichts weiter zu zeigen. Wenn x − y ∈ P , dann ist −(y − x) ∈ P , also (wegen des Axioms der Totalordnung) y − x ∈ / P . Dieser Widerspruch zeigt, dass x = y und damit (A). (T) Es gelte x ≥ y und y ≥ z. Dann gilt x − y ∈ P ∪ {0} und y − z ∈ P ∪ {0}. Wenn y − z ∈ {0} (also z = y) oder x − y ∈ {0} (also x = y), dann folgt sofort x − z = x − y + y − z ∈ P ∪ {0}. Wir betrachten also den Fall x − y, y − z ∈ P . Dann gilt wegen der Verträglichkeit x − z = x − y + y − z = (x − y) + (y − z) ∈ P ⊂ P ∪ {0}. Also gilt in jedem Fall x ≥ z. Damit ist auch (T) gezeigt.
16.9 Vollständig angeordnete Körper 345 Also definiert ≥ eine partielle Ordnung auf K. (ii) Für den geordneten Körper R gilt mit x, y ∈ R (wir gehen von den positiven Zahlen wie in Übung 9.10 definiert aus): x ≥ y :⇔ x − y ∈ R≥0 . Lösungsvorschlag für Übung 9.4 (Rechenregeln in geordneten Ringen) (i) a ≤ b bedeutet b − a ∈ P ∪ {0}, und mit den Rechenregeln für Differenzen (siehe Beispieltext, Proposition 2.8, S. 141) impliziert dies (b + c) − (a + c) = b − a ∈ P ∪ {0}, also a + c ≤ b + c. (ii) Mit (i) findet man a + c ≤ b + c ≤ b + d, also wegen der Transitivität a + c ≤ b + d. (iii) Mit b−a ∈ P ∪{0} und c ∈ P ∪{0} sowie dem Distributivgesetz für Differenzen (siehe Beispieltext, Proposition 2.10, S. 155) findet man bc − ac = (b − a)c ∈ P ∪ {0}, also ac ≤ bc. Dabei hat man auch ausgenutzt, dass für jedes a ∈ Z gilt: 0 · a = 0. (iv) Mit (iii) folgert man ac ≤ bc ≤ bd und daraus, wieder mit der Transitivität von ≤, dass ac ≤ bd. Lösungsvorschlag für Übung 9.5 (Rechenregeln in geordneten Körpern) (i) Der Beweis folgt direkt aus dem Beweis der Vorbemerkung zur Übung 9.12. (ii) Wir gehen davon aus, dass wir (iv) schon gezeigt haben. Sei 0 = a ∈ K. Wenn a ∈ P , ist nichts zu zeigen. Ansonsten gilt −a ∈ P . Dann haben wir mit Aufgabe (iv) (−a)(−a) = (−1)(−1)aa ∈ P. Wegen −a · (−1)(−1) = (−(−a)) · (−1) = a · (−1) = −a muss (−1)(−1) = 1 gelten, und es folgt aa = (−a)(−a) ∈ P . (iii) Sei a ∈ P . Wegen der Verträglichkeit würde mit −1 ∈ P folgen (−1)a = −a ∈ P , was im Widerspruch zur Totalordnung steht. Also muss 1 ∈ P sein. (iv) Der Beweis folgt direkt aus dem Beweis der Vorbemerkung zur Übung 9.12. Lösungsvorschlag für Übung 9.6 (Rechenregeln in geordneten Körpern) Sei x, y ∈ K mit x ∈ y + P , also x − y ∈ P . Außerdem stellen wir fest, dass x2 , y 2 ∈ P gilt. Wegen der Trichotomie kann genau einer der folgenden drei Fälle eintreten:
346 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben 1. xy ∈ P . Dann gilt wegen der Verträglichkeit x3 − y 3 = (x − y)(x2 + xy + y 2 ) ∈ P ⇔ x3 ∈ y 3 + P. 2. xy ∈ −P . Es gibt ein p ∈ P mit y + p = x. Wenn y ∈ P ∪ {0}, dann gilt x ∈ P und somit xy ∈ P , was nicht sein kann. Es ist also y ∈ −P und damit −y 3 = (−y)y 2 ∈ P . Außerdem ist x ∈ P , weil sonst −x ∈ P und damit (−x)(−y) = xy ∈ P wäre. Somit haben wir x3 = x2 · x ∈ P , und es folgt x3 − y 3 = x3 + (−y 3 ) ∈ P ⇔ x3 ∈ y 3 + P. 3. xy = 0. Es gilt dann x = 0 oder y = 0. Im Fall x = 0 ist −y ∈ P und somit −y 3 ∈ P , also auch 03 = 0 = y 3 − y 3 ∈ y 3 + P . Für y = 0 ist x ∈ P , also auch x3 − y 3 = x3 ∈ P . Lösungsvorschlag für Übung 9.7 (Rechenregeln in geordneten Körpern) (i) Wegen x ∈ I gilt 0 < x · x < x · 1 = x < 1 und damit auch 0 < x2 · x < x2 · 1 = x2 < 1, das heißt x3 ∈ I. (ii) Wir betrachten die folgende Abbildung: (iii) Wenn K = Q, dann ist f nicht bijektiv, denn 0 < 12 < 1 hat kein Urbild unter f . Wenn nämlich f (x) = x3 = 12 für x ∈ I, dann ist x1 eine dritte Wurzel aus 2 in Q. Eine solche gibt es aber nicht.
16.9 Vollständig angeordnete Körper 347 Lösungsvorschlag für Übung 9.8 (Rechnen mit Beträgen) Lösung siehe Beweis von Satz A.6 im Beispieltext zu Kapitel 9 (S. 174). Lösungsvorschlag für Übung 9.9 (Rechnen mit Beträgen) Lösung siehe Beweis von Satz A.6 im Beispieltext zu Kapitel 9 (S. 174). Lösungsvorschlag für Übung 9.10 (Positive Zahlen) Sei < die aus der Schule bekannte Kleiner-Relation. Dann ist PQ = {q ∈ Q | 0 < q}, PR = {x ∈ R | 0 < x}. Lösungsvorschlag für Übung 9.11 (Beispiel für einen geordneten Körper) Man kann das mühsam nachrechnen. Man kann aber auch zeigen, dass die Abbildung √ ϕ : K → R, (a, b) → a + 2 injektiv ist und sowohl die algebraischen Operationen als auch die Ordnungen erhält. Dann muss man nur noch feststellen, dass ϕ(K) unter der reellen Addition und der reellen Multiplikation abgeschlossen ist, um zu zeigen, dass (ϕ(K), +, ·) ein Körper ist, der bezüglich ϕ(P ) geordnet ist. 1. Addition: √     ϕ (a, b) + (a , b ) = ϕ (a + a , b + b ) = (a + a ) + 2(b + b ) √ √     = a + 2b + a + 2b = ϕ (a, b) + ϕ (a , b ) 2. Multiplikation: √     ϕ (a, b) · (a , b ) = ϕ (aa + 2bb , ab + ba ) = (aa + 2bb ) + 2(ab + ba ) √ √     = (a + 2b) · (a + 2b ) = ϕ (a, b) · ϕ (a , b )   √ √ 3. Positiver Bereich: ϕ (a, b) = a + 2b > 0 gilt genau dann, wenn a > − 2b. Durch Quadrieren sieht man, dass dies genau dann gilt, wenn eine der folgenden Bedingungen gilt: (a) a, b > 0, (b) a > 0 ≥ b und a2 > 2b2 , (c) b > 0 ≥ a und a2 < 2b2 . Aber das bedeutet gerade, dass (a, b) ∈ P .   √ 4. ϕ ist injektiv: Wenn ϕ (a, b) = 0, dann gilt a + 2b = 0, das heißt a = b = 0, √ weil andernfalls 2 rational sein müsste. Wegen der Additivität ist damit ϕ       aber automatisch injektiv, weil ϕ (a, b) = ϕ (a , b ) zu ϕ (a − a , b − b ) = 0 äquivalent ist.
348 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Lösungsvorschlag für Übung 9.12 (Arithmetisches Mittel) Sei a ∈ P . Dann gilt 0 · a = (0 + 0) · a = 0 · a + 0 · a. Wegen der Eindeutigkeit des neutralen Elements erhalten wir 0a = 0. Damit gilt a + (−1) · a = 1 · a + (−1) · a = (1 + (−1)) · a = 0 · a = 0. Wegen Eindeutigkeit des inversen Elements folgt (−1) · a = −a. Angenommen a−1 ∈ / P . Dann wäre wegen a = 0 schon −a−1 ∈ P . −1 Damit bekämen wir −a a = ((−1) · a−1 )a = (−1) · (a−1 a) = (−1) · 1 = −1 ∈ P wegen der Verträglichkeit. Dies ist falsch, denn es gilt 1 ∈ P . Also muss a−1 ∈ P sein. (i) Wir wissen, dass 1 ∈ P gilt. Es folgt 1 + 1 ∈ P + P ⊆ P , also 1 + 1 = 0. (ii) Seien a, b ∈ Z. Dann gilt a + b ∈ Z, und weil nach (i) die Zahl 2 = 1 + 1 ein multiplikatives Inverses hat, existiert a+b 2 ∈ Z. (iii) Seien wieder a, b ∈ Z mit a < b. Dann folgt wegen der Verträglichkeit 2a = a + a < b + a. Multiplizieren wir mit dem multiplikativen Inversen 12 von 2, 1 erhalten wir a < a+b 2 , weil nach der Vorbemerkung 2 ∈ P gilt. Die andere Ungleichung folgt analog. Lösungsvorschlag für Übung 9.13 (Ordnungen auf Restklassenkörpern?) Dies folgt unmittelbar aus Übung 8.6. Lösungsvorschlag für Übung 9.14 (Ordnungen auf endlichen Körpern?) Wir müssen zeigen, dass es keine positiven Zahlen P ⊂ K geben kann. Wir nehmen an, es gibt ein solches P . Wir wissen, dass dann 1 ∈ P gilt. Wir verwenden die folgende Notation: 1 + . . . + 1 =: n · 1,    n ∈ N0 , n−mal und stellen fest, dass für jedes n ∈ N gilt: n · 1 ∈ P . Weil K endlich ist, muss es n, m ∈ N mit n < m geben, sodass n · 1 = m · 1 gilt. Es gibt also ein l ∈ N mit l · 1 = 0 ∈ P . Dieser Widerspruch zeigt, dass K nicht angeordnet werden kann. Lösungsvorschlag für Übung 9.15 (Ganze Zahlen in geordneten Körpern) Wir beginnen mit (i) und zeigen dann (ii) bis (iv) am Stück: Es gilt ϕ(n) ∈ P für 0. Da P, −P und {0} n ∈ N und ϕ(n) ∈ −P für n ∈ N. Außerdem ist ϕ(0) =   paarweise disjunkt sind, genügt es zu zeigen, dass die Abbildungen ϕ|N : N → K  injektiv sind. Wegen ϕ(−n) = −ϕ(n) können wir uns dabei und ϕ|−N : N → K  auf ϕ|N : N → K konzentrieren. Wenn ϕ(n) = ϕ(n ) für n, n ∈ N mit n ≥ n gilt, dann ist  ϕ(n ) = (  (  ... +   ... +   .. +  1+ 1) − 1+ 1) =  1 ϕ(n) −       1 + .  n-mal n -mal (n−n )-mal
16.9 Vollständig angeordnete Körper 349 genau dann 0, wenn n = n . Damit ist die Injektivität von ϕ gezeigt. Für die Punkte (ii) bis (iv) haben wir diverse Fälle zu betrachten: 1. n, m ∈ N. Dann gilt  ϕ(m) = (  ... +   (  ... +   ... +  ϕ(n) + 1+ 1) + 1+ 1) =  1+ 1 = ϕ(n + m)          n-mal (n+m)-mal m-mal und  ... +   ... +   ... +  1+ 1) · ( 1+ 1) =  1+ 1 = ϕ(nm). ϕ(n) · ϕ(m) = (          n-mal m-mal nm-mal Außerdem gilt für n ≤ m    ... +   ... +  1+ 1 ≤ 1+ 1 = ϕ(m). ϕ(n) =        n-mal m-mal 2. n ∈ N und m = 0. Dann gilt  ϕ(m) = (  ... +    ... +  1+ 1) + 0= 1+ 1 = ϕ(n) = ϕ(n + m) ϕ(n) +       n-mal n-mal und ϕ(n) · ϕ(m) = ϕ(n) ·  0= 0 = ϕ(0) = ϕ(n · 0).  ϕ(n). Außerdem gilt 0 ≤ n und ϕ(0) = 0 ≤ 2 . m ∈ N und n = 0. Analog zu Fall 2. 3. n, m ∈ −N. Dann gilt    ϕ(m) = −ϕ(−n) +  (−ϕ(−m)) = − ϕ(−n) +  ϕ(−m) = −ϕ(−n − m) ϕ(n) +   = −ϕ − (n + m) = ϕ(n + m) und   ϕ(n) · ϕ(m) = − ϕ(−n)) · (−ϕ(−m) = ϕ(−n) · ϕ(−m)   = ϕ (−n)(−m) = ϕ(nm). Außerdem gilt für n ≤ m, dass −m ≤ −n und daher −ϕ(n) =  ϕ(−m) = −ϕ(m). Dies zeigt ϕ(n)≤  ϕ(m). ϕ(−n) ≥ 4. n ∈ N und −m ∈ N. Dann gilt nach der Rechnung in (i)    ϕ n − (−m)  ϕ(−m) =  ϕ(m) = ϕ(n) − ϕ(n) +   −ϕ (−m) − n −m ≤ n, −m > n. In beiden Fällen ergibt sich ϕ(n + m). Weiter gilt   ϕ(n) · ϕ(m) = ϕ(n) · − ϕ(−m) = −ϕ(n) · ϕ(−m)   = −ϕ n(−m) = −ϕ(−nm) = ϕ(nm)   ϕ(n). und m ≤ 0 ≤ n sowie ϕ(m) ≤ 0≤
350 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben 4 . −n ∈ N und m ∈ N. Analog zu Fall 4. 5. −n ∈ N und m = 0. Dann gilt  ϕ(m) = −ϕ(−n) +  0 = −ϕ(−n) = ϕ(n) = ϕ(n) ϕ(n) + und 0= 0 = ϕ(0) = ϕ(n · 0). ϕ(n) · ϕ(m) = ϕ(n) ·   0 = ϕ(0). Außerdem gilt n ≤ 0 und ϕ(n) ≤ 5 . −m ∈ N und n = 0. Analog zu Fall 5. 6. n = m = 0. Dieser Fall ist trivial. Damit sind alle möglichen Fälle abgearbeitet und die Eigenschaften (ii) bis (iv) für jeden dieser Fälle geprüft. Lösungsvorschlag für Übung 9.16 (Rationale Zahlen in geordneten Körpern)  Als Erstes muss man feststellen, dass Φ wohldefiniert ist. Wenn ab = ab , dann gilt ab = a b und somit ϕ(ab ) = ϕ(a b) mit ϕ wie in Übung 9.15. Aber dann hat man a = ϕ(a) · ϕ(b)−1 Φ b = ϕ(a) · ϕ(b )·ϕ(b )−1 ϕ(b)−1 = ϕ(ab ) · ϕ(bb )−1 = ϕ(a b) · ϕ(bb )−1 = ϕ(a ) · ϕ(b) · ϕ(b)−1 · ϕ(b )−1 = ϕ(a ) · ϕ(b )−1  a  = Φ  , b was die Wohldefiniertheit beweist.     (i) Wenn Φ ab = Φ ab , dann gilt nach Übung 9.15, dass ϕ(ab ) = ϕ(a b), also  ab = a b und somit ab = ab . (ii) Φ a  a   ϕ(a ) · ϕ(b )−1  Φ + = ϕ(a) · ϕ(b)−1 + b b     ϕ(a ) · ϕ(b) · (ϕ(b) · ϕ(b ) −1 = ϕ(a) · ϕ(b ) + = ϕ(ab + a b) · ϕ(bb )−1  ab + a b  = Φ bb  a a  = Φ +  b b
16.9 Vollständig angeordnete Körper 351 (iii) Φ a  a  · Φ  = ϕ(a) · ϕ(b)−1 · ϕ(a ) · ϕ(b )−1 b b = ϕ(a) · ϕ(a ) · ϕ(b)−1 · ϕ(b )−1 = ϕ(aa ) · ϕ(bb )−1  aa  = Φ bb (iv) Aus a b ≤ a b mit b, b > 0 folgt ab ≤ a b und daher Φ a = ϕ(ab ) · ϕ(bb )−1 b  ϕ(a b) · ϕ(bb )−1 ≤  a  = Φ  . b Lösungsvorschlag für Übung 9.17 (Erweiterung geordneter Körper) Das ist genau das Beispiel 9.51. Lösungsvorschlag für Übung 9.18 (Vergleich von Beispielen für Körper) Q und R sind beides geordnete Körper. Auf Z/pZ können wir hingegen keine Ordnung definieren. R ist im Gegensatz zu Q vollständig. Da Z/pZ nicht geordnet ist, können wir hier keine Aussage zur Vollständigkeit machen, da Schranken nicht definiert werden können. Lösungsvorschlag für Übung 9.19 (Infimum) Sei (Z, +, ·, P ) ein geordneter Körper und X ⊆ Z. (i) Wenn X nicht nach unten beschränkt ist, gibt es kein Infimum. (ii) Angenommen, X ist nach unten beschränkt und hat die beiden Infima i, i ∈ Z. Dann gilt (a) i ≥ i , weil i Infimum und i untere Schranke, (b) i ≥ i, weil i Infimum und i untere Schranke. Wegen der Antisymmetrie von ≥ gilt dann aber schon i = i = inf X. Also ist das Infimum, falls es existiert, eindeutig. Lösungsvorschlag für Übung 9.20 (Infimum) Für eine Teilmenge X ⊂ Z definieren wir −X ⊂ Z durch −X := {x ∈ Z | −x ∈ X}.
352 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Seien sup X =: s und −x ∈ −X. Dann gilt x ∈ X und x ≤ s und somit −x ≥ −s. Also ist −s untere Schranke für −X. Sei −t eine weitere untere Schranke für −X. Dann ist mit analoger Argumentation t obere Schranke für X. Nach Definition des Supremums gilt dann t ≥ s, also −t ≤ −s. Daraus folgt inf X = −s. Damit haben wir gezeigt, dass alle nach oben beschränkten Teilmengen genau dann ein Supremum haben, wenn alle nach unten beschränkten Teilmengen ein Infimum haben. Damit ist die Aussage gezeigt. Lösungsvorschlag für Übung 9.21 (Maximum und Minimum) (i) Wir unterscheiden zwei Fälle: 1. max{x, y} = x. Dann ist |x − y| = x − y, und es folgt 1 1 (x + y + |x − y|) = (x + y + x − y) = x = max{x, y}. 2 2 2. max{x, y} = y. Dann ist |x − y| = −x + y, und es folgt 1 1 (x + y + |x − y|) = (x + y − x + y) = y = max{x, y}. 2 2 (ii) Wir unterscheiden zwei Fälle: 1. min {x, y} = x. Dann ist |x − y| = −x + y, und es folgt 1 1 (x + y − |x − y|) = (x + y + x − y) = x = min {x, y}. 2 2 2. min {x, y} = y. Dann ist |x − y| = x − y, und es folgt 1 1 (x + y − |x − y|) = (x + y − x + y) = y = min {x, y}. 2 2 Lösungsvorschlag für Übung 9.22 (Maximum und Minimum) (i) Sei (Z, +, ·, P ) ein geordneter Körper. Sei X ⊂ Z. Wir definieren das Minimum von X durch: m = min(X) ist das Minimum von X, wenn gilt: (a) m ∈ X, (b) ∀x ∈ X : x ≥ m. (ii) Sei (Z, +, ·, P ) ein geordneter Körper und X ⊂ Z eine Teilmenge. Seien nun m1 , m2 ∈ X Maxima für X. Dann würde wegen Eigenschaft (b) gelten m1 ≤ m2 und m2 ≤ m1 , was wegen der Antisymmetrie m1 = m2 bedeutet. Daraus folgt die Eindeutigkeit. Der Beweis für die Eindeutigkeit des Minimum verläuft analog.
16.9 Vollständig angeordnete Körper 353 (iii) Wir betrachten den geordneten Körper R und die Teilmenge R ⊆ R. Wir nehmen an, dass es ein Maximum m ∈ R gäbe. Dann ist aber R  m+1 ≤ m. Widerspruch. Analog kann man zeigen, dass R kein Minimum hat. Es gibt also Mengen, die weder ein Maximum noch ein Minimum haben. (iv) Nach Eigenschaft (b) des Maximums, ist max(X) eine obere Schranke für X. Angenommen, es gibt eine kleinere obere Schranke m ∈ Z für X, so würde m < maxX gelten. Dies kann aber wegen maxX ∈ X nicht sein. Widerspruch. Also gilt maxX ≥ sup X. Die Ungleichung maxX ≤ sup X gilt, weil sup X eine obere Schranke von X ist. Der Beweis für min X = inf X funktioniert analog. Lösungsvorschlag für Übung 9.23 (Maximum und Supremum) (i) Sei (Z, +, ·P ) ein geordneter Körper und X ⊂ Z. ⇒: X habe ein Maximum. Dann folgt die Existenz von sup X ∈ X direkt aus Übung 9.22. ⇐: X habe ein Supremum sup X ∈ X. Wir wissen, dass sup X eine obere Schranke für X ist. Daraus folgt direkt Bedingung (2) aus Übung 9.22. Wegen sup X ∈ X nach Voraussetzung folgt sup X = maxX. (ii) Wir betrachten die Abbildung m : Zmax → Z, X → maxX. Wir zeigen zunächst, dass m nicht injektiv ist. Dazu geben wir ein Gegenbeispiel an. Wir betrachten den geordneten Körper R und die Mengen M1 = {1, 2}, M2 = {2} ⊂ R. Offenbar gilt maxM1 = maxM2 = 2. Wir haben also m(M1 ) = m(M2 ), aber M1 = M2 . Damit ist die Injektivität (und somit auch die Bijektivität) widerlegt. Wir zeigen nun die Surjektivität. Dazu betrachten wir x ∈ Z. Wir definieren Mx = {x}. Somit ist maxMx = x, und es gilt m(Mx ) = x. Somit hat jedes Element des Wertebereichs ein Urbild, und es gilt m(Zmax ) = Z, woraus die Surjektivität folgt. Lösungsvorschlag für Übung 9.24 (Supremum und Infimum) (i) Wir betrachten die Menge A = {(−1)n | n ∈ N ⊂ R}. Wir wissen, dass für ein gerades n gilt: (−1)n = 1, und sonst (−1)n = (−1). Damit folgt A = {−1, 1}. Diese Menge ist durch −1 nach unten und durch 1 nach oben beschränkt. Außerdem gilt inf A = −1, da für jedes x ∈ R mit x > (−1) durch x offenbar keine untere Schranke gegeben sein kann. Analog folgt sup A = 1.
354 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben (ii) Wir zeigen zunächst, dass B nicht nach unten beschränkt ist und somit auch kein Infimum haben kann. Sei s ∈ R beliebig. Dann gilt s − |s| − 1 ≤ s und s − |s| − 1 ≤ 0 < 42, also s − |s| − 1 ∈ B. Damit kann s keine untere Schranke von B sein, das heißt, B hat keine untere Schranke. 42 ist eine obere Schranke für B ist. Demnach ist B nach oben beschränkt, und aus der Vollständigkeit von R folgt, dass B ein Supremum haben muss. Wir wollen nun beweisen, dass sup B = 42 gilt. Wir wissen, dass 42 eine obere Schranke für B ist. Angenommen, es gibt eine kleinere obere Schranke R  S < 42. Nach Übung 9.12 existiert 42+S ∈ R. Es gilt S < 42+S < 42. Also 2 2 42+S ist 2 ∈ B, und S kann keine obere Schranke gewesen sein. Widerspruch. Somit kann es keine kleinere obere Schranke als 42 geben, und es gilt sup B = 42. (iii) Wir betrachten die Menge C = {x ∈ Q | − 23 ≤ x < 0}. Offenbar ist −23 eine untere Schranke und 0 eine obere Schranke für C. Also ist C nach oben und nach unten beschränkt. Da −23 das kleinste Element der Menge ist, folgt (wie in (i)), dass inf C = (−23). Mit demselben Argument (über das arithmetische Mittel) wie in (ii) folgt, dass sup C = 0. n (iv) Es ist −1 ≤ (−1) ≤ 0,5. Somit ist D durch 0,5 nach unten und durch 2 nach n oben beschränkt. Außerdem gilt mit  n =n 1 bzw. n = 2 eingesetzt 0,5 ∈ D und   2 ∈ D. Da für n > 2 offensichtlich  (−1) n  < 0,5 ist, folgt maxD = sup D = 2 und min D = inf D = 0,5. Lösungsvorschlag für Übung 9.25 (Supremum und Infimum)   (i) Wir betrachten die Menge A = (−1)2n | n ∈ N ⊂ R . Da für alle n die Zahl 2n gerade ist, folgt A = {1}. Damit ist sofort klar, dass A durch inf A = 1 nach unten und durch sup A = 1 nach oben beschränkt ist. (ii) Wir betrachten die Menge B = {x ∈ Q | x ≥ (−17)}. Der Beweis, dass B nach oben unbeschränkt ist, ist analog zu dem Unbeschränktheitsbeweis aus Übung 9.24(ii) zu führen. Die untere Beschränktheit von B und die Eigenschaft inf B = (−17) sind wie in Übung 9.24(iii) zu zeigen. (iii) Der Beweis funktioniert wie in Übung 9.24(iii). (iv) Für n, m ∈ N ⊂ R mit n < m gilt 2n < 2m. Daraus folgt D = {y ∈ R | y < 2}. Damit ist D nach unten unbeschränkt und nach oben beschränkt. Zusätzlich gilt sup D = 2. Der Beweis folgt analog zur Übung 9.24(ii).
16.9 Vollständig angeordnete Körper 355 Lösungsvorschlag für Übung 9.26 (Supremum und Infimum) Wir schreiben zunächst die Menge um. Es gilt     M := x ∈ R | 3x2 < 27 = x ∈ R | x2 < 9 = ] − 3, 3[. Nach Übung 9.31 ist M dann nach oben und nach unten beschränkt, und es gelten sup M = 3 und inf M = −3. Lösungsvorschlag für Übung 9.27 (Supremum und Infimum) Wir schreiben zunächst die Menge um: M = {x ∈ R | 3x > 15 und x < 7} = {x ∈ R | x > 5 und x < 7} = ]5, 7[. Mit Übung 9.31 folgt dann sofort, dass die Menge nach oben und unten beschränkt ist, und sup M = 7 und inf M = 5 gelten. Lösungsvorschlag für Übung 9.28 (Supremum und Infimum) Sei X ⊂ Z. Wir nehmen einmal an, X hat ein Supremum sup X = S. Sei nun S  ein weiteres Supremum von X. Dann gilt aber nach Definition des Supremums S  ≤ S und S ≤ S  , da S, S  insbesondere obere Schranken für X sind. Wegen der Antisymmetrie folgt S = S  . Also kann es höchstens ein Supremum von X geben. Der Beweis für die Eindeutigkeit des Infimums funktioniert analog. Lösungsvorschlag für Übung 9.29 (Supremum und Infimum) M ist nichtleer, wegen 32 = 9 > 2, 3 ∈ Q≥0 . Angenommen, M ist nach oben beschränkt. Dann gäbe es S ∈ Q≥0 , sodass S eine obere Schranke für M ist. Da 22 = 4 > 2, gilt 2 ∈ M , und es muss S ≥ 2 sein. Wir betrachten S + 1 ∈ Q. Es ist (S + 1)2 = S 2 + 2S + 1 ≥ 22 + 2 · 2 + 1 = 9 > 2. Also gilt S + 1 ∈ M , und S < S + 1 kann somit keine obere Schranke gewesen sein. Widerspruch. Also ist M nicht nach oben beschränkt, und es kann somit auch kein Supremum geben. M ist nach Definition durch 0 nach unten beschränkt. Da Q nicht vollständig ist, ist die Existenz von inf M nicht garantiert. Wir nehmen nun an, dass es i := inf X gibt. Annahme 1: (i2 < 2). Wir definieren  := min 2  2−i2 2(i+1) , 1  > 0. Also  ≤ 1 und damit auch  ≤ : (i+)2 = i2 +2i+2 ≤ i2 +2i+ = i2 +(2i+1) < i2 +2(i+1) ≤ i2 +2−i2 = 2. / M. Also gilt (i + )2 < 2 ⇒ i +  ∈ Für 0 ≤ x ≤ (i + ) < 2, also x2 ≤ (i + )2 < 2, folgt x2 < 2 ⇒ x ∈ / M . Also gilt ∀x ∈ M : x > i + .
356 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Somit muss i +  untere Schranke für M sein. Dies steht im Widerspruch dazu, dass i < i +  die größte untere Schranke für M ist. Also ist die Annahme falsch.  2 −2 Annahme 2: (i2 > 2). Wir definieren  := min i 2i , i > 0. Dann gilt (i − )2 = i2 − 2i + 2 > i2 − 2i ≥ i2 − (i2 − 2) = 2 und somit (i − )2 > 2, 0 ≤ i −  sowie i −  ∈ M . Dies steht wegen i −  < i im Widerspruch dazu, dass i eine untere Schranke für M ist. Also ist die Annahme falsch. √ Folglich muss aufgrund der Trichotomie i2 = 2 gelten, also i = 2. Wir wissen √ aber, dass 2 ∈ / Q. Also hat M kein Infimum in Q. Lösungsvorschlag für Übung 9.30 (Supremum und Infimum) (i) Sei X nach oben beschränkt. Dann existiert S ∈ Z mit x ≤ S für alle x ∈ X. Daraus folgt nach Multiplikation mit (−1) schon −x ≥ −S für alle x ∈ X, und nach Definition von −X folgt, dass −S eine untere Schranke für −X ist. −X ist also nach unten beschränkt. Die andere Richtung funktioniert analog. (ii) X habe ein Supremum. Dann ist sup X eine obere Schranke für X, und aus dem Beweis von (i) folgt, dass − sup X eine untere Schranke für −X sein muss. Wir zeigen nun noch, dass − sup X auch die größte untere Schranke für −X ist. Dazu sei −S ∈ Z eine untere Schranke für −X. Wieder nach dem Beweis aus (i) folgt, dass S eine obere Schranke für X ist. Also gilt sup X ≤ S. Wir multiplizieren wieder mit (−1) und erhalten − sup X ≥ −S. Also gilt inf(−X) = − sup X. Lösungsvorschlag für Übung 9.31 (Supremum und Infimum) Nach Definition ist ]a, b[ durch b nach oben beschränkt. Da das Intervall eine Teilmenge der reellen Zahlen ist, gibt es aufgrund der Vollständigkeit der reellen Zahlen ein Supremum. Wir wollen nun zeigen, dass sup]a, b[ = b gilt. Angenommen, dies ist nicht so, dann gäbe es eine kleinere obere Schranke S  ∈ R mit  S  < b. Wir betrachten das Element x := S 2+b . Dann gilt S  < x < b. Also ist x ∈]a, b[, sodass S  keine obere Schranke gewesen sein kann: Widerspruch. Daraus folgt sup]a, b[= b. Analog folgt die Beschränktheit nach unten und inf]a, b[= a.
16.9 Vollständig angeordnete Körper 357 Lösungsvorschlag für Übung 9.32 (Supremum und Infimum) (i) Angenommen, die Menge ist nach oben beschränkt. Dann gäbe es eine obere Schranke S ∈ Q mit S 2 > 2. Wir betrachten S + 1 ∈ Q. Dann ist (S + 1)2 = S 2 + 2S + 1 > 2. Also ist auch S + 1 in der Menge. Dies führt aber wegen S + 1 > S zum Widerspruch, da S ja eine obere Schranke sein sollte. Somit ist die Menge nach oben unbeschränkt. Die Unbeschränktheit nach unten folgt, weil die Menge invariant unter x → −x ist. (ii) Siehe Übung 9.29. (iii) Es ist x2 < 1 genau dann, wenn x ∈] − 1, 1[. Für diese Menge ist nach Übung 9.31 das Supremum 1 und das Infimum −1. Lösungsvorschlag für Übung 9.33 (Supremum und Infimum) (i) Die Unbeschränktheit nach oben folgt wie in Übung 9.32(i). Die Menge ist offensichtlich durch 3 nach unten beschränkt. Die Nichtexistenz des Infimums folgt analog zu Übung 9.29. (ii) Analog zu Übung 9.29. (iii) Das Supremum ist 1. Dies folgt in Anlehnung an Übung 9.31 und aufgrund der Tatsache, dass x3 < 1 äquivalent zu x < 1 ist. Die Unbeschränktheit nach unten folgt aus einem Widerspruchsargument wie in Übung 9.32(i). Lösungsvorschlag für Übung 9.34 (Infimum) n ∈ M . Dann gibt es k ∈ Z mit 2n = km. Somit ist Sei m M= Da k 2 ≥ 1 2    k k  n  ∈ Q  m, n ∈ N und ∃k ∈ Z : = = k∈N . m m 2 2 n für alle k ∈ N, ist 1 2 das Minimum von M . Lösungsvorschlag für Übung 9.35 (Supremum) (i) Wegen der Vollständigkeit von A und B existieren sup A und sup B. Seien a ∈ A und b ∈ B. Dann gilt (wegen A, B ∈ P ) a · b ≤ sup A · b ≤ sup A sup B. Damit ist sup A sup B eine obere Schranke für C, und C ist nach oben beschränkt.
358 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben (ii) Da C nach oben beschränkt ist, existiert sup C. Seien a ∈ A und b ∈ B. Dann gilt ab ≤ sup C ⇔ a ≤ supb C . Also ist supb C eine obere Schranke für A, und es C folgt sup A ≤ supb C . Also ist (mit einem analogen Argument) sup sup A eine obere Schranke für B, und deshalb gilt sup B ≤ sup C sup A , woraus sup A sup B ≤ sup C folgt. Aber das liefert mit (i) auch sup A sup B = sup C. Lösungsvorschlag für Übung 9.36 (Supremum) (i) Seien a ∈ A und b ∈ B. Da A, B nach oben beschränkt und Z vollständig ist, existieren sup A und sup B. Dann gilt a + b ≤ sup A + b ≤ sup A + sup B. Also ist sup A + sup B eine obere Schranke für C, und C ist somit nach oben beschränkt. (ii) Weil C nach oben beschränkt und Z vollständig ist, gibt es sup C. Seien a ∈ A und b ∈ B. Dann gilt a + b ≤ sup C ⇔ a ≤ sup C − b, woraus folgt, dass sup C − b eine obere Schranke für A ist. Wir erhalten damit nach Definition des Supremums sup A ≤ sup C − b. Daraus folgt b ≤ sup C − sup A, sodass sup C − sup A eine obere Schranke für B ist, und wir erhalten sup B ≤ sup C − sup A. Dies ist äquivalent zu sup A + sup B ≤ sup C. Da aber sup A + sup B nach (i) eine obere Schranke für C ist, erhalten wir insgesamt sup A + sup B = sup C. Lösungsvorschlag für Übung 9.37 (Supremum) 1. Fall: x = 0. Es gilt Mx = {y ∈ R | 0 > y} und daher sup Mx = 0. 2. Fall: x < 0. Es gilt Mx = {y ∈ R | ∀n ∈ N : −y > n(−x)}. Da −x > 0, gibt es nach dem archimedischen Axiom keine Zahl −y ∈ R mit −y > n(−x) für alle n ∈ N. Also ist Mx = ∅ und hat daher kein Supremum. 3. Fall: x > 0. Für n, m ∈ N ⊂ R mit n < m gilt nx < mx. Daraus folgt Mx = {y ∈ R | x > y} und damit sup Mx = x. Lösungsvorschlag für Übung 9.38 (Supremum) 1. Fall: x = 0. Es gilt Mx = {y ∈ R | 0 > y} und daher sup Mx = 0.
16.10 Natürliche Zahlen 359 2. Fall: x > 0. Nach dem archimedischen Axiom gibt es zu jedem y ∈ R eine Zahl n ∈ N mit nx > y. Also ist Mx = R und hat daher kein Supremum. 3. Fall: x < 0. Für n, m ∈ N ⊂ R mit n < m gilt nx > mx. Wenn also nx > y für n ∈ N, dann gilt auch x > y. Daraus folgt Mx = {y ∈ R | x > y} und damit sup Mx = x. 16.10 Natürliche Zahlen Lösungsvorschlag für Übung 10.2 (Natürliche Zahlen in geordneten Körpern) Sei (Z, +, ·, P ) ein geordneter Körper mit 1 als Einselement. Wir definieren für n∈N n · 1 := 1 + . . . + 1    n-mal und erhalten so eine Abbildung N → P, n → n · 1. Diese Abbildung ist injektiv, weil für n < m gilt: m · 1 − n · 1 = (m − n) · 1 ∈ P und 0 ∈ P . Das Bild der Abbildung ist N := {n · 1|n ∈ N} = {(1), (1 + 1), (1 + 1 + 1), (1 + 1 + 1 + 1), . . .}. Damit ist die Abbildung ϕ : N → N, n → n · 1 bijektiv. Sie erhält die Ordnung, das heißt, es gilt n<m ⇔ ϕ(m) < ϕ(m) ⇔ ϕ(m) − ϕ(n) ∈ P ⇔ (m − n) · 1 ∈ P. Damit überträgt sich die Gültigkeit der Axiome (AS), (MinP), (MaxP) und (U) von (N, <) auf (N, <). Lösungsvorschlag für Übung 10.3 (Maximum- und Minimumprinzip) Angenommen, es gibt so ein N . Dann gilt für ∅ = N ⊆ N wegen (MaxP’), dass es eine obere Schranke m von N gibt. Dies steht aber im Widerspruch zu (U). Damit kann es eine solche Menge nicht geben. Lösungsvorschlag für Übung 10.4 (Maximum und Minimum) (i) A : X ist eine nichtleere, beschränkte Teilmenge von N , bei der das kleinste und das größte Element identisch sind. B : X hat genau ein Element. (ii) Sei X ⊆ N eine nichtleere Menge, die A erfüllt. Angenommen, es gibt e1 , e2 ∈ X mit e1 < e2 , dann wäre min X ≤ e1 < e2 ≤ maxX und somit wegen der Transitivität min X < maxX im Widerspruch zur Gleichheit von Minimum und Maximum. Also muss B erfüllt sein.
360 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Lösungsvorschlag für Übung 10.5 (Unverzichtbarkeit des Unbeschränktheitsaxioms) Die Eigenschaft (AS) sieht man sofort aus der Definition der Relation. Für die anderen beiden Aussagen betrachtet man systematisch alle acht Teilmengen und sieht, dass die Eigenschaften für jede erfüllt werden. Lösungsvorschlag für Übung 10.6 (Minimum) Wir wissen bereits, dass für ein Element n ∈ N der Nachfolger n + 1 eindeutig definiert ist. Wir zeigen zunächst, dass jede natürliche Zahl außer 1 einen Vorgänger hat. Wir definieren, dass m ∈ N ein Vorgänger für n ∈ N \ {1} ist, wenn n = m + 1 der Nachfolger von m ist. Dazu betrachten wir die Menge M := {n ∈ N | n hat einen Vorgänger}. Da 1 + 1 der Nachfolger von 1 ist, ist 1 der Vorgänger für 1 + 1. Also ist 1 + 1 ∈ M . Sei nun n ∈ M für ein beliebiges 1 = n ∈ N . Wir betrachten n + 1 ∈ N \ {1}. Nach Definition ist n + 1 der Nachfolger von n, und demnach hat n + 1 einen Vorgänger, nämlich n. Also gilt n + 1 ∈ M . Mit dem Prinzip der vollständigen Induktion erhalten wir somit M = N \ {1}. Also hat jede natürliche Zahl außer 1 einen Vorgänger. 1 kann keinen Vorgänger haben, denn sonst gäbe es ein Element n ∈ N mit n + 1 = 1, also n < 1, was nach der Definition von 1 nicht sein kann. Wir zeigen jetzt, dass auch der Vorgänger für alle n = 1 eindeutig definiert ist. Sei also N  n = 1. Seien ferner m1 , m2 Vorgänger für n. Wäre ohne Einschränkung m1 < m2 , dann wäre m1 + 1 ≤ m2 < m2 + 1 und somit wegen der Transitivität n = m1 + 1 < m2 + 1 = n. Damit ist bewiesen, dass der Vorgänger einer natürlichen Zahl eindeutig bestimmt ist, wenn diese nicht 1 war. Dies verwenden wir nun für unseren Beweis. Wir stellen zunächst fest, dass nach dem Beweis von Satz A.18 (Beispieltext, S. 203) ν(x) = x + 1 für alle x ∈ N gilt. Wir wissen, dass der Vorgänger für alle x = 1 eindeutig definiert ist und 1 keinen Vorgänger hat. Damit folgt für x, y ∈ N mit ν(x) = ν(y) ⇔ x + 1 = y + 1 schon x = y und damit die Injektivität. Wäre ν surjektiv, hätte auch 1 einen Vorgänger, was nicht wahr ist. Da jedes Element außer 1 einen Vorgänger hat, folgt ν(N ) = N \ {1}. Lösungsvorschlag für Übung 10.7 (Unendlichkeit der natürlichen Zahlen) Für die Abbildung, die injektiv, aber nicht surjektiv ist, siehe Übung 10.6.
16.11 Addition und Multiplikation auf den natürlichen Zahlen 361 Aus Übung 10.6 wissen wir ebenfalls, dass jede Zahl n ∈ N \ {1} einen Vorgänger n − 1 hat. Die Abbildung ϕ : N → N, definiert durch  1 ,n = 1 n → n − 1 , sonst, ist surjektiv, aber nicht injektiv. Die Surjektivität folgt sofort. Dass die Funktion nicht injektiv ist, sehen wir durch ϕ(1) = ϕ(1 + 1) = 1. Lösungsvorschlag für Übung 10.8 (Modelle natürlicher Zahlen)  ) = min(Xn ) + 1 = ϕ(n) + 1, Wegen min(Xn ) + 1 ∈ Xn gilt ϕ(n + 1) = min(Xn+1 das heißt (iii). Mit Induktion folgt ϕ(n) < ϕ(m) für n < m. Da N durch < total geordnet wird, impliziert dies die Injektivität von ϕ. Wegen 1 = min(N  ) = min(X1 ) = ϕ(1) liefert ϕ(n + 1) = ϕ(n) + 1 außerdem, dass ϕ(N ) die 1 und den Nachfolger jeden Elements enthält. Induktion liefert jetzt, dass ϕ surjektiv ist. Also haben wir (i) bewiesen. Wegen ϕ(n) < ϕ(m) für n < m gilt ϕ(min X) ≤ min(ϕ(X)) für jede nichtleere Menge X ⊆ N. Indem man die Rollen von N und N  vertauscht und so statt ϕ seine Inverse erhält, ergibt sich auch die umgekehrte Ungleichung, also (ii). 16.11 Addition und Multiplikation auf den natürlichen Zahlen Lösungsvorschlag für Übung 11.1 (Null) Sei (N, <) ein Modell für die natürlichen Zahlen. Wir führen einen Beweis durch Widerspruch. Angenommen, es gibt ein neutrales Element 0 für die Addition. Dann würde für alle x ∈ N gelten x = x + 0. Dies steht im Widerspruch zu Proposition A.19 im Beispieltext (S. 213), wonach x < x + 0 korrekt ist. Also kann es kein Element 0 ∈ N geben. Lösungsvorschlag für Übung 11.2 (Addition, Multiplikation und Ordnung) (i) Seien x, y ∈ N und Z := {z ∈ N | x + z < y + z ⇒ x < y}. Wir zeigen zuerst 1 ∈ Z. Es gelte x+1 < y +1. Wir wissen mit Proposition A.19 (Beispieltext, S. 213), dass x < x + 1 und y < y + 1. Wäre y < x, dann hätten wir y + 1 ≤ x < x + 1, also y + 1 < x + 1 wegen der Transitivität. Wäre y = x, dann hätten wir auf Grund der Eindeutigkeit des Nachfolgers x + 1 = y + 1. Also muss wegen der Trichotomie x < y gelten. Damit ist 1 ∈ Z.
362 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Sei nun z ∈ Z für ein z ∈ N (I.V.). Wir betrachten z + 1 ∈ N. Es gelte x + (z + 1) < y + (z + 1). Wegen der Assoziativität erhalten wir somit (x + z) + 1 < (y + z) + 1. Mit demselben Argument wie oben folgt x + z < y + z und wegen (I.V.) schon x < y. Mit dem Prinzip der vollständigen Induktion ergibt sich Z = N, sodass die Aussage bewiesen ist. (ii) Sei x ∈ N. Wir definieren Y := {y ∈ N \ {1} | xy > x} und zeigen zuerst 1 + 1 ∈ Y , wobei 1 + 1 der Nachfolger von 1 ist. Mit Proposition A.19 (Beispieltext, S. 213) und der Distributivität nach Satz A.22 (Beispieltext, S. 215) gilt x · (1 + 1) = x · 1 + x · 1 = x + x > x. Somit erhalten wir 1 + 1 ∈ Y . Sei nun y ∈ Y für ein y ∈ N \ {1} (I.V.). Wir betrachten den Nachfolger y + 1 ∈ N. Dann gilt mit dem Distributivgesetz und (I.V.) x(y + 1) = xy + x · 1 = xy + x > xy > x, sodass wegen Transitivität x(y + 1) > x folgt und somit y + 1 ∈ Y . Mit dem Prinzip der vollständigen Induktion ergibt sich Y = N, sodass die Aussage bewiesen ist. (iii) Seien x, y ∈ N mit x < y und Z := {z ∈ N | xz < yz}. Wir zeigen zuerst 1 ∈ Z. Es ist x · 1 = x < y = y · 1. Somit ist 1 ∈ Z bewiesen. Sei nun z ∈ Z für ein z ∈ N (I.V.). Wir betrachten den Nachfolger z + 1 ∈ N. Es gilt wegen 1 ∈ Z und (I.V.) x(z + 1) = xz + x · 1 < yz + y · 1 = y(z + 1) und somit z + 1 ∈ Z. Mit dem Prinzip der vollständigen Induktion ergibt sich Z = N, sodass die Aussage bewiesen ist. Lösungsvorschlag für Übung 11.3 (Eigenschaften der Addition) Im Folgenden seien x, y, z ∈ N. (i) Wir überprüfen die Eigenschaften einer Äquivalenzrelation: Reflexivität: Da x + x = x + x ist, gilt wegen x ∈ N schon x ∼ x. Somit ist die Reflexivität gezeigt. Symmetrie: Es gelte x ∼ y. Also gibt es z1 ∈ N mit x + y = z1 + z1 . Wegen der Kommutativität ist dann auch y + x = z1 + z1 und somit haben wir y ∼ x, das heißt die Symmetrie.
16.11 Addition und Multiplikation auf den natürlichen Zahlen 363 Transitivität: Es gelte x ∼ y und y ∼ z. Es gibt also z1 , z2 ∈ N mit x + y = z1 + z1 , und y + z = z2 + z2 . Wegen 2y < x + y + y + z = 2z1 + 2z2 folgt y < z1 + z2 aus der Kürzungseigenschaft. Also gibt es z3 ∈ N mit y + z3 = z1 + z2 . Damit gilt dann 2y+2z3 = 2(y+z3 ) = 2(z1 +z2 ) = z1 +z1 +z2 +z2 = x+y+y+z = 2y+(x+z). Wegen der Kürzungseigenschaft erhalten wir 2z3 = x + z. Also ist x ∼ y. Damit ist die Transitivität gezeigt. Also ist ∼ eine Äquivalenzrelation. (ii) Wegen 2 + 4 = 3 + 3 = 4 + 2 und 2 = 4 ist die Antisymmetrie widerlegt, und ∼ kann keine partielle Ordnung sein. Lösungsvorschlag für Übung 11.4 (Potenzen) Wir schreiben der Einfachheit halber für a, b ∈ N direkt ab = ab−1 a statt ab = πb (a) = πb−1 (a) · a = ab−1 · a und außerdem a1 = a statt a1 = π1 (a) = a. (i) 23 := π3 (2) = π2 (2) · 2 = (π1 (2) · 2) · 2 = (2 · 2) · 2 (ii) (a) Seien x, y ∈ N. Wir betrachten die Menge Z := {z ∈ N | xy xz = xy+z }. Wir zeigen zunächst 1 ∈ Z. Es ist xy · x1 = xy · x = xy+1 . Also folgt 1 ∈ Z. Sei nun z ∈ Z für ein z ∈ N (I.V.). Wir betrachten z + 1 ∈ N. Dann gilt mit (I.V.) und der Assoziativität xy xz+1 = xy (xz · x) = (xy xz ) · x = xy+z · x = x(y+z)+1 = xy+(z+1) . Somit folgt z + 1 ∈ Z. Mit dem Prinzip der vollständigen Induktion ergibt sich Z = N, sodass die Aussage bewiesen ist. (b) Seien x, y ∈ N. Wir betrachten die Menge Z := {z ∈ Z | xz y z = (xy)z }. Wir zeigen zunächst 1 ∈ Z. Es ist x1 y 1 = xy = (xy 1 ). Also folgt 1 ∈ Z. Sei nun z ∈ Z für ein z ∈ N (I.V.). Wir betrachten z + 1 ∈ N. Dann gilt mit (I.V.), Kommutativität und Assoziativität xz+1 y z+1 = xz · x · y z · y = xz · y z · x · y = (xy)z · (xy) = (xy)z+1 . Somit folgt z + 1 ∈ Z. Mit dem Prinzip der vollständigen Induktion ergibt sich Z = N, sodass die Aussage bewiesen ist.
364 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben (c) Seien x, y ∈ N. Wir betrachten die Menge Z := {z ∈ Z | (xy )z = xyz }. Wir zeigen zunächst 1 ∈ Z. Es ist (xy )1 = xy = xy·1 . Also folgt 1 ∈ Z. Sei nun z ∈ Z für ein z ∈ N (I.V.). Wir betrachten z + 1 ∈ N. Dann gilt mit (I.V.) und der Distributivität aus Satz A.22 (Beispieltext, S. 215) (xy )z+1 = (xy )z · (xy )1 = (xy )z · xy = xyz · xy = xyz+y = xy(z+1) . Somit folgt z + 1 ∈ Z. Mit dem Prinzip der vollständigen Induktion ergibt sich Z = N, sodass die Aussage bewiesen ist. (d) Seien x, y ∈ N. Wir betrachten die Menge Z := {z ∈ Z | x < y ⇒ xz < y z }. Wir zeigen zunächst 1 ∈ Z. Es ist x < y ⇒ x1 < y 1 . Also folgt 1 ∈ Z. Sei nun z ∈ Z für ein z ∈ N (I.V.). Wir betrachten z + 1 ∈ N. Es gelte x < y. Dann ist auch xz < y z und somit xz+1 = xz · x < y z · x < y z · y = y z+1 nach der Induktionsvoraussetzung. Somit folgt z + 1 ∈ Z. Mit dem Prinzip der vollständigen Induktion ergibt sich Z = N, sodass die Aussage x < y ⇒ xz < y z für alle z ∈ N bewiesen ist. Es gelte nun xz = y z für ein z ∈ N. Wäre x < y oder y < x, wäre nach Obigem xz < y z bzw. y z < xz . Wegen der Trichotomie muss also x = y sein. (iii) (a) Wegen 23 = 8 = 32 = 9 ist die Kommutativität widerlegt. 3 (b) Wegen (22 ) = 43 = 64 = 256 = 28 = 2(2 legt. 3 ) ist die Assoziativität wider- Lösungsvorschlag für Übung 11.5 (Potenzen) (i) Wir definieren Z = {z ∈ N | ∀ x, y ∈ N : (x + y)z ≥ xz + y z } und zeigen mit vollständiger Induktion Z = N. Induktionsanfang: Seien x, y ∈ N. Es ist (x+y)1 = x+y = x1 +y 1 ≥ x1 +y 1 . Somit ist 1 ∈ Z. Induktionsvoraussetzung: Sei z ∈ N mit z ∈ Z. Induktionsschritt: Wir verwenden die Induktionsvoraussetzung und erhalten für z + 1 ∈ N (x + y)z+1 = (x + y)z (x + y) ≥ (xz + y z )(x + y) = xz+1 + y z+1 + xz y + y z x ≥ xz+1 + y z+1 .
16.11 Addition und Multiplikation auf den natürlichen Zahlen 365 Damit ist gezeigt, dass unter der Annahme z ∈ Z auch z + 1 ∈ Z gilt. Mit dem Prinzip der vollständigen Induktion folgt die Aussage. (ii) Seien x, y, z ∈ N mit z > 1. Es gelte z x = z y . Mit der Trichotomie kann nur x > y, x < y oder x = y sein. Angenommen, es würde x > y gelten. Dann wäre x2 > xy > y 2 ⇒ x3 > x2 y > y 3 ⇒ ... ⇒ xz > xz−1 y > y z , also xz > y z , was auf Grund der Trichotomie nicht sein kann (siehe Übung 11.4). Analog folgt, dass auch y > x nicht sein kann. Somit muss x = y gelten. Lösungsvorschlag für Übung 11.6 (Potenzen) Solche a, b ∈ N gibt es nicht. Dazu erinnern wir uns an den Fundamentalsatz der Arithmetik. In a2 tritt jeder Primfaktor, also insbesondere auch 2 und 3 in gerader Anzahl auf Für b2 gilt dies ebenfalls. Wegen 6 = 2 · 3 müsste a2 dann aber eine ungerade Anzahl von Zweien und Dreien als Primfaktoren enthalten, was absurd ist. Lösungsvorschlag für Übung 11.7 (Addition von Zahlenpaaren) (i) Es gilt (1, 2) ∼ (2, 4) und (1, 3) ∼ (3, 9), aber (1 + 1, 2 + 3) ∼ (2 + 5, 4 + 9), weil 2 · 13 = 26 = 35 = 5 · 7. (ii) Die Äquivalenzklassen [(1, 1)], [(1, 2)], . . . , [(1, n)], [(2, 1)], [(3, 1)], . . . [(n, 1)] sind alle verschieden (sie entsprechen den Brüchen 11 , 12 , . . . , n1 , 21 , 31 , . . . , n1 in Q) und deren Anzahl ist 2n − 1. Lösungsvorschlag für Übung 11.8 (Addition von Zahlenpaaren) (i) Es gilt (1, 2) ∼ (2, 4) und (1, 3) ∼ (3, 9), aber (2 + 3, 6) ∼ (8 + 27, 36), weil 5 · 36 = 180 = 210 = 6 · 35. (ii) Sei d = ggT(a, b) und da0 = a sowie db0 = b. Dann gilt (a0 , b0 ) ∼ (a, b) und ggT(a0 , b0 ) = 1, das heißt a0 und b0 sind teilerfremd. Wenn (a , b ) ∼ (a0 , b0 ), dann gilt a b0 = a0 b , also muss jeder Teiler von b0 auch ein Teiler von b sein (und analog jeder Teiler von a0 ein Teiler von a ). Also ist insbesondere b0 | b und a0 | a korrekt. Damit folgt a + b ≥ a0 + b0 , und die Gleichheit kann nur gelten, wenn a0 = a und b0 = b .
366 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Lösungsvorschlag für Übung 11.9 (Folgen natürlicher Zahlen) Seien a, b, c ∈ M . Reflexivität: Wir betrachten die Folge an = n für alle n ∈ N. Seien weiter k = 1 ∈ N und k  ∈ N beliebig. Dann gilt für m = k  + 1 > k  und n = k  + 3 > k  : k(an − am ) = k  + 3 − k  − 1 = 2. Außerdem −1 < 2 < 1, also a ∼ a. Damit ist die Reflexivität durch ein Gegenbeispiel widerlegt. Symmetrie: Die Symmetrie folgt direkt aus −1 < k(an − bm ) < 1 ⇔ −1 < k(−1)(bm − an ) < 1 ⇔ 1 > k(bm − an ) > −1. Antisymmetrie: Wir betrachten die Folgen an = k ∈ N. Wir wählen k  = k. Dann gilt für m, n > k  : −n < k < n ⇒ −1 < k · 1 n 1 < 1 ⇒ −1 < k n und bn = 0 für n ∈ N. Sei ' 1 −0 n ( < 1, also −1 < k(am − an ) < 1. Damit ist a ∼ b gezeigt. Wegen der Symmetrie gilt dann b ∼ a. Die Antisymmetrie ist wegen a = b widerlegt . Transitivität: Es gelte a ∼ b und b ∼ c. Sei k ∈ N. Dann gibt es k1 , k2 ∈ N, sodass für alle m, n, k, l ∈ N mit m, n > k1 und k, l > k2 gilt: −1 < 2k(am − bn ) < 1 und −1 < 2k(bk − cl ) < 1. Für alle l, m, n ∈ N mit l, m, n > max{k1 , k2 } gilt dann − 2 < 2k(am − bn ) + 2k(bn − cl ) < 2 ⇔ − 2 < 2k(am − cl ) < 2 ⇔ − 1 < k(am − cl ) < 1. Damit gilt a ∼ c, und die Transititvität ist bewiesen. Lösungsvorschlag für Übung 11.10 (Folgen natürlicher Zahlen) Wir erinnern uns an das Gegenbeispiel für die Reflexivität in der Lösung von Übung 11.9. Dort wurde die Folge a durch an = n für alle n ∈ N definiert. Es gilt a ∼ a. Also ist a ∈ / [a]. Angenommen, es gibt b ∈ [a]. Dann wäre a ∼ b. Wegen Symmetrie und Transitivität von ∼ würde b ∼ a und somit a ∼ a folgen, was falsch ist. Also muss [a] = ∅ gelten.
16.12 Von den natürlichen zu den ganzen Zahlen 16.12 367 Von den natürlichen zu den ganzen Zahlen Lösungsvorschlag für Übung 12.1 (Negative ganze Zahlen) (i) Wir zeigen die beiden Teilmengenbeziehungen. Sei zuerst x ∈ Z− . Nach Definition gilt dann x ∈ Z und x ∈ / {0} und x ∈ / N. Mit Bemerkung A.25 (Beispieltext, S. 228) folgt x < 0. Dann ist −x > 0, also −x ∈ N. Damit gilt die Inklusion ⊆. Sei nun x ∈ {n ∈ Z | ∃m ∈ N : m ist additives inverses Element von n}. Dann gilt −x ∈ N. Wegen x = 0 ist x ∈ / {0}. Also muss x ∈ Z und x ∈ / N ∪ {0} richtig sein. Dies bedeutet x ∈ Z \ (N ∪ {0}) = Z− . Damit ist die Mengengleichheit gezeigt. (ii) Zuerst stellen wir fest, dass Z− ∪ N ∪ {0} = Z \ (N ∪ {0}) ∪ N ∪ {0} = Z korrekt ist. Wir müssen noch zeigen, dass diese Vereinigung disjunkt ist. Dazu sei x ∈ Z. Wir wissen aus Bemerkung A.25, dass x ∈ N ⇔ x > 0 gilt. Ebenfalls nach Bemerkung A.25, gilt genau eine der Bedingungen x = 0 ⇔ x ∈ {0} oder x > 0 ⇔ x ∈ N oder x < 0 ⇔ x ∈ Z− . Damit ist der Schnitt leer und die Disjunktheit gezeigt. Lösungsvorschlag für Übung 12.2 (Rechengesetze für ganze Zahlen) Seien im Folgenden a − b, c − d, e − f ∈ Z. Wir stellen fest, dass wir die Kommutativität, Assoziativität und Distributivität von N nutzen dürfen. Kommutativität + : (a − b) + (c − d) = (a + c) − (b + d) = (c + a) − (d + b) = (c − d) + (a − b) Kommutativität · : (c − d) · (a − b) (a−b)·(c−d) = (ac+bd)−(bc+ad) = (ca+db)−(da+cb) = Assoziativität + : ((a − b) + (c − d)) + (e − f ) = ((a + c) − (b + d)) + (e − f ) = ((a+c)+e)−((b+d)+f ) = (a+(c+e))−(b+(d+f )) = (a−b)+((c+e)−(d+f )) = (a − b) + ((c − d) + (e − f )) Assoziativität · : ((a − b) · (c − d)) · (e − f ) = ((ac + bd) − (bc + ad)) · (e − f ) = ((ac + bd)e + (bc + ad)f ) − ((bc + ad)e + (ac + bd)f ) = (a(ce + df ) + b(de + cf )) − (b(ce + df ) + a(de + cf )) = (a − b) · ((ce + df ) − (de + cf )) = (a − b) · ((c − d) · (e − f ))
368 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Distributivität: (a − b) · ((c − d) + (e − f )) = (a − b) · ((ce + df ) + (de + cf )) = (a(ce + df ) + b(de + cf )) − (b(ce + df ) + a(de + cf )) = (ace + adf + bde + bcf ) − (bce + bdf + ade + acf ) = (ac + bd + ae + bf ) − (bc + ad + be + af ) = ((ac + bd) − (bc + ad)) + ((ae + bf ) − (be + af )) = (a − b)(c − d) + (a − b)(e − f ) Null: (a − b) + (1 − 1) = (a + 1) − (b + 1) = (a − b), da a + b + 1 = b + a + 1. Also ist (1 − 1) das neutrale Element bezüglich der Addition. Additives Inverses: Wir betrachten b − a ∈ Z. Dann ist (a − b) + (b − a) = (a + b) − (b + a) = 1 − 1, da a + b + 1 = b + a + 1. Also hat jedes Element ein additives inverses Element. Eins: (a−b)·((1+1)−1) = (a(1+1)+b1)−(b(1+1)+a1) = (a+a+b)−(b+b+a) = (a − b), wegen a + a + b + b = b + b + a + a. Also ist (1 + 1) − 1 das neutrale Element bezüglich der Multiplikation. Insgesamt folgt, dass (Z, +, ·) ein kommutativer Ring mit Eins ist. Dabei sei angemerkt, dass sich aus der Existenz der Null und der Existenz des additiven Inversen die Lösbarkeit ergibt (siehe Übung 7.7). Lösungsvorschlag für Übung 12.3 (Rechengesetze für ganze Zahlen) (i) Seien x, y ∈ Z, z ∈ Z \ {0}. Es gelte xz = yz. Wir unterscheiden zwei Fälle: 1. Fall: (z > 0). In diesem Fall gilt z ∈ N. Mit x = x1 − x2 , y = y1 − y2 ergibt sich aus der Kürzungseigenschaft für N (x1 − x2 )z = (y1 − y2 )z ⇒ x1 z − x2 z = y1 z − y2 z ⇒ x1 z + y2 z = y1 z + x2 z ⇒ (x1 + x2 )z = (y1 + y2 )z ⇒ x1 + y2 = y1 + x2 ⇒ x = x1 − x2 = y1 − y2 = y. 2. Fall: (z < 0). Mit z = z1 − z2 ist in diesem Fall −z = z1 − z1 > 0. Nun folgt mit demselben Argument wie oben x2 − x1 = y2 − y1 ⇒ y1 − y2 = x1 − x2 und somit x = y.
16.12 Von den natürlichen zu den ganzen Zahlen 369 (ii) Seien x, y ∈ Z \ {0}. Wäre xy = 0, würde auch xy + xy = 0 + 0 = 0 und somit xy = −xy gelten. Mit der Kürzungseigenschaft wäre dann x = −x. Wegen der Trichotomie würde dann x = 0 sein, im Widerspruch zu x ∈ Z \ {0}. Also gilt xy = 0 und damit xy ∈ Z \ {0}. Lösungsvorschlag für Übung 12.4 (Multiplikation ganzer Zahlen) Sei n ∈ N. Wir überlegen uns zuerst, dass wegen j(a) = [(a+1, 1)] und (a+1)+n = 1 + (a + n) gilt: j(a) = [(a + n, n)], j(b) = [(b + n, n)]. Dann erhalten wir j(a · b) = [(ab + 1, 1)] = [(ab + a + b + 1 + 1, a + b + 1 + 1)] = [((a + 1)(b + 1) + 1, (a + 1) + (b + 1))] = [(a + 1, 1)] ·Z [(b + 1, 1)] = j(a) ·Z j(b). Lösungsvorschlag für Übung 12.5 (Ordnung und Addition) Seien x = x1 − x2 , y = y1 − y2 , z = z1 − z2 ∈ Z. Es gelte x < y. Nach Definition ist somit x1 + y2 < x2 + y1 . Mit den Rechenregeln für die natürlichen Zahlen folgt nach Addition von z1 + z2 auf beiden Seiten x1 + z1 + y2 + z2 < x2 + z2 + y1 + z1 ⇔ x + z < y + z. Die Rückrichtung funktioniert analog unter Verwendung der Kürzungsregel auf den natürlichen Zahlen. Lösungsvorschlag für Übung 12.6 (Trichotomie) Wir verwenden Bemerkung A.25 (Beispieltext, S. 228). Seien x = x1 −x2 , y = y1 − y2 ∈ Z. Wegen der Trichotomie auf N gilt genau eine der folgenden Beziehungen: x1 + y2 = y1 + x2 ⇔ x = y, x1 + y2 < y1 + x2 ⇔ x < y, x1 + y2 > y1 + x2 ⇔ x > y. Lösungsvorschlag für Übung 12.7 (Kürzungseigenschaft) Seien im Folgenden (a, b), (c, d), (e, f ) ∈ Z × (Z \ {0}). Reflexivität: Aus ab = ab folgt sofort (a, b) ∼ (a, b). Damit ist die Reflexivität gezeigt. Symmetrie: Es gelte (a, b) ∼ (c, d), also ad = cb. Wir schreiben das um zu cb = ad und erhalten (c, d) ∼ (a, b). Daraus folgt die Symmetrie.
370 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Transitivität: Es gelte (a, b) ∼ (c, d) und (c, d) ∼ (e, f ). Somit haben wir ad = cb und cf = ed. Mit adf = cbf = edb und der Kürzungseigenschaft ergibt sich af = eb. Daraus folgt (a, b) ∼ (e, f ) und somit die Transitivität. Lösungsvorschlag für Übung 12.8 (Kürzungseigenschaft) Die zu beweisende Aussage ist genau die Aussage von Satz A.28(ii) im Beispieltext zu Kapitel 13 (S. 239). Der Beweis wird im Text angegeben. 16.13 Von den ganzen zu den rationalen Zahlen Lösungsvorschlag für Übung 13.1 (Multiplikation von Brüchen) Wohldefiniertheit: Seien ab11 , ab22 , dc11 , dc22 ∈ Q. Es gelte ab11 = Definition von Q ist dann a1 b2 = a2 b1 und c1 d2 = c2 d1 . Nach Definition von .Q ist dann a1 c1 a1 c1 .Q = b1 d 1 b1 d 1 bzw. a2 b2 und c1 d1 = c2 d2 . Nach a2 c2 a2 c2 .Q = . b2 d 2 b2 d 2 Mit Obigem und der Kommutativität und Assoziativität von Z ergibt sich (a1 c1 )(b2 d2 ) = (a2 b1 )(c2 d1 ) = (a2 c2 )(b1 d1 ). Somit haben wir a1 c1 a2 c2 .Q = .Q b1 d 1 b2 d 2 und damit auch die Wohldefiniertheit. Abgeschlossenheit: Seien ab , dc ∈ Q. Dann sind nach Definition a, c ∈ Z und b, d ∈ Z× . Wegen der Abgeschlossenheit von Z und von Z× unter · ist dann auch c a ac ∈ Z und bd ∈ Z× . Damit sind ac bd = b ·Q d ∈ Q und die Abgeschlossenheit von Q unter der Multiplikation gezeigt. Lösungsvorschlag für Übung 13.2 (Addition von Brüchen) Wohldefiniertheit: Seien ab11 , ab22 , dc11 , dc22 ∈ Q. Es gelte ab11 = Definition von Q ist dann a1 b2 = a2 b1 und c1 d2 = c2 d1 . a2 b2 und c1 d1 = c2 d2 . Nach Definition von +Q ist dann c1 a1 a1 d1 + b1 c1 +Q = b1 d1 b1 d 1 bzw. c2 a2 a2 d2 + b2 c2 +Q = . b2 d2 b2 d 2 Mit Obigem und der Kommutativität und Assoziativität von Z ergibt sich (a1 d1 + b1 c1 )b2 d2 = a1 d1 b2 d2 + b1 c1 b2 d2 = a1 d2 b1 d1 + b2 c2 b1 d1 = (a2 d2 + b2 c2 )b1 d1 . Nach
16.13 Von den ganzen zu den rationalen Zahlen 371 Somit haben wir c1 c2 a1 a1 d1 + b1 c1 a2 d2 + b2 c2 a2 +Q = = = +Q b1 d1 b1 d 1 b2 d 2 b2 d2 und damit auch die Wohldefiniertheit. Abgeschlossenheit: Seien ab , dc ∈ Q. Dann sind nach Definition a, c ∈ Z und a, b ∈ Z× . Wegen der Abgeschlossenheit von Z unter + und · und von Z× unter · ist dann auch ad + bc ∈ Z und bd ∈ Z× . Damit sind ad+bc = ab +Q dc ∈ Q und die bd Abgeschlossenheit von Q unter der Addition gezeigt. Lösungsvorschlag für Übung 13.3 (Addition von Brüchen) Wir betrachten 12 , 24 , 11 ∈ Q. Wegen 1 · 4 = 2 · 2 folgt 12 = 24 . Wir erhalten unter Anwendung von +fail 1 1 1+1 2 +fail = = 2 1 2+1 3 1 2 2+1 3 +fail = = . 4 1 4+1 5 und Wegen 2 · 5 = 3 · 3 ist die Wohldefiniertheit widerlegt. Lösungsvorschlag für Übung 13.4 (Verträglichkeit der Rechenoperation auf Z und Q) Seien a, b ∈ Z. (i) Es ist j(a + b) = (ii) Es ist j(a · b) = a+b 1 a·b 1 = = a·1+b·1 1·1 a·b 1·1 = = b a 1 ·Q 1 a 1 +Q b 1 = j(a) +Q j(b). = j(a) ·Q j(b). Lösungsvorschlag für Übung 13.5 (Verträglichkeit der Ordnungen auf Z und Q) Wenn für a, b ∈ Z gilt, dass a < b, dann ist 0 < b − a und daher j(b) − j(a) = j(b − + a) = b−a 1 ∈ Q . Das bedeutet gerade j(a) <Q j(b). Wenn umgekehrt j(a) <Q j(b) + ist, dann gilt j(b) − j(a) = j(b − a) = b−a 1 ∈ Q , also b − a > 0, das heißt b > a. Lösungsvorschlag für Übung 13.6 (Q als Körper) Aus Übung 13.1 und 13.2 wissen wir schon, dass Q eine wohldefinierte Addition und eine wohldefinierte Multiplikation hat. Wir müssen also überprüfen, ob (Q, +, ·) die Körperaxiome erfüllt.   1. Assoziativität der Addition: Für ab , ab , ab ∈ Q gilt, weil (Z, +, ·) ein kommutativer Ring ist: a a a +  +  b b b a a b + b a ab b + b(a b + b a ) + =   b bb bb b       ab b + ba b + bb a = bb b =
372 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben und a a +  b b + a ab + ba a (ab + ba )b + bb a = +  =   b bb b bb b       ab b + ba b + bb a = . bb b Die beiden Terme stimmen überein, was die Assoziativität der Addition auf Q beweist.  2. Kommutativität der Addition: Für ab , ab ∈ Q gilt, wieder weil (Z, +, ·) ein kommutativer Ring ist: a a a ab + ba a b + b a a +  = =  + , =   b b bb bb b b was die Kommutativität der Addition auf Q beweist. 3. Lösbarkeitsaxiom bezüglich der Addition: Für mit a b + x y =  a b a a b , b ∈ Q muss man ein x y ∈Q finden. Der Kandidat für die Lösung ist a b − b a −a a = . +  b b b b Wir setzen also x := a b − b a und y := b b und rechnen a x a a b − b a ab b + b(a b − b a) ba b a + = + = =  = .   b y b bb bb b bb b b Die Punkte 1 bis 3 zeigen, dass (Q, +) eine abelsche Gruppe ist.   4. Assoziativität der Multiplikation: Für ab , ab , ab ∈ Q gilt, weil (Z, +, ·) ein kommutativer Ring ist: a a a ·  ·  b b b a a a aa a ·   = b bb bb b a a aa a · = ·  =  bb b b b = · a . b Dies beweist die Assoziativität der Multiplikation auf Q.  5. Kommutativität der Multiplikation: Für ab , ab ∈ Q gilt, wieder weil (Z, +, ·) ein kommutativer Ring ist: a a a a aa a a ·  =  =  =  · , b b bb bb b b was die Kommutativität der Multiplikation auf Q beweist. 6. Einselement bezüglich der Multiplikation: Für 1 = j(1) = gilt 1 a 1·a a · = = , 1 b 1·b b also ist 1 eine Eins in Q. 1 1 ∈ Q und a b ∈Q
16.13 Von den ganzen zu den rationalen Zahlen 7. Distributivität: Für a a a ·  +  b b b a a a b , b , b 373 ∈ Q gilt a a b + b a a(a b + b a ) · =   b bb bb b       aa b + ab a ) aa bb + aa bb ) aa aa ) = = = +       bb b bb bb bb bb a a a a · = + ·  . b b b b = Die Punkte 1 bis 7 zeigen, dass (Q, +, ·, 1) ein kommutativer Ring mit Eins ist. 8. Abgeschlossenheit von Q× unter der Multiplikation: Die Null in Q ist 01 . Für a a ×   b , b ∈ Q gilt a = 0 = a , und mit Übung 12.3 folgt 0 = aa ∈ Z. Damit ist   × dann aber ab · ab = aa bb = 0, und das beweist die Abgeschlossenheit von Q unter der Multiplikation.  9. Lösbarkeitsaxiom bezüglich der Multiplikation auf Q× : Für ab , ab ∈ Q× muss  man ein xy ∈ Q mit ab · xy = ab finden. Der Kandidat für die Lösung ist a b a b · =  .  b a ba Wir setzen also x := a b und y := b a und rechnen a a b aa b a a x · = ·  =  = . b y b ba bb a b Die Punkte 1 bis 9 zeigen, dass (Q, +, ·) ein Körper ist. Lösungsvorschlag für Übung 13.7 (Q als geordneter Körper) (i)  Es gelte ab = ab , also ab = a b. Ferner gelte ab > 0. Wäre nun a b < 0, also −a b > 0, würde −aba b = −(ab )2 > 0 richtig sein, was absurd ist. Würde a b = 0 gelten, wäre wegen b ∈ Z \ {0} schon a = 0. Wegen ab = a b und b ∈ Z \ {0} gilt dann auch a = 0, was wegen ab > 0 nicht sein kann. Also gilt ab > 0 und somit a b > 0. Die Rückrichtung folgt analog. (ii) Sei a = xy ∈ Q mit x ∈ Z, y ∈ Z \ {0}. Wegen der Trichotomie auf Z gilt genau eine der folgenden Möglichkeiten 1. xy > 0 ⇔ a ∈ Q+ nach Definition, 2. −xy > 0 ⇔ −a ∈ Q+ nach Definition 3. xy = 0 ⇔ x = 0 ⇔ a = 0, da y ∈ Z \ {0} und xy = 0 ⇒ x = 0 ∨ y = 0. (iii) Seien x = ab , y = dc ∈ Q+ . Also gilt ab, cd > 0. Wir betrachten ab +Q dc = ad+cb bd . Mit Obigem und der Verträglichkeit von der Addition und Multiplikation mit der Ordnung auf den ganzen Zahlen folgt (ad + cb)(bd) = adbd + cbbd = (ab)d2 + (cd)b2 > 0.
374 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Also gilt a b +Q c d ∈ Q+ . Außerdem betrachten wir ab ·Q dc = ac bd . Dann folgt wieder mit Obigem acbd = c a (ab)(cd) > 0, und es gilt b ·Q d ∈ Q+ . 16.14 Von den rationalen zu den reellen Zahlen Lösungsvorschlag für Übung 14.1 (Schwache Äquivalenz von rationalen Folgen) Es gilt  |an − am | für m gerade, m |an − (−1) am | = |an + am | für m ungerade. Die Bedingung (an )n∈N ∼ ((−1)n an )n∈N gilt genau dann, wenn es zu jedem ε > 0 ein K ∈ N mit ε ∀m, n > K |an − (−1)m am | < 2 gibt. Wählt man n = m ungerade, so ergibt sich |an | < ∀n > K ungerade : ε . 4 Wählt man n + 1 = m ungerade, so erhalten wir ∀n > K, gerade : |an | ≤ |am | + |an + am | < ε 3ε ε + = . 4 2 4 Insgesamt haben wir also |an | < ε, ∀n > K : das heißt [(an )n∈N ] = 0. Umgekehrt, wenn [(an )n∈N ] = 0 gilt, finden wir zu jedem ε > 0 ein K ∈ N mit ∀n > K : |an | < ε . 2 Aber dann gilt ∀n, m > K : |an − (−1)m am | < |an | + |am | < ε ε + = ε, 2 2 also (an )n∈N ∼ ((−1)n an )n∈N . Lösungsvorschlag für Übung 14.2 (Schwache Äquivalenz von rationalen Folgen) (i) Zu jedem ε = p q > 0 gibt es ein K ∈ N mit ∀n > K : p 1 < . n q
16.14 Von den rationalen zu den reellen Zahlen Dazu wählt man einfach K ∈ N mit Damit ist gezeigt, dass 1 n q p 375 < K und findet dann 1 n < 1 K < p q. äquivalent zur konstanten Nullfolge ist. Wegen n∈N n n 1 < 2 = n2 + 1 n n p q gibt es auch zu jedem ε = > 0 ein K ∈ N mit ∀n > K : Damit ist auch n n2 +1 n2 p n < . +1 q äquivalent zur konstanten Nullfolge. Die Transitin∈N vität der Relation ∼ zeigt dann, dass 1 n n∈N ∼ n n2 +1 . n∈N (ii) Wir stellen fest, dass  2n + 1 4m − 3          −5   1 5  1  5  1    −   = 2+ −2+ ≤ −  ≤  + . n 2m + 1 n 2m + 1 n 2m + 1 n 2m + 1 Für ε > 0 wählt man jetzt ein K ∈ N mit ∀n, m > K : 1 5 K , 2K+1 < 2ε . Dann gilt  2n + 1 4m − 3   1   5        −  < +  < ε. n 2m + 1 n 2m + 1 4n−3 Also haben wir ( 2n+1 n )n∈N ∼ ( 2n+1 )n∈N . Lösungsvorschlag für Übung 14.3 (Schwache Äquivalenz von rationalen Folgen) Wir wählen ε = 12 . Dann gilt für jedes K ∈ N ∃n > K |(n + 1) − (n + 2)| = 1 ≥ ε. Man nehme zum Beispiel n = K+1. Damit ist gezeigt, dass (n)n∈N nicht äquivalent zu sich selbst ist. Insbesondere gilt nach Proposition A.32 (Beispieltext, S. 250), dass [(n)n∈N ] = ∅. Lösungsvorschlag für Übung 14.4 (Schwache Äquivalenz von rationalen Folgen)   Wir betrachten die alternierende Folge (−1)n n∈N . Für ε = 12 und K ∈ N gilt dann |(−1)K+1 − (−1)K+2 | = 1 > ε.   Damit ist (−1)n n∈N nicht äquivalent zu sich selbst, und es folgt mit Propositi$  % on A.32 (Beispieltext, S. 250), (−1)n n∈N = ∅.
376 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Lösungsvorschlag für Übung 14.5 (Cauchy-Folgen) (i) Wenn (an )n∈N ∼ (an )n∈N , dann finden wir ein ε > 0 und zu jedem k ∈ N natürliche Zahlen pk , qk mit qk−1 < pk < qk und aqk − apk ≥ ε. Damit rechnet man a1 − b ≥ aqk − ap1 = (aqk − apk ) + (apk − aqk−1 ) + (aqk−1 − apk−1 ) + . . . + (aq1 − ap1 ) ≥ (aqk − apk ) + (aqk−1 − apk−1 ) + . . . + (aq1 − ap1 ) ≥ kε, weil jeder der 2k + 1 Summanden in der ersten Zeile nichtnegativ ist. Das würde bedeuten, dass jede natürliche Zahl k kleiner als die rationale Zahl 1 r s := |a1 −b| ε ist. Das kann aber nicht sein: Mit r, s ∈ N wäre dann k ≤ ks < r. Dieser Widerspruch zeigt, dass [(an )n∈N ] = ∅, also von der Form a = [(an )n∈N ] ∈ R ist. (ii) Um die Ungleichungen an ≥ a ≥ b zu zeigen, beachten wir zunächst, dass an und b durch die konstanten Folgen (ck )k∈N und (dk )k∈N mit ck = an und dk = b definiert sind und an = ck ≥ ak ≥ dk = b für k > n gilt. Dies schließt die Beziehungen an < a und a < b aus, also folgt die Ungleichung aus Satz A.38 (Beispieltext, S. 254). Lösungsvorschlag für Übung 14.6 (Ordnung auf R)   Die Folge n1 n∈N is äquivalent zur konstanten Nullfolge, definiert also die 0 in R, obwohl jedes Folgenglied positiv ist. Lösungsvorschlag für Übung 14.7 (Ordnung auf R) Es genügt die Behauptung für den Fall zu beweisen, dass (an )n∈N die konstante Nullfolge ist (wir betrachten (bn − an )n∈N ). Dann muss man nur ausschließen, dass −b ∈ R+ gilt. Das folgt aber sofort aus −bn ≤ 0 für alle n > N . Lösungsvorschlag für Übung 14.8 (Betrag auf R) Nach Übung 9.8(iii) gilt     |an | − |am |  = |an | − | − am |  ≤ |an − am |. Also folgt aus der Cauchy-Eigenschaft von (an )n∈N auch sofort die von (|an |)n∈N . Wir haben drei Fälle zu betrachten:
16.15 Die Vollständigkeit der reellen Zahlen 377 1. Wenn a = 0 ist, das heißt (an )n∈N äquivalent zur konstanten Nullfolge, dann ist auch (|an |)n∈N äquivalent zur konstanten Nullfolge. Dies bedeutet [(|an |)n∈N ] = 0 ∈ R. 2. Ist [(an )n∈N ] ∈ R+ , so gibt es ein N ∈ N mit an ≥ 0 für n ≥ N . Für diese n gilt dann an = |an |. Also sind (an )n∈N und (|an |)n∈N äquivalent, womit [(|an |)n∈N ] = a ∈ R gilt. 3. Ist dagegen −[(an )n∈N ] = [(−an )n∈N ] ∈ R+ , so folgt analog, dass [(|an |)n∈N ] = [(−an )n∈N ] = −a ∈ R. Insgesamt erhalten wir (|an |)n∈N = |a| ∈ R. 16.15 Die Vollständigkeit der reellen Zahlen Lösungsvorschlag für Übung 15.2 (Cauchy-Folgen) „⇒“ Zu jedem 0 < ε ∈ R gibt es nach Bemerkung 15.1 ein 0 < ε ∈ Q mit ε < ε. Wenn (an )n∈N eine Cauchy-Folge ist, gibt es zu ε ein N ∈ N mit ε < ε. 2 “⇐“ Diese Richtung gilt, weil jedes rationale ε > 0 in R liegt. ∀n, m > N : |an − am | < Lösungsvorschlag für Übung 15.3 (Grenzwerte von Folgen) (i) Wenn a, a ∈ R zwei verschiedene Grenzwerte von (an )n∈N sind, dann gibt es  | zu ε := |a−a > 0 ein N ∈ N mit 2 ∀n > N : |an − a|, |an − a | < ε. Aber dann gilt für N < n, dass |a − a | ≤ |a − an | + |an − a| < 2ε = |a − a |. Dieser Widerspruch beweist, dass a und a nicht verschieden sein können. (ii) Sei a ∈ R der Grenzwert von (an )n∈N und ε > 0. Dann gibt es ein N ∈ N mit ε ∀n > N : |an − a| < . 2 Wenn also N < n, m ∈ N, dann gilt |an − am | ≤ |an − a| + |a − am | < ε. Lösungsvorschlag für Übung 15.4 (Grenzwerte von Folgen) (i) Zu ε = 1 gibt es ein N ∈ N mit ∀n, m > N : |an − am | < ε. Insbesondere haben wir |am | ≤ |am − aN +1 | + |aN +1 | ≤ 1 + |aN +1 | für alle m < N . Also gilt für alle m ∈ N, dass |am | ≤ 1 + max{|a1 |, . . . , |aN +1 |} =: M.
378 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben (ii) Seien n ≤ m in N. Wegen {ak | k ≥ m} ⊆ {ak | k ≥ n} gilt sn ≥ sm . (iii) Für jedes n ∈ N gilt nach (ii) und (i), dass s1 ≥ sn ≥ −M . Also ist die Menge S := {sn ∈ R | n ∈ N} beschränkt und hat ein Infimum a. Sei jetzt ε > 0. Dann gibt es nach der Definition des Infimums ein sN ∈ S mit a ≤ sN ≤ a+ε. Wegen (ii) gilt dann für alle n > N , dass a ≤ sn ≤ sN < a + ε, also |sN − a| = sN − a < ε. Damit ist a ein Grenzwert von (an )n∈N . Lösungsvorschlag für Übung 15.5 (Grenzwerte von Folgen) Sei n0 ∈ N. Wir betrachten an0 ∈ Q als konstante Folge und die Folge (an0 −an )n∈N in Q. Da (an )n∈N eine Cauchy-Folge ist, ist auch diese Folge eine Cauchy-Folge, und es gilt [(an0 − an )n∈N ] = an0 − a ∈ R. Wir wählen ein 0 < ε ∈ Q. Dann gibt es ein N ∈ N mit ∀n, m > N : |an − am | ≤ ε . Wenn also n0 > N , dann folgt −ε ≤ an0 − an ≤ ε . Betrachtet man ε jetzt als konstante Folge, so liefert Übung 14.7, dass −ε ≤ an0 − a ≤ ε . Damit folgt aber |an0 − a| ≤ ε , und weil es zu jedem 0 < ε ∈ R ein ε ∈ Q mit 0 < ε < ε gibt (Beispiel 15.1), haben wir gezeigt, dass ∀n > N : |an − a| ≤ ε. Also ist a ein Grenzwert von (an )n∈N . Lösungsvorschlag für Übung 15.6 (Wurzel aus 2) (i) Für n ≥ 1 gilt a2n+1 − 2 = 2 1 an + 4 an 2 −2= 1 2 an − 4 an 2 ≥ 0, also haben wir für n ≥ 2 an − an+1 = 1 an 1 − = (a2 − 2) ≥ 0. 2 an 2an n (ii) Nach (i) ist die Folge ab n ≥ 2 monoton fallend, besteht aber aus lauter Zahlen, die positiv und somit nach unten beschränkt sind. Sie erfüllt also die Bedingungen aus Übung 14.5. Damit ist sie eine Cauchy-Folge.
16.15 Die Vollständigkeit der reellen Zahlen 379 (iii) Aus an+1 = a2n + a1n und a1 = 1 > 0 folgt an > 0 für alle n ∈ N. Mit a2n+1 ≥ 2 ergibt sich damit an ≥ 1 für alle n ∈ N. Nach Übung 14.7 haben wir daher a ≥ 1, und für jedes n ∈ N finden wir 1 ≤ aan und 0 < aa1n ≤ 1. Jetzt können wir rechnen:         1   a an   1 1  a 1 an   − a − −  ≤ a − + − + −  2 a 2 an 2 2 a a a − a  a − a n   n  n = |a − an+1 | +  +  2 aan 1 ≤ |a − an+1 | + |a − an | + |an − a|. 2 Für jedes 0 < ε ∈ R finden wir ein N ∈ N mit |an − a| ≤ 25 ε für n ≥ N . Für solche n gilt also |a − an+1 | + 12 |a − an | + |an − a| < ε, und man findet   a 1  a − −  < ε. 2 a     Nach dem archimedischen Axiom muss also a − a2 − a1  = 0 gelten, das heißt ∀ ε ∈ R, ε > 0 : a− 1 a = . 2 a Durch Multiplikation mit 2a ergibt sich a2 = 2.
380 16.16 16 Lösungsvorschläge für die Übungsaufgaben Lösungen zu den Kontrollfragen Lösung der Kontrollfragen zu Kapitel 2 Frage 2.16: 222 Frage 2.17: 2222 2 Frage 2.20: 22 Frage 2.21: 22 Frage 2.18: 222 Frage 2.19: Lösung der Kontrollfragen zu Kapitel 3 Frage 3.64: 222 Frage 3.65: 22 Frage 3.66: 2 Frage 3.67: 222 Frage 3.68: 22 Frage 3.69: 2 Frage 3.70: 22 Frage 3.71: 222 Frage 3.72: 222 Lösung der Kontrollfragen zu Kapitel 4 Frage 4.12:  Frage 4.13: 2 4.16: 2 Frage 4.17: 222 Frage 4.14: 2 Frage 4.15: 22 Frage Lösung der Kontrollfragen zu Kapitel 5 Frage 5.17: 2 Frage 5.18: 2 Frage 5.21: 2 Frage 5.22: 2 Frage 5.19: 2 Frage 5.20: 22 Lösung der Kontrollfragen zu Kapitel 6 Frage 6.17: 2 Frage 6.18: 2 6.21: 2 Frage 6.22: 2 Frage 6.19: 22 Frage 6.20: 22 Frage Lösung der Kontrollfragen zu Kapitel 7 Frage 7.19: 22 Frage 7.20: 22 ge 7.23: 2 Frage 7.24: 2 Frage 7.21: 2 Frage 7.22: 22 Fra- Lösung der Kontrollfragen zu Kapitel 8 Frage 8.11: 2 Frage 8.12: 222 Frage 8.13: 2 Frage 8.15: 222 Frage 8.16: 22 Frage 8.17: 22 Frage 8.14: 2
16.16 Lösungen zu den Kontrollfragen 381 Lösung der Kontrollfragen zu Kapitel 9 Frage 9.39: 22 Frage 9.40: 22 Frage 9.41: 2 Frage 9.43: 2 Frage 9.44: 22 Frage 9.45: 2 Frage 9.42: 22 Lösung der Kontrollfragen zu Kapitel 10 Frage 10.9: 2 10.13: 2 Frage 10.10: 2 Frage 10.11: 2 Frage 10.12: 2 Frage Lösung der Kontrollfragen zu Kapitel 11 Frage 11.11: 22 Frage 11.12: 222 Frage 11.13: 2 2 Frage 11.15: 222 Frage 11.16: 22 Frage 11.14: Lösung der Kontrollfragen zu Kapitel 12 Frage 12.9: 2222 Frage 12.10: 2 Frage 12.13: 2 Frage 12.14: 22 Frage 12.11: 2 Frage 12.12: 2 Lösung der Kontrollfragen zu Kapitel 13 Frage 13.8: 2222 Frage 13.9: 2 Frage 13.12: 2 Frage 13.13: 2 Frage 13.10: 2 Frage 13.11: 2 Lösung der Kontrollfragen zu Kapitel 14 Frage 14.9: 2 Frage 14.10: 22 Frage 14.11: 2 22 Frage 14.13: 22 Frage 14.14: 2 Frage 14.12: Lösungen der Kontrollfragen zu Kapitel 15 Frage 15.7: 2 15.11:  Frage 15.8: 22 Frage 15.9: 2 Frage 15.10: 2 Frage
Anhang A Bloom’sche Taxonomie Bloom’sche Taxonomie von Lernzielen im kognitiven Bereich BT1: Wissen Das Wissen und Erinnern von gelernten Fakten, Begriffen, Regeln ohne Berücksichtigung der Frage, ob Verständnis vorliegt oder ob Beziehungen gesehen werden. BT2: Verstehen Mit dieser Kategorie ist das „niedrigste Verständnisniveau“ angesprochen. Der Studierende kann mit eigenen Worten Zusammenfassungen des Gelernten geben; Beziehungen zu anderen Informationen werden auf dieser Ebene nicht verlangt. BT3: Anwenden Auswahl und Anwendung einer Methode, Regel, Idee, Wissen oder Fertigkeiten zur Lösung eines Problems in einer (neuen) gegebenen Situation. BT4: Analysieren Vom Studierenden wird gefordert, Informationen in ihre Teile zu zerlegen, das heißt eine Idee zu identifizieren, ihre Hierarchie sowie die zwischen ihnen bestehenden Beziehungen zu erkennen. J. Hilgert, M. Hoffmann, A. Panse, Einführung in mathematisches Denken und Arbeiten, DOI 10.1007/978-3-662-45512-8, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
384 Anhang A Bloom’sche Taxonomie BT5: Synthetisieren Die Synthese fordert vom Studierenden, Informationen aus anderen Informationen zusammenzubauen, Elemente zu einem Ganzen zusammenzufügen. Zuvor identifizierte Teile werden neu geordnet und kombiniert, damit das Lernmaterial zu einer Klarheit gebracht wird, die vorher nicht bestanden hat. BT6: Bewerten Finden eines Urteils bezüglich des Wertes von Material und Methoden, die für bestimmte Zwecke eingesetzt werden. Fähigkeit, qualitative Urteile abzugeben und konstruktiv Kritik zu üben.
Literaturverzeichnis [AZ04] Aigner M. und Ziegler G.M. (2004) Proofs from THE BOOK. Third Edition. Springer, Berlin. [Be03] Behrends E. (2003) Analysis I. Vieweg, Braunschweig. [Bl72] Bloom B.S. (1972) Taxonomie von Lernzielen im kognitiven Bereich. 4. Aufl., Beltz, Weinheim und Basel. [E92] Ebbinghaus H.-D. et al. (1992) Zahlen. Springer, Berlin. [Fi10] Fischer G. (2010) Lernbuch Lineare Algebra und Analytische Geometrie. Vieweg+Teubner, Wiesbaden. [Ha72] Halmos P.R. (1972) Naive Mengenlehre. Vandenhoeck & Rupprecht, Göttingen. [HH12] Hilgert I. und Hilgert J. (2012) Mathematik – Ein Reiseführer. Springer Spektrum, Heidelberg. [Ho12] Houston K. (2012) Wie man mathematisch denkt. Springer Spektrum, Heidelberg. [Kö02] Königsberger, K. (2004) Analysis 1 + 2. Springer, Berlin. [KvP13] Kramer J. und von Pippich A. (2013) Von den natürlichen Zahlen zu den Quaternionen. Springer Spektrum, Heidelberg. [LS01] M. Braun et al. (2001) Lambacher Schweizer Lineare Algebra mit analytischer Geometrie – Mathematisches Unterrichtswerk für das Gymnasium Ernst Klett Verlag, Stuttgart. [LS05] M. Braun et al. (2005) Lambacher Schweizer 6 – Mathematik für Gymnasien. Ernst Klett Verlag, Stuttgart. [MM93] Mikusinski J. und Mikusinski P. (1993) An Introduction to Analysis. John Wiley & Sons, New York.
Mathematische Symbole und Index x, n ganzzahliger Anteil von x, 272 k , Binomialkoeffizient, 131 (Z/mZ)∗ , Einheiten in Z/mZ, 147 inf(X), Infimum von X , 175 A, Komplement von A, 12 max, Maximum, 215 N, natürliche Zahlen, 201, 203 ∅, leere Menge, 48 P(M ), Potenzmenge von M , 48 Q, rationale Zahlen, 239 Q+ , positive rationale Zahlen, 240 R, reelle Zahlen, 251 R+ , positive reelle Zahlen, 253 Z, ganze Zahlen, 227 Z× , ganze Zahlen ohne Null, 238 { }, leere Menge, 48 A ⊆ B, A ist Teilmenge von B , 12 A ∪. B, disjunkte Vereinigung von Mengen, 48 ∀, für alle, 12 A ∩ B, Schnitt von Mengen, 48 A × B, kartesisches Produkt, 49 A ⊆ B, A ist nicht Teilmenge von B , 12 A ∪ B, Vereinigung von Mengen, 48 x + y, Addition auf N, 213 [a], Äquivalenzklasse von a, 250 :⇔, definitionsgemäß äquivalent, 173 B \ A, B ohne A, 12 b − a, Differenz von Zahlen, 140 (an )n∈N , Folge, 250 Z[i], Gauß’sche Zahlen, 163 ⇒, Implikation, 104 A B, mengentheoretische Summe, 48 −a, Negatives einer Zahl, 140 a−1 , multiplikatives Inverses einer Zahl, 143 ¬A, nicht A, 103 a < b, Ordnung auf geordnetem Körper, 173  , Produktzeichen, 134 b Quotient von Zahlen, 143 a, Z/kZ, Menge der Restklassen modulo k , 26 5 Ai , Schnitt von Mengen, 48 i∈I  , Summenzeichen, 126 . i∈I Ai , Vereinigung von Mengen, 48 Ai , disjunkte Vereinigung von i∈I Mengen , 48 [k], Restklasse, 19 a ∈ M , a ist Element von M , 11 a ∈ M , a ist nicht Element von M , 11 ⇔, dann und nur dann, 202 :=, definierende Gleichheit, 48 ∃, es existiert, 103, 201, 202 f −1 , Umkehrabbildung, 51 ∀, für alle, 103, 201 ⇒, impliziert, 202 ≡ mod m, Äquivalenz modulo m, 19 ≡m , Äquivalenz modulo m, 19 Abbildung, 50 bijektive, 51 injektive, 51 surjektive, 51 Abel, Niels Hendrik (1802–1829), 139 abelsche Gruppe, 139 Abgeschlossenheit unter einer Verknüpfung, 144 Absolutbetrag, 159, 174 abzählende Kombinatorik, 74 Addition, 139 auf N, 213 auf Q, 239 auf R, 251 auf Z, 228 von Brüchen, 143, 244 von Restklassen, 19 äquivalente Elemente, 250 Äquivalenz, logische, 103 Äquivalenzklasse, 50, 58, 250 schwache, 114 Äquivalenzrelation, 50 schwache, 114, 250 algebraische Struktur, 21, 139 Anordbarkeit, 173 Antireflexivität einer Relation, 79 Antisymmetrie einer Relation, 68, 79, 160 Archimedes (287–212 v.Chr.), 176 Axiom, 176 arithmetisches Mittel, 184 Assoziativität der Addition in N, 213 der Addition in R, 253 der Addition in Z, 139 der Multiplikation in N, 215 der Multiplikation in R, 253 Asymmetrie-Axiom der natürlichen Zahlen, 201 ausgeschlossenes Drittes, 117 Aussagenlogik, 103 Axiomensystem, 139
388 beschränkt, 201 nach oben, 175 nach unten, 175 Betrag einer Zahl, 174, 254 Beweis durch Induktion, 120 durch Widerspruch, 103 bijektiv, 51 Binomialkoeffizient, 131, 308 Cantor, Georg (1845–1918), 10 Cauchy, Augustin-Louis (1789–1857) Folge, 251, 272 De Morgan, Augustus (1806–1871) Gesetze, 78 Differenz, 140 disjunkte Mengen, 48 Distributivität, 155, 215, 253 Division mit Rest, 17, 86, 229 doppelte Negation, 117 Dreiecksungleichung, 175 Einheitengruppe, 147, 165 Eins, 155, 228 Element einer Menge, 11 inverses, 140, 155 neutrales, 139, 141 Eratosthenes, (ca. 276–194 v.Chr.), 110 Euklid (325–265 v. Chr.), 86 euklidischer Algorithmus, 86 erweiterter, 98 Fermat, Pierre de (1601–1665), 131 Zahlen, 134 Folge, 151, 221, 249 Folgerung, 109 Fundamentalfolge, 251 Fundamentalsatz der Zahlentheorie, 121 Funktion, 50 ganze Zahlen, 227 Gauß, Carl Friedrich (1777–1855), 129 Zahlen, 163 geometrische Reihe, 133 geordnete Gruppe, 160 geordneter Körper, 173 Gesetz der doppelten Negation, 117 des Syllogismus, 117 vom ausgeschlossenen Dritten, 117 ggT (größter gemeinsamer Teiler), 84, 85 Gleichheit von Mengen, 11 Grenzwert, 259 größter gemeinsamer Teiler (ggT), 84, 85 Mathematische Symbole und Index größtes Element, 201 Gruppe abelsche, 139 kommutative, 139 Halbgruppe, kommutative, 139 Homomorphismus, 180 Implikation, 103, 104 Induktion, vollständige, 120, 203 Infimum, 175, 186 injektiv, 51 Inverses additives, 140 multiplikatives, 143 irrationale Zahlen, 271 Isomorphismus, 180 kartesisches Produkt, 49 kausale Ordnung, 194 kleinstes Element, 201 Koeffizienten, 196 Körper, 156 geordneter, 173 Kommutativität der Addition in N, 213 der Addition in R, 253 der Addition in Z, 139 der Multiplikation in N, 215 der Multiplikation in R, 253 Komplement einer Menge, 12 komplexe Zahlen, 198 Kongruenz modulo m, 60 von Dreiecken, 61 Kronecker, Leopold (1823–1891), 169 Kürzungseigenschaft der Addition in N, 213 der Multiplikation in N, 215 in R, 253 in Z, 239 leere Menge, 48 lexikografische Ordnung, 193 Lösbarkeit, 139 logische Äquivalenz, 103 mathematische Struktur, 137 Maximalprinzip, 201 Maximum, 187 Menge, 10, 11, 21 Mengen, gleichmächtige, 73 Mengenlehre, 11 Minimalprinzip, 201 Minimum, 187 Modell
Mathematische Symbole und Index für die natürlichen Zahlen, 203 für die reellen Zahlen, 265 modulo, 19 Multiplikation, 142 auf N, 215 auf Q, 239 auf R, 251 auf Z, 228 von Restklassen, 19 Nachfolger einer natürlichen Zahl, 216 natürliche Zahlen, 203 Negation, 103 negative Zahlen, 173, 233 Negatives, 140 negatives Element, 195 negierte Aussage, 103 neutrales Element, 139 Null, 139, 228 Nullteilerfreiheit, 196, 239 Ordnung auf einem Zahlbereich, 173 kausale, 194 lexikografische, 193 partielle, 160 totale, 173 partielle Ordnung, 68, 160 Peano, Giuseppe (1858–1932), 216 Permutationen, 75 Polynomfunktionen, 196 positive Zahlen, 173 ganze, 233 rationale, 240 reelle, 253 positives Element, 195 Potenzen, 219 Potenzgesetze, 220 Potenzmenge, 48 Prämisse, 104 Primteiler, 109 Primzahl, 105 Primzahlfaktorisierung, 91, 110, 121 Quantoren, 103 Quersumme, 15 alternierende, 20 gewichtete, 20 Quersummenregel, 17 gewichtet, 18, 20, 21, 34–38, 40–42 Quotient, 143 Quotientenkörper, 197 rationale Zahlen, 239 reelle Zahlen, 176, 251 389 Reflexivität einer Relation, 49, 59 Relation, 49 Repräsentant einer Äquivalenzklasse, 50, 250 Restklasse, 19, 50 Restklassenring, 154 Ring, kommutativer, 155 mit Eins, 155 Schluss, 104, 109 Schnitt von Mengen, 48 Schranke größte untere, 175 kleinste obere, 175 obere, 175 untere, 175, 186 Sieb des Eratosthenes, 110 Struktur algebraische, 139 mathematische, 137 strukturerhaltend, 180 Summe, mengentheoretische, 48 Supremum, 175 surjektiv, 51 Syllogismus, 117 Symmetrie einer Relation, 50 Symmetrie einer Relation, 50, 59 Teilbarkeit, 19, 49 in N, 60 in Z, 60 Teilen mit Rest, 18, 86 teilerfremd, 87 Teilmengen, 12 Totalordnung, 173, 193 Transitivität einer Relation, 49, 59, 173 Trichotomie, 173, 201 Tupel, 150 Umkehrabbildung, 51 Umkehrschluss, 104, 109, 117 Unbeschränktheitsaxiom, 203 Vereinigung von Mengen, 48 Verknüpfung von Elementen, 21 Verträglichkeit, 173 vollständige Induktion, 120, 203 Vollständigkeit, 175 Voraussetzung, 109 Wahrheitswertetabelle, 103 Weierstraß, Karl (1815–1897), 259 Widerspruchsbeweise, 105, 122 Wohldefiniertheit, 227, 232
390 Zahlen ganze, 227 irrationale, 271 komplexe, 197 Mathematische Symbole und Index natürliche, 203 negative, 173 rationale, 239 reelle, 176, 251